Entscheidungsdatum
02.02.2022Index
L82007 Bauordnung TirolNorm
BauO Tir 2018 §16 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Mair über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, und des BB, Adresse 2, **** Y, beide vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 3, **** X, gegen
1. den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 13.10.2021, Zl ***, betreffend die Versagung einer Grundstücksänderung nach der Tiroler Bauordnung 2018 sowie
2. den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 08.11.2021, Zl ***, betreffend die Vorschreibung von Barauslagen nach § 76 AVG
zu Recht:
1. Die Beschwerde zu Spruchpunkt 1 wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerde zu Spruchpunkt 2 wird Folge gegeben und Spruchpunkt 2 aufgehoben.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:
Zu Spruchpunkt 1 (ha LVwG-2021/39/3188):
Mit Bescheid vom 13.10.2021, Zl ***, entschied der Bürgermeister der Gemeinde Y über das Ansuchen des AA und des BB (im Folgenden: Beschwerdeführer), beide rechtsfreundlich vertreten, vom 26.07.2021 um die Erteilung der Grundstücksänderungsbewilligung für die Gste **1, **2 und **3, sämtliche KG Y, in der Weise, als er die Bewilligung gemäß Vermessungsurkunde des Ingenieurkonsulenten DD vom 04.09.2020, GZ ***, nach § 16 Abs 2 lit a, b und c TBO 2018 versagte. In der Begründung des Bescheides ist die raumordnerische Stellungnahme des beigezogenen Architekturbüros EE GmbH, FF, vom 01.10.2021, GZ ***, wiedergegeben. Die Behörde begründete die Versagung des Grundstücksänderungsantrages mit dieser raumordnerischen Stellungnahme.
Diese raumordnerische Stellungnahme vom 01.10.2021 beurteilte den Antrag um Grundstücksänderungen unter Zugrundelegung des § 16 Abs 2 lit a bis c TBO 2018 und traf zusammenfassend die Feststellung, dass die geplante Grundstücksänderung dem Örtlichen Raumordnungskonzept der Gemeinde sowie den Maßgaben des TROG 2016 und § 16 Abs. 2 der TBO 2018 widerspräche. Aus raumordnungsfachlicher Sicht sei die vorliegende Grundstücksteilung nicht zulässig.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wird vorgehalten, dass die Versagung der beantragten Grundstücksänderung wesentlich darauf gestützt werde, dass diese eine geordnete Gesamtentwicklung des gegenständlichen Bereiches und in weiterer Folge der Gemeinde verhindere und etwa auch eine unbebaubare Restfläche verbleibe. Die Behörde übersehe, dass das im örtlichen Raumordnungskonzept ausgewiesene Gebiet mit dem Stempel *** von den beantragten Grundstücksänderungen lediglich im Randbereich berührt werde. Die beantragten Grundstücksänderungen stünden einer sinnvollen Umlegung keinesfalls entgegen, was sich bereits durch den Planauszug im Bescheid erkennen lasse. Eine geordnete Gesamtentwicklung der vom Umlegungsstempel *** erfassten Grundstücksflächen wäre daher nach wie vor möglich. Die mit den beantragten Grundstücksänderungen beabsichtigte Änderung der Eigentumsverhältnisse stehe einer geordneten Gesamtentwicklung der mit dem Umlegungsstempel *** versehenen Grundstücksflächen ebenso nicht entgegen. Die Versagung der Grundstücksänderung wäre unsachlich, die Beschwerdeführer seit mehr als 20 Jahren durch die Raumplanung der Gemeinde an einer Nutzung der Grundstücke eingeschränkt. Trotz mehrfach bekundeter Bereitschaft der Beschwerdeführer sei kein Umlegungsverfahren eingeleitet worden. Die Beurteilung der Lage des geplanten Servitutsweges als nicht zweckmäßig wäre kein nachvollziehbares Argument, handle es sich hiebei zunächst um eine privatrechtliche Vereinbarung zur Absicherung der weiteren Bewirtschaftung des Gst **2. Es gehe also nicht darum, dass mit diesem Servitutsweg eine rechtlich und technisch ausreichende Erschließung erfolgen solle. Die vorgehaltene Unmöglichkeit einer der Umgebungsstrukturen des Ortsbildes entsprechenden Bebauung werde nicht begründet. Es fehle an einer ausreichenden Befundgrundlage dafür, weshalb die beantragten Grundstücksänderungen den gesetzlichen Vorgaben entgegenstehen sollten. Die bloße Argumentation, es wäre im Sinne einer bodensparenden und zweckmäßigen Bebauung von besonderer Wichtigkeit, den gesamten Bereich *** einzuteilen, sodass diese zentrumsnahen Flächen zweckmäßig und bodensparend genutzt werden könnten, schaffe noch keine ausreichende Befundgrundlage für eine solche Begründung. Es wäre kein Befund dazu erhoben worden, warum durch die beantragten Grundstücksänderungen eine geordnete Gesamtentwicklung der vom Stempel *** erfassten Flächen nicht möglich sein solle. Die Behörde habe sich vielmehr auf den Gesetzeswortlaut zurückgezogen. Bei ordnungsgemäßem Vorgehen wäre die Grundstücksänderung zu bewilligen gewesen.
