TE Vwgh Erkenntnis 1980/2/11 1272/78

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Veröffentlicht am 11.02.1980
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Index

Unterricht
40/01 Verwaltungsverfahren
70/06 Schulunterricht

Norm

AVG §53 Abs1
AVG §7 Abs1
EGVG Art2 Abs2 A Z7
SchUG 1974 §17 idF 1977/231
SchUG 1974 §25 Abs1 idF 1977/231
SchUG 1974 §71 Abs4 idF 1977/231
SchUG 1974 §71 Abs5 idF 1977/231
SchUG 1974 §71 Abs6 idF 1977/231

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Liska, Dr. Griesmacher und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Dobner, über die Beschwerde des mj. WG in W, vertreten durch den Vater und gesetzlichen Vertreter Dr. RG, dieser vertreten durch Dr. Otto Ambros, Rechtsanwalt in Wien XXII, Bureschgasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 30. März 1978, Zl. 1033/42-4/77, betreffend Berechtigung zum Aufsteigen in die 8. Klasse eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.310,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, damals Schüler der Klasse 7 B des Bundesrealgymnasiums Wien, wurden mit Bescheid des Schulleiters vom 18. Juni 1977 die Feststellungsprüfungen aus Englisch, Latein, Mathematik und Darstellender Geometrie bis Anfang des Schuljahres 1977/78 antragsgemäß nach § 20 Abs. 3 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) gestundet; unter einem wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer diese Feststellungsprüfungen als Nachtragsprüfungen am 5., 6., 7. und 8. September 1977 jeweils schriftlich und mündlich abzulegen habe. Die Leistungsbeurteilung für die 7. Klasse lautete nach Ablegung dieser Nachtragsprüfungen in den Pflichtgegenständen Latein, Mathematik und Darstellende Geometrie „Nicht genügend“. Mit „Entscheidung“ der Klassenkonferenz vom 8. September 1977 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer gemäß den §§ 20 und 25 SchUG zum Aufsteigen in die 8. Klasse nicht berechtigt sei, weil die Beurteilung in den genannten Pflichtgegenständen die Note „Nicht genügend“ enthalten werde. In der dagegen erhobenen Berufung führte der Vater und gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers im wesentlichen folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe, da (erst) mit Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vom 16. Februar 1977 die Berechtigung zum Aufsteigen in die 7. Klasse ausgesprochen worden sei, den gesamten Unterricht des ersten Semesters in der 7. Klasse ohne eigenes Verschulden versäumt, er habe im zweiten Semester der 7. Klasse auch in allen Gegenständen den gesamten Stoff des ersten Semesters nachlernen und Feststellungsprüfungen ablegen müssen. Die Professoren B. (Latein), W. (Mathematik) und S. (Darstellende Geometrie) hätten ihre in § 17 Abs. 1 SchUG umschriebenen Pflichten, den Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten und nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, gegenüber dem Beschwerdeführer nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer sei bei der für ihn gegebenen außerordentlich schwierigen Gesamtsituation nicht mit dem Ziel des Aufsteigens, sondern des Durchfallens behandelt und geprüft worden. Aus den in der Berufung geschilderten Verhaltensweisen und Vorkommnissen ergebe sich, daß die genannten Professoren in der Behandlung des Beschwerdeführers im Unterricht und bei den Prüfungen unsachlich und parteiisch vorgegangen seien, sie seien daher befangen gewesen. Es werde daher der Antrag gestellt, den Beschwerdeführer durch unbefangene (unvoreingenommene) Professoren einer Prüfung zu unterziehen und nach dem Ergebnis der kommissionellen Prüfung über die Berufung zu entscheiden.

