TE Vwgh Beschluss 2022/2/4 Ra 2021/14/0262

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Veröffentlicht am 04.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des R Y in W, vertreten durch MMag. Katrin Maringer, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Laudongasse 55/5, als einstweilige Erwachsenenvertreterin, diese vertreten durch Mag. Philipp Sebesta, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juli 2021, W107 2190522-2/47E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 19. Mai 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er damit begründete, aufgrund eines von ihm verursachten Verkehrsunfalls mit Personenschaden in Afghanistan von Blutrache bedroht zu sein.

2        Mit Bescheid vom 5. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz erkannte das BFA die aufschiebende Wirkung ab und sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Ferner wurde gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG, soweit hier maßgeblich, aus, der Revisionswerber habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Dies begründete das BVwG zusammengefasst mit Widersprüchen in den eigenen Angaben des Revisionswerbers zum Fluchtvorbringen sowie zu den in den Länderberichten und im Gutachten des länderkundlichen Sachverständigen wiedergegebenen Umständen einer Blutrache.

5        Dagegen brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein, zu deren Zulässigkeit zusammengefasst ausgeführt wird, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung zur Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative abgewichen, habe veraltete Länderberichte verwendet und bei der Beurteilung der innerstaatlichen Fluchtalternative die Persönlichkeitsstörung des Revisionswerbers außer Acht gelassen sowie im Rahmen einer Stellungnahme vorgelegte Länderberichte nicht in seine Entscheidung miteinbezogen.

6        Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2021, E 2967/2021-14, hob der Verfassungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis insoweit, als damit die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aussprüche, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und gegen das auf fünf Jahre befristete Einreiseverbot abgewiesen wurde, wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander auf. Im Übrigen - somit hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7        Der Revisionswerber teilte nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof in einer schriftlichen Stellungnahme vom 24. Jänner 2022 mit, im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verfassungsgerichtshof klaglos gestellt zu sein; im Übrigen hielt er seine Revision und seinen Antrag auf Kostenersatz aufrecht.

Zu I.:

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Revision enthält in der Begründung ihrer Zulässigkeit im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten kein Vorbringen. Die Revision war daher, insoweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zu II.:

12       Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

13       Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt u.a. dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. VwGH 14.9.2021, Ra 2021/14/0041, mwN).

14       Die Revision war daher, insoweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die darauf aufbauenden Spruchpunkte wendet, gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

15       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140262.L00

Im RIS seit

03.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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