Index
L8200 BauordnungNorm
B-VG Art7 Abs1, Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung eines Bebauungsplans einer oberösterreichischen Gemeinde; Sachlichkeit der – im Einklang mit der Neuplanungsgebietsverordnung stehenden – BebauungsplanerstellungSpruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich "a. die Verordnung des Gemeindesrates der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr, Bebauungsplan Nr 37 'Ulrichstraße 42', beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr am 13. Dezember 2018, GZ: 004-1/20-2018-ANGE/BÖHM, kundgemacht durch Anschlag von 12. Februar 2019 bis 27. Februar 2019, soweit sie das Grundstück Nr 375/33, KG. St. Ulrich, betrifft", in eventu "b. die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr, Bebauungsplan Nr 37 'Ulrichstraße 42', beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr am 13. Dezember 2018, GZ: 004-1/20-2018-ANGE/BÖHM, kundgemacht durch Anschlag von 12. Februar 2019 bis 27. Februar 2019", als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. §2 des Oö Landesraumordnungsprogrammes 2017 (Oö LAROP 2017), LGBl 21/2017, lautet auszugsweise:
"§2
Spezifische Ziele der Landesentwicklung
Zur Konkretisierung der Raumordnungsziele und -grundsätze gemäß Oö Raumordnungsgesetz 1994 (Oö ROG 1994) werden folgende spezifischen Ziele festgelegt:
[…]
2. Für die Raumordnungsgrundsätze nach §2 Abs1 Z2, 3, 6, 7 und 10 Oö ROG 1994:
a) Der polyzentrische Ansatz der Landesstruktur ist insbesondere durch die Stärkung der kleinstädtisch geprägten und der kleinregionalen Kernräume weiter zu entwickeln;
b) Stadt- und Ortszentren sind zu stärken, Handels- und Dienstleistungseinrichtungen sind in integrierten Lagen zu konzentrieren;
c) Die Standortfestlegung von öffentlichen Einrichtungen hat unter besonderer Berücksichtigung der Zentrenstruktur, der Bedeutung des Standorts für die Region und unter Bedachtnahme auf die Verkehrsinfrastruktur zu erfolgen;
d) Sowohl die Abschätzung des Baulandbedarfs als auch die Standortentwicklung für Versorgungsstrukturen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales, Kultur, Information, Sport, Verwaltung und Sicherheit ist auf den demografischen und gesellschaftlichen Wandel (Verschiebung der Altersstruktur, veränderte Familien- und Lebensstrukturen, Veränderungen im Erwerbsleben, geänderte Nutzungsansprüche, usw) abzustimmen;
e) Die Siedlungsentwicklung soll sich in Abhängigkeit zur jeweiligen Bedienungsqualität verstärkt an den Einzugsbereichen des öffentlichen Verkehrs orientieren, insbesondere ist im Einzugsbereich von Haltestellen der Hauptachsen des öffentlichen Verkehrs eine maßvolle Verdichtung anzustreben;
f) Standorte für besonders kundenintensive, nicht autoaffine Einrichtungen sind insbesondere im fußläufigen Einzugsbereich von Bahnhöfen oder Haltestellen eines leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsmittels festzulegen; […]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 (Oö ROG 1994), LGBl 114/1993 idF LGBl 69/2015, wie sie zum Zeitpunkt der Erlassung des Bebauungsplanes in Kraft waren, lauteten bzw lauten auszugsweise:
"§2
Raumordnungsziele und -grundsätze
(1) Die Raumordnung hat insbesondere folgende Ziele:
1. den umfassenden Schutz der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen sowie die Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen Naturhaushaltes;
2. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für sozial gerechte Lebensverhältnisse und die kulturelle Entfaltung;
2a. die Vermeidung und Verminderung des Risikos von Naturgefahren für bestehende und künftige Siedlungsräume;
3. die Sicherung oder Verbesserung einer Siedlungsstruktur, die mit der Bevölkerungsdichte eines Gebietes und seiner ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Einklang steht, auch unter Bedachtnahme auf die infrastrukturellen Rahmenbedingungen sowie die Stärkung des ländlichen Raumes durch die Sicherung entsprechender räumlicher Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung;
4. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft einschließlich der Sicherung der natürlichen Ressourcen sowie die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit notwendigen Gütern und Dienstleistungen, insbesondere in Krisenzeiten;
5. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzung für eine existenz- und leistungsfähige Land- und Forstwirtschaft, insbesondere die Verbesserung der Agrarstruktur;
6. die sparsame Grundinanspruchnahme bei Nutzungen jeder Art sowie die bestmögliche Abstimmung der jeweiligen Widmungen;
7. die Vermeidung von Zersiedelung;
8. die Sicherung und Verbesserung einer funktionsfähigen Infrastruktur;
9. die Schaffung und Erhaltung von Freiflächen für Erholung und Tourismus;
10. die Erhaltung und Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes sowie eine umfassende Dorf- und Stadtentwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Stärkung der Stadt- und Ortskerne; unvermeidbare Eingriffe in die Landschaft sind durch entsprechende landschaftspflegerische Maßnahmen bestmöglich auszugleichen. […]
[…]
§31
Bebauungsplan
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß § 11 Abs6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
(2) Bei der Erlassung der Bebauungspläne ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Insbesondere ist auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf die Ermöglichung einer ökologischen Bauweise (z. B. Solaranlagen, Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser), der Hygiene und der Feuersicherheit Rücksicht zu nehmen.
(3) §20 gilt sinngemäß.
[…]
§33
Verfahren in der Gemeinde
(1) Die Absicht, einen Flächenwidmungsplan, einen Teil eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) oder einen Bebauungsplan neu zu erlassen oder grundlegend zu überprüfen, ist vom Bürgermeister durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel und - ohne Auswirkung auf die Kundmachung - im Internet unter der Adresse der Gemeinde mit der Aufforderung kundzumachen, dass jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist seine Planungsinteressen dem Gemeindeamt (Magistrat) schriftlich bekannt geben kann. Gibt die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt heraus, hat die Kundmachung auch dort zu erfolgen.