Der Stadtschulrat für Wien führte ein Ermittlungsverfahren durch, in dem er insbesondere Stellungnahmen unter anderem der betroffenen Professoren sowie des Vertreters des Direktors, des Klassenvorstandes und der Landesschulinspektoren einholte, zu denen der Vater des Beschwerdeführers die Äußerung vom 9. Oktober 1977 abgab. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1977 wies der Stadtschulrat für Wien die Berufung gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz gemäß § 71 Abs. 6 SchUG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 231/1977 ab. In der Begründung des Bescheides stellte der Stadtschulrat auf Grund der Stellungnahme der Lehrer und der schriftlichen Arbeiten des Schülers die Beurteilung in den Pflichtgegenständen Latein, Mathematik und Darstellende Geometrie mit „Nicht genügend“ fest und führte aus, daß die Aufgabenstellungen bei den schriftlichen und mündlichen Prüfungen hinsichtlich Länge und Schwierigkeitsgrad den Bestimmungen des Lehrplanes entsprochen hätten; die Beurteilungen durch die Lehrer seien daher in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verordnung über die Leistungsbeurteilung, BGBl. Nr. 371/1974, erfolgt. Zu den in der Berufung und in der Stellungnahme vom 9. Oktober 1977 vorgebrachten Einwendungen führte die Behörde aus, daß der besonderen Belastung des Schülers durch den späteren Eintritt in die 7. Klasse insofern Rechnung getragen worden sei, als in einer Reihe von Unterrichtsgegenständen die Feststellungsprüfung gestundet worden sei. Aus der sehr ausführlichen Darstellung der Professoren B., W. und S. sei zu erkennen, daß sie, im Gegensatz zur Behauptung in der Berufung und in der erwähnten Stellungnahme, sehr wohl ihre Pflicht gemäß § 17 SchUG erfüllt hätten. Die Verpflichtung, jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden Leistungen zu führen, habe ihre Grenze in der Zumutbarkeit im Hinblick auf die Verpflichtung, alle Schüler in das Unterrichtsgeschehen einzubeziehen. Es sei als erwiesen anzunehmen, daß dem Schüler die Anleitungen der Professoren in überdurchschnittlichem Maße zur Verfügung gestanden seien, wie sich dies insbesondere aus der Darstellung des Professors B. für Latein (Heranziehung zur Mitarbeit in überdurchschnittlichem Maße) und des Professors S. für Darstellende Geometrie (Gelegenheit zu Fragen außerhalb des Unterrichtes und zum Nachbringen der Arbeiten aus dem ersten Semester), aber auch des Professors W. für Mathematik (gleiche Förderung wie andere) ergebe. Der Schüler habe jedoch offenbar von diesen Möglichkeiten nicht Gebrauch gemacht. Auch aus der Aufgabensteilung bei der Nachtragsprüfung lasse sich eine Befangenheit nicht erkennen. Mangels einer ausdrücklichen Ausschlußbestimmung im Schulunterrichtsgesetz, wie sie etwa im § 7 AVG 1950 gegeben sei, könne die Befangenheit eines Lehrers - mag sie auch tatsächlich vorhanden sein - nur dann zur Aufhebung der Entscheidung der Schule führen, wenn die Befangenheit in einer unsachlichen Beurteilung der Entscheidungsgrundlagen zum Ausdruck komme oder infolge der Befangenheit die Entscheidungsgrundlage nicht auf die vorgeschriebene Weise zustande gekommen sei. Im übrigen wäre auch bei der angestrebten kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs. 5 im Zusammenhalt mit § 23 Abs. 6 SchUG der Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes als Prüfer vorgesehen. Zur Frage der Zumutbarkeit der Abhaltung der Nachtragsprüfung wurde festgestellt, daß die beantragten Gutachten keine entscheidungswesentlichen Aussagen bringen könnten, weil die Vorschrift des § 20 Abs. 3 SchUG und des § 21 der Verordnung über die Leistungsbeurteilung keinerlei Möglichkeit enthielten, von den dort festgelegten Grenzen abzuweichen. Die Bestimmung des § 20 Abs. 3 SchUG, wonach die Feststellungsprüfung bis zu 12 Wochen zu stunden sei, nehme ohnehin auf die besondere Belastung des Schülers Rücksicht; dies treffe auch auf § 21 Abs. 6 der erwähnten Verordnung zu. Die Einholung der Gutachten habe daher unterbleiben können. Gemäß § 71 Abs. 4 SchUG sei die kommissionelle Prüfung nur vorzunehmen, wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung ausreichen, daß eine auf „Nicht genügend“ lautende Beurteilung unrichtig oder richtig gewesen sei; dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu.

In der gegen den Bescheid des Stadtschulrates erhobenen Berufung brachte der Vater und gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers im wesentlichen vor, daß die Stellungnahme des stellvertretenden Schulleiters vom 21. September 1977 zu Unrecht als Amtsvortrag von der Akteneinsicht im Verfahren ausgenommen worden sei, die Beurteilung in den strittigen Pflichtgegenständen nicht ausreichend begründet und unrichtig sei, und beantragte die Einholung des Gutachtens eines anerkannten Schulmediziners und des schulpsychologischen Dienstes zur Klärung. der Frage, ob die physischen und psychischen Belastungen, die sich durch die behördlich vorgeschriebene Ablegung von acht über das Aufsteigen oder Durchfallen entscheidenden Prüfungen an vier unmittelbar aufeinander folgenden Tagen ergeben hätten, für den Beschwerdeführer zumutbar gewesen seien, ferner die Durchführung von kommissionellen Prüfungen durch unbefangene Professoren zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer in den strittigen Gegenständen über das Mindestwissen verfüge, das für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in der 8. Klasse unbedingt notwendig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Unterricht und Kunst die Berufung gemäß § 25 Abs. 1 und § 71 Abs. 4 und 6 SchUG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 231/1977 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und sprach aus, daß der Beschwerdeführer zum Aufsteigen in die 8. Klasse eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums nicht berechtigt sei. Der Bundesminister für Unterricht und Kunst führte in der Bescheidbegründung aus, im gegenständlichen Fall hätten die Unterlagen zur Feststellung ausgereicht, daß auf Grund der mangelhaften Kenntnisse des Schülers die negativen Beurteilungen eindeutig und richtig gewesen seien, weshalb das Verfahren nicht zu unterbrechen und der Beschwerdeführer zu einer kommissionellen Prüfung nicht zuzulassen gewesen sei. Die Bescheidbegründung befaßt sich mit jeder der drei strittigen Beurteilungen, wobei sie sich jeweils mit den schriftlichen und mündlichen Leistungen des Schülers sowie mit den in jedem der drei Gegenstände abgelegten Nachtragsprüfungen auseinandersetzt. Im einzelnen enthält die Bescheidbegründung über die „auf Grund der vorliegenden und überprüften Unterlagen“ vorgenommene Beurteilung in den Pflichtgegenständen Mathematik, Darstellende Geometrie und Latein, folgende Feststellungen und Erwägungen:

