TE Vwgh Erkenntnis 1963/9/30 2054/62

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Veröffentlicht am 30.09.1963
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Index

Verwaltungsverfahren
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Wien
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien
L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §46
BauO Wr §129 Abs2
VStG §24
VStG §5 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Naderer, Dr. Krzizek, Dr. Lehne und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Schriftführers, DDr. Kierner, über die Beschwerde des HA in W, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 10. September 1962, Zl. M. Abt. 64-186/62/Str., betreffend Baustrafsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien, M. Abt. 36, hatte mit Bescheid vom 4. August 1960 dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses Wien II, R-Gasse, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien und § 1 des Gesetzes vom 24. September 1957, LGBl. Nr. 25, u. a. den Auftrag erteilt, binnen sechs Wochen nach Zustellung die lockeren und absturzgefährlichen Verputzteile der Gassenschaufläche (Front V) und des Lichthofes abzuschlagen, ferner binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft die Gassenschauflächen instandsetzen zu lassen. In der Begründung dieses Bescheides wurde als Ergebnis einer am 3. August 1960 abgehaltenen Ortsverhandlung festgestellt: An der Gassenschaufläche der Front V und an den Außenseiten des Lichthofes befinden sich lockere und absturzgefährliche Verputzteile. Der Verputz fehlt zu ca. 10 %. Da es sich um gewöhnliches Ziegelmauerwerk handelt, dringen die Niederschläge in das Mauerwerk ein und verursachen in der Folge dessen Verfall. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer kam dem Auftrag zur Instandsetzung der Gassenschauflächen nicht nach. Es erging sodann eine Mahnung, in der der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der Ersatzvornahme hingewiesen wurde. Im November 1961 wurde mit einer Androhung der Ersatzvornahme das Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen diese Maßnahme wurde zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Dieser erkannte der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. Die Beschwerde wurde jedoch dann mit Erkenntnis vom 28. Juni 1962, Zl. B 31/62, als unbegründet abgewiesen. Soweit die Vorgänge hinsichtlich jener administrativen Maßnahmen, die mit dem gegenständlichen Strafverfahren zusammenhängen.

Im November 1961 erhielt der Beschwerdeführer einen Beschuldigtenladungsbescheid, aus dem hervorging, es werde ihm zur Last gelegt, er habe es bis mindestens 7. September 1961 unterlassen, die Gassenschauflächen des Hauses Wien II., R-gasse, instandsetzen zu lassen. Der Beschwerdeführer ersuchte zunächst, die Angelegenheit bis zur Erledigung seiner Berufung hinsichtlich des haupolizeilichen Auftrages bzw. der Vollstreckung desselben ruhen zu lassen. Nachdem die Behörde durch eine Anfrage bei der M. Abt. 36 festgestellt hatte, daß dem Auftrag bezüglich der Gassenschaufläche nicht entsprochen worden sei - der Mitteilung der M. Abt. 36 war auch eine Skizze angeschlossen -, wurde der Beschwerdeführer neuerlich vorgeladen. In einer vom Rechtsfreund des Beschwerdeführers verfaßten Äußerung wurde bestritten, daß der Zustand der Gassenschaufläche des Hauses dem § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien widerspreche. Diese Flächen befänden sich in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand. Die noch vorhandenen Schäden seien durch Kriegseinwirkung verursacht worden. Der Beschwerdeführer habe das Haue im Jahre 1957 erworben. Er habe unverzüglich im Sinne des § 4 a Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Februar 1957, LGBl. für Wien Nr. 5, in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 1947, LGBl. Nr. 20, seiner Erhaltungspflicht durch Ergreifen von Sicherheitsmaßnahmen nachzukommen versucht. Die geringen Zinseingänge seien zur Gänze für andere notwendigere Erhaltungsarbeiten verwendet worden, wobei der Beschuldigte noch aus eigenem Vermögen beträchtliche Beträge zur Verfügung gestellt habe. Eine Mietzinsreserve sei derzeit nicht vorhanden. Die laufenden Mietzinseingänge reichten zu weiteren Arbeiten nicht aus. Die Richtigkeit dieses Vorbringens sollte laut Antrag des Beschwerdeführers durch Anhörung eines Sachverständigen und Ortsaugenschein bewiesen werden. Der Beschwerdeführer berief sich dann auf den Stand des administrativen Verfahrens, und zwar auf die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Solange ihm demzufolge eine Frist offenstehe, könne ihm eine Verletzung einer Handlungspflicht nicht vorgeworfen werden.

