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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 10. November 2021, Zl. LVwG-AV-1221/001-2021, betreffend Leistungen nach dem NÖ Sozialhilfe-Ausführungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt St. Pölten; mitbeteiligte Partei: I K in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 2. Juli 2021 wurden die der mitbeteiligten Partei mit Vorbescheid vom 10. Mai 2021 für den Zeitraum von 1. Mai 2021 bis 30. April 2022 gewährten Geldleistungen zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und die Sachleistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs dahingehend abgeändert, dass diese für den Zeitraum von 27. Juni 2021 bis 30. Juni 2021 (in der Höhe der aliquoten ursprünglichen monatlichen Leistung) neu bemessen und für den Zeitraum von 1. Juni 2021 bis 26. Juni 2021 eingestellt wurden. Im Übrigen blieb der Bescheid vom 10. Mai 2021 unberührt. Mit Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die in Spruchpunkt I. vorgenommene Einstellung ausgeschlossen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. November 2021 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG: gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche Gründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 2.6.2021, Ra 2021/02/0114; 8.8.2018, Ra 2017/10/0098, jeweils mwN).
7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit lediglich vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob bei einem ununterbrochenen Auslandsaufenthalt von länger als 14 Tagen Sozialhilfeleistungen ruhend gestellt oder eingestellt werden müssen.
8 Mit diesem Vorbringen wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im dargestellten Sinn grundsätzliche Bedeutung zukäme:
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision nämlich voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Ein pauschales oder nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. VwGH 2.6.2021, Ra 2021/02/0114; 31.5.2021, Ro 2020/10/0010; 12.10.2020, Ra 2020/10/0131; 20.5.2020, Ra 2020/09/0018).
10 Zur abstrakten Frage, ob bei einem ununterbrochenen Auslandsaufenthalt von länger als 14 Tagen Sozialhilfeleistungen ruhend gestellt oder eingestellt werden müssten, erweist sich die vorliegende Revision bereits deshalb als unzulässig, weil das Zulässigkeitsvorbringen lediglich eine allgemein gehaltene Rechtsfrage formuliert, ohne einen Bezug zum konkreten Sachverhalt herzustellen. Dieses Zulässigkeitsvorbringen zeigt nicht auf, auf welche Weise die Entscheidung in der vorliegenden Revisionssache von der Auslegung der - in der Zulässigkeitsbegründung nicht näher angeführten - gesetzlichen Bestimmungen über das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der Sozialhilfe oder der Einstellung von Leistungen abhängen soll.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Jänner 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021100185.L00Im RIS seit
28.02.2022Zuletzt aktualisiert am
14.03.2022