Im Pflichtgegenstand Mathematik seien vom Schüler drei Schularbeiten (die 4., 5. und 6.) erbracht worden. Bei der 4. Schularbeit seien das erste Beispiel, das fast vollständig gefehlt habe, und das zweite Beispiel, dessen Ansatz völlig falsch gewesen sei und das darüber hinaus nicht weiter gerechnet worden sei, dem Stoffgebiet „Funktionen“ der 7. Klasse entnommen worden. Das dritte Beispiel, dessen Punkt a) überhaupt nicht behandelt und bei dessen Punkt b) eine große Anzahl von Fehlern gemacht worden sei, sei dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ der 7. Klasse entnommen worden. Auf Grund dieser Leistungen sei die 4. Schularbeit somit auf keinen Fall besser als mit „Nicht genügend“ zu bewerten. Bei der 5. Schularbeit seien das erste Beispiel, das vom Schüler nicht behandelt worden sei, das zweite Beispiel, von dem der Schüler nicht gewußt habe, wie das Beispiel zu lösen sei und nur einige zusammenhanglose Formeln aufgeschrieben habe, und das dritte Beispiel, bei dem der Schüler fälschlicherweise angenommen habe, daß es sich beim Querschnitt der Rinne um ein Trapez handeln müsse, das einem Halbkreis eingeschrieben sei und gar keine Funktion angesetzt habe, die hätte differenziert werden können, dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ der 7. Klasse entnommen worden. Das vierte Beispiel, das dem Stoffgebiet „Geometrie“ entnommen worden sei, sei überhaupt nicht behandelt worden. Die 5. Schularbeit sei somit ebenfalls eindeutig mit „Nicht genügend“ zu beurteilen. Bei der Wiederholung der 5. Schularbeit, deren vier Beispiele den gleichen Stoffgebieten entnommen worden seien, sei beim ersten Beispiel schon der Ansatz unbrauchbar gewesen, da er zwei Variable enthalten habe, ebenso im zweiten Beispiel, da schon in der ersten Zeile des Ansatzes der Schüler nicht zwischen Höhe der Fläche und Höhe des Körpers unterschieden habe. Beim dritten Beispiel seien wohl Radius und Höhe des gesuchten Kegels als Funktionen der Variablen richtig angesetzt, jedoch sei nicht einmal der Ansatz der Funktion, die abzuleiten gewesen wäre, gefunden worden. Beim vierten Beispiel aus dem Stoffgebiet Geometrie sei bereits die gezeichnete Skizze falsch gewesen, da nicht vorausgesetzt gewesen sei, daß die Gerade durch den Mittelpunkt des Kreises gehe; das Beispiel sei nicht einmal zu rechnen begonnen worden. Auch die Wiederholung der 5. Schularbeit sei somit nicht besser als mit „Nicht genügend“ zu bewerten. Bei der 6. Schularbeit sei das erste Beispiel, dessen Ansatz schon falsch gewesen sei, dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ sowie „Geometrie“ der 7. Klasse entnommen. Das zweite und dritte Beispiel seien dem Stoffgebiet „Geometrie“ der 7. Klasse entnommen, wobei in beiden Fällen der Ansatz falsch gewesen und nicht weiter gerechnet worden sei. Die 6. Schularbeit sei daher jedenfalls mit „Nicht genügend“ zu beurteilen. Die schriftlichen Leistungen im zweiten Semester seien somit eindeutig „Nicht genügend“ gewesen. Eine mündliche Mitarbeit sei nach den unbedenklichen Aussagen der Lehrer nicht vorhanden. Zu der am 5. September 1977 durchgeführten Nachtragsprüfung seien das erste Beispiel, das dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ entnommen gewesen sei, und das dritte Beispiel, entnommen dem Stoffgebiet „Geometrie“, nicht durchgeführt und behandelt worden; beim zweiten Beispiel aus dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ sei der Ansatz falsch und beim vierten Beispiel aus dem Stoffgebiet „Geometrie“ sei nur eine Skizze gemacht worden, das Beispiel jedoch nicht gerechnet worden. Beim ersten Beispiel der mündlichen Prüfung aus dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ seien zunächst die Bedingungen falsch angesetzt und Proportionen falsch aufgelöst worden; es seien immer wieder Verbesserungen durch den Lehrer notwendig gewesen. Die Ableitung von Wurzelfunktionen habe der Beschwerdeführer nicht beherrscht. Auch das zweite Beispiel aus dem Stoffgebiet „Geometrie“ habe der Beschwerdeführer nicht lösen können; beim Hinweis des Prüfers auf den anzuwendenden Sekantensatz habe dieser weder formuliert noch nach Zitierung durch den Lehrer angewandt werden können. Die Nachtragsprüfung, deren schriftliche und mündliche Teile negativ gewesen seien, sei daher mit „Nicht genügend“ zu bewerten. Somit seien überhaupt keine positiven Leistungen des Schülers vorgelegen; kein einziges der gestellten Beispiele der Schularbeiten und der Nachtragsprüfung haben auch nur annähernd richtig gelöst werden können. Die Beurteilung in Mathematik habe daher auf keinen Fall anders als „Nicht genügend“ lauten können.