(2) Bei Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplans hat der Beschluss des Planentwurfs durch den Gemeinderat zu erfolgen. Nach Beschluss des Planentwurfs hat die Gemeinde
1. den in Betracht kommenden Bundesdienststellen,
2. der Landesregierung,
3. den benachbarten Gemeinden,
4. der Wirtschaftskammer Oberösterreich,
5. der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich,
6. der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich,
7. der Oö Umweltanwaltschaft, soweit Belange des Umweltschutzes in Frage stehen, sowie
8. sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts, von denen bekannt ist, dass ihre Interessen berührt werden,
innerhalb von acht Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Landesregierung sind mit der Aufforderung zur Stellungnahme sechs Planentwürfe vorzulegen. Bei Flächenwidmungsplänen und Flächenwidmungsplanänderungen oder deren Teilen (§18 Abs1 zweiter Satz) ist, soweit nicht durch Verordnung anderes festgelegt ist, zur Frage der Umwelterheblichkeit gemäß den Abs7 und 8 und zur Frage des erforderlichen Prüfungsumfangs des Umweltberichts gemäß Abs11 Z1 eine Stellungnahme der Landesregierung einzuholen
(3) Vor Beschlußfassung eines Flächenwidmungsplanes, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat ist der Plan durch vier Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen. Eine Verständigung kann unterbleiben, wenn die Änderung generelle Regelungen begriffsdefinitorischen Inhalts in den schriftlichen Ergänzungen von Bebauungsplänen betrifft. Auf die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme und die Möglichkeit der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen ist während der Auflagefrist durch Anschlag an der Amtstafel und im amtlichen Mitteilungsblatt hinzuweisen, wenn die Gemeinde ein solches regelmäßig herausgibt.
(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig. […]
§34
Aufsichtsverfahren und Kundmachung
(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, eine Änderung eines Flächenwidmungsplans oder eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz), so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan ist der Landesregierung vor Kundmachung des Beschlusses nur dann zur Genehmigung vorzulegen, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maß berührt werden. Überörtliche Interessen werden dann besonders berührt, wenn dies der Gemeinde von der Landesregierung anläßlich ihrer Stellungnahme gemäß §33 Abs2 mitgeteilt wurde.
(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan
1. Raumordnungszielen und -grundsätzen einschließlich den aus der Seveso III-Richtlinie erwachsenden Pflichten oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder
2. einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß §11 Abs6 oder
3. – soweit nur der Flächenwidmungsteil (§18 Abs1 zweiter Satz Z1) betroffen ist – dem örtlichen Entwicklungskonzept (§18 Abs1 zweiter Satz Z2) oder
4. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Baulandanforderungen gemäß §21 und den Verfahrensbestimmungen,
widerspricht oder
5. die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde.
(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.
(4) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn
1. der Gemeinde nicht innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des genehmigungspflichtigen Planes und der nötigen Unterlagen (Abs1) beim Amt der Landesregierung ein Versagungsgrund mitgeteilt wird oder
2. der Gemeinde innerhalb von drei Monaten nach Einlangen ihrer Stellungnahme zu den mitgeteilten Versagungsgründen kein das Verfahren abschließender Bescheid zugestellt wird.
(5) Nach Einlangen des genehmigten Plans bei der Gemeinde oder nach Fristablauf ist der Plan kundzumachen. Bei Versagung der Genehmigung hat eine Kundmachung des Planes zu unterbleiben. Drei Ausfertigungen des kundgemachten Planes sind dem Amt der Landesregierung vorzulegen."
3. §45 der Oö Bauordnung 1994 (Oö BauO 1994), LGBl 66/1994 idF LGBl 70/1998, wie er zum Zeitpunkt der Erlassung bzw Verlängerung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Sankt Ulrich bei Steyr vom 3. Mai 2018, mit der das Neuplanungsgebiet "Ortszentrum Dichte" erlassen wird, in Kraft war, lautete:
"§45
Neuplanungsgebiete
(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.
(2) Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet hat die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß §24 Abs1 Z4 - nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwert oder verhindert.
(3) Verpflichtungen, die sich bei Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs2 ergeben hätten, wenn der neue oder geänderte Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan schon zur Zeit ihrer Erteilung rechtswirksam gewesen wäre, können nach dem Rechtswirksamwerden des Plans von der Baubehörde nachträglich vorgeschrieben werden, sofern die Bewilligung noch wirksam ist.
(4) Die Verordnung über die Erklärung zum Neuplanungsgebiet tritt entsprechend dem Anlaß, aus dem sie erlassen wurde, mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans oder der Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, spätestens jedoch nach zwei Jahren, außer Kraft.
(5) Der Gemeinderat kann die Erklärung zum Neuplanungsgebiet durch Verordnung höchstens zweimal auf je ein weiteres Jahr verlängern. Eine darüber hinausgehende Verlängerung auf höchstens zwei weitere Jahre kann durch Verordnung des Gemeinderates erfolgen, wenn sich die vorgesehene Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans ausschließlich deswegen verzögert, weil überörtliche Planungen berücksichtigt werden sollen; eine solche Verordnung bedarf der Genehmigung der Landesregierung, die zu erteilen ist, wenn mit einer Fertigstellung und Berücksichtigung der überörtlichen Planung innerhalb der weiteren Verlängerungsfrist gerechnet werden kann. Auch im Fall einer Verlängerung tritt die Verordnung mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Plans oder der Änderung des Plans außer Kraft."
4. §2 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Sankt Ulrich bei Steyr vom 3. Mai 2018, mit der das Neuplanungsgebiet "Ortszentrum Dichte" erlassen wird (in der Folge: Neuplanungsgebietsverordnung), lautet (ohne die Hervorhebungen im Original):
"§2
Der bestehende Flächenwidmungsplan (Örtliches Entwicklungskonzept und Flächenwidmungsteil) soll für die im Ortskernbereich der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr innerhalb des Geltungsbereiches gemäß §1 liegenden rechtswirksam als Bauland / Kerngebiet, Wohngebiet oder Gemischtes Baugebiet gewidmeten Flächen hinsichtlich der Funktionen im Baulandkonzept des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr 1 sowie der zulässigen Bebauungsdichte überprüft und nach Maßgabe des Überprüfungsergebnisses geändert werden.
Die Neuplanung des Flächenwidmungsplanes soll einerseits erreichen, dass im Ortskernbereich von St. Ulrich bei Steyr insbesondere eine multifunktionale Nutzungsstruktur, bei besonderer Bedeutung von zentrumsbildenden öffentlichen und privaten Dienstleistungseinrichtungen sowie zentrumnahen Wohnnutzungen, ausgebildet bzw gesichert wird.
Zum anderen sollen die Baulandflächen im Ortszentrum mit zulässiger betriebsunabhängiger Wohnnutzung zur Sicherung einer geordneten und zweckmäßigen Bebauung hinsichtlich ihrer raumstrukturellen Eignung für verdichtete Bauformen überprüft und der Flächenwidmungsplan entsprechend geändert werden.
Um die Durchführung der künftigen Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht zu erschweren oder zu verhindern, wird daher festgelegt:
Funktion – Räumlich-funktionelle Ziele
Zentrumsfunktion
mit multifunktionaler Nutzungsstruktur, bei besonderer Bedeutung von zentrumsbildenden öffentlichen und privaten Dienstleitungseinrichtungen sowie von zentrumsnahmen Wohnnutzungen.
Bebauungsdichte
Maximale Dichte der Bebauung je Bauplatz: Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,6, maximal 2 Geschosse und maximal 3 Wohneinheiten.
