TE OGH 2022/2/8 11Os152/21v

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Veröffentlicht am 08.02.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jäger, BA, als Schriftführer in der Strafsache gegen * W* wegen Verbrechen nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Geschworenengericht vom 21. September 2021, GZ 19 Hv 71/21d-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurück- gewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, angefochtenen Urteil wurde * W* der Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.

[2]       Danach hat er sich in E* auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, indem er

a) zwischen zumindest September 2020 und März 2021 nachfolgend genannte Gegenstände in der Küche seiner Wohnung aufstellte, sodass sie für Besucher seiner Wohnung sichtbar waren, wobei diese Handlungen dazu geeignet waren, in anderen Personen eine nationalsozialistische Einstellung zu erwecken oder aber andere Personen in einer bereits vorhandenen nationalsozialistischen Einstellung zu bestärken und derart nationalsozialistisches Gedankengut zu propagieren, und zwar

1) eine Weinflasche mit einem Etikett, das Adolf Hitler wie er den Hitlergruß ausführt, zeigt,

2) eine Bierflasche mit einem Etikett, das Adolf Hitler wie er den Hitlergruß ausführt, zeigt,

3) eine Bierflasche mit dem Etikett, das Adolf Hitler abbildet und mit dem Schriftzug „Mein Kampf“ versehen ist,

b) eine Wein- und eine Bierflasche mit einem Etikett, das Adolf Hitler wie er den Hitlergruß ausführt, zeigt und eine Bierflasche mit dem Etikett, das Adolf Hitler abbildet und mit dem Schriftzug „Mein Kampf“ versehen ist, nachfolgend genannten Personen in seiner Wohnung präsentierte, wobei diese Handlungen dazu geeignet waren, in anderen Personen eine nationalsozialistische Einstellung zu erwecken oder aber andere Personen in einer bereits vorhandenen nationalsozialistischen Einstellung zu bestärken und derart nationalsozialistisches Gedankengut zu propagieren, und zwar

1) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im September 2020 oder Oktober 2020 * B*,

2) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Dezember 2020 * F*.

Rechtliche Beurteilung

[3]       Dagegen hat der Angeklagte zwar rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet (ON 25 S 30, ON 27), deren (schriftliche) Ausführung jedoch unterlassen, ohne dieses Rechtsmittel ausdrücklich zurückzuziehen (ON 32). Mangels – auch bei der Anmeldung unterbliebener – deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines in § 345 Abs 1 Z 1 bis 13 StPO angegebenen Nichtigkeitsgrundes war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 iVm 285a Z 2 StPO).

[4]       Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

[5]            Bleibt anzumerken, dass die gegenständlichen nazionalsozialistischen Betätigungen des Angeklagten – in ein und derselben Wohnung betreffend jegliche Besucher über einen durchgehenden Zeitraum – eine von einheitlichem Vorsatz getragene tatbestandliche Handlungseinheit darstellen (vgl RIS-Justiz RS0120233; Ratz in WK2 Vor §§ 28 bis 31 Rz 89; vom Sachverhalt anders 15 Os 85/21w). Die rechtliche Annahme von mehreren Verbrechen nach § 3g VG ist demnach verfehlt, bietet jedoch keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO. Stellt nämlich einerseits dieser Subsumtionsfehler per se keinen Nachteil im Sinne der genannten Bestimmung dar (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23), ist andererseits dem durch die – von diesem ausgelöste – aggravierende Wertung des Zusammentreffens „von zwei Verbrechen“ (US 4) hergestellten Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StPO im Rahmen der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29; RIS-Justiz RS0090885). Dabei besteht keine dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende Bindung des Oberlandesgerichts an den (verfehlten) Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS-Justiz RS0118870; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 27/1).

[6]       Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E133932

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00152.21V.0208.000

Im RIS seit

25.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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