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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. März 1995, Zl. St 86/95, betreffend Aufenthaltsverbot und Feststellung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 i.V.m. den §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt I); ferner wurde gemäß § 54 i.V.m. § 37 Abs. 1 und 2 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe dafür bestünden, der Beschwerdeführer sei in Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht (Spruchpunkt II).
Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keinen ordentlichen Wohnsitz und gehe auch keiner Erwerbstätigkeit nach. An Barmittel verfüge er nur über S 184,--.
Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG sei verwirklicht.
Der Beschwerdeführer sei am 6. Jänner 1995 mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne gültigen Reisepaß nach Österreich gelangt. Am 5. Februar 1995 habe er versucht, ohne Reisepaß in die Bundesrepublik Deutschland auszureisen.
Aufgrund dieser Tatsachen sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und sei gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu erlassen.
Der Beschwerdeführer sei verheiratet, seine Gattin und sein Kind lebten in Kroatien in einem Flüchtlingslager. In Österreich habe er keine Verwandten. Das Aufenthaltsverbot bewirke daher keinen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Aber selbst wenn ein solcher Eingriff vorläge, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Aufrechterhaltung der Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten.
Der Beschwerdeführer habe in seiner ersten Niederschrift lediglich angegeben, daß er von 1989 bis 1990 seinen Präsenzdienst geleistet habe und vier Monate vor dessen Abschluß desertiert sei. Nach Bosnien könne er deshalb nicht mehr zurück, weil derzeit dort Krieg herrsche. Andere Gründe könne er nicht angeben.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe er dann angegeben, daß er ab Mitte 1992 Soldat in der regulären Armee der Republik Bosnien-Herzegowina gewesen sei. Im September 1993 sei die ganze Einheit in die Armee der serbisch orientierten Einheiten von Fikret Abdic übergewechselt, sodaß er für die reguläre Armee ein Deserteur wäre.
Es sei verwunderlich, daß der Beschwerdeführer diese Angaben nicht bereits bei der Erstniederschrift gemacht habe. Dort habe er angegeben, nie gerichtlich verurteilt worden zu sein und in Bosnien weder von der Polizei noch vom Gericht gesucht zu werden. Er habe in dieser Niederschrift auch eine Verständigung der Vertretungsbehörde von seiner Inhaftierung gewünscht. Die Angaben in der Berufungsschrift seien daher unglaubwürdig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleibt das Fehlen der Mittel zur Bestreitung des Unterhaltes des Beschwerdeführers unbestritten, der Beschwerdeführer wendet sich jedoch gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Nach Auffassung der Beschwerde erfülle der vorliegende Sachverhalt in klassischer Weise den Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG. Es sei daher mit einer Ausweisung vorzugehen gewesen.
Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. März 1995, Zl. 95/18/0151, und das Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/21/0595) entgegenzuhalten, wonach auch bei Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 FrG die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben ist.
Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß gegen ihn keine rechtskräftigen Verurteilungen vorlägen, geht insofern fehl, weil die belangte Behörde den - unstrittigen - Sachverhalt, der Beschwerdeführer sei mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisepaß in das Bundesgebiet eingereist, er halte sich hier unrechtmäßig auf und habe ohne den erforderlichen Reisepaß aus Österreich nach Deutschland ausreisen wollen, zutreffend bei Beurteilung der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme berücksichtigt hat. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß bei diesem Sachverhalt unter Berücksichtigung der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken.
Die Ansicht der belangten Behörde, daß mit dem Aufenthaltsverbot kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG verbunden sei, läßt die Beschwerde unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde insofern geirrt hätte. Von daher gesehen war nach der hg. Rechtsprechung weder zu prüfen, ob das Aufenthaltsverbot im Grunde dieser Bestimmung dringend geboten ist, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/21/0595).
Dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstand, daß seine Flucht nach Österreich aus politischen Gründen erfolgt sei, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen aus Slowenien mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisepaß nach Österreich in der Absicht einreiste, in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen. In Österreich hat sich der Beschwerdeführer etwa einen Monat aufgehalten, ohne einen Versuch zu unternehmen, seinen Aufenthalt zu legalisieren. Erst dann versuchte er, in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen. Für ein allfälliges Vorliegen einer Notsituation zur Zeit der Einreise nach Österreich fehlen daher jegliche Anhaltspunkte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 95/18/0027).
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe § 37 Abs. 1 und 2 FrG falsch angewendet. Sein Vorbringen sei durchaus geeignet, eine solche Gefährdung zu bejahen. Das Schicksal der Allgemeinheit lasse durchaus Rückschlüsse auf sein Schicksal zu.
Gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine aktuelle Gefährdung und/oder Bedrohung seiner Person im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht glaubhaft gemacht, hegt der Verwaltungsgerichtshof jedoch keine Bedenken. Was den Hinweis des Beschwerdeführers auf die Bürgerkriegssituation in seiner Heimat im Rahmen seiner Erstniederschrift anlangt, so hielt die belangte Behörde dieses allgemeine, jede Erklärung, inwiefern sich daraus konkret für den Beschwerdeführer eine Gefahr für sein Leben und seine Freiheit ergebe, vermissen lassende Vorbringen, zutreffend als zur Glaubhaftmachung seiner Gefährdung/Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1/Abs. 2 FrG nicht geeignet. Gleiches gilt für den in der Beschwerde erhobenen Hinweis auf das "Schicksal der Allgemeinheit".
Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde in bezug auf das Vorbringen in der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz bringt die Beschwerde nichts vor. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt im Rahmen seiner Überprüfungsbefugnis keinerlei Bedenken.
Auf das unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in bezug auf die Feststellung gemäß § 54 FrG erstattete Vorbringen in der Beschwerde ist schon deswegen nicht einzugehen, weil dieses nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides und des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens war.
Der Beurteilung der belangten Behörde, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers in Bosnien-Herzegowina im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG haftet die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210609.X00Im RIS seit
20.11.2000