Ausgenommen sind:
- Bauplätze mit bestehender oder baubewilligter höherer Bebauungsdichte,
- Bauplätze, für die im Flächenwidmungsplan eine höhere Bebauungsdichte festgelegt ist, und
- Bauplätze, für die ein Bebauungsplan erstellt wird oder besteht, in dem ausdrücklich eine höhere Bebauungsdichte festgelegt ist.
Der zugrundeliegende Erläuterungsbericht vom Büro […] vom Mai 2018 ist der Verordnung angeschlossen und bildet einen integrierenden Bestandteil derselben."
III. Sachverhalt und Vorverfahren
1. Am 3. Mai 2018 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr die Neuplanungsgebietsverordnung "Ortszentrum Dichte", deren Gültigkeit mit Beschluss vom 12. März 2020 verlängert wurde. Das Planungsgebiet umfasst auch das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr 375/33, KG St. Ulrich.
2. Dieses Grundstück ist im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan als "Bauland-Wohngebiet" ausgewiesen. Für das Grundstück gilt der rechtswirksame Bebauungsplan Nr 37 "Ulrichstraße 42" vom 13. Dezember 2018, der im Planungsbereich der Neuplanungsgebietsverordnung liegt.
3. Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr vom 10. Februar 2020 wurde der Antrag der Bauwerberin des Anlassverfahrens auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnbaus mit zwölf Wohnungen auf dem Grundstück Nr 375/33, KG St. Ulrich, bewilligt.
4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer des Anlassverfahrens Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar:
"IV. Begründung (verfassungsrechtliche Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich):
1.1. Nach der stRsp des Verfassungsgerichtshofes sind Bebauungspläne für Einzelfälle nicht generell verfassungswidrig (VfSlg 13.306/1992, 17.815/2006), stehen aber unter einer besonderen, der sachlichen Rechtfertigung dienenden Begründungspflicht.
1.2 Nach der Rsp des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 14378) ist 'eine Bebauungsplanänderung, die lediglich deshalb vorgenommen wird, um für ein, auf einem Grundstück im Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan errichtetes Bauwerk eine gehörige Rechtsgrundlage zu schaffen, gleichheitswidrig. Es widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn die Änderung eines Bebauungsplanes nicht durch sachliche Erwägungen begründet, sondern ausschließlich dazu bestimmt ist, entgegen der Aufgabe des Bebauungsplanes, Bauvorhaben in die durch öffentliche Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken, durch Anpassung des Bebauungsplanes den Bauführer zu begünstigen. Der Grundgedanke, der in diesem Erkenntnis für die nachträgliche, nach Errichtung eines Bauwerkes beschlossene Bebauungsplanänderung ausgeführt wurde, trifft in gleicher Weise auf eine Bebauungsplanänderung zu, die zwar vor Bauführung beschlossen, aber eben auch ausschließlich dazu erlassen wird, einen bestimmten Bauwerber im Vergleich zu den Eigentümern von Nachbargrundstücken im Hinblick auf die dafür geltenden baurechtlichen Grundlagen zu begünstigen. Wenn ein Bebauungsplan die Bebauung in die durch die öffentlichen Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken hat, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, auf einem der vom Bebauungsplan erfaßten Grundstücke lediglich im Interesse des Bauwerbers eine vom sonstigen Bebauungsplan abweichende bauliche Nutzung zuzulassen.
1.3. Nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes (2006/05/0235 vom 14.12.2007, 2013/05/0193 vom 29.9.2016, Ra 2019/05/0037 vom 17.4.2020) kommt ausreichend bestimmten Festlegungen – wie beispielsweise der Bebauungsdichte – im Örtlichen Entwicklungskonzept normative Bedeutung zu. Die Festlegung einer Geschoßflächenzahl, einer maximalen Geschoßanzahl sowie einer maximal zulässigen Zahl von Wohneinheiten richtet sich also nicht bloß an die Gemeinde ('Zielbestimmung'), sondern sind solche Festlegungen bei der Beurteilung eines Bauvorhabens – insbesondere da es sich bei Fragen der Ausnutzbarkeit des Bauplatzes und der Höhenentwicklung von Gebäuden um subjektiv-öffentliche Nachbarrechte handelt – von den Baubehörden zu berücksichtigen.
2.1. Die Gemeinde St. Ulrich bei Steyr beabsichtigt die Änderung des Flächenwidmungsplanes (Örtliches Entwicklungskonzept, Flächenwidmungsteil) betreffend den Ortskern des Gemeindegebietes und erließ zur Sicherstellung der Planungsinteressen eine Neuplanungsgebietsverordnung (Beschluss vom 3. Mai 2018), wobei als Planungsziel (§45 Abs1 Oö BauO: 'die beabsichtigte Neuplanung') zunächst die Überprüfung der 'zulässigen Bebauungsdichte [...] und nach Maßgabe des Überprüfungsprozesses' eine entsprechende Festlegung dieser, ausgeführt wird. Darüber hinaus (Festlegungen) wurden eine Geschoßflächenzahl (GFZ) von 0,6, maximal zwei Geschoße sowie maximal drei Wohneinheiten pro Bauplatz verordnet (§2 leg cit). Mit Beschluss vom 12. März 2020 verlängerte der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr diese Verordnung. Für alle (von einzelnen Ausnahmen abgesehen) sich im Planungsgebiet befindlichen (Bau-)Grundstücke gilt nach dadurch geschaffener Rechtslage die Beschränkung auf die in §2 der Neuplanungsgebietsverordnung festgelegten Parameter hinsichtlich Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, Höhenentwicklung und Anzahl der Wohneinheiten.
2.2. Zeitgleich (Erläuterungsbericht vom Mai 2018, ON 2 des Verordnungsaktes zum Bebauungsplan, Seite 5) wurde ein Verfahren zur Erlassung eines Bebauungsplanes betreffend die Grundstücke Nr 375/31 und 375/33 angestoßen. Dem Erläuterungsbericht lagen als Planungsgrundlagen für den Bebauungsplan ua der 'Vorabzug Einreichplan Projekt Ulrichstraße 42 [...]' sowie die entsprechenden Renderings zu Grunde (siehe Punkt 3.14.). Vor dem Hintergrund des Erläuterungsberichtes und der Genese des Bebauungsplanes handelt es sich um einen 'Bebauungsplan für den Einzelfall', dessen Planungsgebiet ausschließlich die beiden Grundstücke Nr 375/31 und 375/33 der KG St. Ulrich mit einem gemeinsamen Flächenausmaß von rund 3.000 m2 und einem gemeinsamen Bauplatz (Bescheid vom 2. März 2018, ON A2 des verwaltungsbehördlichen Aktes) umfasst.
