TE OGH 1984/3/13 4Ob22/83

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Veröffentlicht am 13.03.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Dipl.-Ing. Otto Beer und Johann Herzog als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei H*, wegen 43.340,16 S sA (Revisionsstreitwert 33.340,16 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 3. Dezember 1982, GZ 12 Cg 28/82-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichts Linz vom 10. Mai 1982, GZ 2 Cr 8/82-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit dem 7. Juli 1981 beim Beklagten als Autobusfahrer beschäftigt. Er verlangt vom Beklagten die Zahlung von 43.340,16 S sA an restlichem Lohn, Überstundenentgelt, Entgeltfortzahlung für die Dauer des Krankenstandes, Sonderzahlungen, Zulagen, Spesen sowie Entgelt für die Lieferung von Sekt.

Der Beklagte hat dieses Begehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Er habe den Kläger am 4. Dezember 1981 wegen Arbeitsverweigerung fristlos entlassen. Die noch offenen Forderungen des Klägers im Gesamtbetrag von 56.630,46 S seien zum Teil durch Barzahlung, zum Teil durch Verrechnung mit Gegenansprüchen des Beklagten vollständig befriedigt worden. Sie wären im Übrigen nach dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag bereits verfallen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. Mai 1982 brachte der Beklagte ergänzend vor, dass die Parteien nach der letzten Verhandlungstagsatzung am 1. April 1982 einen Vergleich geschlossen hätten, wonach der Beklagte zur Abgeltung aller mit der Klage geltend gemachten Ansprüche dem Kläger für zwei Wochenendfahrten einen Autobus zur Verfügung stelle. Tatsächlich habe der Beklagte in Erfüllung dieses Vergleichs dem Kläger für die Zeit vom 9. bis 13. April 1982 einen Autobus zur Verfügung gestellt; für eine zweite Fahrt habe der Kläger den Autobus nicht mehr in Anspruch genommen.

Der Kläger hat das Zustandekommen eines solchen Vergleichs bestritten und im Übrigen darauf verwiesen, dass er die zweite Fahrt „noch nicht konsumiert“ habe. Die Überlassung des Autobusses sei, wenn überhaupt, dann nur zahlungshalber vereinbart worden.

Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte (ua) folgenden Sachverhalt fest:

Nach der Verhandlungstagsatzung vom 1. April 1982 kam es vor dem Verhandlungssaal des Erstgerichts zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem (damaligen) Beklagtenvertreter, wobei der Kläger den Vorschlag machte, dass die eingeklagten Forderungen mit der Zurverfügungstellung eines Autobusses für zwei Fahrten nach Jugoslawien bereinigt wären. Kurz darauf kam der Kläger zum Beklagten und wiederholte diesen Vorschlag; der Beklagte erklärte sich damit ausdrücklich einverstanden. Er stellte dem Kläger für die Zeit vom 9. bis 13. April 1982 tatsächlich einen Autobus zur Verfügung. Dieses Fahrzeug war bei seiner Rückstellung am 13. April 1982 an einem Reifen und am Kotflügel beschädigt. Die zweite Fahrt wollte der Kläger am 17. und 18. April 1982 durchführen; er hat sich aber nach dem 13. April 1982 beim Beklagten nicht mehr gemeldet.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass durch den außergerichtlichen Vergleich der Parteien alle streitverfangenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers bereinigt worden seien. Die Erfüllung des Vergleichs sei nicht bloß zahlungshalber geschehen; die zweite, für den 17./18. April 1982 vereinbarte Fahrt hätte vielmehr das Schuldverhältnis zwischen den Parteien endgültig zum Erlöschen bringen sollen. Dass der Kläger diese Fahrt nicht mehr angetreten habe, sei ohne rechtliche Bedeutung. Der Kläger könne gegebenenfalls die restliche Erfüllung des Vergleichs verlangen, nicht aber auf das ursprüngliche Rechtsverhältnis zurückgreifen.

