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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffen einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Begründung dafür, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keiner Verfolgung wegen Homosexualität ausgesetzt und sein Vorbringen nicht glaubhaft ist, sondern "asyltaktisches" Vorgehen vorliegeRechtssatz
Vor dem Hintergrund der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG), dass der Beschwerdeführer zu drei unterschiedlichen Männern sexuelle Beziehungen geführt habe, ist ein erhöhter Begründungsaufwand erforderlich, weshalb dennoch nicht davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland auf Grund seiner sexuellen Orientierung verfolgt werden wird. Diesen qualifizierten Anforderungen an die Begründung wird das BVwG nicht gerecht: Das BVwG vermag auf Basis der von ihm als Begründung herangezogenen Aussagen des Beschwerdeführers - die keine Zweifel an seiner homosexuellen Orientierung an sich hervorrufen - nicht substantiiert zu begründen, weshalb es die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Furcht vor Verfolgung in Afghanistan auf Grund seiner Homosexualität als nicht schlüssig erachtet.
Das BVwG führt des Weiteren aus, die Tatsache, dass der Beschwerdeführer erst nach rechtskräftigem negativen Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens und erst auf Nachfrage seiner Anwältin sich dieser anvertraut habe, spreche für ein "asyltaktisches" Vorgehen. Allerdings hatte der Beschwerdeführer - wie das BVwG selbst feststellt - bereits im Sommer 2018 und damit noch lange vor Erlassung der rechtskräftigen negativen Entscheidung im Erstverfahren seinen ersten gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakt. Insofern ist nicht nachvollziehbar, inwiefern es sich hier um ein Vorgehen aus asyltaktischen Gründen handeln soll. Zumal das BVwG selbst davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer mit mehreren Männern und über einen längeren Zeitraum sexuelle Beziehungen eingegangen ist, vermag schließlich auch der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer - wie das BVwG aus Chatprotokollen folgert - mit einer Frau emotional verbunden gewesen sei und mit dieser auch Geschlechtsverkehr hatte, für sich allein genommen die Glaubhaftmachung des Vorbringens noch nicht zu erschüttern.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E3001.2021Zuletzt aktualisiert am
01.03.2022