2.3.1. Gemäß §31 Abs1 Oö ROG hat jede Gemeinde in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumplanung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherstellungen einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung [...] erforderlich ist. Gemäß Abs2 par cit ist bei der Erlassung der Bebauungspläne die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, dass eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Offenkundig vor diesem Regelungshintergrund führt der Erläuterungsbericht zur Neuplanungsgebietsverordnung (Beilage zu ON 5 des verwaltungsgerichtlichen Aktes, Punkt 4) aus: 'Grundsätzlich ist eine Regelung der Bebauungsdichte bzw der maximalen Anzahl der Wohneinheiten je Bauplatz über Bebauungspläne möglich. Allerdings wäre, um eine gleichrangige Behandlung der Eigentümer zu gewährleisten, eine flächendeckende Bebauungsplanerstellung bzw -änderung erforderlich, welche mit einem hohen Aufwand verbunden ist. Demgegenüber besteht die Möglichkeit im Flächenwidmungsplan die Bebauungsdichte festzulegen und somit die Bebauungsplanerstellung auf Bereiche mit geplanten verdichteten Bauformen zu beschränken" (siehe dazu auch die Ausführungen der Vertreterin der Ortsplanerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Niederschrift, Seite 4, ON 12 des verwaltungsgerichtlichen Aktes: 'wirtschaftliche Erwägungen gehandelt hat, weshalb das Planungsgebiet derzeit nur auf diese beiden verfahrensgegenständlichen Grundstücke eingeschränkt wurde').
2.3.2. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestehen Bedenken, ob die Wahl ('Einschränkung') des Planungsgebietes des Bebauungsplanes im Lichte der Bestimmungen des §31 Abs1 und 2 Oö ROG sachorientiert, also nach raumplanerischen Planungsparametern (Raumstruktur, vergleichbare Grundstückskonfiguration, Flächenwidmung, Bebauungsstruktur ua) getroffen wurde, um das Ziel der Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung (Abs2 par cit) zu erreichen, zumal selbst die Ortsplanerin konstatiert, dass 'eine flächendeckende Bebauungsplanerstellung bzw -änderung erforderlich [wäre], um eine gleichrangige Behandlung der Eigentümer zu gewährleisten'. Vielmehr lassen die Genese des Bebauungsplanes sowie die Ausführungen der Ortsplanerin an verschiedenen Stellen darauf schließen, dass zeitliche und wirtschaftliche Faktoren im Vordergrund standen.
2.4.1. Anlass für die Erlassung (und Verlängerung) der Neuplanungsgebietsverordnung war und ist die Überprüfung der Funktionen im Baulandkonzept sowie der zulässigen Bebauungsdichte und die nachfolgende Festlegung der Bebauungsdichte nach Maßgabe des Überprüfungsergebnisses. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestehen Bedenken, ob die genannten Planungsziele in Einklang mit der Erlassung eines kleinräumigen – auf ein konkretes Projekt bezogenen – Bebauungsplan zu bringen sind: Offensichtlich steht hinter den Planungszielen zur Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes (deren Sicherung die Neuplanungsgebietsverordnung dient) zunächst eine gesamthafte Betrachtung des zusammenhängenden Planungsgebietes (Ortskern St. Ulrich) und die auf dieser Basis aufbauende nachfolgende Festlegung der Funktionen im Baulandkonzept sowie der entsprechenden Bebauungsdichte. In diesem Sinne antizipiert allerdings der gegenständliche Bebauungsplan bereits die Ergebnisse dieses Überprüfungsprozesses, werden doch – konkret auf ein Projekt bezogene – Festlegungen hinsichtlich Bebauungsdichte, maximale Zahl der Wohneinheiten sowie die Höhenentwicklung getroffen. Die diesbezüglichen Festlegungen überschreiten zudem die Einschränkungen der Neuplanungsgebietsverordnung erheblich, sollen doch auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück 12 Wohneinheiten (max drei laut Neuplanungsgebietsverordnung) und eine GFZ von 0,7 (0,6 laut Neuplanungsgebietsverordnung) und drei Geschoße (zwei laut Neuplanungsgebietsverordnung) zulässig sein.
2.4.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verkennt nicht, dass unter sachlichen Kriterien die Erlassung kleinräumiger Bebauungspläne mit erheblichen Abweichungen im Hinblick auf die Bebauungsdichte im Vergleich zur Umgebung zulässig sein kann, insbesondere wenn – wie die Ortsplanerin ausführt – im Örtlichen Entwicklungskonzept Bereiche mit geplanten verdichteten Bauformen festgelegt werden ('somit die Bebauungsplanerstellung auf Bereiche mit geplanten verdichteten Bauformen zu beschränken'). Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist aus den vorgelegten Unterlagen allerdings nicht erkennbar, aus welchen Gründen und auf Basis welcher Überprüfungsergebnisse eine solche Festlegung bereits zu Beginn des Überprüfungsprozesses möglich war.
2.4.3. In ihrer Stellungnahme (Verhandlungsschrift über die 20. Sitzung des Gemeinderates vom 13. Dezember 2018, ON 43 des Verordnungsaktes) führt die Ortsplanerin aus: 'Für die Realisierung des für den Bereich des Planungsraumes vorliegenden Bauvorhabens bestand grundsätzlich kein zwingendes Erfordernis für die Erstellung eines Bebauungsplanes. Eine Baubewilligung hätte auch ohne Vorliegen eines Bebauungsplanes erwirkt werden können, insbesondere da das Bauvorhaben hinsichtlich der Abstandsbestimmungen, Höhenausprägung etc. den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und bereits im Ortsbildbeirat 'als geeignet zur Nachverdichtung einer eher kleinteiligen baulichen Struktur der Umgebung' beurteilt wurde. Die Erstellung eines Bebauungsplanes erfolgt alleine aufgrund der sensiblen Lage im Ortskernbereich und der dadurch gebotenen Steuerung einer geordneten und zweckmäßigen Bebauung [...]'. Entgegen dieser Grundannahme der Ortsplanerin widersprach das mit Antrag vom Mai 2019 eingereichte – verfahrensgegenständliche – Bauvorhaben aufgrund seiner Ausgestaltung offensichtlich der im Mai 2018 beschlossenen Neuplanungsgebietsverordnung hinsichtlich seiner Höhenentwicklung und der Anzahl der geplanten Wohneinheiten. Insofern bildet der Bebauungsplan geradezu die rechtliche Grundlage für das Bauvorhaben.
2.5.1. Durch die Erlassung (Verlängerung) der Neuplanungsgebietsverordnung für das Planungsgebiet Ortskern St. Ulrich bei Steyr sowie des Bebauungsplanes Nr 37 'Ulrichstraße 42' wurden für das Planungsgebiet unterschiedliche Rechtslagen geschaffen: Während für die Grundstücke Nr .375/31 und 375/33 der KG St. Ulrich gilt: maximal zwei Geschoße samt einem (zurückgesetzten) Terrassengeschoß, GFZ 0,7 und keine Beschränkung der maximalen Zahl an Wohneinheiten, gilt für die übrigen (Bau-)Grundstücke im Planungsgebiet: maximal zwei Geschoße, GFZ 0,6 und eine Beschränkung auf maximal drei Wohneinheiten pro Bauplatz.