Zu Spruchpunkt 2 (ha LVwG-2021/39/3189):
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 08.11.2021, Zahl ***, wurden den rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführern im Verfahren entstandene Barauslagen für den beigezogenen nichtamtlichen ortsplanerischen Sachverständigen in der Höhe von Euro 589,13 gemäß § 76 AVG zur Zahlung vorgeschrieben.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird moniert, dass im Bescheid über die Abweisung der beantragten Grundstücksänderungen kein Sachbefund ergangen wäre und daher auch keine nachvollziehbare Tätigkeit des beauftragten Sachverständigen vorliege. Den Beschwerdeführern sei keine Stellungnahmemöglichkeit zur Beauftragung eines Sachverständigen sowie auch nicht zum Gebührenanspruch des Sachverständigen eingeräumt worden. Auf Grundlage des bekämpften Bescheides wäre nicht ersichtlich, ob die vorgeschriebenen, auf einem Gebührenanspruch des Sachverständigen beruhenden Gebühren dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt gewesen wären. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten sei daher rechtswidrig.
Die Beschwerdeführer stellten zu Spruchpunkten 1. und 2. diverse Beweisanträge, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
Mit Schreiben vom 04.01.2022 teilte das Landesverwaltungsgericht Tirol den Beschwerdeführern und der belangten Behörde seine vorläufige Rechtsansicht mit. Eine Stellungnahme dazu wurde nicht abgegeben.
II. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Akt.
Mit Schreiben vom 04.01.2022 teilte das erkennende Gericht den Beschwerdeführern sowie der belangten Behörde den sich aufgrund der Aktenlage als evident ergebenden maßgeblichen Sachverhalt mit sowie weiters, dass sich bei solchem Sachverhalt die Lösung der Rechtssache auf Rechtsfragen beschränke und damit die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung seitens des Landesverwaltungsgericht Tirol auch als nicht notwendig erachtet werde. Von der eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit zum Schreiben vom 04.01.2022 machten die Parteien des Verfahrens nicht Gebrauch.
Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest und ist in diesem maßgeblichen Umfang auch nicht in Frage gestellt. Bei diesem evidenten Sachverhalt beschränkte sich die Klärung der Rechtssache auf die Lösung von Rechtsfragen, wobei lediglich Rechtsfragen beschränkter Natur und von geringer Komplexität zu klären waren, die auch nicht zu einer Verhandlungspflicht führten.
Die Akten haben bereits erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klräung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung stand weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.
III. Rechtslage:
Es gelten folgende maßgebliche Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2018 – TBO 2018, LGBl Nr 28/2018 idF LGBL Nr 167/2021:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
[….]
(12) Bauplatz ist ein Grundstück, auf dem eine bauliche Anlage errichtet werden soll oder besteht. Grundstück ist eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde. Bauplätze müssen eine einheitliche Widmung aufweisen; dies gilt nicht für Sonderflächen nach § 43 für Sonnenkollektoren oder Photovoltaikanlagen, für Sonderflächen nach § 43 für bauliche Anlagen zum Schutz vor Naturgefahren, soweit sie nicht nach § 1 Abs. 3 lit. s vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind, sowie für Sonderflächen nach den §§ 47, 50 und 50a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016.
