TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/4 95/21/0117

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Veröffentlicht am 04.09.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §13a;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 9. Jänner 1995, Zl. Fr 1870/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde gemäß § 54 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Nigeria gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht.

Die belangte Behörde führt nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung aus, daß die Gründe des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides auch für sie maßgebend seien. Sie teile die Auffassung der Behörde erster Instanz, daß die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben reine Schutzbehauptungen seien. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde bei einer etwaigen Rückkehr in sein Heimatland von den Behörden gesucht und wegen seines angeblich begangenen kriminellen Deliktes mit dem Tode bestraft, sei nicht mehr als eine Vermutung. Die Behörde habe in Berichte von Amnesty International Einsicht genommen und festgestellt, daß der Beschwerdeführer nie namentlich erwähnt worden sei.

Der Beschwerdeführer sei am 5. September 1991 zu Fuß und illegal über die "grüne Grenze" nach Österreich eingereist. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juli 1993 sei der Asylantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen worden. Bei seiner Einvernahme im Asylverfahren habe der Beschwerdeführer angegeben, nicht Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen zu sein, aus politischen Gründen nicht verfolgt worden zu sein und hätte er seine Religion frei ausüben dürfen. Wegen seiner Rasse oder seiner Nationalität sei er ebenfalls nicht verfolgt worden. Im Juni 1990 habe ihm ein Freund aus seinem Heimatdorf eine Schachtel übergeben und ihn gebeten, diese für ihn nach Lagos zu transportieren. An einer Polizeikontrollstelle sei er kontrolliert und in dieser Schachtel eine Pistole samt Munition gefunden worden. Der Beschwerdeführer sei daher festgenommen und zur Polizeistation gebracht worden. Dort sei ihm nunmehr zur Last gelegt worden, daß er die Absicht gehabt habe, einen Raubüberfall durchzuführen. Ein Polizist, der seine Zelle bewacht hätte, habe Mitleid mit ihm gehabt und ihm die Flucht ermöglicht. Der Beschwerdeführer habe angegeben, daß er in Nigeria, wäre ihm die Flucht nicht gelungen, wegen Waffenbesitzes zum Tode verurteilt worden wäre.

Die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren und in seiner Berufungsschrift im Asylverfahren würden eklatante Wiedersprüche aufweisen. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme am 12. September 1994 versucht, diese zu widerlegen. Während des gesamten Verfahrens sei ein Dolmetsch beigezogen worden, allfällige Verständigungsschwierigkeiten im Rahmen der Einvernahme seien daher auszuschließen gewesen. Bereits die Behörde erster Instanz sei daher zu Recht davon ausgegangen, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme objektiviert werden könnten, daß der Beschwerdeführer derzeit in seinem Heimatland gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 15. März 1995, B 470/95).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; unter Hinweis auf den Akteninhalt nahm sie von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß der geltend gemachte Sachverhalt § 37 Abs. 1 FrG unterstellt hätte werden müssen. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen Ermittlungen dahingehend anstellen müssen, ob Nigeria bei kriminellen Delikten, allenfalls bei Waffenschmuggel, welcher ein Delikt darstelle, das sich in einer Diktatur gegen einen Staat richten könne, ein entsprechendes Strafverfahren mit "minderrechtstaatlichen" Mindestgarantien aufweise bzw. welche Sanktionen und Normen für die Bestrafung im Falle der Verurteilung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland heranzuziehen seien. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer auch anleiten müssen, verschiedene Unterlagen noch beizubringen, die sein Vorbringen hinsichtlich der politischen Situation und rechtlichen Situation unterstützen würden.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Vorerst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß eine Beratung in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

4. Auflage, auf Seite 178 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im übrigen geht der Beschwerdeführer nicht von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus. Die belangte Behörde ging aufgrund ihrer Beweiswürdigung nicht davon aus, daß der Beschwerdeführer wegen eines kriminellen Deliktes einem Strafverfahren in seinem Heimatland ausgesetzt sei. Die diesbezügliche Verfahrensrüge geht ins Leere. Gegen die seinen Angaben keinen Glauben schenkende Beweiswürdigung bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt ausgehend von der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag (Zl. 95/21/0112) keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Da somit die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß keine stichhaltigen Gründe für eine Bedrohung des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG vorliegen, auf keine Bedenken stößt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Für das die Aktenvorlage begleitende Schreiben der belangten Behörde vom 31. Juli 1995 ist kein Schriftsatzaufwand zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210117.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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