Im Pflichtgegenstand „Darstellende Geometrie“ sei vom Schüler nur die dritte Schularbeit mitgemacht worden; diese sei mit „Nicht genügend“ zu beurteilen, da beim ersten Beispiel aus dem Stoffgebiet „Ebene Schnitte der Kugel“ fast nur die gegebenen Punkte gezeichnet worden seien, der Großteil des Beispieles gefehlt habe und das zweite Beispiel aus dem Stoffgebiet „Drehkegel und Drehzylinder“ teilweise falsch und teilweise nur geschätzt und nicht kontrolliert worden sei. Eine mündliche Mitarbeit aus diesem Gegenstand sei praktisch nicht vorhanden gewesen. Bei der mündlichen Prüfung vom 7. Juni 1977 seien die Fragen dem Stoffgebiet der dritten Schularbeit entnommen worden; auch hiebei hätten Beispiele nicht gelöst werden können; das Ergebnis sei daher „Nicht genügend“. Bei der schriftlichen Nachtragsprüfung sei im ersten Beispiel aus dem Stoffgebiet „Ebene Schnitte der Kugel“ nur die Angabe gezeichnet, jedoch nicht die Kugel ermittelt, und beim zweiten Beispiel aus dem Stoffgebiet „Drehzylinder“ sei nur der Anfang des Beispiels gezeichnet worden. Die beiden Aufgaben der mündlichen Prüfung im Rahmen der Nachtragsprüfung aus dem Gebiet „Lösung der Grundaufgaben in zugeordneten Normalrissen“ und „Ebene Schnitte der Kugel“ hätte der Schüler nicht beherrscht. Diese Prüfung sei daher negativ zu beurteilen; außerdem seien 61 % aller Aufgaben, die an Hausübungen zu zeichnen gewesen wären, nicht erbracht worden. Diese Aufgaben seien jedoch für den Gegenstand Darstellende Geometrie besonders wichtig. Da auch in diesem Gegenstand kein einziges der bei den Schularbeiten, den Nachtragsprüfungen und der mündlichen Prüfung gestellten Beispiele richtig gelöst worden sei, sei die Beurteilung mit „Nicht genügend“ zu Recht erfolgt. Wie bei jedem der genannten Beispiele angeführt, seien sowohl in Mathematik als auch in Darstellender Geometrie sämtliche Beispiele in dem für die 7. Klasse vorgesehenen Lehrstoff enthalten. In Mathematik seien die meisten Beispiele dem Stoffgebiet „Infinitesimalrechnung“ sowie „Geometrie“ entnommen. Die übrigen Stoffgebiete (Zahlen, Gleichungen, Funktionen, Vektoren) seien von der Durchführung der betreffenden Beispiele ebenfalls umfaßt, da sie teilweise erst die Voraussetzung zur Durchführung liefern. Auch in Darstellender Geometrie seien die am Anfang des Lehrstoffes gegebenen Grundbegriffe Voraussetzung für die Durchführung komplizierter Beispiele, die am Ende des Stoffes angeführt seien. Der Schwierigkeitsgrad der Beispiele in den Pflichtgegenständen Mathematik und Darstellende Geometrie sei für den Schüler durchaus angemessen, einige der Beispiele seien sogar als extrem leicht zu bezeichnen. Auf ein bestimmtes Mindestmaß an Kenntnis habe nicht verzichtet werden können, da der Schüler in der 8. Klasse zur Reifeprüfung geführt werden soll.

Im Pflichtgegenstand Latein sei die 4. Schularbeit vom 23. März 1977 wohl korrigiert, jedoch nicht beurteilt worden. Die Stelle sei keineswegs zu schwierig gewesen; die Arbeit habe 13 schwere Fehler aufgewiesen und wäre im Fall einer Beurteilung eindeutig negativ gewesen. Die 5. Schularbeit sei am 18. Mai 1977 abgehalten worden; die dabei gegebene Stelle stamme aus den „Historiae“ des Sallust, die Übersetzung habe 17 schwere Fehler aufgewiesen. Diese Fehler ließen grundsätzliche Mängel des Verständnisses erkennen, die dem Bereich des Wortschatzes wie auch dem Bereich der Grammatik entstammen. Diese Arbeit sei eindeutig mit „Nicht genügend“ zu beurteilen. Bei der am 19. April 1977 durchgeführten mündlichen Prüfung gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung über die Leistungsbeurteilung sei eine Stelle gegeben worden, die im ersten Semester von der Klasse übersetzt worden sei. Da von Anfang Februar (Eintritt des Schülers in die 7. Klasse) bis zum Zeitpunkt der Prüfung bei etwas Fleiß die Wiederholung der im ersten Semester übersetzten Stellen möglich gewesen wäre, kann der Begründung in der Berufung nicht gefolgt werden, derzufolge es sich nicht um eine Wiederholungsstelle und daher nicht um ein Entgegenkommen des Lehrers gehandelt habe. Hätte der Prüfer eine andere Stelle gewählt, die im zweiten Semester gelesen worden ist, so hätte er damit für diesen Schüler den Lehrstoff eines Halbjahres zur Gänze weggelassen. Das Entgegenkommen des Lehrers liege darin, daß nicht eine völlig neue Textstelle zur Prüfung gegeben worden sei, sondern daß dem Schüler Gelegenheit geboten worden sei, sein allenfalls durch Nachlernen gewonnenes Wissen über den Stoff des ersten Semesters anzuwenden. Die Stelle habe jedoch vom Schüler nicht positiv übersetzt werden können. Zwischen dem 15. Februar und dem 19. März 1977 sei der Schüler fünfmal speziell zur Mitarbeit herangezogen worden, was etwas über dem Klassendurchschnitt liege. Ab April 1977 sei die Übersetzungsarbeit in Gruppen geleistet worden, wobei der Schüler in eine dieser Gruppen integriert gewesen sei. Auch bei dieser Gruppenarbeit sei eine Beurteilung der Mitarbeit möglich; sie sei negativ gewesen. Bei der Nachtragsprüfung aus dem Pflichtgegenstand Latein sei zur schriftlichen Prüfung eine Stelle gegeben worden, die wieder den „Historiae“ des Sallust entnommen gewesen sei. Die Länge habe 85 Wörter betragen; da vom Lehrplan 80 bis 100 Wörter vorgesehen seien, sei daher dies, ebenso wie die Tatsache, daß die Möglichkeit der Stellung einer Interpretationsfrage, die der Lehrplan vorsehe, nicht in Anspruch genommen worden sei, eher als Wohlwollen des Lehrers zu betrachten. Der Schwierigkeitsgrad der Stelle sei als durchschnittlich zu bezeichnen und der Gebrauch des Wörterbuches sei lehrplanmäßig gestattet. Das Ergebnis der Übersetzung zeige 18 schwere Fehler, davon 11 Vokabelfehler, 3 Kasusfehler und 4 sonstige Formfehler; 23 Wörter seien überhaupt nicht übersetzt worden. Bei keinem Satz sei der Inhalt wenigstens im wesentlichen erfaßt worden, so daß eine sinnvolle Übersetzung in Ansätzen hätte entstehen können. Die Beurteilung habe daher auf „Nicht genügend“ lauten müssen. Die mündliche Prüfung der Nachtragsprüfung habe ihren Ausgang mit dem Übersetzen der Stelle Bellum Catilinae 25, Satz 1 und 2, genommen; auch diese Stelle gehöre zu den in der 7. Klasse gelesenen Textstellen und sei daher als Wiederholungsstoff zu bezeichnen. Die den Text betreffenden Fragen aus Syntax und Formenlehre, die durchwegs den Stoff des Anfangsunterrichtes in Latein betroffen haben, seien nach dem unbedenklichen Prüfungsprotokoll mehrmals durch Schweigen, in den übrigen Fällen jedoch durch unrichtige Aussagen beantwortet worden. Hiebei habe der Schüler grundsätzliche Schwächen im Erkennen von Verbalformen, von Pronomina sowie im Bestimmen der Fälle von Substantiva gezeigt. Da die mündliche Prüfung ebenfalls negativ gewesen sei, habe die Beurteilung der Nachtragsprüfung „Nicht genügend“ lauten müssen, und es sei daher die Beurteilung aus dem Pflichtgegenstand Latein mit „Nicht genügend“ als richtig anzusehen. Die bei den Schularbeiten und bei der Nachtragsprüfung gestellten Fragen und Textstellen hätten dem Lehrplan der 7. Klasse eines Realgymnasiums, der für Latein eine sprachlich leichte Rede Ciceros und (oder) Auswahl aus Sallust und etwa ab März die Einführung in die Dichterlektüre mit Auswahl aus Ovid vorschreibe, entsprochen. Es sei zweifellos für den Schüler günstig, daß der Lehrer ihm zu der Nachtragsprüfung keine Ovid-Stelle, also keinen dichterischen Text, vorgelegt habe. Der Schwierigkeitsgrad sämtlicher aus dem Lehrplan und dem vorgetragenen Lehrstoff gestellten Aufgaben sei durchaus angemessen. Die negativen Beurteilungen erschienen daher richtig.