In seiner Berufung gegen dieses Urteil hat der Kläger das Zahlungsbegehren auf 33.340,16 S brutto sA eingeschränkt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG, von neuem durch und kam dabei zu den gleichen Tatsachenfeststellungen wie das Prozessgericht erster Instanz. Davon ausgehend, hielt es auch die Rechtsrüge des Klägers für nicht begründet: Durch den außergerichtlichen Vergleich der Parteien sei der Hauptgegenstand der Ansprüche des Klägers insofern geändert worden, als an die Stelle der ursprünglichen Entgeltforderungen nunmehr ein Anspruch auf Überlassung einer Sache zum Gebrauch getreten sei. Da dem Vergleich sohin novierende Wirkung zukomme, habe die ursprüngliche Hauptverbindlichkeit des Beklagten im Sinne des § 1377 ABGB, zu bestehen aufgehört. Der neuerlichen Geltendmachung dieser Ansprüche durch den Kläger stehe die materiell-rechtliche Einwendung der verglichenen Streitsache entgegen; das Klagebegehren sei daher mit Recht abgewiesen worden.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird seinem ganzen Inhalt nach vom Kläger mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass seinem Zahlungsbegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Der Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit der Kläger zunächst das Zustandekommen eines rechtswirksamen Vergleichs zwischen den Parteien bestreitet, bekämpft er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen: Nach den Feststellungen der Untergerichte hatte der Kläger im Anschluss an die Verhandlungstagsatzung vom 1. April 1982 dem Beklagtenvertreter vorgeschlagen, „daß seine klagegegenständlichen Forderungen mit der Zurverfügungstellung eines Autobusses für zwei Jugoslawienfahrten bereinigt wären“; als er diesen Vorschlag kurz danach auch gegenüber dem Beklagten selbst wiederholte, erklärte sich dieser „ausdrücklich (damit) einverstanden“. Von bloß „unpräjudiziellen Vergleichsgesprächen“, welche wegen Fehlens des „endgültigen Abschlußwillens“ zu keiner „eindeutigen Willensübereinstimmung“ geführt hätten, kann bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden; die Parteien haben vielmehr zur Bereinigung des streitigen Rechtsverhältnisses unter gegenseitigem Nachgeben an die Stelle der zunächst eingeklagten Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einen Anspruch des Klägers auf zweimalige Überlassung eines Autobusses gesetzt und damit einen (außergerichtlichen) Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB geschlossen.

Damit kann aber auch der Rechtsansicht des Klägers, dass er mangels vollständiger Erfüllung dieser „unpräjudiziellen“, lediglich „zahlungshalber“ getroffenen Abmachung durch den Beklagten auf seine ursprünglichen Entgeltansprüche zurückgreifen könne, nicht gefolgt werden: Zwar ist der Vergleich entgegen dem Wortlaut des § 1380 Satz 1 ABGB nicht unter allen Umständen ein Neuerungsvertrag im Sinne des § 1376 ABGB; novierende Wirkung kommt ihm aber jedenfalls dann zu, wenn nach dem Willen der Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis im Wege der Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstands durch ein neues ersetzt wird (SZ 44/179 = EvBl 1972/186 = JB1 1972, 370; Arb 9196; EvBl 1955/23; ÖB1 1969, 62; RZ 1978, 93; 5 Ob 193/75; 7 Ob 655/82 ua; ebenso Ehrenzweig2 I/1, 357; anderer Meinung Wolff in Klang2 VI 277). Letzteres trifft hier zu: Mit dem von ihnen abgeschlossenen Vergleich haben die Parteien den ursprünglichen Hauptgegenstand der strittigen Forderung des Klägers – nämlich seine Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – durch einen völlig anderen, artlich verschiedenen Anspruchsgegenstand – nämlich das Recht auf zweimalige Überlassung eines Autobusses zur Durchführung von Wochenendfahrten – ersetzt und damit eine neue Vereinbarung getroffen, mit welcher die alte, zunächst eingeklagte Verbindlichkeit ihrem Inhalt nach nicht mehr „wohl bestehen“ kann (§ 1379 Satz 3 ABGB). Damit hat aber diese frühere Hauptverbindlichkeit des Beklagten gemäß § 1377 Satz 2 ABGB zu bestehen aufgehört, und es ist dem Kläger verwehrt, wegen der (angeblich) nicht vollständigen Erfüllung des Vergleichs durch den Beklagten nunmehr auf seine ursprünglichen Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zurückzugreifen.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 40, 50 ZPO; der Beklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Textnummer

E133914

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0040OB00022.83.0313.000

Im RIS seit

28.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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