Index
19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. April 1995, Zl. SD 201/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. April 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen "serbischen Staatsangehörigen", gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei Anfang Oktober 1994 - illegal - nach Österreich eingereist und halte sich seither illegal im Bundesgebiet auf. Am 21. Oktober 1994 sei er auf einer Baustelle in Wien von Organen des Arbeitsmarktservice Wien bei einer Arbeit (Tragen von Holzstaffeln) für ein namentlich genanntes Innenausbauunternehmen betreten worden. Er sei von einem Landsmann für diese Arbeit angeworben worden. Als Entlohnung sei ein Betrag von S 80,-- je Stunde vereinbart worden. Der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt seiner Betretung seit einem Tag - ohne Beschäftigungsbewilligung - an der Baustelle gearbeitet.
Der Beschwerdeführer habe sein Berufungsvorbringen, ein Alibi dafür zu haben, am 21. Oktober 1994 nicht "schwarz" gearbeitet zu haben, nicht aufrechterhalten und das Alibi nicht erbracht. Seine weiteren Einwände, er hätte keinen Arbeitsvertrag geschlossen, keine Entlohnung erhalten und keine Gelegenheit gehabt, das Arbeitsverhältnis zu beginnen, seien unrichtig und daher nicht zielführend. Dem Beschwerdeführer sei eine bestimmte Entlohnung für seine Beschäftigung zugesagt worden und er habe diese Beschäftigung auch tatsächlich angetreten und ausgeübt, um die Entlohnung zu erhalten. Daß er bis zu seiner Betretung die Entlohnung noch nicht erhalten habe, sei nicht relevant. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG sei daher erfüllt. Es sei weiters zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer illegal nach Österreich eingereist sei und sich hier illegal aufhalte. Die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher erfüllt.
In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern dem nicht die §§ 19 oder 20 FrG entgegenstünden. Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der darin bestehe, daß er den illegal begründeten Aufenthalt bei seiner Familie nicht fortsetzen dürfe, sei zur Erreichung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Aus diesen Gründen könnten auch den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keine solche Bedeutung beigemessen werden wie den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung dieser Maßnahme.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "als rechtswidrig" aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Mit dem Vorbringen, er habe in der Berufung dargelegt, daß er keinen Arbeitsvertrag geschlossen, keine Entlohnung erhalten und auch keine Gelegenheit gehabt habe, das Arbeitsverhältnis zu beginnen, wendet sich der Beschwerdeführer erkennbar gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG sei erfüllt.
1.2. Der Beschwerdeführer wurde laut dem bei den Verwaltungsakten befindlichen Bericht am 21. Oktober 1994 vom Arbeitsmarktservice Wien auf einer Baustelle arbeitend (beim Tragen von Holzstaffeln) angetroffen. Der von den erhebenden Organen befragte Polier des auf dieser Baustelle tätigen Generalunternehmers sagte dazu aus, daß es die Aufgabe des Beschwerdeführers (und weiterer Arbeitskräfte eines bestimmten Subunternehmens) gewesen sei, einen Keller zu verspachteln. Der Beschwerdeführer sagte bei seiner niederschriftlichen Befragung anläßlich der Betretung aus, den "Job" über einen Landsmann bekommen zu haben. Mit der Arbeit, wofür er eine Entlohnung von S 80,-- je Stunde erhalten sollte, habe er am Vortag begonnen.
In der vom damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verfaßten Stellungnahme vom 22. November 1994 bestritt der Beschwerdeführer dann, einer "Schwarzarbeit" nachgegangen zu sein. In der Berufung vom 7. Februar 1995 führte er aus, niemals bei einer Schwarzarbeit betreten worden zu sein. Dieser Sachverhalt sei ihm neu. Für den 21. Oktober 1994 habe er überdies ein Alibi, welches er allerdings nicht näher ausführte. In der Stellungnahme vom 8. März 1995 gestand er allerdings zu, am 21. Oktober 1994 an der Baustelle betreten worden zu sein. Er vermeinte jedoch, keinen Arbeitsvertrag geschlossen und keine Entlohnung erhalten zu haben. Überdies habe er keine Gelegenheit gehabt, das Arbeitsverhältnis zu beginnen.
Im Hinblick auf dieses wechselnde und teilweise widersprüchliche Vorbringen des Beschwerdeführers in den Stellungnahmen und in der Berufung kann es nicht als unschlüssig erachtet werden, daß die belangte Behörde entsprechend der - mit den Wahrnehmungen der Organe des Arbeitsmarktservice und der Aussage des Poliers übereinstimmenden - ersten Aussage des Beschwerdeführers die unter I.1. wiedergegebenen Feststellungen traf. Da nach diesen Feststellungen eine Einigung über die zu leistende Arbeit und das dafür zu bezahlende Entgelt zustandegekommen ist, liegt - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - ein (mündlicher) Arbeitsvertrag vor. Daß der Beschwerdeführer - trotz begonnener Arbeit - bis zur Betretung kein Entgelt erhalten hat, ändert nichts am Zustandekommen des Arbeitsvertrages.
Die belangte Behörde gelangte daher zu Recht zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer von den im § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG genannten Organen bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. An dieser rechtlichen Qualifikation ändert auch der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand nichts, daß der Beschwerdeführer der Ansicht gewesen sei, sein Landsmann, welcher ihm die Arbeit vermittelt habe, sei zur Aufnahme von Arbeitskräften berechtigt gewesen, zumal der Beschwerdeführer nicht dartut, daß ihm das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung für die Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit in Österreich nicht bekannt gewesen sei.
2.1. Weiters führt die Beschwerde aus, daß der Beschwerdeführer nunmehr beabsichtige, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es sei aufgrund seines bisherigen Verhaltens nicht zwingend anzunehmen, daß er in Zukunft die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden werde.
2.2. Entgegen diesem Vorbringen ist die belangte Behörde aufgrund der "Schwarzarbeit" des Beschwerdeführers und der illegalen Einreise Anfang Oktober 1994 sowie des seither unberechtigten Aufenthaltes zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0135) und der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden erlassenen Vorschriften gelangte die belangte Behörde auch zu Recht zu dem Ergebnis, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Arbeitsmarktverwaltung) dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig sei.
3. Bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG durchgeführten Interessenabwägung hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt der Gattin und der beiden Kinder des Beschwerdeführers berücksichtigt. Dabei ist allerdings als die familiären Interessen des Beschwerdeführers mindernd zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer aufgrund seiner illegalen Einreise und des seither illegalen Aufenthaltes von Anfang an nicht damit rechnen durfte, im Inland mit seiner Familie zusammenleben zu dürfen. Aufgrund des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer insgesamt nur kurze Zeit im Inland aufhielt und sein Aufenthalt die maßgeblichen öffentlichen Interessen - wie dargestellt - in mehrfacher Hinsicht gefährdet, hegt der Gerichtshof auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG keine Bedenken.
4. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995181138.X00Im RIS seit
20.11.2000