TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/6 96/18/0264

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Veröffentlicht am 06.09.1996
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Index

E1E;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

11992E048 EGV Art48;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. April 1996, Zl. SD 301/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. April 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, der bereits am 14. März 1989 "wegen Verdacht des Betruges" in Wien festgenommen worden sei, habe lediglich vom 1. Juli 1992 bis zum 10. Oktober 1992 über einen Sichtvermerk verfügt. Da er nach Ablauf dieses Sichtvermerkes weiterhin im Bundesgebiet verblieben sei, sei er zweimal, nämlich mit Strafverfügung vom 27. April 1993, sowie vom 1. Juli 1993 wegen illegalen Aufenthalts von der Erstbehörde rechtskräftig bestraft worden.

Zuletzt sei der Beschwerdeführer am 20. August 1995 in das Bundesgebiet eingereist. Er sei zwar im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung für Deutschland gewesen, doch berechtige ihn diese lediglich zur Durchreise durch Österreich. Wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes sei der Beschwerdeführer am 14. November 1995 neuerlich rechtskräftig bestraft worden. Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall des Fremdengesetzes 1992 erfüllt sei.

Bei der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers komme hinzu, daß er nicht nur mehrmals gegen wesentliche fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen habe, sondern darüber hinaus am 2. August 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Einbruchsdiebstahls zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Das dieser Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers sowie sein unrechtmäßiger Aufenthalt beeinträchtigten die öffentliche Ordnung und Sicherheit im hohen Maße, sodaß jedenfalls (auch) die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.

Diesbezüglich sei zunächst festzuhalten, daß sich der Beschwerdeführer - wie oben dargelegt - zum Großteil unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und hier bislang keiner legalen Beschäftigung nachgegangen sei. Von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben könne daher keine Rede sein. Ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers liege insofern vor, als seine Ehegattin und seine beiden Kinder ebenfalls im Bundesgebiet lebten.

Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 leg. cit. zu bejahen. Wer, wie der Beschwerdeführer, nicht nur die Bestimmungen des Fremdenrechtes mehrfach mißachte, sondern auch nicht davor zurückschrecke, in fremdes Eigentum einzugreifen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sowie zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig erscheinen ließen.

Im Lichte dieser Beurteilung müsse auch die gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, zumal sich dieser nicht mit Erfolg auf einen hohen Grad seiner Integration berufen könne. Was die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation seiner Familie betreffe, sei zu bedenken, daß sich der Beschwerdeführer erst wieder seit August 1995 im Bundesgebiet befinde und bereits zum Zeitpunkt seiner Einreise rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt im Inland habe rechnen dürfen. Einer allfälligen Sorgepflicht gegenüber seinen Kindern könne der Beschwerdeführer - wie offenbar auch in der Vergangenheit - aus dem Ausland nachkommen. Die belangte Behörde sei jedenfalls zur Auffassung gelangt, daß die öffentlichen Interessen, die an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestünden, weitaus höher zu gewichten seien, als die gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Somit erweise sich das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 20 Abs. 1 leg. cit. als zulässig.

Was die Gültigkeitsdauer dieser Maßnahme betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Ablauf der festgesetzten Zeit angenommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:.

1. Gegen die - auf einer unbestritten gebliebenen Sachverhaltsannahme beruhende - rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß im vorliegenden Fall der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, verwirklicht und auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, bringt die Beschwerde nichts vor. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2. Ungeachtet dessen hält die Beschwerde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes aus drei Gründen für rechtswidrig. Keiner der ins Treffen geführten Einwände zeigt allerdings eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof kann - entgegen der Beschwerdemeinung - nicht finden, daß das Aufenthaltsverbot "aufgrund der intensiven Bindung (des Beschwerdeführers) zu den Familienangehörigen, die im Inland leben, nicht (hätte) verhängt werden dürfen".

In Anbetracht der gewichtigen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen lassen die zwei rechtskräftigen Bestrafungen wegen illegalen Aufenthalts im Jahre 1993, weiters der Umstand, daß der Beschwerdeführer ungeachtet dieser Bestrafungen nach einer neuerlichen Einreise nach Österreich im Jahre 1995 ein drittes Mal aus diesem Grunde rechtskräftig bestraft wurde, sowie seine Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Einbruchsdiebstahls zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung, konkret: zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, sowie zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und damit im Grunde des § 19 FrG zulässig erscheinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0163).

Im Rahmen der Beurteilung nach § 20 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde zu Recht darauf hingewiesen, daß sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg auf einen hohen Grad an Integration berufen könne. Diese Beurteilung ist im Hinblick darauf, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit seiner letzten Einreise im August 1995 - was die Beschwerde unbestritten läßt - zur Gänze unrechtmäßig und auch von nur kurzer Dauer war, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat auch bei ihrer Beurteilung betreffend den Schutz des Privat- und Familienlebens berücksichtigt, daß sich die Ehegattin und die beiden Kinder des Beschwerdeführers in Österreich aufhalten. Zur behaupteten "intensive(n)" Bindung des Beschwerdeführers an seine Familienangehörigen hat sie auch zutreffend festgehalten, daß sich der Beschwerdeführer erst wieder seit August 1995 in Österreich befinde. Dem Beschwerdevorbringen, daß das Aufenthaltsverbot dem Beschwerdeführer "faktisch jede Möglichkeit (versagt), seine familiären Kontakte zu pflegen", ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer auch durch seine Familie im Ausland besucht werden kann.

Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG zu Ungunsten des Beschwerdeführers vorgenommen hat, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erkannt werden: Die nachhaltige Beeinträchtigung der einen sehr hohen Stellenwert aufweisenden öffentlichen Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens durch den Beschwerdeführer - wobei sein sonstiges Fehlverhalten keineswegs vernachlässigt werden darf - führt zu dem Ergebnis, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie jedenfalls nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 96/18/0163).

2.2. Die Verfahrensrüge, derzufolge die belangte Behörde den "betroffenen Familienangehörigen" des Beschwerdeführers im Verfahren zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes "keine Gelegenheit zur Stellungnahme" gegeben habe, ist schon deshalb nicht zielführend, weil den genannten Personen in dem den Beschwerdeführer betreffenden Aufenthaltsverbotsverfahren keine Parteistellung zukommt und diese infolgedessen keinen Anspruch auf Parteiengehör hatten.

2.3. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er besitze "eine Aufenthaltsbewilligung für Deutschland, und ist somit berechtigt, als Drittstaatsangehöriger sich im Gebiet der Europäischen Union aufzuhalten", ist nicht zielführend, da keine Rechtsvorschrift dem Beschwerdeführer ein solches Recht einräumt.

3. Da nach den vorstehenden Ausführungen bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180264.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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