TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/9 94/10/0057

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Veröffentlicht am 09.09.1996
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

NatSchG OÖ 1956;
NatSchG OÖ 1964;
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs4;
NatSchG OÖ 1982 §5 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §5 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der C in R, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Jänner 1994, Zl. N-100346/Mö-1994, betreffend naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 1, 4 iVm § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80 (NSchG), aufgetragen, die vor dem Grundstück Nr. 1998/55 KG U. angebrachte, näher beschriebene Steganlage im Ausmaß von insgesamt 121 m2 zu entfernen. Die Behörde stellte fest, vor dem Grundstück Nr. 1998/20 sei bereits vor dem Jahre 1956 eine Steganlage vorhanden gewesen. Diese Steganlage sei auf einem Luftbild aus dem Jahre 1969 erkennbar. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaft Mitte der 80iger Jahre sei der Steg mitveräußert und vor das Grundstück Nr. 1998/55 gezogen worden. Dies sei einer Neuerrichtung gleichzusetzen; es handle sich bei diesem Badesteg somit nicht um einen "Altbestand". Der 121 m2 messende Steg stelle eine Maßnahme dar, die zufolge ihres optischen Eindruckes geeignet sei, das Landschaftsbild maßgeblich zu verändern. Eine naturschutzbehördliche Bewilligung liege nicht vor. Gemäß § 39 NSchG sei daher mit der Erlassung eines Entfernungsauftrages vorzugehen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, ihr Grundstück Nr. 1998/55 sei durch Abtrennung vom Grundstück Nr. 1998/20 entstanden. Vor dem letzteren habe sich "seit jeher in der heutigen Form" ein schwimmender Steg befunden. Dieser sei an verschiedenen Stellen im Bereich des früheren "Gesamtgrundstückes" angebracht und am Ufer vertaut gewesen. Dieser Badesteg sei der Beschwerdeführerin "mitverkauft" worden. Er stelle den Altbestand dar. Es mache keinen Unterschied, daß sich sein Standort auf Grund der schwimmenden Konstruktion geringfügig verändert habe, zumal feststehe, daß sich der Steg nach wie vor vor dem ursprünglichen Grundstück Nr. 1998/20 befinde. Im übrigen hätte die Veränderung der Lage innerhalb dieses Grundstücksbereiches keine Änderung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Folge. Als "Neubestand" sei hingegen jener Badesteg zu werten, den die Käufer des "Restgrundstückes" Nr. 1998/20 vor diesem errichtet hätten, obwohl ihnen bekannt gewesen sei, daß ihnen "kein Badesteg mitverkauft" worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe einer sachverständigen Stellungnahme und Darlegung der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend im wesentlichen aus, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Steganlage mit einer Gesamtfläche von 121 m2 jedenfalls als Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 5 NSchG zu werten. Eine dafür erforderliche naturschutzbehördliche Feststellung liege nicht vor. Der Behauptung der Beschwerdeführerin, daß es sich bei dem Steg um einen Altbestand handle, könne die belangte Behörde nicht folgen; der Steg sei erst im Zuge des Grundstückskaufes Mitte der 80iger Jahre am nunmehrigen Standort vor dem Grundstück Nr. 1998/55 verankert worden. Die Veränderung der Lage sei als Neuerrichtung anzusehen. Es ergebe sich aus Luftbildern und Vermessungsunterlagen eindeutig, daß die ursprünglich vor der Liegenschaft U. Nr. 19 gelegene Steganlage sich nicht an jener Stelle befunden habe, wo sich nunmehr der Steg der Beschwerdeführerin befinde. Der Mitte der 80iger Jahre am nunmehrigen Standort errichtete Steg unterliege somit der Feststellungspflicht; eine naturschutzbehördliche Feststellung liege nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 39 Abs. 1 NSchG kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Nach § 39 Abs. 4 NSchG gilt Abs. 1 sinngemäß auch bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 5.