[….]
3. Abschnitt
Gestaltung des Baulandes
§ 14
Änderung von Grundstücksgrenzen
(1) Die Teilung, die Vereinigung und jede sonstige Änderung von
a) als Bauland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmeten Grundstücken und
b) von Grundstücken, die innerhalb der im örtlichen Raumordnungskonzept nach § 31 Abs. 1 lit. d und e des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 festgelegten Bereiche liegen,
bedürfen der Bewilligung der Behörde. Dies gilt auch für Grundstücke, die nur zum Teil eine Widmung nach lit. a aufweisen oder in einem der in der lit. b genannten Bereiche liegen, wenn die Änderung auch den betreffenden Teil des Grundstückes betrifft.
[….]
§ 15
Verfahren
(1) Um die Erteilung der Bewilligung nach § 14 Abs. 1 haben die Eigentümer der betroffenen Grundstücke schriftlich anzusuchen. Den Eigentümern sind Personen gleichzuhalten, die einen Rechtstitel nachweisen, der für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentums am jeweiligen Grundstück geeignet ist.
[….]
§ 16
Bewilligung
(1) Die Bewilligung nach § 14 Abs 1 darf bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, nur dann erteilt werden, wenn ein Bebauungsplan, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise weiters ein ergänzender Bebauungsplan, besteht und wenn die vorgesehene Änderung der Grundstücksgrenzen eine dem Bebauungsplan bzw dem ergänzenden Bebauungsplan entsprechende Bebauung der Grundstücke sowie die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung nicht verhindert oder erschwert. Bei sonstigen Grundstücken, für die ein Bebauungsplan besteht, ist die Bewilligung zu erteilen, wenn die vorgesehene Änderung der Grundstücksgrenzen eine dem Bebauungsplan entsprechende Bebauung der Grundstücke sowie die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung nicht verhindert oder erschwert.
(2) Bestehen bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften kein Bebauungsplan nach § 54 Abs 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 zu erlassen ist, weder ein Bebauungsplan noch textliche Festlegungen nach § 31b Abs 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016, so ist die Bewilligung nach § 14 Abs. 1 zu erteilen, wenn die vorgesehene Änderung der Grundstücksgrenzen
a) einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere unter Bedachtnahme auf die möglichen künftigen Größenverhältnisse der Gebäude zueinander und den Schutz des Orts- und Straßenbildes, nicht zuwiderläuft,
b) eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet und
c) einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 darf durch die Änderung der Grundstücksgrenzen nur ein Bauplatz geschaffen werden. Die Bewilligung einer Grundstücksänderung ist unzulässig, wenn dadurch ein Bauplatz mit zahlenmäßig unterschiedlichen Baudichten der gleichen Art entsteht.
(4) Für bebaute Grundstücke oder für Grundstücke, für die eine rechtskräftige Baubewilligung oder eine Bauanzeige, aufgrund deren ein Bauvorhaben ausgeführt werden darf, vorliegt, darf die Bewilligung nach § 14 Abs. 1 für Teilungen oder Abschreibungen weiters nur erteilt werden, wenn
a) die bestehende bzw. die bewilligte oder aufgrund einer Bauanzeige zulässige bauliche Anlage auch nach der vorgesehenen Änderung der Grundstücksgrenzen innerhalb der Grenzen des Bauplatzes liegt,
b) die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1, 3, 4 und 7 erfüllt sind und
c) den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird.
Besteht auf dem betreffenden Grundstück jedoch eine bauliche Anlage, die aufgrund früherer bau- oder raumordnungsrechtlicher Vorschriften einen geringeren Abstand zu den angrenzenden Grundstücken aufweist, so darf die Bewilligung auch erteilt werden, wenn dieser Abstand durch die Teilung oder Abschreibung nicht verringert und den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird.
[….]“
Es gelten folgende maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 (WV) idF BGBl I Nr 58/2018:
„§ 53a
Gebühren der nichtamtlichen Sachverständigen
(1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solche Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.
(2) Die Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.
[…]
§ 76
(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
[….]“
IV. Erwägungen:
Zu Spruchpunkt 1 (ha LVwG-2021/39/3188):
1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hält seine an die Beschwerdeführer sowie die belangte Behörde mitgeteilte vorläufige Rechtsansicht (Schreiben vom 04.01.2022) aufrecht.
