TE Vwgh Beschluss 2022/1/31 Ra 2021/14/0345

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Veröffentlicht am 31.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des M H, vertreten durch Mag. Hela Ayni-Rahmanzai in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/Top 15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 2021, W238 2131517-2/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 29. Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Mit Bescheid vom 4. Juli 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab und erkannte dem damals noch minderjährigen Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Unter einem wurde dem Revisionswerber eine befristete - und mehrfach, zuletzt bis 4. Juli 2021 verlängerte - Aufenthaltsberechtigung erteilt.

3        Mit Bescheid vom 29. April 2021 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen, ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde. Weiters sprach die Behörde aus, dass festgestellt werde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) nicht zulässig sei.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe, dass gemäß § 55 Abs. 1 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt werde, als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung - soweit für die vorliegende Revisionssache wesentlich - damit, dass der Revisionswerber unter anderem wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StBG rechtskräftig verurteilt worden sei und diese Straftaten - mit näherer Begründung - als besonders verwerflich anzusehen und zudem geeignet seien, den Rechtsfrieden erheblich zu stören und damit einen Ausschluss von der Gewährung von subsidiärem Schutz gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 rechtfertige.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 13.12.2021, Ra 2021/14/0370 bis 0372, mwN).

9        Soweit sich die vorliegende Zulassungsbegründung pauschal gegen die Nichtgewährung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung plus“, gegen die rechtsrichtige Gewichtung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung und den persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib in Österreich, gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots und die Anwendung des § 55 FPG richtet, entspricht sie den oben angeführten Anforderungen nicht, weil sie zum Einen ohne geeignetes Vorbringen und daher unsubstantiiert geblieben ist und zum Anderen keinen Bezug zu geltendem Recht oder aktueller Judikatur herstellt, und schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt, von deren Lösung die Revision abhinge (vgl. VwGH 13.10.2021, Ra 2021/14/0320, mwN).

10       Wenn sich die Revision zur Begründung der Zulässigkeit im Zusammenhang mit der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten weiters darauf beruft, dass vom Revisionswerber keine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich ausgehe und das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich auch keine Gründe ermittelt oder dargelegt habe, übersieht sie, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht auf § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich“), sondern auf § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG („rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens“) gestützt hat. Die Revision, die lediglich Ausführungen - unter Bezugnahme auf Judikatur - zu § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 und zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 tätigt, enthält zu dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Aberkennungstatbestand hingegen nichts.

11       Klarstellend ist anzumerken, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 auf die Prognose, ob weiterhin eine vom Fremden ausgehende Gefahr vorliegt, nicht ankommt (vgl. VwGH 22.10.2020, Ro 2020/20/0001, Rz 38; 20.10.2021, Ra 2021/20/0252). Folglich hat das Bundesverwaltungsgericht auch zutreffend keine Gefährdungsprognose getroffen.

12       Der Revisionswerber zeigt somit mit seinem Vorbringen nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf jene Aussprüche, mit denen ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140345.L00

Im RIS seit

28.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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