TE Vwgh Beschluss 2022/1/31 Ra 2021/14/0280

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Veröffentlicht am 31.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/14/0281

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in den Revisionssachen 1. der K S, und 2. der A S, beide in S, beide vertreten durch Dr. Michael Hofbauer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2021, 1. W129 2236827-1/15E und 2. W129 2236826-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberinnen sind Schwestern und Staatsangehörige der Russischen Föderation. Sie stellten am 22. März 2004 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 1997. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 11. Mai 2005 wurde ihnen jeweils durch Erstreckung in Bezug auf ihren Vater Asyl gewährt.

2        Mit Bescheiden des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7. Oktober 2020 wurde der den Revisionswerberinnen zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 aberkannt, ihnen kein Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, Rückkehrentscheidungen erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation festgestellt, die Frist für die freiwillige Ausreise jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt und jeweils ein Einreiseverbot (§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG) in der Dauer von fünf Jahren erlassen.

3        Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den in Revision gezogenen Erkenntnissen vom 2. August 2021 mit der Maßgabe ab, dass es die Befristung des Einreiseverbotes jeweils auf zwei Jahre reduzierte. Es sprach weiters jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4        Die nun vorliegenden Revisionen wenden sich gegen diese Erkenntnisse im vollen Umfang.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (vgl. VwGH 17.5.2021, Ra 2021/14/0116).

9        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 11.11.2020, Ra 2020/14/0117, mwN).

10       Wenn die Revisionen in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten Bezug nehmen, ist zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, die gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG als Prozessvoraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben sind, gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist. Insbesondere ist eine solche Behauptung nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision darzutun (vgl. VwGH 19.7.2021, Ra 2021/18/0114, mwN).

11       Weiters bringen die Revisionen zu ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht habe „durch Unterlassen der amtswegigen Einholung von personenbezogenen Gutachten über die Abklärung der Frage der zuvor bestehenden Verfolgungsgefahr den Grundsatz des Fair Trial und den Grundsatz der Amtswegigkeit zur Durchführung eines vollständigen Beweisverfahrens“ verletzt. Dieses Vorbringen vermag bereits mangels näherer Konkretisierung keine Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen (vgl. zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision - abgesehen von der geforderten Relevanzdarstellung - eine Präzisierung der Verfahrensmängel zu erfolgen hat und eine nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln nicht ausreicht, VwGH 23.11.2021, Ra 2021/20/0338, mwN).

12       Wie erwähnt muss, wenn Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung deren Relevanz, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 29.6.2021, Ra 2021/14/0164, mwN). Ein Vorbringen zur Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel im Sinne dieser Rechtsprechung enthalten die Revisionen im Zulässigkeitsvorbringen nicht einmal ansatzweise.

13       In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

14       Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140280.L00

Im RIS seit

28.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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