Auszugehen ist von einem sich bereits aus der Aktenlage ergebenden evidenten Sachverhalt. Der maßgebliche Sachverhalt stellt sich aus dem Aktengeschehen, insbesondere auch aus der im bekämpften Bescheid wörtlich wiedergegebenen Befundbeschreibung des raumordnerischen Gutachtens vom 01.10.2021 in der Weise dar, dass sowohl der westliche Teil des Grundstückes Nr **2 als auch der westliche Teil des Grundstückes Nr **3 als allgemeines Mischgebiet gemäß § 40 Abs 2 TROG 2016 gewidmet sind, wogegen jeweils die östlichen Teile dieser Grundstücke eine Freilandwidmung aufweisen. Die Grundstücke sind unbebaut.
Aus der der Projektierung der Neueinteilung zugrundeliegenden Vermessungsurkunde des Ingenieurkonsulenten DD vom 04.09.2020, GZ ***, ist zu ersehen, dass mit der geplanten Neueinteilung das neu gebildete Grundstücke Nr **3 seinerseits eine gemischte Widmung (allgemeines Mischgebiet und Freiland) aufweisen wird.
Diesem als evident mitgeteilten Sachverhalt traten weder die Beschwerdeführer noch die belangte Behörde entgegen. Von den Beschwerdeführern ebenfalls unwidersprochen blieb der festgestellte Umstand, dass der Grundstücksneueinteilung eine einheitliche Gesamtplanung zugrunde liegt. Die Gesamtkonzeptionierung ergibt sich evident in der Weise aus dem Planstand, als die einbezogenen Grundstücke nur ihrer Gesamtheit – nach entsprechenden Zu- und Abschreibungen untereinander - den letztlich geplanten Neustand sowie auch die mit den Grundstücksänderungen angestrebten neuen Eigentums- und Dienstbarkeitsverhältnisse, wie sie mit dem Kauf-, Tausch- und Dienstbarkeitsvertrag vom 18.03.2021 bzw 13.04.2021 zwischen den Antragstellern und einer weiteren Person verfolgt werden, ermöglichen können.
Gemäß § 16 Abs 3 erster Satz TBO 2018 darf in den Fällen der Absätze 1 und 2 durch die Änderung der Grundstücksgrenzen nur ein Bauplatz geschaffen werden.
Ein Bauplatz definiert sich nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung (§ 2 Abs 12 TBO 2018) als ein Grundstück, auf dem eine bauliche Anlage errichtet werden soll oder besteht. Grundstück ist eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde. Bauplätze müssen eine einheitliche Widmung aufweisen; dies gilt nicht für Sonderflächen nach § 43 für Sonnenkollektoren oder Photovoltaikanlagen, für Sonderflächen nach § 43 für bauliche Anlagen zum Schutz vor Naturgefahren, soweit sie nicht nach § 1 Abs 3 lit s vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind, sowie für Sonderflächen nach den §§ 47, 50 und 50a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016.
Wie sich nun aber eben aus der Aktenlage ergibt, wird durch die Neugestaltung der Grundstücke im Hinblick auf das neue Grundstück Nr **3 (685 m²), welches nach der Grundstücksveränderung eine gemischte Widmungslage aufweisen wird, der Vorschrift des § 16 Abs 3 erster Satz TBO 2018 nicht gerecht.
Bereits aus diesem Grunde ist der beantragten Grundstücksänderung die Genehmigung zu versagen.
2. Weiters ist auszuführen:
Für die im Freiland befindlichen Teile der Grundstücke Nren **2 und **3 (Stempel ***) ist die Stempelfestlegung B! verordnet. Bei den betroffenen Flächen handelt es somit um Gebiete mit der Verpflichtung zur Bebauungsplanung im Sinne des § 31b Abs 1 TROG 2016.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat mangels einschlägiger Übergangsbestimmungen die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden, damit § 16 TBO 2018 in der Fassung der Novelle LBGl Nr 165/2021 (in Kraft getreten mit 01.01.2022).
