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19/05 Menschenrechte;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 1996, Zl. SD 1538/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben erstmals am 3. März 1990 in das Bundesgebiet eingereist. Er sei im Besitz eines ägyptischen Reisepasses (Studentenpaß), ausgestellt am 3. Juni 1990, gültig bis 31. Dezember 1990, gewesen. In diesem Reisepaß habe sich ein Sichtvermerk, der von der österreichischen Botschaft in Kairo am 31. Juli 1990 ausgestellt worden und bis zum 17. August 1990 für die einmalige Einreise nach Österreich gültig gewesen sei, befunden. Trotz des Ablaufes des Sichtvermerkes sei der Beschwerdeführer nicht aus Österreich ausgereist.
Am 10. Februar 1993 habe der Beschwerdeführer beim Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt. Dieser Antrag sei mit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes am 1. Juli 1993 gemäß § 7 FrG an die nunmehr zuständige Behörde nach dem Aufenthaltsgesetz weitergeleitet worden. Dieser Antrag sei am 2. November 1994 durch den Landeshauptmann von Wien abgewiesen worden, da der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre. Der Bundesminister für Inneres habe mit Bescheid vom 5. März 1996 der Berufung gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben.
Der Beschwerdeführer bringe vor, daß er sich seit bzw. vor Ablauf seines ersten Visums (August 1990) immer wieder bemüht hätte, ein Visum zu erwirken. Ihm wäre stets vom Sachbearbeiter der Fremdenpolizei aufgrund der Tatsache, daß er lediglich einen "Studentenpaß" sein eigen nennen würde, die Aufenthaltsberechtigung verweigert worden. Er hätte dem Beamten immer wieder gesagt, daß die Ausstellung eines ordnungsgemäßen ägyptischen Passes bedauerlicherweise Zeit in Anspruch nehme. Ein "ordentlicher" Paß wäre ihm erst im Jahre 1994 ausgestellt worden. Mit diesen Ausführungen sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Gemäß § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG seien Fremde nämlich mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung komme es dabei nicht darauf an, aus welchem Grunde der Fremde über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, daß ihn offenbar kein Verschulden an der fehlenden Aufenthaltsberechtigung treffen würde, gingen somit ins Leere (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 1995, Zl. 95/18/1370).
Bei einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG sei zu prüfen, ob durch die Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde (§ 19 FrG). Ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung sei nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.
Der Beschwerdeführer bringe vor, daß er seit Jahren ordnungsgemäß als Hörer der Universität für Bodenkultur "gemeldet" wäre und auch laufend Prüfungen abgelegt hätte. Auch hätte er daneben als Zeitungskolporteur gearbeitet, weil er ansonsten weder sein Studium noch seinen Aufenthalt in Österreich hätte entsprechend finanzieren können. Im Hinblick auf die fehlende Aufenthaltsberechtigung - der Beschwerdeführer sei bisher nur insgesamt drei Wochen im Jahr 1990 zum Aufenthalt berechtigt gewesen - könne von der belangten Behörde kein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen werden. Trotzdem werde festgestellt, daß ein solcher Eingriff zulässig sein würde, um die öffentliche Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) auf dem Gebiet des Fremdenwesens wiederherzustellen. Ein mehr als fünfjähriger illegaler Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet könne nicht länger toleriert werden. Durch die Ausweisung solle der Beschwerdeführer dazu verhalten werden, so rasch wie möglich auszureisen, zumal er nicht einmal "durch eine Verwaltungsstrafe wegen seines illegalen Aufenthaltes bereit" sei, freiwillig auszureisen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer lediglich im Jahre 1990 für 17 Tage zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei und sich seither - also mehr als fünf Jahre - ohne Berechtigung in Österreich aufhalte, stößt im Hinblick auf die unbestritten gebliebenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid auf keine Bedenken.
2. Ungeachtet der damit zu bejahenden Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG hält die Beschwerde die verfügte Auweisung für rechtswidrig.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung bringt die Begründung des angefochtenen Bescheides aber zweifelsfrei zum Ausdruck, daß unter der Annahme eines im Sinn des § 19 FrG relevanten Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers dessen persönliche Interessen gegenüber dem einen hohen Stellenwert einnehmenden maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, welches die Ausweisung des Beschwerdeführers dringend gebieten würde, zurückzustehen hätten. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Denn einerseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0116 und vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0183). Andererseits sind die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts seines mehr als fünfjährigen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht so stark ausgeprägt, und zwar auch nicht unter Bedachtnahme auf seine Tätigkeit in Österreich, daß sie schwerer zu gewichten wären, als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse.
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, derzufolge die belangte Behörde sich nicht hinreichend mit seinem Studium und seinem Studienfortgang auseinandergesetzt und "die notwendigen und angebotenen Beweise nicht oder nicht ausreichend gewürdigt" habe, der Boden entzogen. Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen, wonach die belangte Behörde einschlägige Beweise nicht "entsprechend eingefordert" habe, zumal den Beschwerdeführer infolge seiner Verpflichtung, als Partei des Verwaltungsverfahrens an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken, die Verpflichtung auch zur Beantragung bzw. Vorlage entscheidungsrelevanter Beweise in diesem Zusammenhang getroffen hätte (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österrichischen Verwaltungsverfahrensrechts,
6. Auflage, Wien 1995, RZ 321 f).
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180263.X00Im RIS seit
20.11.2000