Eine Förderung durch die Lehrer, so wird in der Bescheidbegründung weiter ausgeführt, habe während des Unterrichtes unter Berücksichtigung der anderen Schüler nur im beschränkten Ausmaß erfolgen können, jedoch sei der Schüler immer wieder und sogar etwas über dem Klassendurchschnitt, wie schon oben für den Pflichtgegenstand Latein ausgeführt, zur Mitarbeit herangezogen worden. Wenn ein an und für sich schwacher Schüler erst im zweiten Semester in die Klasse eintrete und den Stoff des ersten Semesters nicht beherrsche, werde dies bei aufbauenden Gegenständen, wie Mathematik, Darstellende Geometrie und Latein, dazu führen, daß der Schüler nur mit Nachhilfeunterricht in der Lage sein könne, nach einiger Zeit dem Unterricht zu folgen. Durch eine bloße Förderung des Lehrers selbst den Schüler zu einem positiven Ergebnis zu führen, sei praktisch nicht immer möglich; die negative Beurteilung könne nicht auf eine behauptete mangelnde Förderung des Schülers im Unterricht zurückgeführt werden. Das durch das Berufungsverfahren bedingte Versäumen des ersten Semesters sei bereits dadurch berücksichtigt worden, daß dem Schüler am Ende des Unterrichtsjahres Nachtragsprüfungen gewährt worden seien; dadurch habe sich der Schüler etwa zwei Monate über das Ende des Unterrichtsjahres hinaus auf Prüfungen vorbereiten und Versäumtes nachholen können. Es sei jedoch ein Minimum an Kenntnissen, wie bei jedem anderen Schüler, der in die 8. Klasse aufsteige, zu verlangen, da sonst das Scheitern bei der Reifeprüfung sicher gewesen wäre. Der Schüler scheine durch vier Nachtragsprüfungen an vier aufeinanderfolgenden Tagen nicht überfordert, es müßten auch bei der Reifeprüfung bedeutend längere Arbeiten über den Stoff von jeweils vier Jahren im allgemeinen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen geschrieben werden, bei der mündlichen Reifeprüfung an einem einzigen Tag Prüfungen über den Stoff von vier Jahren in drei Gegenständen abgelegt werden. Die Aufgabenstellungen in den drei Gegenständen seien keinesfalls besonders schwierig, und der Schüler hätte zu einem genügenden Ergebnis kommen müssen, sofern er jenen Stoff beherrscht hätte, der für den weiteren Aufbau in diesen Gegenständen in der 8. Klasse unbedingt erforderlich sei. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, die beantragten schulmedizinischen und schulpsychologischen Gutachten einzuholen. Eine Voreingenommenheit bzw. Befangenheit der Lehrer gegenüber dem Schüler sei nicht ersichtlich. Die negativen Beurteilungen seien keineswegs auf die behauptete Voreingenommenheit, sondern auf den schwachen Leistungen gegründet. Die Förderung des Schülers gemäß § 17 SchUG habe nicht so weit zu gehen, daß die Lehrer verpflichtet gewesen wären, dem Schüler praktisch Nachhilfeunterricht zu erteilen. Der Beschwerdeführer habe in den drei Pflichtgegenständen solche Unkenntnisse bewiesen, daß er auf keinen Fall in der Lage wäre, den Stoff der 8. Klasse zu bewältigen. Die Aufgaben der Nachtragsprüfungen seien nicht schwierig und keinesfalls weit über dem, was zur Feststellung des notwendigen Mindestwissens erforderlich sei. Wie aus den vorhandenen Unterlagen festgestellt werden könne, seien die Lehrer in der Stellung der Aufgaben sowie in der Beurteilung objektiv gewesen. An den Beschwerdeführer hätten keine anderen Anforderungen gestellt werden können als an die übrigen Schüler der betreffenden Klasse, da sämtliche Schüler Anspruch auf eine entsprechende und angemessene methodisch-didaktische Betreuung durch den Lehrer haben; das Nachlernen versäumter Lehrstoffe sei immer zum größten Teil Sache des betreffenden Schülers und könne sicher mit einigem Fleiß neben dem laufenden Unterricht bewältigt werden; ein zusätzliches Unterrichtsangebot durch den Lehrer außerhalb der Schulzeit könne nicht gefordert werden. Der Beschwerdeführer sei in den drei Pflichtgegenständen seinen Leistungen entsprechend und keinesfalls schlechter beurteilt worden. Im Pflichtgegenstand Latein seien die gegebenen Stellen zum Teil überhaupt nicht übersetzt worden, der Rest weise sehr viele Fehler auf. In den Pflichtgegenständen Mathematik und Darstellende Geometrie sei keines der Beispiele über das Anfangsstadium des Skizzierens und Einschreibens der Aufgabe hinaus durchgeführt worden. Aus diesen Gründen sei die Beurteilung „Nicht genügend“ in den drei Pflichtgegenständen richtig und daher dem Bescheid zugrunde zu legen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die dazu vom Beschwerdeführer abgegebene Äußerung vom 12. September 1978 erwogen:

Das Schulunterrichtsgesetz (SchUG) ist im Beschwerdefall, der verfahrensmäßig mit der „Entscheidung“ der Klassenkonferenz vom 8. September 1977 begonnen hat, in der mit 1. September 1977 in Kraft getretenen Fassung des Bundesgesetzes vom 27. April 1977, BGBl. Nr. 231, anzuwenden. Gegenstand des im Instanzenzug ergangenen Bescheides ist der Abspruch, daß der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 und § 71 Abs. 4 und Abs. 6 SchUG zum Aufsteigen in die 8. Klasse eines Naturwissenschaftlichen Gymnasiums nicht berechtigt ist.

Gemäß § 25 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Das ist der Fall, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält. Weist das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ auf (und enthält, dies ist wohl zu ergänzen, eine Beurteilung in allen Pflichtgegenständen), dann ist der Schüler unter den im Abs. 2 lit. a bis lit. c des § 25 SchUG umschriebenen Voraussetzungen zum Aufsteigen berechtigt.

Die oben angeführte Novelle zum Schulunterrichtsgesetz hat daran nichts geändert, daß die „Entscheidung“ der Klassenkonferenz darüber, ob der Schüler zum Aufsteigen berechtigt ist, nicht nach den Verfahrensvorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 zustandekommt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob für das Zustandekommen dieser „Entscheidung“ überhaupt ausreichende Verfahrensnormen vorgesehen sind. Nach wie vor haben aber die Schulbehörden des Bundes erster und zweiter Instanz (im Sinne des § 71 SchUG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes) über die „Berufung“ gegen die „Entscheidung“ der Klassenkonferenz bzw. auch über die Berufung gegen die Entscheidung der Schulbehörde erster Instanz nach den Verfahrensregeln des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 zu entscheiden (§ 72 Abs. 2 SchUG). Dies ergibt sich aus Art. II Abs. 2 lit. A Z. 7 EGVG 1950 und aus Art. II Abs. 4 dieses Bundesgesetzes.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht die Beschwerde geltend, daß das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 zwar von den Schulbehörden des Bundes anzuwenden sei - den ursprünglich vertretenen gegenteiligen Standpunkt hat die Beschwerde in ihrer Äußerung vom 12. September 1978 widerrufen -, daß aber dennoch die Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 durch die belangte Behörde rechtswidrig gewesen sei. Dies begründet die Beschwerde damit, daß der 1. Abschnitt des IV. Teiles des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 63 bis 67) die Überschrift „Berufung“ trage und § 71 SchUG ebenfalls die Überschrift „Berufung“ aufweise und die Berufung umfassend regle; daraus sei zu schließen, daß die §§ 63 bis 67 AVG 1950 im Verfahren nach dem Schulunterrichtsgesetz nicht anzuwenden seien. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Auffassung, deren Bedeutung in Ansehung des von der Beschwerde ausdrücklich hervorgehobenen § 66 Abs. 4 AVG 1950 dem Gerichtshof schlechthin nicht erkennbar ist, nicht zu folgen.

Aus den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 über die Berufung einerseits und aus dem ebenfalls mit „Berufung“ überschriebenen § 71 SchUG andererseits ergibt sich zweierlei: Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 verweist, so wie an zahlreichen anderen Stellen auch, im Zusammenhang mit dem Instanzenzug, dem Recht zur Einbringung der Berufung und dem Ermittlungsverfahren (hier: § 67 in Verbindung mit § 39) auf die Verwaltungsvorschriften. Verfahrensnormen in Verwaltungsvorschriften sind daher nichts Ungewöhnliches. Zum zweiten enthält der § 71 SchUG, anders als der in Rede stehende Abschnitt des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, gar keine umfassende Regelung des Berufungsverfahrens, was, wäre§ 71 SchUG die allein für das Berufungsverfahren geltende Norm, im Widerspruch zu Art. 18 Abs. 1 B-VG stünde. Schließlich könnte § 71 SchUG - was im Beschwerdefall letzten Endes dahingestellt bleiben kann - überhaupt nur insoweit als eine das Berufungsverfahren in Ergänzung zu den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 regelnde Norm angesehen werden, als er von der Berufung gegen Entscheidungen der Schulbehörden des Bundes erster Instanz handelt, also von Entscheidungen, die bereits im Anwendungsbereich des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 ergangen sind.