Danach darf gemäß § 16 Abs 1 erster Satz TBO 2018 bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, die Bewilligung nach § 14 Abs 1 nur dann erteilt werden, wenn ein Bebauungsplan, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise weiters ein ergänzender Bebauungsplan, besteht und wenn die vorgesehene Änderung der Grundstücksgrenzen eine dem Bebauungsplan bzw dem ergänzenden Bebauungsplan entsprechende Bebauung der Grundstücke sowie die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung nicht verhindert oder erschwert.
Evidenter Maßen besteht für den gegenständlichen Freilandbereich kein Bebauungsplan. Auch dieser Sachverhalt ist aktenevident und wurde den darauf bezogenen Mitteilungen im Schreiben vom 04.01.2022 von den Beschwerdeführern nicht widersprochen.
Das Fehlen eines Bebauungsplanes im betroffenen Freilandgebiet als einem Gebiet mit der Verpflichtung zur Erlassung eines Bebauungsplanes im Sinne des § 31b Abs 1 TROG 2016 vermag aber nicht dadurch kompensiert werden, dass die Prüfung eines Grundstücksänderungsansuchens stattdessen in Anwendung des § 16 Abs 2 TBO 2018 unter Anlegung der dafür in lit a bis c aufgestellten Maßstäbe erfolgen könnte.
Aufgrund ausdrücklicher Diktion erstreckt sich das Anwendungsgebiet des § 16 Abs 2 TBO 2018 nämlich nur auf Grundstücke bzw Gebiete, die keiner Bebauungsplanverpflichtung im Sinne des § 31b Abs 1 TROG 2016 unterliegen (Verweis auf § 54 Abs 2 TROG 2016) und für die auch weder ein Bebauungsplan (bestünde für solche Gebiete trotz fehlender Verpflichtung ungeachtet dessen hingegen ein Bebauungsplan, unterlägen diese Grundstücke dem § 16 Abs 1 zweiter Satz und wäre für diese eine Änderungsbewilligung nur unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig) noch auch Bebauungsregeln (textliche Festlegungen nach § 31b Abs 2 TROG 2016) bestehen.
Das Fehlen eines Bebauungsplanes für die im Freiland liegenden Flächen stellt somit einen weiteren Versagungsgrund nach § 16 Abs 1 erster Satz TBO 2018 für eine Genehmigung der Grundstücksänderung dar.
Bereits der zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides noch geltenden Rechtslage vor der Novelle LGBl Nr 165/2021 wohnte dieser Inhalt inne. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl Nr 165/2021 diente die Neuformulierung im § 16 Abs 2 erster Teilsatz (statt der bisherigen Formulierung mit „In allen übrigen Fällen“) unter Beachtung aktueller verwaltungs- und höchstgerichtlicher Rechtsprechung lediglich der Klarstellung bisherigen Regelungsinhaltes.
Soweit der raumordnungsfachliche Sachverständige seine Begutachtung auf § 16 Abs 2 TBO 2018 (in der Fassung vor der Novelle LGBl Nr 165/2021) stützte, fände dies zumindest im Umfang der von der Freilandwidmung umfassten Grundstücke, welche – wie oben dargelegt – einer Bebauungsplanverpflichtung unterworfen sind, für sich betrachtet somit keine Deckung in der Rechtslage. Hingegen stellte sich eine Begutachtung nach § 16 Abs 2 TBO 2018 bezogen auf die im allgemeinen Mischgebiet liegenden Flächen, für welche keine Bebauungsplanverpflichtung festgelegt ist und für die auch kein Bebauungsplan besteht, als zulässig dar. Im Umfang dieser Prüfung wurden auch die im Freiland befindlichen Flächen entsprechend der Gesamtheitlichkeit der Grundstücksänderungsplanung in der Beurteilung der in lit a bis c aufgestellten Maßstäben berücksichtigt bzw in diese miteinbezogen und unter dieser Betrachtung etwa erschwerte bzw verhinderte geordnete Gesamtentwicklung des Bereiches ***, verhinderte zweckmäßige bodensparende Bebauung, nicht sichergestellte verkehrsmäßige Erschließung begutachtet. Bei vorliegender Entscheidungslage konnte jedoch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen sachverständigen Beurteilungen unterbleiben.