Ein Entfernungsauftrag nach den zitierten Gesetzesstellen ist somit u.a. dann zu erlassen, wenn ein einer Feststellung nach § 5 NSchG bedürftiger Eingriff in das Landschaftsbild ausgeführt wurde, ohne daß die in § 5 NSchG normierte Feststellung vorläge.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß eine solche Feststellung nicht getroffen wurde; strittig ist, ob für die Steganlage eine Feststellungspflicht besteht.

Eine Bewilligungs- bzw. Feststellungspflicht für Eingriffe in das Landschaftsbild im Uferschutzbereich von Seen besteht seit dem Inkrafttreten des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1955 am 4. Februar 1956 (vgl. das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 90/10/0144). Auch im zeitlichen Geltungsbereich des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1955 und 1964 bewilligungspflichtige Eingriffe unterliegen der Vorschrift des § 39 NSchG 1982 (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 20. Juni 1994, Zl. 93/10/0206, und vom 27. März 1995, Zl. 93/10/0131).

Unter einem - im Hinblick auf das Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung im Zeitpunkt der Vornahme des Eingriffes in das Landschaftsbild - keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung bzw. Feststellung bedürftigen "Altbestand" sind daher solche Eingriffe zu verstehen, die vor dem 4. Februar 1956 gesetzt wurden und seither unverändert andauern (vgl. die Erkenntnisse vom 27. Juni 1994, Zl. 91/10/0237, und vom 29. Jänner 1996, Zl. 95/10/0138).

Wird eine Steganlage demontiert und danach wieder neu errichtet, kann nicht mehr von einem unverändert andauernden Bestand der Anlage gesprochen werden (vgl. das Erkenntnis vom 24. Oktober 1994, Zl. 91/10/0019). Ebensowenig kann von einem unverändert andauernden Bestand und somit von einem "Altbestand" im dargelegten Sinn gesprochen werden, wenn eine ins Gewicht fallende Änderung des Standortes einer bestehenden Steganlage erfolgt. Nur im Falle von Identität des Standortes und der Anlage selbst handelt es sich um einen "Altbestand".

Auf der Grundlage der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insbesondere auf Luftbildern und Vermessungsunterlagen beruhenden Feststellung, die Steganlage der Beschwerdeführerin habe sich bis Mitte der 80iger Jahre an einem anderen Standort befunden, ist die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich um keinen Altbestand, nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde setzt dieser Feststellung im Rahmen der Verfahrensrüge (zusammengefaßt) folgende Sachverhaltsbehauptungen entgegen: Vor dem "ehemals größeren Gesamtgrundstück" Nr. 1998/20 sei ein schwimmender Steg vorhanden gewesen. Diesen habe die Beschwerdeführerin "mitgekauft" und ins Eigentum übernommen, als sie einen Teil des erwähnten Grundstückes, der nunmehr als Grundstück Nr. 1998/20 bezeichnet sei, erworben habe. Anläßlich des Liegenschaftskaufes sei der Steg nicht "verzogen" worden; vielmehr sei er - wenn auch renovierungsbedürftig - an der nunmehrigen Stelle vorhanden gewesen. Der Steg sei nicht durch Pflöcke im Uferboden fixiert gewesen, sondern habe immer einen schwimmenden Steg dargestellt, der früher an verschiedenen Stellen im Bereich des früheren Gesamtgrundstückes angebracht und am Ufer vertaut gewesen sei.