2.5.2. Wenngleich – anders als in der eingangs zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – im vorliegenden Fall nicht ein Bebauungsplan dergestalt geändert wird, dass ein konkreter Bauwerber/Grundstückseigentümer gegenüber den anderen Normadressaten erheblich bevorzugt wird, so bewirkt doch das Zusammenspiel zwischen Neuplanungsgebietsverordnung und Bebauungsplan ein solches Ergebnis, zumal ausschließlich die Bauwerberin/die Grundstückseigentümerinnen im Vergleich zur sonst gültigen Rechtslage erheblich begünstigt wird/werden.
2.6. Am Rande erlaubt sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu bemerken, dass der Bebauungsplanentwurf den ostseitigen Höhenbezugspunkt mit 'FOK 386,7müA' vorsieht (Verständigung, ON 23 des Verordnungsaktes) und der kundgemachte Bebauungsplan den ostseitigen Höhenbezugspunkt mit 'FOK 386müA' festlegt (zu dieser Änderung siehe die E-Mail der Vertreterin der Ortsplanerin vom 21. August 2018, ON 24 des Verordnungsaktes). Von dieser Änderung wurden – soweit aus dem Verordnungsakt ersichtlich – ausschließlich die Grundeigentümerinnen in Kenntnis gesetzt.
3. Vor diesem Hintergrund hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Lichte der eingangs zitierten Rsp des Verfassungsgerichtshofes Bedenken an der Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplanes."
6. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"Mit dem im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht gegenständlichen Bescheid erteilte die belangte Behörde der […] (Bauwerberin) die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Bauvorhabens 'Wohnbau mit 12 Wohnungen' auf dem Grundstück Nr 375/33, EZ 609, KG St. Ulrich.
In der dagegen erhobenen Beschwerde relevierten die Beschwerdeführer auch die Rechtswidrigkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans, insbesondere im Hinblick auf die Festlegung der Geschoßflächenzahl (GFZ) mit 0,7, die Zulässigkeit der Errichtung von zwei (Voll-)Geschoßen samt eines (zurückspringenden) Terrassengeschoßes sowie der fehlenden Einschränkung der maximal zulässigen Wohneinheiten.
Zusammengefasst gilt für das als Bauland-Wohngebiet gewidmete, verfahrensgegenständliche Grundstück Nr 375/33, EZ 609 der KG St. Ulrich, die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr 'Bebauungsplan Nr 37, Ulrichstraße 42' und befindet sich dieses Grundstück zudem im Planungsgebiet der 'Neuplanungsgebietsverordnung Ortszentrum Dichte'.
Dabei dient dieses Neuplanungsgebiet im Wesentlichen der Sicherstellung der Planungsinteressen der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr für eine beabsichtigte Änderung des Flächenwidmungsplans (Örtliches Entwicklungskonzept und Flächenwidmungsteil). Planungsziel im Sinn des §37b Oö Raumordnungsgesetz 1994 (bislang §45 Abs1 Oö Bauordnung 1994) ist die Überprüfung der zulässigen Bebauungsdichte und nach Maßgabe des Überprüfungsprozesses eine entsprechende Festlegung dieser; zudem werden eine Geschoßflächenzahl von 0,6, maximal zwei Geschoße sowie maximal drei Wohneinheiten pro Bauplatz verordnet. Ausgenommen davon sind – neben Bauplätzen mit bestehender oder baubewilligter höherer Bebauungsdichte sowie Bauplätzen, für die im Flächenwidmungsplan eine höhere Bebauungsdichte festgelegt ist – auch Bauplätze, für die ein Bebauungsplan erstellt wird oder besteht, in dem ausdrücklich eine höhere Bebauungsdichte festgelegt ist.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan Nr 37, 'Ulrichstraße 42' wird für die Grundstücke Nr 375/31 und 375/33, KG St. Ulrich, unter anderem eine höhere Bebauungsdichte festgelegt. Zutreffend ist, dass bereits aus der Genese des Bebauungsplans hervorgeht, dass dieser für den konkreten Einzelfall im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung des §2 der Neuplanungsverordnung 'Ortszentrum Dichte' erlassen wurde.
Die Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gegen die Wahl des Planungsgebiets des Bebauungsplans, insbesondere vor dem Hintergrund des §31 Abs1 und 2 Oö ROG 1994 und den dort normierten sachlichen Kriterien für die Erlassung von Bebauungsplänen, werden jedoch nicht geteilt. Aus dem bloßen Einbeziehen zeitlicher und wirtschaftlicher Faktoren im Rahmen der Erstellung eines Bebauungsplans – bzw im gegenständlich weiteren Kontext der Evaluierung, Überprüfung und gegebenenfalls Überarbeitung verschiedener Maßnahmen der örtlichen Raumplanung einer Gemeinde für ein bestimmtes Planungsgebiet – kann eine mangelnde Rechtmäßigkeit eines solchen Bebauungsplans wohl nicht abgeleitet werden.
Insofern das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich überdies zweifelt, dass die Planungsziele der Neuplanungsgebietsverordnung (nämlich die Überprüfung der Funktionen im Baulandkonzept sowie der zulässigen Bebauungsdichte sowie – nachfolgend – die Festlegung der Bebauungsdichte nach Maßgabe dieser Überprüfungsergebnisse) in Einklang mit der Erlassung eines kleinräumigen Bebauungsplans zu bringen sind, darf angemerkt werden, dass gerade diese Vorgehensweise von der Verordnungsgeberin im §2 der Neuplanungsgebietsverordnung ausdrücklich normiert wurde. Aus diesem Grund kann auch die Argumentation des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, der gegenständliche Bebauungsplan würde die Ergebnisse des durch die Gemeinde als Trägerin der örtlichen Raumplanung angestoßenen Überprüfungsprozesses antizipieren, nicht nachvollzogen werden. Sowohl die – langfristige – Überprüfung und Neuerstellung des Flächenwidmungsplans in seiner Gesamtheit, als auch die grundlegende Absicherung dieses Prozesses mittels eines Neuplanungsgebiets sowie letztlich die Schaffung von Bebauungsplänen in diesem Planungsraum obliegen ohnehin sämtlich der Gemeinde.
Aus Sicht der Oö Landesregierung als Aufsichtsbehörde scheint es daher grundsätzlich zulässig, von den (der Natur des Planungsinstruments entsprechend häufig strengeren) Anforderungen eines Neuplanungsgebiets mittels Bebauungsplänen abzuweichen. Letztlich wird ein Neuplanungsgebiet festgelegt, um die Durchführung einer künftigen Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht zu erschweren oder zu verhindern und bildet dies gemäß §37b Abs2 Oö ROG 1994 Beurteilungsmaßstab für Bauplatzbewilligungen, die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen. Umso mehr muss es der Verordnungsgeberin des Neuplanungsgebiets daher freistehen, Bebauungspläne zu erlassen, die mit dem Anlass der Erklärung zum Neuplanungsgebiet in Einklang stehen.