Bei der Strafverhandlung ergänzte der Rechtsfreund des Beschwerdeführers das Vorbringen noch durch den Hinweis, daß der Beschwerdeführer bereits einen Auftrag zur Instandsetzung der Gassenschauflächen erteilt habe. Nun erging das erstinstanzliche Straferkenntnis. Darin wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannte durch längere Zeit, jedenfalls aber bis zum 5. April 1962, als Eigentümer der Liegenschaft Wien II. R-gasse, die auf dieser Liegenschaft errichtete Baulichkeit nicht in einem guten, den Bestimmungen der Bauordnung für Wien und der Baubewilligung entsprechenden Zustand erhalten zu haben, indem er nämlich die Gassenschauflächen des Gebäudes nicht habe instandsetzen lassen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien, in der Fassung der Novelle 1956, LGBl. Nr. 28, begangen. Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien wurde über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit sollte eine Ersatzarreststrafe von fünf Tagen an ihre Stelle treten. In der Begründüng wurde ausgeführt, der im Spruch angeführte Tatbestand (richtig wohl die Annahme des Vorliegens des Tatbestandes) stütze sich auf die Anzeigen der M. Abt. 36 vom 7. September 1961 und vom 29. Dezember desselben Jahres und auf die Rechtfertigung des Beschuldigten selbst. Der Beschwerdeführer sei seiner gesetzlichen Verpflichtung nach 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht nachgekommen obwohl bereits am 4. August 1960 durch Bescheid Schäden am gegenständlichen Hause festgestellt und der Auftrag erteilt worden sei, diese innerhalb angemessener Frist beheben zu lassen. Der Einwand des Beschwerdeführers, es sei für die Instandsetzung der Gassenfassaden keine Mietzinsreserve vorhanden und die Mietzinseingänge reichten zur Durchführung dieser Arbeiten nicht aus, sei nicht stichhältig, da der Beschwerdeführer zur Instandsetzung des Hauses verpflichtet sei und die Möglichkeit gehabt hätte, Arbeiten nach einem Verfahren nach § 7 Mietengesetz durchführen zu lassen. Ein Nachweis, daß ihm die Einhaltung seiner Verpflichtung ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei, habe nicht erbracht werden können. Der Einwand hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, könne nicht zum Ziele führen, weil die Bestrafung nicht wegen der unterbliebenen Erfüllung des baupolizeilichen Auftrages, sondern wegen der Verletzung der aus dem Gesetz unmittelbar fließenden Instandhaltungspflicht erfolgt sei. Bei der Strafbemessung sei das Fehlen einer einschlägigen Vorstrafe mildernd, die lange Dauer des Bestehens des Baugebrechens aber erschwerend berücksichtigt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsfreund Berufung. Er rügte, daß die Behörde keine Erhebungen über den Zustand der Gassenschauflächen gepflogen habe und die Beweisanträge des Beschwerdeführers unberücksichtigt geblieben seien. Die Mitteilungen der M Abt. 36 vom 7. September und 29. Dezember 1961 seien nicht geeignet, ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers bis zum 5. April 1962 annehmen zu lassen. Sie seien wohl ein Anlaß zum Einschreiten, nicht aber Beweismittel für das Strafverfahren. Der objektive Sachverhalt wäre vielmehr durch ein ordnungsgemäßes Verfahren zu klären gewesen. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers enthalte jedenfalls kein Geständnis, auf das die Behörde sich berufen durfte. Habe ein Ermittlungsverfahren stattgefunden, dann seien die Ergebnisse jedenfalls dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden. Ferner machte der Beschwerdeführer geltend, es könne ihm die Verletzung einer Handlungspflicht nicht zur Last gelegt werden, solange eine Frist zur Erfüllung des Auftrages offen sei und wies in diesem Zusammenhang neuerlich auf die damals aufrechte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für seine Verfassungsgerichtshofbeschwerde hin. In diesem Zusammenhang machte der Beschwerdeführer auch geltend, daß die Behörde, wenn sie zwischen der Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht und der Nichterfüllung des behördlichen Auftrages unterscheide, damit die Trennung der Verfahren anerkenne, aus der auch abzuleiten sei, daß im Strafverfahren eine selbständige Sachverhaltsfeststellung erforderlich gewesen wäre. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß schon im Sommer 1961 der Auftrag zur Instandsetzung des ganzen Hauses erteilt worden sei. Abschließend wurde geltend gemacht, daß sowohl im objektiven als im subjektiven Bereich die Voraussetzungen für eine Bestrafung nicht gegeben seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer übersehe, daß einer neuerlichen Aufrollung der Frage, ob die vorhandenen Verputzschäden - daß solche vorhanden seien, gebe er zwar nicht ausdrücklich zu, bestreite dies aber auch nicht - Baugebrechen darstellten, die Rechtskraft des baupolizeilichen Auftrages im Wege stehe. Diesen Bauaufträgen zufolge sei es erwiesen, daß die in Rede stehenden Baugebrechen im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides bestanden hätten. Wenn der Beschwerdeführer nun im erstinstanzlichen Verfahren indirekt zugegeben habe, daß die Instandsetzungsmaßnahmen noch nicht durchgeführt seien - er habe nämlich auf die Fristerstreckungsansuchen Bezug genommen - dann sei auch erwiesen, daß die Baugebrechen noch am 5. April 1962 bestanden hätten. Die beantragte Vornahme eines Lokalaugenscheines sei demnach nicht erforderlich. Auch habe der Beschwerdeführern nichts vorbringen können, was einen Schuldausschließungsgrund darstellen würde. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde in dem Vollstreckungsverfahren hinsichtlich des baupolizeilichen Auftrages biete keine Grundlage für die Annahme, daß den Beschwerdeführer kein Verschulden treffe, ebensowenig der Hinweis auf die bereits erfolgte Auftragserteilung. Der Eigentümer sei nämlich kraft Gesetzes verpflichtet, nicht nur die Aufträge zur Beseitigung von Baugebrechen zu erteilen, sondern auch für die fristgerechte Durchführung der Arbeiten zu sorgen. Auf den Mangel der erforderlichen Mittel hätte der Beschwerdeführer sich nur dann mit Erfolg berufen können, wenn er zugleich in der Lage gewesen wäre nachzuweisen, daß er alles getan habe, um die erforderlichen Mittel zu beschaffen. In dieser Hinsicht fehle es aber an einem Beweisanbot.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird neuerlich der Standpunkt vertreten, daß sowohl hinsichtlich des objektiven Tatbestandes als auch hinsichtlich der Schuldfrage rechtswidrig entschieden worden sei. Den Nachweis des objektiven Tatbestandes müsse die Behörde von Amts wegen liefern. Den Nachweis der Schuldlosigkeit habe im vorliegenden Fall nach § 5 Abs. 1 VStG der Beschuldigte zu liefern. Was das Vorliegen des objektiven Sachverhaltes anlange, habe der Beschwerdeführer behauptet, daß die Gassenschauflächen sich in einem guten, der Bauordnung und der Baubewilligung entsprechenden Zustand befänden. Diese Behauptung habe die Behörde nicht widerlegt. Sie habe nicht in einem amtswegigen Verfahren festgestellt, daß es sich anders verhalte, als es der Beschwerdeführer behauptet hatte. Aus dem administrativen Verfahren sei der Nachweis nicht zu entnehmen. Dessen Ergebnisse könnten weder den Zustand am 4. August 1961 noch weniger den am 5. April 1962 unter Beweis stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet, wie schon gesagt, daß die Behörde ausreichende Grundlagen für die Annahme zur Verfügung hatte, daß die Schäden im angenommenen Tatzeitraum bestanden hätten. Er ist im einzelnen der Meinung, daß die Mitteilungen des Magistrates der Stadt Wien, M. Abt. 36, nicht als Beweismittel verwertbar waren. Gemäß § 46 AVG 1950 kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Diese Bestimmung des AVG 1950 findet nach § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung. Es läßt sich also nicht grundsätzlich sagen, daß die erwähnten behördlichen Mitteilungen formell nicht als Beweismittel in Betracht gekommen seien. Materiell erscheinen sie allerdings, isoliert betrachtet, in ihrer Aussagekraft nicht durchschlagend. Sie gewinnen nur in Verbindung mit der Feststellungen des baupolizeilichen Verfahrens Gewicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß eine Berufung auf die Rechtskraft des baupolizeilichen Auftrages im Verwaltungsstrafverfahren an sich in den hier erörterten Zusammenhang nicht am Platze ist, doch kann nichts dagegen eingewendet werden, wenn die vom Beschwerdeführer seinerzeit nicht bestrittenen tatsächlichen Feststellungen bei der Beweiswürdigung herangezogen werden. Zu diesen gehörte es auch, daß ca. 10 % des Verputzes fehlten. Dies war am 3. August 1960 ermittelt worden. Die M. Abt. 36 hatte der Behörde erster Instanz Mitteilung davon gemacht, daß die Instandsetzung der Gassenschauseite nicht erfolgt sei. Über Anfrage wurde neuerlich mitgeteilt, daß dies nicht geschehen sei. Hiebei wurde eine Skizze beigelegt, aus der ersichtlich ist, daß zwei Gassenfronten nicht „geputzt“ seien. Diese Skizze beruhte offenbar auf einer an Ort und Stelle gewonnenen Anschauung. Wenn nun der Beschwerdeführer vorbrachte, daß die Gassenschauflächen in gutem Zustand seien, ohne zu behaupten, daß er sie habe instandsetzen lassen, so war sein Vorbringen so geartet, daß man der belangten Behörde nicht entgegentreten kann, wenn sie einen Lokalaugenschein unter den Gesichtspunkten des § 39 AVG 1950, der auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, nicht anordnen zu können glaubte. Hatte nämlich der Beschwerdeführer die Instandsetzung nicht behauptet, und war die Schadhaftigkeit durch Amtsorgane zu mehreren Zeitpunkten festgestellt worden, wobei der Beschwerdeführer der ursprünglichen Feststellung gar nicht entgegengetreten war, so konnte die Behörde zur Anschauung gelangen, daß es den Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis widersprechen würde, nun noch einen Ortsaugenschein durchzuführen. Auch die Frage, ob die Schäden so weitgehende seien, daß öffentliche Interessen berührt würden, konnte in Anbetracht der seinerzeit getroffenen Feststellungen über die Wirkung der Schäden, ohne weitere Erhebungen bejaht werden.

