Entscheidungsdatum
23.02.2022Norm
ABGB §155Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Einzelrichter Dr. Becksteiner über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch die B Rechtsanwälte OG in ***, ***, gegen einen behaupteten Bescheid der Stadtgemeinde *** betreffend Änderung des Familiennamens der mj. „C“ auf „D“ folgenden
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 28 und 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Begründung:
Mit Schriftsatz vom 30.01.2020 hat der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin einerseits an die Stadtgemeinde *** den Antrag auf Zustellung jenes Bescheides gestellt, mit welchem die Änderung des Familiennamens der mj. „C“ auf „D“ bewilligt worden sei und andererseits gegen diesen behaupteten Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erhoben. Begründet wurde die erhobene Beschwerde damit, dass die Ehe zwischen den Elternteilen am 03.09.2016 vor dem Standesamt *** geschlossen und in weiterer Folge mit Beschluss des BG *** vom 11.09.2019 diese Ehe gemäß § 55a Ehegesetzwieder geschieden worden sei. Dabei wäre auch festgelegt worden, dass die eheliche Tochter C (geb. ***) in der gemeinsamen Obsorge der Kindeseltern verbleibe. Nunmehr sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt, dass die Kindesmutter den Namen der gemeinsamen Tochter von „C“ auf „D“ geändert habe. Der Beschwerdeführer habe dazu aber nicht die gemäß § 167 Abs. 2 ABGB erforderliche Zustimmung erteilt. Damit liege jedenfalls ein Verfahrensmangel vor. Auch würden die Voraussetzungen des Namensänderungsgesetzes für die Änderung des Familiennamens nicht erfüllt sein. Dem Antrag auf Namensänderung hätte daher nicht stattgegeben werden dürfen. Auch sei die beantragte Namens-änderung nicht zum Wohle der minderjährigen Beschwerdegegnerin. Die Namensänderung sei jedenfalls geeignet, zu einer Entfremdung der minderjährigen Tochter gegenüber dem Beschwerdeführer zu führen, sodass der Beschwerdeführer berechtigt ist, seine Zustimmung zur Namensänderung zu verweigern.
Beantragt wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, Entscheidung in der Sache selbst sowie ersatzlose Behebung des Bescheides der Stadtgemeinde *** und Abweisung des Antrages der Beschwerdegegnerin (vertreten durch die Kindesmutter), in eventu die Behebung des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die Stadtgemeinde ***.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 10.02.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den gesamten Verwaltungsakt, Einvernahme des Beschwerdeführers, der Kindesmutter und einer informierten Vertreterin der Stadtgemeinde *** erfolgte.
Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer A und Frau E haben vor dem Standesamt *** die Ehe am 03.09.2016 geschlossen (Eintragungsnummer ***). Als gemeinsamer Familienname wurde der Name „F“ bestimmt. Dieser Ehe entstammt die am *** geborene Tochter mit dem Vornamen „G“.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 11.09.2019 wurde diese Ehe gemäß § 55a Ehegesetz geschieden, hinsichtlich der ehelichen Tochter C wurde die gemeinsame Obsorge vereinbart.
In weiterer Folge hat Frau E wieder ihren ursprünglichen Familiennamen angenommen und heißt somit derzeit E.
Frau E und die mj. Tochter C sind wohnhaft in ***, ***.
Frau E erschien am 30.09.2019 beim Standesamts- und Staatsbürger-schaftsverband *** (zuständig für die Gemeinden *** und ***) und gab eine namensrechtliche Erklärung dahingehend ab, dass für die Tochter C anstelle des bisherigen Familiennamens „F der Familienname „H“ bestimmt wird. Gegenüber dem vorgenannten Gemeindeverband hat Frau E auch erklärt, dass der Kindesvater als weitere mit der Pflege und Erziehung betraute Person mit dieser Namensbestimmung einverstanden ist.
Dieser Sachverhalt ist unbestritten.
