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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des C S in L, vertreten durch Mag. Bernhard Schwendinger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Bertolini Haus, Marktstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 17. Juni 2021, Zl. LVwG-2-13/2020-R1, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers wegen behaupteter Rechtswidrigkeit einer Verhängung eines Betretungs- und Kontaktverbotes gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen, der Revisionswerber zu näher bezeichnetem Kostenersatz verpflichtet und eine Revision für unzulässig erklärt.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, vor dem Einschreiten der Polizeibeamten habe ein Ehestreit stattgefunden, bei dem die Gattin des Revisionswerbers so laut um Hilfe geschrien habe, dass dies noch in einem 30 m entfernten Nachbarhaus zu hören gewesen sei. Die Gattin des Revisionswerbers sei durch das Zuschlagen der Eingangstür durch den Revisionswerber an der Hand verletzt worden. Auch gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten habe sich der Revisionswerber körperlich aggressiv verhalten und sich insbesondere seiner Festnahme massiv widersetzt, wobei zumindest zwei Polizisten verletzt worden seien. Ausgehend von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis insbesondere auf VwGH 4.12.2020, Ra 2019/01/0163) bestünden keine Zweifel an der Vertretbarkeit der Annahme eines bevorstehenden gefährlichen Angriffes des Revisionswerbers auf Leben, Gesundheit oder Freiheit seiner Ehegattin. Aufgrund dessen sei es auch verhältnismäßig gewesen, dass das Betretungsverbot die Wohnung betroffen habe, in welcher der Revisionswerber gewohnt habe. Auch erweise sich die Nichtaufhebung des Betretungsverbotes nach Überprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) im Sinne des § 38a Abs. 7 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) nicht als rechtswidrig.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 27. September 2021, E 2889/2021, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Dies begründete der VfGH unter anderem damit, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der maßgeblichen Fragen, insbesondere der Frage, ob die Annahme eines gefährlichen Angriffs im Sinne des § 38a SPG vertretbar gewesen sei, nicht anzustellen.
4 Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 15.9.2021, Ra 2021/01/0210, mwN).
9 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.3.2021, Ra 2021/01/0086, mwN).
10 Vorliegend wird in der Revision zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 38a Abs. 1 SPG die Rechtslage verkannt. „Die belangte Behörde“ habe es vollständig unterlassen, eine Prüfung nach § 38a Abs. 1 und Abs. 4 SPG vorzunehmen, „sodass es eines korrigierenden Eingriffes durch den VwGH bedarf“. „Liegt eine grobe unrichtige Anwendung des einfachen Gesetzes vor zu bedarf es einer Korrektur durch den Verwaltungsgerichtshof“. Sodann rügt die Revision fehlende Feststellungen des Verwaltungsgerichtes und behauptet, die Gefährdungsprognose sei „grob korrekturbedürftig“.
11 Das solcherart zur Zulässigkeit der Revision erstattete Vorbringen stellt der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) dar und entspricht nach dem Obgesagten nicht dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021010407.L00Im RIS seit
01.03.2022Zuletzt aktualisiert am
01.03.2022