Die belangte Behörde stützte sich begründend auf einen Widerspruch zu § 16 Abs 2 lit a bis c TBO 2018. Im Sinne höchstgerichtlicher Judikatur war das Landesverwaltungsgericht Tirol berechtigt, seine Begründung bzw Rechtsansicht an die Stelle jener der belangten Behörde zu setzen bzw diese zu ergänzen und – wie hier – die Versagungsgründe nach § 16 Abs 1 erster Satz sowie des § 16 Abs 3 erster Satz TBO 2018 aufzugreifen.
Zu Spruchpunkt 2 (ha LVwG-2021/39/3189):
Gemäß § 75 Abs 1 AVG sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörde in Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen, sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt.
Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat gemäß § 76 Abs 1 AVG dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.
Gemäß § 53a Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren.
Gemäß § 53a Abs 2 erster Satz AVG ist die Gebühr von der Behörde, die den Sachverständigen beigezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.
Die zuständige Behörde hat somit über den Antrag auf Zuerkennung einer Gebühr mittels verfahrensrechtlichem Bescheid abzusprechen. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung kommt eine Überwälzung der Sachverständigengebühr auf die Partei gemäß § 76 AVG erst dann in Betracht, wenn sie bescheidmäßig festgesetzt und tatsächlich bereits bezahlt wurde, weil sie erst damit der Behörde im Sinne des § 76 Abs 1 erster Satz AVG „erwachsen“ ist (vgl etwa VwGH 19.10.2001, 98/02/0129; 25.06.2003, 2001/03/0066). Diese Voraussetzung liegt nur dann vor, wenn die Behörde die Gebühr dem Sachverständigen gegenüber sowohl im Sinne des § 53a AVG bescheidmäßig festgesetzt als auch bezahlt hat (vgl etwa VwGH 24.02.2004, 2002/05/0658; 26.09.2006, 2001/06/0033). Fehlt eine dieser beiden Voraussetzungen, liegen keine Barauslagen im Sinne des § 76 Abs 1 AVG vor und ist die Vorschreibung des Kostenersatzes somit verfrüht und damit bereits aus diesem Grunde nicht zulässig (vgl VwGH 15.11.2001, 2000/07/0282).
Aus der Aktenlage, bestätigt durch entsprechende Nachfrage bei der belangten Behörde, ergibt sich nun aber, dass die Sachverständigengebühr zwar an den nichtamtlichen Sachverständigen bezahlt wurde (08.11.2021), eine bescheidmäßige Festsetzung im Sinne des § 53a AVG dem Sachverständigen gegenüber jedoch nicht erfolgte. Damit sind die Barauslagen aber der Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erwachsen und fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung für eine zulässige Kostenüberwälzung an die Partei.
Ebenso wäre, wie dies die vorliegende Entscheidung (siehe Spruchpunkt 1) zutage bringt, bei vorliegendem evidentem Sachverhalt im maßgeblichen Umfang die Rechtssache bereits vorrangig in Klärung von Rechtsfragen zu lösen gewesen, sodass es der Einholung eines raumordnungsfachlichen Gutachtens im vorliegenden Umfang primär nicht bedurft hätte.
Es war daher der Beschwerde gegen die Kostenvorschreibung – ohne die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vorschreibung prüfen zu müssen und ohne auf das Beschwerdevorbringen der Sache nach eingehen zu müssen - bereits aus dem aufgezeigten Grunde Folge zu geben und der Kostenbescheid vom 08.11.2021 aufzuheben.
Soweit die belangte Behörde in ihrem Vorlageschreiben an das Landesverwaltungsgericht Tirol darauf hinweist, dass die fehlende bescheidmäßige Bestellung des Sachverständigen sowie auch die unterlassene Beeidigung des Sachverständigen keine wesentlichen, zur Aufhebung des Bescheides führenden Verfahrensmängel darstellen würden, entspricht dies zwar der Rechtslage. Entscheidungstragend für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist vorliegend jedoch der Umstand der unterlassenen bescheidmäßigen Festsetzung der Gebühren nach § 53a AVG.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punkt IV zitierte höchstgerichtliche Judikatur wird verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Mair
(Richterin)
Schlagworte
GrundstücksänderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.39.3188.7Zuletzt aktualisiert am
25.02.2022