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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1994 §366 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Mag. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Februar 1996, Zl. UVS-04/G/33/00704/95, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Ges.m.b.H. und als Inhaber eines Einzelunternehmens zu verantworten zu haben, daß beim Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort in W in der Zeit vom 23. November 1994 bis zum 10. Februar 1995 die mit Bescheid vom 16. November 1983 genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben worden sei, indem ein mobiler Palettentank für tiefkaltverflüssigten Sauerstoff inklusive Verdampfereinheit für ein Füllvolumen von 600 l und ein Stickstoffbundöl (12 mal 50 l) errichtet sowie gesicherte Stellplätze für einzelne 50 l Gasflaschen für Sauerstoff, Edelgase, Stickstoff und CO2 am Gaslagerplatz und ein Gaslagerraum hinter dem Aufzug, der die angeschlossenen Einzelflaschen sowie die Entnahmearmaturen beinhalte, geschaffen worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begangen, weshalb nach § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er u.a. vor, entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mangle es im Spruch des angefochtenen Bescheides an der Darstellung jener Tatumstände, die eine Beurteilung dahin zuließen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet sei.
Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Zufolge § 74 Abs. 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlicher Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N. F.
Nr. 11.466/A).
Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z. 5 GewO 1973 muß daher, um das Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist.
Einen derartigen Inhalt weist der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht auf und es ergibt sich die Erfüllung der vorangeführten Tatbestandsmerkmale auch nicht etwa unmittelbar aus der im Spruch enthaltenen Bezeichnung der als "geändert" angenommenen Betriebsanlage (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0049, und das in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 94/04/0080).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Spruch der BerufungsbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040093.X00Im RIS seit
20.11.2000