Auch gegen die zur Neuordnung des Planungsraums insgesamt angestrebte Vorgehensweise der Gemeinde, anstelle der kosten- und ressourcenintensiven sowie aufwändigen flächendeckenden Erstellung von Bebauungsplänen eine Bebauungsdichte im Flächenwidmungsplan vorzusehen und lediglich im Einzelnen Bebauungspläne für Bereiche mit verdichteten Bauformen zu erstellen, bestehen – eine hinreichende sachliche Grundlage dieser Bebauungspläne vorausgesetzt, siehe dazu sogleich unten – keine Bedenken.
Wie das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zutreffend feststellt, ist die Erlassung kleinräumiger Bebauungspläne – auch mit erheblichen Abweichungen im Hinblick auf die Bebauungsdichte im Vergleich zur Umgebung – zulässig, wenn hierfür sachliche Kriterien vorliegen. Ungeachtet der irrigen Rechtsansicht der Ortsplanerin, das gegenständliche Projekt wäre auch ohne die Erstellung eines Bebauungsplans einer Baubewilligung zugänglich gewesen, sind ihren Ausführungen, sowie dem im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren vorgelegten Erläuterungsbericht (vgl RO-2018-148630/1) die wesentlichen fachlichen Kriterien, die zur Erstellung des Bebauungsplans geführt haben, zu entnehmen. Insbesondere wird dabei auf die sensible Lage im Ortskernbereich und die dadurch gebotene Steuerung einer geordneten und zweckmäßigen Bebauung hingewiesen.
Auch die Tatsache, dass im Rahmen der Erstellung des Bebauungsplans beispielsweise auf Renderings der geplanten baulichen Anlagen zurückgegriffen wurde, scheint als Argument für eine mangelnde sachliche Grundlage dieser Verordnung untauglich. Letztlich bilden derartige Unterlagen regelmäßig die notwendige Beurteilungsgrundlage für Planungsmaßnahmen auf Ebene von Bebauungsplänen, gegenständlich beispielsweise im Zuge der Befassung des Ortsbildbeirats, der dem Projekt eine hinreichende Eignung zur Nachverdichtung einer eher kleinteiligen baulichen Struktur der Umgebung attestierte.
Vergleicht man diese Einschätzung mit der übergeordneten Zielsetzung des Neuplanungsgebiets, wonach die Baulandflächen im Ortszentrum mit zulässiger betriebsunabhängiger Wohnnutzung zur Sicherung einer geordneten und zweckmäßigen Bebauung hinsichtlich ihrer raumstrukturellen Eignung für verdichtete Bauformen überprüft werden sollen, wird zudem offenbar, dass die Bedenken des Landesverwaltungsgerichts, ob die Planungsziele des Neuplanungsgebiets mit der Erlassung eines kleinräumigen Bebauungsplans in Einklang zu bringen wären, jedenfalls verfehlt sind.
Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass – obgleich durch die Erlassung der Neuplanungsgebietsverordnung für das Planungsgebiet Ortskern St. Ulrich bei Steyr sowie des Bebauungsplans Nr 37 'Ulrichstraße 42' für das Planungsgebiet unterschiedliche Rechtslagen geschaffen wurden – hierfür aus Sicht der Oö Landesregierung als Aufsichtsbehörde jedenfalls eine hinreichende sachliche Begründung besteht. Insbesondere kann im vorliegenden Fall nicht davon gesprochen werden, dass der gegenständliche Bebauungsplan ausschließlich dazu erlassen wurde, einen bestimmten Bauwerber im Vergleich zu den Eigentümern von Nachbargrundstücken im Hinblick auf die dafür geltenden baurechtlichen Grundlagen zu begünstigen."
7. Einer der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der er den vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhobenen Bedenken beitritt.
8. Die Bürgermeisterin der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr erstattete eine Äußerung, in der sie wie folgt ausführt (ohne die Hervorhebungen im Original):
"A. Ergänzungen zum Sachverhalt:
Ergänzend zu der im Antrag enthaltenen Sachverhaltsdarstellung (II. des Antrages vom 30.11.2020) wird ergänzend auf die nachstehenden Umstände verwiesen.
1.) Voranzustellen ist, dass das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben in allen Punkten den Vorschriften der Oö BauO 1994, des Oö Bautechnikgesetzes 2013 sowie der Oö Bautechnikverordnung 2013 entspricht, sodass für dieses jedenfalls die baubehördliche Bewilligung (auch dann) zu erteilen gewesen wäre, wenn
- der Bebauungsplan Nr 37 'Ulrichstraße 42' und
- die Neuplanungsgebietsverordnung 'Ortszentrum Dichte' (GZ: 004-1/16-2018)
nicht erlassen worden wären.
Auch die Beschwerdeführer konnten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen einzigen Bestandteil des Bauvorhabens benennen und auch keinen sonstigen Aspekt aufzeigen, der – ohne Erlassung des Bebauungsplanes und des Neuplanungsgebietes – einer Erteilung der Baubewilligung entgegenstehen könnte.
2.) Hervorzuheben ist weiters, dass der Planungsraum des Neuplanungsgebietes eine Fläche von 172.425 m² umfasst (sh. Erläuterungsbericht Neuplanungsgebiet, S 3). Demgegenüber beträgt die Fläche des gesamten Planungsgebietes des Bebauungsplanes Nr 37 3.333 m² (Erläuterungsbericht Bebauungsplan Nr 37, S 2), also weniger als 2 % der Fläche des vom Neuplanungsgebiet erfassten Planungsraumes.
3.) Das Planungsgebiet des Bebauungsplanes liegt in unmittelbarer Nähe (100 – 300 m) zu den für ländliche (wenn auch stadtnahe) Gemeinden wesentlichen Infrastruktureinrichtungen, nämlich Volksschule, Kindergarten, Gemeindeamt, Pfarrkirche, Friedhof, Gastronomie (Erläuterungsbericht zum Bebauungsplan S 6 und 8 sowie angeschlossene Ausschnitte der Grundlagenforschung 'Flächenwidmungsteil Nr 3' und 'Soziale Infrastruktur'). Gleichzeitig besteht das Planungsgebiet – ebenso wie seine Umgebung – aus Bauplätzen in einer Größe von über 2000 m², die jeweils lediglich mit einem Einfamilienhaus bebaut sind (vgl Behandlung der Stellungnahmen / Änderungsdokumentation vom 24.09.2018 S 9; Ausschnitt der Grundlagenforschung zum Bebauungsplan 'Bauplatzgrößen'). Das den Kern des Planungsgebietes bildende (ursprüngliche) Grundstück Nr 375/31 im Ausmaß von 2.915 m² (nunmehr geteilt in dieses und Gst Nr 375/33) ist trotz seiner großen Fläche lediglich mit einem Einfamilienhaus bebaut, dessen Abbruch sowie die anschließende Neuerrichtung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes eigentümerseits beabsichtigt ist.
