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Baurecht - WienNorm
BauO Wr §129 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Striebl und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Morscher, über die Beschwerde der MS in W, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 10. Oktober 1963, Zl. M.Abt. 64-132/63/Str., betreffend Übertretung der Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als Unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über sie gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe fünfzehn Tage) verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, die Beschwerdeführerin habe als Eigentümerin des Hauses Wien, D -Gasse, in der Zeit vom 14. Juni bis 31. Dezember 1962 unterhalb des zum Teil offenen, zum Teil verschalten, an der hinteren Grundgrenze befindlichen Schuppens konsenswidrig Kraftfahrzeuge einstellen lassen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, um im gegenständlichen Verfahren exkulpiert zu sein, hätte die Beschwerdeführerin unter Beweis stellen müssen, daß sie unverzüglich die erforderlichen Schritte unternommen und unter Ausschöpfung aller ihr zu Gebote stehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten dafür Sorge getragen habe, daß nur eine widmungsgemäße Benutzung der Räume erfolge. Dieser Entlastungsbeweis sei der Beschwerdeführerin nicht geglückt. Da nicht die Vermietung, sondern die Benutzung des Schuppens als Garagenraum das strafbare Verhalten bilde, komme es auf den Zeitpunkt der Aufkündigung nicht an. Habe die Beschwerdeführerin seinerzeit lange Kündigungsfristen in Kauf genommen, so könne sie sich mit der Einhaltung der Kündigungsfristen nicht entschuldigen, Konkrete und zielführende Schritte zur tatsächlichen Räumung des Schuppens von Kraftfahrzeugen nach Ablauf der Mietverträge oder die unverschuldete Unmöglichkeit der Räumung habe die Beschwerdeführerin nicht bewiesen. Der Eigentümer, der einem anderen die widmungswidrige Benutzung eines Raumes gestatte, nehme es auch auf sich, die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes erst nach Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens und nach gerichtlicher Exekution zu erreichen. Da die Berufungsausführungen selbst dann, wenn sie den Tatsachen entsprächen, nicht geeignet wären, die Beschwerdeführerin von ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu befreien, hätte die Einvernahme der Zeugen unterbleiben können. Dem Vorbringen in der Berufung, die Behörde hätte die Beschwerdeführerin auffordern müssen, weitere Anträge zu stellen, sei entgegenzuhalten, daß in den Fällen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Beweislast den Täter treffe. In der angenommenen Tatzeit sei die Beschwerdeführerin noch grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft und daher für die Einhaltung der Bestimmungen der Bauordnung verantwortlich gewesen. Einen Beweis dafür, daß sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, auf der Liegenschaft nach eigenem Ermessen zu schalten, habe die Beschwerdeführerin nicht angeboten, geschweige denn erbracht.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe die Liegenschaft bereite am 16. November 1962 verkauft. Ab diesem Zeitpunkt sei ihr daher jede Verfügungsmöglichkeit hinsichtlich des Abstellraumes versagt gewesen. Wenn auch aus dem Grundbuch die Veräußerung noch nicht ersichtlich gewesen sei, so hätte doch jederzeit durch Einsicht in den Kaufvertrag der Veräußerungszeitpunkt festgestellt werden können. Mit diesem Vorbringen vermag jedoch die Beschwerdeführerin für sich nichts zu gewinnen. Der Beschwerdeführerin wurde die Übertretung der Vorschrift des § 129 Abs. 1 erster Satz der Bauordnung für Wien (Gesetz vom 25. November 1929, LGBl. Nr. 11/1930, mit Änderungen) zur Last gelegt. Nach dieser Gesetzesstelle ist für die bewilligungsgemäße Benutzung der Räume der Hauseigentümer verantwortlich. Die Beschwerdeführerin war im fraglichen Zeitraum noch Eigentümerin der in Rede stehenden Liegenschaft, da bei verbücherten Liegenschaften das Eigentum nicht mit Abschluß des Kaufvertrages, sondern erst mit dessen grundbücherlicher Durchführung übergeht. Dafür, daß sich die Beschwerdeführerin in dem Kaufvertrag ihres Verfügungsrechtes über die Liegenschaft begeben hat, hat aber die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren einen Beweis weder angeboten noch erbracht, wozu sie gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verpflichtet gewesen wäre. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes liegt sohin nicht vor.
Aber auch die Rüge der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist unbegründete Sie soll nach Meinung der Beschwerdeführerin darin gelegen sein, daß die von ihr namhaft gemachten Zeugen nicht einvernommen wurden. Diese Zeugen hätten bestätigen können, daß die Beschwerdeführerin die Mieter des gegenständlichen Schuppens bereits gerichtlich aufgekündigt hatte. Darauf kommt es aber, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, im vorliegenden Falle nicht an. Um straffrei zu sein, hätte die Beschwerdeführerin nachweisen müssen, alles in ihren Kräften stehende unternommen zu haben, um den gesetzmäßigen Zustand wieder herzustellen. Hiezu gehört auch, daß die Beschwerdeführerin zumindest versucht hätte durch ein Übereinkommen mit den Mietern eine unverzügliche Räumung des Schuppens zu erreichen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1963, Zl. 658/62). Im übrigen hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Recht entgegengehalten, daß es derjenige, der Räume widmungswidrig vermietet, auch zu vertreten hat, wenn sich der Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustandes rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstellen. Anderenfalls könnte der Eigentümer durch Einräumung entsprechend langer Kündigungsfristen oder durch den Verzicht auf eine Kündigung überhaupt die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes über Gebühr verzögern oder überhaupt unmöglich machen (vgl. hiezu das von den gleichen Grundgedanken getragene hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1964, Zl. 2356/63). In dem Unterbleiben der Einvernahme der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zeugen ist sohin ein Mangel des Verfahrens nicht gelegen.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden mußte.
Wien, am 5. Oktober 1964
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1964:1964000340.X00Im RIS seit
25.02.2022Zuletzt aktualisiert am
25.02.2022