Damit vermag die Beschwerde die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel (in Gestalt des Unterbleibens näher bezeichneter Beweise) nicht aufzuzeigen. Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Eingriff seit einem bestimmten Zeitpunkt andauert, ist die zivilrechtliche Beziehung der Partei zu der den Eingriff darstellenden Sache ohne Bedeutung. Ebensowenig wäre im erwähnten Zusammenhang für den Standpunkt der Beschwerdeführerin etwas gewonnen, folgte man ihrer Darstellung, der Steg sei zwar früher "an verschiedenen Stellen im Bereich des früheren Gesamtgrundstückes" angebracht gewesen, aus Anlaß des Liegenschaftserwerbes durch die Beschwerdeführerin aber nicht "verzogen" worden. Aus dem oben Gesagten folgt nämlich, daß nur das im wesentlichen unveränderte Belassen der Steganlage an ein und demselben Standort seit einem vor dem 4. Februar 1956 gelegenen Zeitpunkt den Steg zum "Altbestand" qualifiziert hätte. Daß dies nicht der Fall war, wird mit dem Hinweis, der Steg sei "früher an verschiedenen Stellen des Gesamtgrundstückes angebracht gewesen, wobei er "möglicherweise auch einmal die Position eingenommen hat, die nunmehr der Neubestand des Herrn K. einnimmt", zugestanden. Es kommt nicht darauf an, ob in zeitlichem Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb durch die Beschwerdeführerin ein "Verziehen" des Steges erfolgt sei; mit den entsprechenden Darlegungen wird nicht behauptet, daß seit dem 4. Februar 1956 keine Veränderung des Standortes erfolgt sei.

Im Zusammenhang mit dem "unveränderten Belassen" ist die Identität des Standortes ausschließlich nach räumlichen Gesichtspunkten in der Natur zu beurteilen; ob nach diesen Gesichtspunkten als mehrere Standorte zu beurteilende Positionen vor ein und demselben Grundbuchskörper liegen, ist ohne Bedeutung. Ebensowenig ist im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung, ob der Eigentümer des öffentlichen Wassergutes ein Nutzungsrecht im Zusammenhang mit Bootshaus und Steganlage eingeräumt und hiefür Entgelt verlangt hat.

Schließlich kann auch weder eine Fehlerhaftigkeit der getroffenen Feststellungen noch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit mit dem Hinweis aufgezeigt werden, bei der von Herrn K. (offenbar einem der Erwerber anderer Teile des ehemaligen "Gesamtgrundstückes") errichteten Steganlage handle es sich nicht um einen "Altbestand". Die belangte Behörde hatte im vorliegenden Zusammenhang die Frage zu lösen, ob die Steganlage der Beschwerdeführerin einer Feststellungspflicht unterliegt. Eine Rechtswidrigkeit dieser Beurteilung kann nicht mit der Behauptung aufgezeigt werden, es sei die Frage der Feststellungspflicht in einem anderen Fall unrichtig gelöst worden.

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum sie von einer "Verlegung" der Steganlage ausgehe, besteht nicht zu Recht. Im erwähnten Zusammenhang hat sich die belangte Behörde auf Luftbilder und Vermessungsunterlagen berufen. Die Beschwerde verkennt offenbar, daß es im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung ist, ob die Beschwerdeführerin selbst (in zeitlichem Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb) den Standort der Steganlage veränderte.

Aus dem oben Gesagten folgt auch, daß die behaupteten Feststellungsmängel nicht vorliegen. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang ein seit dem 4. Februar 1956 unveränderter Standort; auf den Standort "zum Zeitpunkt des Liegenschaftskaufes" allein kommt es nicht an. Ebensowenig waren im vorliegenden Zusammenhang aus den genannten Gründen Feststellungen über den "Verkauf der Steganlage" und das Wissen der "anderen Käufer" um diesen Veräußerungsvorgang geboten.

Soweit die Beschwerde - unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. November 1990, Zl. 89/10/0240 - Feststellungen vermißt, ob es sich um einen "Eingriff in den See" oder um Maßnahmen im 500 m-Uferschutzbereich" handelt, ist ihr folgendes zu erwidern: Diese Differenzierung war im Fall des zitierten Vorerkenntnisses (vgl. auch das dort zitierte Erkenntnis vom 21. November 1988, Zl. 88/10/0130) deshalb als geboten angesehen worden, weil die belangte Behörde die Annahme der Bewilligungpflicht sowohl auf § 5 NSchG (Landschaftsschutz im Bereich von Seen) als auch auf § 17 NSchG (Naturschutzgebiete) gestützt hatte. Dies ist beim vorliegenden, die Bewilligungspflicht ausschließlich auf Grund des § 5 NSchG annehmenden Bescheid nicht der Fall.

Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994100057.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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