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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/21/0692Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden der N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 7. Juni 1996, Zlen. Fr-5414/1/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, und Fr-5414/2/96, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem erstgenannten Bescheid erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg gegen die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 FrG ein bis zum 18. Jänner 2001 befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet.
Die Beschwerdeführerin sei am 28. Dezember 1995 bei dem Versuch betreten worden, ohne Reisedokument am Grenzübergang W nach Deutschland zu gelangen. Sie habe angegeben, am 28. Dezember 1995 an einem ihr unbekannten Grenzübergang, versteckt auf der Ladefläche eines Lkw, in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Die Umgehung der Grenzkontrolle durch Verstecken auf der Ladefläche eines Lkw sowie der anschließende illegale Aufenthalt in Österreich rechtfertige die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. Ein Fremder habe von sich aus initiativ zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, gemeinsam mit ihren Eltern über 140 US-$ zu verfügen. Dieser Betrag sei zum genannten Nachweis nicht geeignet. Somit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt. Da die Beschwerdeführerin keinerlei Bindungen im Bundesgebiet habe, finde auch kein im Sinne des § 19 FrG relevanter Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben statt.
2. Mit dem zweitgenannten Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 54 FrG fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in Afghanistan gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Die Behörde habe die Aussage der Beschwerdeführerin im Asylverfahren sowie ihre Einvernahme im fremdenpolizeilichen Verfahren als Grundlage für die Überprüfung der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben herangezogen. Vor dem Gendarmerieposten Wals habe die Beschwerdeführerin zu Protokoll gegeben, daß sie als Hochbauingenieurin und als Frau in Afghanistan keine Arbeit bekommen würde. Wörtlich habe sie ausgesagt: "Weder ich noch meine Eltern waren jemals politisch in Afghanistan tätig. Von den dortigen Behörden habe ich nichts zu befürchten". Im Verfahren über einen Antrag nach § 54 FrG habe der Fremde mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen. Unter Würdigung der ursprünglichen Aussage der Beschwerdeführerin sowie der weiteren Ausführungen im Antrag gemäß § 54 FrG gehe die Behörde davon aus, daß dieser Nachweis nicht gelungen sei. Dem Vorbringen "dürfte" die Glaubwürdigkeit abzusprechen sein, weil die Beschwerdeführerin in ihrer ersten Einvernahme lediglich davon gesprochen habe, als Hochbauingenieur und als Frau keine Arbeit zu bekommen. Schwierigkeiten bei der Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes stellten jedoch ohne weitere Anhaltspunkte keine Verfolgung dar. Andererseits sei auch ihr Vorbringen im Hinblick auf die allgemeine Situation in ihrem Heimatland nicht geeignet, eine konkret gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgung im Sinne des § 37 FrG darzulegen.
3. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, diese wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges wurden die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht über die erforderlichen Mittel zu ihrem Unterhalt zu verfügen. Gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt, bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die weitere Ansicht, es sei deswegen und auch wegen der unrechtmäßigen Einreise der Beschwerdeführerin und ihres ebensolchen Aufenthaltes in Österreich die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag zur Zl. 95/21/0609).
Die Beschwerdeführerin bestreitet weiters nicht, keinerlei Bindungen im Bundesgebiet zu haben. Aus diesem Grunde erachtete die belangte Behörde zutreffend, daß mit dem Aufenthaltsverbot kein im Sinn des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden sei, zumal diese nach ihrem illegalen Grenzübertritt bei der Einreise nach Österreich noch am selben Tag das Bundesgebiet wieder verlassen wollte. Von daher gesehen war weder zu prüfen, ob das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 95/21/0609). Aus diesem Grund gehen die weitwendigen Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Unterlassung einer Interessenabwägung durch die belangte Behörde ins Leere.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht als Strafe im Sinn des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/0715).
Die behauptete "Anhängigkeit eines Asylverfahrens" hindert die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht, weil gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 die §§ 18 bis 21 FrG auch auf Asylwerber, die eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung haben, anzuwenden sind. Ob diese Bestimmung im Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen fehlenden Unterhaltes des Asylwerbers einschränkend auszulegen ist, kann dahingestellt bleiben, denn die Beschwerdeführerin behauptet nicht, ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zu besitzen. Unter Berücksichtigung der illegalen Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle aus einem Nachbarland Österreichs kam die Berufungswerberin nicht direkt aus dem Staat, in dem Verfolgung befürchten zu müssen sie behauptet (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991) und es wurde ihr auch nicht die Einreise formlos gestattet (§ 6 Abs. 2 leg. cit.). Die behauptete Stellung eines Asylantrages vermag somit aus den genannten Gründen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zu hindern.
Die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte "entsprechende Ermittlungen" in die Wege leiten müssen, geht schon deswegen ins Leere, weil die Beschwerde nicht aufzeigt, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde hätte gelangen können, die zu einem für die Beschwerdeführerin günstigen Ergebnis der Sache geführt hätten. Letztlich kann entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin eine mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gesehen werden.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 95/21/0609). Indem die belangte Behörde die Aussagen der Beschwerdeführerin, als Hochbauingenieurin und als Frau in Afghanistan keine Arbeit zu bekommen, weder sie noch ihre Eltern seien jemals politisch in Afghanistan tätig gewesen und von den dortigen Behörden habe sie nichts zu befürchten, in der Weise wertete, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, eine Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, kann dies keineswegs als unrichtig angesehen werden. Aus diesem Grund gehen die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde zur Notwendigkeit amtswegiger Ermittlungen und zu Sachverhalten, die andere Personen betreffen (), ins Leere. Auch hier vermag die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Begründungspflicht durch die belangte Behörde nicht aufzuzeigen. Der Rüge, die belangte Behörde habe beantragte Beweise nicht aufgenommen, ist im Hinblick darauf der Boden entzogen, daß die Beschwerdeführerin die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzeigt. Der Beschwerdehinweis auf die allgemeine Situation in Afghanistan vermag die Glaubhaftmachung einer konkreten Bedrohung der Beschwerdeführerin im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht zu ersetzen.
3. Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210691.X00Im RIS seit
03.04.2001