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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der L in G, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 18. Oktober 2021, LVwG 30.28-2278/2021-6, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde der Revisionswerberin gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark, mit dem sie einer Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO für schuldig erkannt und gemäß § 99 Abs. 2e StVO mit einer Geldstrafe von € 630,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage und 10 Stunden) bestraft wurde, als unbegründet ab und erklärte die Revision dagegen für nicht zulässig.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 14.9.2020, Ra 2020/02/0181, mwN).
6 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. VwGH 22.11.2016, Ra 2015/02/0149, mwN).
7 In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, zu behaupten, sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht hätten verkannt, dass die Revisionswerberin nicht den Tatbestand des § 52 lit. a Z 10a StVO habe erfüllen können, weil weder die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt hätten. Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, welche zusätzlichen Feststellungen der genannte Tatbestand erfordert hätte.
8 Soweit die weiteren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision die Feststellung der Geschwindigkeit von 133 km/h anzweifeln, bekämpft sie damit die Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis.
9 Fragen der Beweiswürdigung kommen regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zu. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 30.9.2021, Ra 2021/02/0195, mwN).
10 Entgegen den Revisionsausführungen hält die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung den dargestellten Prüfkriterien der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes stand, weil die Aussage des Zeugen mit der getroffenen Feststellung vereinbar ist und sonstige Zweifel nicht konkretisiert wurden.
11 Die Revisionswerberin rügt in der Folge unterbliebene Ermittlungen, ob die Messung durch ein typisiertes und geeichtes Radargerät erfolgt sei, ob ein Datenverlust ausgeschlossen werden könne und über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
12 Dem steht entgegen, dass die belangte Behörde im Verwaltungsstrafverfahren den Eichschein beischaffte (AS 23), dieser der Revisionswerberin mit der Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelt wurde (AS 25), die Revisionswerberin ihn zur Kenntnis nahm (AS 30), sich die belangte Behörde im bekämpften Straferkenntnis (S 2 und 3) auf diesen Eichschein stützte, der Zeuge in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht über Fehlerquellen bei der Datenübertragung aussagte (PS 3), sich die belangte Behörde bereits in der ersten Aufforderung zur Rechtfertigung nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Revisionswerberin erkundigte (AS 10), die Revisionswerberin in einer späteren Stellungnahme darüber Auskunft erteilte (AS 32) und im bekämpften Straferkenntnis (S 5) die von der Revisionswerberin bekannt gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Strafbemessung herangezogen wurden. Die Zulässigkeitsbegründung der Revision zeigt indes nicht auf, welche konkreten zusätzlichen Ermittlungen erforderlich gewesen wären. Für die Einholung eines in diesem Zusammenhang angesprochenen Sachverständigengutachtens werden weder substantiierte Zweifel an der Eichung noch ein dahingehender Beweisantrag behauptet.
13 Soweit im Abschnitt „1. Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision“ der Großteil der gegen das bekämpfte Straferkenntnis erhobenen Beschwerde wiedergegeben wird, sind diese Ausführungen für die Begründung der Zulässigkeit der Revision ungeeignet, weil der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit erkennt und nicht über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis. Damit erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Gründe.
14 Bei den vorgebrachten Widersprüchen des angefochtenen Erkenntnisses zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Vorsatz und Strafbemessung entfernt sich die Revisionswerberin ohne nähere Begründung vom festgestellten Sachverhalt, sodass schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegen kann (vgl. VwGH 6.7.2018, Ra 2017/02/0106, mwN).
15 Schließlich wird als grundsätzliche Rechtsfrage unter Hinweis auf VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0027, das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit behauptet.
16 Das zitierte Erkenntnis betrifft u.a. die Strafbemessung nach § 77 Wiener Dienstordnung 1994. Zur Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters im Rahmen des hier relevanten § 19 VStG gibt es Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 28.5.2013, 2012/17/0567, mwN). Ein Abweichen von dieser Judikatur wird nicht behauptet.
17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020010.L00Im RIS seit
28.02.2022Zuletzt aktualisiert am
18.03.2022