TE Vfgh Erkenntnis 2021/12/15 E2967/2021

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §9 Abs2, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §53, §55
BFA-VG §18
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit der sich äußerst rasch ändernden Situation betreffend die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung und ihren Truppen; mangelhafte Prüfung der laufenden Entwicklung bei extremer Volatilität der Sicherheitslage auch in Orten der innerstaatlichen Fluchtalternative; mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aussprüche, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und gegen das auf fünf Jahre befristete Einreiseverbot abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Tadschiken angehört und sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben bekennt. Er ist in der Provinz Panjir, im Dorf Kharo geboren und aufgewachsen, bevor er mit seiner Familie nach Kabul übersiedelte.

2. Am 19. Mai 2015 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 5. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und erließ gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2021 mit Erkenntnis vom 1. Juli 2021 als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht führt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung seiner Person auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung (oder aus anderen Gründen) glaubhaft machen habe können. Insbesondere könne dem Fluchtvorbringen, er werde wegen eines Verkehrsunfalls und einer – wegen der Tötung des Unfallgegners – begründeten Blutrache bzw Todesfeindschaft von der Familie des Unfallopfers bedroht, nicht gefolgt werden.

Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erachtet das Bundesverwaltungsgericht für nicht gegeben. Zwar stelle sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Panjir) als zunehmend instabil dar, weshalb eine Rückführung dorthin im Entscheidungszeitpunkt jedenfalls erschwert oder sogar verunmöglicht sei. Der Beschwerdeführer könne aber – unter Berücksichtigung der aktuellsten Länderberichte, der vom Beschwerdeführer dargelegten persönlichen Lebensumstände und der von UNHCR in seinen Richtlinien vom 30. August 2018 sowie der von EASO in seiner aktuellen Country Guidance-Note aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan – in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung nach Mazar-e Sharif oder Herat verwiesen werden. Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan erscheine eine Rückkehr des Beschwerdeführers im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sowohl Herat als auch Mazar-e Sharif seien prinzipiell von Kabul aus erreichbar, dieser Weg sei auch hinreichend sicher. Zudem verfügten beide Provinzen über internationale Flughäfen und seien daher auch über den Luftweg über Kabul erreichbar.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan zuletzt immer weiter verschlechtert habe, sodass eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht als zulässig erachtet werden könne.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II. Erwägungen

A. Soweit sich die – zulässige – Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, der Aussprüche, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und des auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbotes abgewiesen wird, ist sie auch begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

2.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht legt seinen Feststellungen zur Lage in Afghanistan das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 01.04.2021" zugrunde. Darüber hinaus hält es zur maßgeblichen Situation in Afghanistan fest, es könne verneint werden, dass sich "seit Durchführung der mündlichen Verhandlung im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers allgemein und insbesondere für den hier zu beurteilenden Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, […] wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (ua durch Einsicht in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in seiner jeweils aktuellen Fassung) versichert" habe. Davon ausgehend sei dem Beschwerdeführer zwar eine Rückkehr in seine Heimatprovinz angesichts der zunehmend instabilen Sicherheitslage nicht zumutbar. Er könne jedoch – auch im Hinblick auf seine persönlichen Lebensumstände – auf die Städte Mazar-e Sharif und Herat als innerstaatliche Fluchtalternativen verwiesen werden.

2.3. Damit verkennt das Bundesverwaltungsgericht seine aus Art2 und 3 EMRK folgende Verpflichtung zu beurteilen, ob für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die vom Bundesverwaltungsgericht in Betracht gezogenen Orte in seinem Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung der genannten Grundrechte, insbesondere eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (siehe VfGH 24.9.2021, E3047/2021):