In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Grundsätzlich ist vorauszuschicken, dass Namensänderungen entweder auf Grund-lage des Namensänderungsgesetzes (Bundesgesetz vom 22.03.1988 über die Änderung von Namen) oder im Wege einer auf das AGBG gestützten „Namens-bestimmung“ möglich sind.
Bei einer auf das Namensänderungsgesetz gestützten Namensänderung handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt, sachlich zuständig ist die Bezirksverwaltungsbehörde. Gegen deren (stattgebenden oder abweisenden) Bescheid ist eine Beschwerde an das örtlich zuständige Landesverwaltungsgericht möglich. Eine allfällig positive Entscheidung stellt eine „rechtsgestaltende“ Entscheidung dar, sodass mit Rechtskraft der Entscheidung die Namensänderung wirksam wird.
Hinsichtlich der zweiten Namensänderungsmöglichkeit (Namensbestimmung) ist auf das ABGB (Erster Theil, Drittes Hauptstück, Dritter Abschnitt) zu verweisen.
Gemäß § 155 Abs. 1 ABGB erhält das Kind den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Es kann aber auch der Doppelname eines Elternteils (§ 93 Abs. 3) zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden. Nach § 155 Abs. 2 leg.cit. kann zum Familiennamen des Kindes der Familienname eines Elternteils bestimmt werden, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen führen.
Gemäß § 156 Abs. 1 ABGB bestimmt den Familiennamen des Kindes die mit der Pflege und Erziehung betraute Person. Mehrere damit betraute Personen haben das Einvernehmen herzustellen; es genügt aber die Erklärung einer von ihnen, sofern sie versichert, dass die andere damit einverstanden ist oder das Einvernehmen nicht mit zumutbarem Aufwand erreicht werden kann.
Ergänzend bestimmt § 157 Abs. 3 ABGB, dass auf die Bestimmung des Familiennamens des Kindes die §§ 93a und 93c anzuwenden sind. Nach § 93c leg.cit. sind namensrechtliche Erklärungen dem Standesbeamten gegenüber in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde abzugeben. Ihre Wirkungen treten ein, sobald sie dem Standesbeamten zukommen.
Im gegenständlichen Fall hat die Kindesmutter E gegenüber dem Standesbeamten des örtlich zuständigen Standesamtes (in concreto des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes ***) am 30.09.2019 eine Erklärung hinsichtlich der Namensbestimmung für die minderjährige Tochter C dahingehend abgegeben, dass der Familienname dieser Tochter in Hinkunft „H“ lauten soll. Dies vor dem Hintergrund, dass die Kindesmutter selbst nach erfolgter Ehescheidung wieder den Familiennamen „H“ führt. Damit ist im vorliegenden Fall nicht von einer Namensänderung auf Basis des Namensänderungsgesetzes und damit von einem beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpfbaren Rechtsgestaltungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde auszugehen sondern von einer auf das ABGB gestützten und gegenüber dem Standesbeamten abgegebenen Erklärung, wobei die Rechtswirksamkeit bereits mit der Erklärung gegenüber dem Standesbeamten eintritt. Konkret handelt es sich um einen Anwendungsfall nach den §§ 155 Abs. 2, 156 Abs. 1 ABGB.
Mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides ist daher die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zu verneinen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Daran kann auch § 4 Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013, wonach über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz das Landesverwaltungsgericht entscheidet, nichts ändern, da von Gesetzesseite für eine Namensänderung im Wege einer auf das ABGB gestützten Namensbestimmung die Ausstellung eines Bescheides eben nicht vorgesehen ist. Damit ist auch die Klärung der Frage, ob von Beschwerdeführerseite das Einverständnis für die Namens-änderung vorlag oder nicht, entbehrlich.
Die Revision war zuzulassen, da zum gegenständlichen Themenkomplex Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht besteht.
Schlagworte
Ordnungsrecht; Namensrecht; Namensänderung; Namensbestimmung; Familienname; Zuständigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.302.001.2021Zuletzt aktualisiert am
28.02.2022