4.) Im Sinne der Verordnung des Neuplanungsgebietes vom 03.05.2018 wurde mit Beschluss vom 13.12.2018 das Verfahren zur Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzepts Nr 1.13, Zl 031-1.13/2018/Bra eingeleitet, in dessen Entwurf das Planungsgebiet mit der Funktion 'WF1 maßvoller Verdichtungsschwerpunkt-Wohnen' versehen ist. Mit dieser Funktion ist im Entwurf keine Beschränkung der Anzahl der Wohnungen verbunden, jedoch eine Beschränkung auf zwei Geschosse plus Dach- oder Terrassengeschoss und für die GFZein Orientierungs- bzw Schwellenwert mit 0,6. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
B. Zu den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes:
1.) Die vom Verwaltungsgericht angemeldeten Bedenken an der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes sind unbegründet.
1.1.) Zunächst bestätigt das Verwaltungsgericht selbst, dass die Verordnung eines Bebauungsplanes selbst dann rechtmäßig ist, wenn er die Verwirklichung eines bestimmten Bauvorhabens ermöglichen sollte. Auch in einem solchen Fall könnte der Bebauungsplan nur dann verfassungswidrig sein, wenn die Erlassung des Bebauungsplanes nur deshalb vorgenommen worden wäre, um einen Grundstückseigentümer gegenüber anderen unsachlich zu bevorzugen (V123/03 = VfSlg 17.224 m.w.N).
1.2.) Die Möglichkeit einer derartigen Begünstigung scheidet aber hier schon deshalb in ganz eindeutiger Weise aus, weil die Bauwerberin bzw Grundeigentümerin durch den Bebauungsplan – gemessen an den sich aus dem Gesetz ergebenden Bebauungsmöglichkeiten – keinerlei Vorteile erlangte, sondern ausschließlich Einschränkungen der Bebaubarkeit des gegenständlichen Grundstückes hinnehmen musste. Dieser Umstand wird auch vom Verwaltungsgericht nicht in Zweifel gezogen.
2.) Das Verwaltungsgericht erachtet jedoch eine Begünstigung der Baubewerberin bzw Grundstückseigentümerin (nur) dadurch als gegeben, dass für das Planungsgebiet des Bebauungsplanes im Verhältnis zu den die Grundzüge des Neuplanungsgebietes konkretisierenden Determinanten (GFZ 0,6, max. 2 Geschoße u. 3 Wohneinheiten) weniger restriktive Einschränkungen angeordnet wurden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes ist es aber ganz offensichtlich, dass durch ein Abweichen des Bebauungsplanes von dieser Umschreibung der Grundzüge des Neuplanungsgebietes keine unsachliche Begünstigung abgeleitet werden kann.
2.1.) Offenbar legt das Verwaltungsgericht dem Begriff des Neuplanungsgebietes im Sinn des §45 Oö BauO 1994 (seit 1.1.2021 §37b Oö ROG 1994 idF LGBl Nr 125/2020) ein unzutreffendes Verständnis bei.
Wesentlicher Zweck eines Neuplanungsgebietes ist dessen Wirkung als Bausperre für ein bestimmtes Gebiet, um Bauführungen zu verhindern, die einem künftigen Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan nicht entsprechen und daher dessen Verwirklichung behindern würden (Grimberger in Pabel, Oö Baurecht §45 Oö BauO Rz 2). Für die Rechtmäßigkeit einer Bausperre ist nach der Rechtsprechung des VfGH lediglich eine entsprechend konkretisierte Änderungsabsicht erforderlich (V136/87 = VfSlg 11.743). Dass der Plan tatsächlich zulässigerweise geändert wird oder geändert werden kann, ist hingegen nicht relevant, liegt doch der Sinn und Zweck der Bausperre darin, der Gemeinde die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zu einer Änderung des Bebauungsplanes vorliegen (Leitl in Hauer/Nußbaumer, Österreichisches Raum- und Fachplanungsrecht [2006], 127f). Eine Neuplanungsgebietsverordnung erfordert gemäß §45 Abs1 Satz 2 Oö BauO 1994 (bzw §37b Oö ROG 1994) stets eine zumindest in Grundzügen festgelegte Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung, die einen Bestandteil der kundgemachten Verordnung zu bilden hat (V88/99 = VfSlg 15.779).
2.2.) Durch die Neuplanungsgebietsverordnung vom 3.5.2018 sollen gem. deren §2 zentrumsnahe Wohnnutzungen gesichert, die raumstrukturelle Eignung der Baulandflächen im Zentrum für verdichtete Bauformen überprüft und der Flächenwidmungsplan bzw das ÖEK darauf abzielend geändert werden. Dem Gebot zur ausreichenden Determinierung entsprechend wurden als Schwellenwerte und taugliche Schranke zur Behandlung laufender Bauvorhaben eine Geschossflächenzahl von 0,6, max. 2 Geschosse und max. 3 Wohneinheiten je Bauplatz festgelegt. Damit ist für die Baubehörde eindeutig klargestellt, dass Bauvorhaben, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, nicht bewilligungsfähig sind. Die Verordnung über das Neuplanungsgebiet sieht in §2 aber insgesamt drei Ausnahmetatbestände für Bauvorhaben vor, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, u. a. bei Vorliegen eines Bauplatzes, für den ein Bebauungsplan, der eine höhere Bebauungsdichte festlegt, bereits besteht oder erstellt wird. Demnach legt bereits die Neuplanungsgebietsverordnung selbst ausdrücklich jenen Ausnahmetatbestand fest, von dem im vorliegenden Fall rechtmäßig Gebrauch gemacht werden konnte.
Weiters soll die Neuplanungsgebietsverordnung die Errichtung von mehrgeschossigen Wohnbauten und Mehrfamilienwohngebäuden an raumstrukturell ungeeigneten Standorten verhindern, umgekehrt aber bereits während ihrer Geltungsdauer die Errichtung von Mehrfamilienhäusern an geeigneten Standorten ermöglichen. Das ÖEK, dessen Umsetzung durch das Neuplanungsgebiet sichergestellt werden soll, zielt ja letztlich auf eine Nachverdichtung im Zentrum ab, um den Ortskernbereich bei gleichzeitig sparsamer Grundinanspruchnahme zu stärken (vgl Erläuterungsberichte zum Neuplanungsgebiet S 6f; und zum ÖEK S 16).