Die für die „Entscheidung“ der Klassenkonferenz über die Berechtigung zum Aufsteigen wesentliche Leistungsbeurteilung ist auch Gegenstand der Entscheidung der Schulbehörde erster Instanz, die gemäß § 71 Abs. 4 SchUG, „insoweit sich die Berufung auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit ‚Nicht genügend‘ stützt, diese zu überprüfen hat“. Nichts anderes ist auch die Aufgabe der Schulbehörde zweiter Instanz. Die Umstände, die zu einer Leistung geführt haben, die mit „Nicht genügend“ beurteilt worden ist, sind im Zusammenhang mit einer Entscheidung über das Aufsteigen ohne Einfluß, mögen sie auch im schulischen Bereich liegen, insbesondere auf eine Verletzung des § 17 SchUG durch den Lehrer zurückgehen. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß in solchen Fällen von fingierten erzielbaren Leistungen auszugehen und über das Aufsteigen des Schülers positiv zu entscheiden wäre. Darauf läuft aber das Beschwerdevorbringen hinaus, daß der Beschwerdeführer durch Verschulden der Unterrichtsverwaltung ein Semester versäumt und keine Anleitung durch die Professoren erhalten habe. Die Behörde hat mit Recht Erhebungen zu diesen Behauptungen im Verfahren über die Berechtigung zum Aufsteigen des Schülers unterlassen. Aus diesen Erwägungen ist auch der von der Beschwerde behauptete Verstoß gegen § 19 Abs. 3 SchUG für die Entscheidung über die Berechtigung zum Aufsteigen, deren Voraussetzungen ausschließlich im § 25 SchUG umschrieben sind, rechtlich bedeutungslos.

Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, wurden mit Bescheid des Schulleiters vom 18. Juni 1977 nicht nur die Feststellungsprüfungen aus den im einzelnen angeführten Gegenständen gestundet, sondern zugleich auch die Termine dieser Feststellungsprüfungen als Nachtragsprüfungen mit 5., 6., 7. und 8. September 1977 festgesetzt. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel eingebracht. Er kann daher nicht mit Erfolg die mit diesem Bescheid angeordneten Termine im Zusammenhang mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bekämpfen.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerde geltend, daß in den Berufungen an den Stadtschulrat und an den Bundesminister für Unterricht und Kunst die Befangenheit der Professoren B., W. und S. vorgebracht worden sei. Einerseits behauptet die Beschwerde in diesem Zusammenhang, daß die drei genannten Professoren während des zweiten Semesters des Schuljahres 1976/77 befangen gewesen seien. Andererseits wird ausgeführt, daß die Außerachtlassung der Anleitungs- und Verständigungspflicht durch die drei Professoren ihre Ursache nur in einer Voreingenommenheit gegen den Beschwerdeführer oder dessen Vater gehabt habe. Dadurch, so führt die Beschwerde weiter aus, daß sich der angefochtene Bescheid letztlich auf die Urteile dieser Professoren stütze, leide er an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerde auch auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die drei genannten Professoren wegen der Behandlung des Beschwerdeführers sowie auf den Bescheid des Stadtschulrates, in dem die Möglichkeit der Befangenheit dieser drei Professoren ausdrücklich zugegeben worden sei. Als bezeichnend für die mangelnde Objektivität sieht die Beschwerde die Stellungnahme des Direktorstellvertreters, Oberstudienrat HR, an. Auch in diesem Punkt kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof räumt der Beschwerde ein, daß der gegenseitige Austausch von Anschuldigungen, zu dem sich der Vater des Beschwerdeführers einerseits und die drei Professoren und der Direktorstellvertreter andererseits im vorliegenden Fall veranlaßt gesehen haben, eine unbefangene Tätigkeit als Verwaltungsorgan zweifelhaft erscheinen lassen. Die Beschwerde übersieht aber bei ihren Ausführungen über die Befangenheit der drei Professoren und des Direktorstellvertreters, daß Gegenstand der Beschwerde der Berufungsbescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst ist und daß der Bundesminister die auf „Nicht genügend“ lautenden Beurteilungen - dies ergibt sich aus § 71 Abs. 4 und Abs. 8 zweiter Satz SchUG - zu überprüfen hat. Es geht also nicht um den als „Entscheidung“ bezeichneten Verwaltungsakt der Klassenkonferenz über die Berechtigung zum Aufsteigen, der in einem vom Gesetz nicht näher geregelten Verfahren zustandekommt und an dem die drei genannten Professoren als Organwalter mitgewirkt haben, sondern um die Überprüfung des Bescheides des Stadtschulrates durch den zuständigen Bundesminister. Daß die drei Professoren und der Direktorstellvertreter in Ansehung dieses Bescheides zum Personenkreis des § 7 AVG 1950 gehören, vermag auch die Beschwerde nicht zu behaupten. Sie waren aber im vorangegangenen behördlichen Ermittlungsverfahren auch nicht Amtssachverständige, auf die gemäß § 53 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 die Bestimmungen des § 7 dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind. Die von der Beschwerde unter dem Gesichtswinkel der Befangenheit gegen die drei genannten Professoren und gegen den Direktorstellvertreter geltend gemachten Umstände sind daher im Anwendungsbereich des § 7 einschließlich des § 53 Abs. 1 AVG 1950 ohne rechtliche Bedeutung.