2.3.1. Auf Grund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verfügbaren Länderinformationen, insbesondere dem Länderinformationsblatt vom 11. Juni 2021, in das das Bundesverwaltungsgericht, seinen Angaben zu Folge, Einsicht genommen hatte, war für das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auf Grund der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan die Gefahr einer das ganze Land betreffenden kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Taliban und Regierungstruppen und damit eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes für Angehörige der Zivilbevölkerung, wie den Beschwerdeführer, gegeben war. So wird im Länderinformationsblatt vom 11. Juni 2021 nicht nur von einer vielfach befürchteten massiven Verschlechterung der Sicherheitslage im Falle des Abzuges internationaler Truppen berichtet, sondern auch darüber, dass sich die Sicherheitslage nach dem erfolgten Truppenabzug tatsächlich stetig verschlechtert hat. In diesem Sinne halten die genannten Länderinformationen ausdrücklich fest, dass auf Grund des US-Truppenabzuges der Beginn "eine[r] neue[n] Phase des Konflikts und des Blutvergießens", der "Zusammenbruch der afghanischen Regierung" und die "Übernahme durch die Taliban" zu befürchten sei, und verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die "Luftwaffe, vor allem die der Amerikaner, […] in den vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen [hat], den Vormarsch der Taliban aufzuhalten". Die Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen hätten seit dem Abzug der internationalen Truppen im April stark zugenommen, die Taliban "den Druck in allen Regionen des Landes verstärkt" und "seit Beginn des Truppenabzugs am 1.5.2021 bis Anfang Juni mindestens zwölf Distrikte erobert".

2.3.2. Auch auf Grund der breiten medialen Berichterstattung über die Entwicklungen in Afghanistan, die für das Bundesverwaltungsgericht als notorisch gelten können (vgl VfGH 23.2.2015, E882/2014), musste das Bundesverwaltungsgericht davon ausgehen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan als extrem volatil einzustufen ist (zur Bedeutung dieses Umstandes für die Beurteilung des Vorliegens einer realen Gefahr im Sinne des Art2 und 3 EMRK siehe statt vieler VfSlg 19.466/2011, 20.296/2018, 20.358/2019; VfGH 6.10.2020, E2406/2020).

2.3.3. Vor diesem Hintergrund war das Bundesverwaltungsgericht damit verpflichtet, das Vorliegen einer realen Gefahr einer Verletzung des Art2 oder 3 EMRK bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers angesichts der sich nahezu täglich ändernden Situation in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung und ihren Truppen eingehend auch im Hinblick auf die laufende Entwicklung zu prüfen (vgl EGMR 23.3.2016 [GK], Fall F.G., Appl 43.611/11 [Z114, 116]). Dieser Verpflichtung genügt das Bundesverwaltungsgericht in dieser besonderen, durch eine extreme Volatilität auf Grund einer sich äußerst rasch verändernden Sicherheitslage gekennzeichneten Konstellation nicht, wenn es momentbezogen eine kriegerische Auseinandersetzung an bestimmten Orten verneint, ohne die ernsthafte Bedrohung durch eine nachvollziehbar befürchtete, landesweit bereits teilweise tatsächlich eingetretene und möglicherweise auch an den vom Bundesverwaltungsgericht für eine Rückkehr des Beschwerdeführers in Betracht gezogenen Orten unmittelbar bevorstehende wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage mit in den Blick zu nehmen.

2.3.4. Indem das Bundesverwaltungsgericht somit ausschließlich momentbezogen von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zulässigen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ausgegangen ist, ohne dabei der sich rasch ändernden, durch sich intensivierende kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Taliban und afghanischen Regierungstruppen gekennzeichneten Sicherheitslage Rechnung zu tragen, hat es sein Erkenntnis – soweit es sich auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, die Aussprüche, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und die Erlassung des auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbotes bezieht – mit Willkür belastet.

2.4. Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidung, ob dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, auch §9 Abs2 AsylG 2005 zu beachten haben (vgl §8 Abs3a AsylG 2005).

B. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aussprüche, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und gegen das auf fünf Jahre befristete Einreiseverbot abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese insoweit dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art144 Abs3 B-VG zur Entscheidung abgetreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeit-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

5. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsverkündung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2967.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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