Wenn daher – wie in der Neuplanungsgebietsverordnung vorgesehen – für das Grundstück 375/31 (und Teile unmittelbar benachbarter Grundstücke) ein Verfahren zur Erlassung eines Bebauungsplanes eingeleitet und ein solcher letztlich verordnet wurde, so kann darin keine Bevorzugung erfolgt sein. Vielmehr wäre es unsachlich, trotz Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen die Verordnung eines Bebauungsplanes abzulehnen.
2.3.) Dass die Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bebauungsplanes zeitlich unmittelbar nach dem Beschluss über die Neuplanungsgebietsverordnung erfolgte, bietet – entgegen der Insinuation des Verwaltungsgerichtes – keinen Anhaltspunkt für ein Abgehen vom Sachlichkeitsgebot, zumal zugunsten des Grundstückes 375/31. Im Gegenteil: Beide Verordnungen (Neuplanungsgebiet und Bebauungsplan) legen ausschließlich einschränkende Maßnahmen für die Bebaubarkeit dieses Grundstückes fest. Bereits der Entwurf – und noch viel mehr der letztlich rechtswirksame Bebauungsplan – enthalten (im Verhältnis zu den gesetzlichen Bebauungsmöglichkeiten) ausschließlich Beschränkungen und erlauben insbesondere keine höhere Bebauungsdichte! Unmittelbar vor Einleitung dieses Verfahrens wurde durch die Verordnung des Neuplanungsgebietes mit noch härteren Restriktionen sichergestellt, dass die Baubehörde keine Baubewilligung erteilt, die mit dem künftigen Bebauungsplan in Widerspruch steht.
Wenn der Gemeinderat als Planungsbehörde vorliegendenfalls durch die Erlassung des Bebauungsplanes im unmittelbaren Zentrum einer stadtnahen Landgemeinde eine Bebauung nicht verhindert hat, die aufgrund gesetzlicher Regelungen ohnedies zulässig ist, jedoch – aufgrund besonderer Konstellation – die Erlassung eines Bebauungsplanes erfordert, so kann dies keinesfalls als eine unsachliche Begünstigung beurteilt werden. Dies umso weniger, wenn die den Bebauungsplan erforderlich machende besondere Konstellation nur der Umsetzung öffentlicher Planungsinteressen dient.
2.4.) Die durch den konkreten Bebauungsplan ermöglichte Überschreitung der Schranken des Neuplanungsgebietes in Bezug auf die Bebauungsdichte (GFZ0,6, max. 2 Geschosse und 3 Wohneinheiten je Bauplatz) ist aber auch deshalb völlig unbedenklich, weil diese Festlegungen der Neuplanungsgebietsverordnung keine endgültige Bindungswirkung – zumal für das gesamte Neuplanungsgebiet – entfalten können. Die Grundzüge der Neuplanung sind in §2 der Neuplanungsgebietsverordnung verbal umschrieben und überdies durch eine eindeutige Grenze klargestellt, dass für sich in diesem Rahmen haltende Bauvorhaben keine aus der Neuplanungsgebietsverordnung abzuleitenden Versagungsgründe vorliegen. Es ist offenkundig und für jedermann klar erkennbar, dass diese in die Neugebietsplanung aufgenommenen Schwellenwerte keine Präjudizwirkung für die beabsichtigte Neuplanung oder die Erlassung eines Bebauungsplanes haben können. Derartiges wäre schon deshalb nicht denkbar, weil im Neuplanungsgebiets- bzw Bausperren-Verordnungsverfahren weder eine Grundlagenforschung noch eine Interessensabwägung vorgenommen werden können und auch nicht erforderlich sind (V37/95 = VfSlg 14.271). Vor diesem Hintergrund erscheinen die Ausführungen in Pkt. 2.5. auf Seite 9f des Verordnungsprüfungsantrages, wonach für das Neuplanungsgebiet 'unterschiedliche Rechtslagen geschaffen' worden seien, unzutreffend.
Das Verwaltungsgericht zitiert ohnedies selbst das (aus dem Erläuterungsbericht zum Neuplanungsgebiet ersichtliche) Planungskonzept, wonach die Regulierung der Bebauungsdichte im Wege des Flächenwidmungsplanes bzw ÖEK anstrebt wird, damit eine flächendeckende Bebauungsplanerstellung vermieden werden kann und auf jene Bereiche beschränkt wird, auf denen tatsächlich verdichtete Bauformen realisiert werden sollen. Die Neuplanungsgebietsverordnung (und ebenso der Entwurf des ÖEK) lassen ausdrücklich die Möglichkeit einer Bebauungsplanerstellung offen, in welcher die raumstrukturelle Eignung des betroffenen Planungsgebietes für verdichtete Bauformen dann eben nur für diesen (eingeschränkten) Planungsraum geprüft wird.
2.5.) Die im Pkt. 2.4. (Seite 8f) des Antrages zum Ausdruck gebrachte Auffassung, wonach ein dem Sachlichkeitsgebot entsprechender Bebauungsplan erst nach Abschluss (und Verordnung?) einer vollständigen übergeordneten Planung über ein wesentlich weiträumigeres Planungsgebiet (ÖEK) erlassen werden könne, ist unrichtig. Freilich ist in der Raumplanung stets auf den Gesamtraum und die Gesamtheit der Planungsinteressen (§1 Abs2 Oö ROG 1994) Bedacht zu nehmen, was aber nicht bedeuten kann, dass Planungsentscheidungen für Teilräume bis zum Abschluss der Planung für den Gesamtraum aufgeschoben werden müssten. Derartiges würde einen weitestgehenden Stillstand bewirken. Tatsächlich können Raumplanungsmaßnahmen für Teilräume viel rascher so abgeschlossen werden, dass sie im Ergebnis mit der Gesamtplanung nicht in Widerspruch stehen und deren Verwirklichung – wie hier – den öffentlichen Planungsinteressen entgegenkommt. Auch wenn vorliegendenfalls (aufgrund der zentralen Lage des Planungsgebietes des Bebauungsplanes) die Zulassung einer verdichteten Bauform bereits in der vor Verfahrenseinleitung vorgenommenen Grundlagenforschung sehr eindeutig bejaht werden konnte, ist im weiteren Verfahren kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass die Festlegungen des Bebauungsplanes den Planungsgrundsätzen widersprechen würden oder unsachlich wären. Die Entscheidung selbst wurde aber im Übrigen nicht 'bereits zu Beginn des Überprüfungsprozesses' getroffen, sondern erst an dessen Ende durch den Gemeinderatsbeschluss vom 13.12.2018. Die im Verordnungsprüfungsantrag vermutete unsachliche Begünstigung liegt keinesfalls vor. Vielmehr wurde die Bauwerberin bzw Grundstückseigentümerin durch das 'Zusammenspiel zwischen Neuplanungsgebietsverordnung und B