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L8200 BauordnungNorm
B-VG Art7 Abs1, Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung eines Bebauungsplans einer oberösterreichischen Gemeinde; Sachlichkeit der – im Einklang mit der Neuplanungsgebietsverordnung stehenden – BebauungsplanerstellungRechtssatz
Keine Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplans Nr37 "Ulrichstraße 42", beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr am 13.12.2018, soweit er sich auf das Grundstück Nr375/33, KG St. Ulrich, bezieht.
Zum Bedenken der anlassbezogenen Bebauungsplanerstellung und dem Bedenken, dass die eingeschränkte Bebauungsplanerstellung nicht im Einklang mit der Neuplanungsgebietsverordnung stehe:
Der Umstand, dass die Erlassung eines Raumordnungsplanes (hier: eines Bebauungsplanes) im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben erfolgt, der Planinhalt also nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung bestehender Bauvorhaben erstellt wird, ist nicht per se gesetzwidrig.
Wenn das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) Bedenken hegt, weil die Festlegungen des Bebauungsplanes bezüglich Bebauungsdichte die Einschränkungen der Neuplanungsgebietsverordnung erheblich überschreiten würden, verkennt es die Zielsetzung laut §2 Neuplanungsgebietsverordnung. Die Erstellung von Bebauungsplänen für Vorhaben hinsichtlich Wohngebäuden mit höherer Bebauungsdichte entspricht den Festlegungen der Neuplanungsgebietsverordnung.
Dem Erläuterungsbericht Neuplanungsgebiet "Ortszentrum Dichte" - der einen Bestandteil der Neuplanungsgebietsverordnung bildet - ist zu entnehmen, dass die Errichtung von mehrgeschossigen Wohnbauten bzw Mehrfamilienwohngebäuden an raumstrukturell ungeeigneten Standorten im Ortszentrum verhindert werden solle, weswegen die Baudichte für Baulandflächen mit zulässiger betriebsunabhängiger Wohnnutzung geregelt werden müsse. Eine Regelung der Bebauungsdichte und der maximalen Anzahl der Wohneinheiten je Bauplatz sei grundsätzlich über Bebauungspläne möglich. Allerdings wäre eine flächendeckende Bebauungsplanerstellung bzw -änderung erforderlich, was mit einem hohen Aufwand verbunden sei. Demgegenüber bestehe die Möglichkeit, bereits im Flächenwidmungsplan die Bebauungsdichte festzulegen und somit die Bebauungsplanerstellung auf Bereiche mit geplanten verdichteten Bauformen zu beschränken. Die Dichteregelung solle die Errichtung von Wohngebäuden mit höherer Dichte nicht generell ausschließen, diese aber an eine Bebauungsplanerstellung binden, um negative Auswirkungen auf den Umgebungsbereich zu vermeiden und eine geordnete sowie zweckmäßige Bebauung und einen möglichst wirksamen Umweltschutz zu steuern. Dem Erläuterungsbericht ist sohin zu entnehmen, dass die Gemeinde St. Ulrich beabsichtigt, für einzelne Bereiche mit geplanten verdichteten Bauformen eingeschränkt Bebauungspläne zu erlassen.
Zum Bedenken, dass der Bebauungsplan sachlich nicht gerechtfertigt sei:
Gemäß §2 Abs1 Z3 Oö ROG 1994 ist eines der Ziele der Raumordnung die Sicherung oder Verbesserung einer Siedlungsstruktur, die mit der Bevölkerungsdichte eines Gebietes und seiner ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Einklang steht, auch unter Bedachtnahme auf die infrastrukturellen Rahmenbedingungen sowie die Stärkung des ländlichen Raumes durch die Sicherung entsprechender räumlicher Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung. Weitere Ziele sind gemäß Z6 leg cit die sparsame Grundinanspruchnahme bei Nutzungen jeder Art und gemäß Z7 leg cit die Vermeidung von Zersiedelung. Im Zuge des Verordnungsverfahrens wurden die gesetzlichen Planungsziele beachtet und eine ausreichende Grundlagenforschung und Interessenabwägung durchgeführt. Die Erlassung des angefochtenen Bebauungsplanes war daher nicht unsachlich.
Zum Bedenken der Verletzung von Verfahrensvorschriften:
Wenn das LVwG moniert, dass ein Verstoß gegen §33 Abs4 Oö ROG 1994 vorliege, wonach eine Beschlussfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig sei, ist dem nicht zuzustimmen. Die besagte Änderung betraf das Grundstück Nr 375/31, KG St. Ulrich. Soweit sich der Bebauungsplan Nr 37 "Ulrichstraße 42" auf dieses Grundstück bezieht, ist er aber nicht Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens. Dennoch ist anzumerken, dass es sich bei der monierten Änderung nach Kundmachung und Planauflage um eine Herabsetzung des Höhenbezugspunktes betreffend Grundstück Nr 375/31, KG St. Ulrich, handelte, mit der den eingelangten Stellungnahmen Rechnung getragen wurde und die den Nachbarn zugutekam. Die Grundstückseigentümerin wurde als von der Änderung Betroffene über diese Änderung des Planentwurfes in Kenntnis gesetzt und brachte vor, keine Einwendungen zu haben.
Schlagworte
Bebauungsplan, Baurecht, Raumordnung, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V600.2020Zuletzt aktualisiert am
02.03.2022