Was die Schuldfrage anlangt, so vertritt der Beschwerdeführer die Meinung, die Behörde sei dadurch gesetzwidrig vorgegangen, daß sie die Beweise nicht aufgenommen habe, die der Beschwerdeführer zu seiner Entlastung angeboten habe. Nun ist aber die Behörde der Darstellung des Beschwerdeführers, die er unter Beweis stellen wollte, gar nicht entgegengetreten. Sie hat ihm vielmehr Glauben geschenkt, dem Vorbringen aber juristisch keine Bedeutung beigemessen. Was zunächst die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die Verfassungsgerichtshofbeschwerde betrifft, so war diese rechtlich in der Tat nicht relevant, da die Behörde zutreffend zwischen dem Streit um die Erfüllung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht einerseits und dem anderen um die Durchsetzung des baupolizeilichen Auftrages unterschieden hat. Auch ein Nachweis, daß keine Mietzinsreserve vorhanden sei und die Instandsetzung aus den laufend einlangenden Mietzinsen nicht bezahlt werden könne, war nicht entscheidend. Die belangte Behörde hat mit Recht angenommen, daß zum Entlastungsbeweis hinsichtlich des Vorwurfes einer Übertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien auch der Nachweis gehöre, der Verantwortliche habe alles in seinen Kräften stehende getan, um seine Pflicht zu erfüllen, er habe also auch alle Schritte zur Beschaffung der Mittel, etwa die Antragstellung nach § 7 Mietengesetz, unternommen. Auch Erhebungen über die Auftragserteilung waren entbehrlich. Diese Auftragserteilung wurde nämlich von der belangten Behörde nicht übersehen oder als nicht gegeben beurteilt. Sie konnte im Einklang mit der Rechtsprechung des Entlastungsbeweises der Hinweis auf die Auftragserteilung nicht genüge (vgl. E. vom 4. Juli 1961, Zl. 99/61). Wohl aber konnte die belangte Behörde aus dem Hinweis des Beschwerdeführers, daß er einen Auftrag zur Instandsetzung erteilt habe, einen weiteren Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß die im Administrativverfahren festgestellten Schäden, deren Vorhandensein der Beschwerdeführer im Strafverfahren bestritten hatte, doch bestanden. Besondere Gründe, weshalb trotz einer besonderen Bemühung des Beschwerdeführers eine Durchführung der Arbeiten nicht zu bewirken gewesen sei, sind im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht worden. Auch für die Strafbemessung konnte, wenn man das gewählte Strafmaß in Betracht zieht, die Frage, ob der Auftrag wirklich erteilt worden sei, nicht von entscheidender Bedeutung sein, zumal die Behörde, wie gesagt, die Erteilung des Auftrages gar nicht bestritt. Aus den angeführten Gründen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am 30. September 1963

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Baurecht Beweise Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1963:1962002054.X00

Im RIS seit

25.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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