Von Bedeutung sind diese Umstände - nämlich die behauptete Voreingenommenheit der drei Professoren gegen den Beschwerdeführer - im Zusammenhang mit der dem Bundesminister obliegenden Überprüfung der auf Urteile dieser drei Professoren zurückgehenden Beurteilungen. Mit diesen bzw. mit den zu beurteilenden Leistungen des Schülers hat sich die belangte Behörde, wie die oben wiedergegebene Bescheidbegründung zeigt, ausführlich auseinandergesetzt. Daß die in der Bescheidbegründung enthaltene Auseinandersetzung auf Grund der vorliegenden Unterlagen in den Pflichtgegenständen Mathematik, Darstellende Geometrie und Latein, ihrem Inhalt nach unsachlich oder unschlüssig wäre oder von einer am Ausgang des Verfahrens interessierten Person herrührte, wird von der Beschwerde nicht behauptet.

Zu den Ausführungen in der Bescheidbegründung über die im September 1977 vom Beschwerdeführer abgelegten Nachtragsprüfungen erklärt die Beschwerde, nicht Stellung nehmen zu können, weil der Vater des Beschwerdeführers diese Prüfungsarbeiten bisher nicht zu Gesicht bekommen habe; im „Parteiengehör“, das der Stadtschulrat am 3. Oktober 1977 gewährt habe, sei bloß die Stellungnahme der Landesschulinspektoren zu den Prüfungsarbeiten vorgelesen und nur in die Stellungnahmen der Professoren W., S. und B. Einsicht gegeben worden. Diese Rüge der Verletzung des Parteiengehörs ist schon deshalb nicht zielführend, weil in der Stellungnahme vom 9. Oktober 1977 zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens einleitend bemerkt wurde, daß „am 3. 10. 1977 Einsicht in die Akten des Berufungsverfahrens gegeben wurde“; irgendeine Einschränkung der dem Vater des Beschwerdeführers gewährten Akteneinsicht wurde nicht behauptet.

Die Beschwerde rügt ferner, daß in dem vor der belangten Behörde durchgeführten Verfahren überhaupt kein Parteiengehör gewährt worden sei. Durch diesen Verfahrensmangel sei der Vater des Beschwerdeführers an der zweckmäßigen Verteidigung der Rechte des Beschwerdeführers wesentlich behindert worden, insbesondere an der Einholung von Privatgutachten zur Klärung des wahren Schwierigkeitsgrades der schriftlichen Nachtragsprüfungen. Mit dieser Rüge ist die Beschwerde im Recht.

Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß die belangte Behörde „genaue pädagogische Stellungnahmen“ zu einer Reihe von Fragen eingeholt hat. Unter anderem ging es um die Frage, ob und warum die Beurteilung in den Pflichtgegenständen Mathematik, Darstellende Geometrie und Latein unter Einbeziehung der ständigen Beobachtung der Mitarbeit mit „Nicht genügend“ richtig war, weiters, ob und warum der Beschwerdeführer das Mindestwissen aufweist oder nicht und ob und warum die Aufgaben bei den Feststellungsprüfungen und den Nachtragsprüfungen schwierig waren und wie weit über dem, was zur Feststellung dieses Mindestwissens notwendig ist, lagen oder nicht, schließlich die Frage, ob und warum der Beschwerdeführer schlechter beurteilt wurde, als es seinen Leistungen entsprochen hat oder nicht. Die von der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst abgegebenen Stellungnahmen wurden im wesentlichen in der Bescheidbegründung wiedergegeben. Die belangte Behörde hat die eingeholten Stellungnahmen unter anderem im Zusammenhang mit der ihr obliegenden Überprüfung der Beurteilung in den drei Gegenständen verwertet. Sie ist dabei hinsichtlich des Pflichtgegenstandes Mathematik zu dem Ergebnis gelangt, daß die schriftlichen Leistungen im zweiten Semester eindeutig mit „Nicht genügend“ zu beurteilen seien. In Ansehung des Pflichtgegenstandes Darstellende Geometrie ist die belangte Behörde auf Grund der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, daß in diesem Gegenstand kein einziges der bei Schularbeiten und Nachtragsprüfungen und bei der mündlichen Prüfung gestellten Beispiele richtig gelöst wurde, weshalb auch hier die Beurteilung mit „Nicht genügend“ zu Recht erfolgt sei. Dasselbe gilt im wesentlichen hinsichtlich des Pflichtgegenstandes Latein. In allen diesen Fällen stützte die belangte Behörde ihre Überprüfung der Beurteilung auf die im einzelnen begründeten Stellungnahmen im Ermittlungsverfahren. Der Beschwerdeführer hat, wie die belangte Behörde selbst einräumt, zu den im Ermittlungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen nicht Parteiengehör erhalten. Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, weil bei der gegebenen Sachlage nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Auf das in der Gegenschrift angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1966, Zl. 406/66, das im übrigen vereinzelt geblieben ist, vermag sich die belangte Behörde deshalb nicht mit Erfolg zu berufen, weil im vorliegenden Beschwerdefall zum Unterschied von dem damaligen Beschwerdefall im Berufungsverfahren, das mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossen wurde, Ermittlungen gepflogen worden sind.

Aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am 11. Februar 1980

Schlagworte

Zeugnis, Nachzipf, Nachtragsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1978001272.X00

Im RIS seit

28.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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