Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Rechtspraktikant Mag. Jäger, BA, in der Strafsache gegen * D* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 8. Juni 2021, GZ 22 Hv 9/21w-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er im März 2020 in L* (US 3 iVm ON 2 S 5) * M*, die durch die Einnahme unbekannter Substanzen (US 3) nahezu bewegungsunfähig war, somit eine wehrlose Person, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf vornahm.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ließ das Gericht bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung (vgl dazu RIS-Justiz RS0119422) die Angaben des Zeugen * V*, wonach ihm bei der Rückkehr in seine Wohnung nichts Ungewöhnliches aufgefallen sei, nicht unberücksichtigt (Z 5 zweiter Fall [US 9]). Soweit die Rüge aus diesen Angaben anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[5] Der weitere Einwand, das Erstgericht habe die polizeilichen Amtsvermerke zu den Modalitäten der Anzeigenerstattung (ON 2 S 6 und 61 iVm ON 22 S 7) nicht erörtert, spricht keine entscheidende Tatsache an (hiezu RIS-Justiz RS0119422 [T4]).
[6] Die Behauptung offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite lässt die Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe (US 5 ff [12]) außer Acht (siehe aber RIS-Justiz RS0119370).
[7] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen, teils unter Verweis auf einzelne Aussagepassagen, teils durch eigene Beweiswerterwägungen, für den Beschwerdestandpunkt günstigere Schlüsse zieht, verfehlt sie den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099674).
[8] Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird ein aus Z 5a beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS-Justiz RS0102162).
[9] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die „ausreichende“ Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der Wehrlosigkeit vermisst, argumentiert nicht auf der Basis der dazu getroffenen Urteilskonstatierungen (US 3 f, siehe aber RIS-Justiz RS0099810).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[11] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E133930European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00114.21W.0216.000Im RIS seit
25.02.2022Zuletzt aktualisiert am
25.02.2022