Entscheidungsdatum
08.02.2022Index
90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
StVO 1960 §5 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.11.2020, ***, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird hinsichtlich beider Spruchpunkte als unbegründet abgewiesen.
2. Spruchpunkt 1. des bekämpften Straferkenntnisses wird insofern berichtigt, als es
• bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hinsichtlich der Tatzeit unter der Rubrik „Datum/Zeit:“ nunmehr „21.10.2020, gegen 21:40 Uhr“,
? hinsichtlich der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) nunmehr „§ 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 24/2020“ und
? hinsichtlich der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) nunmehr „§ 99 Abs 1 lit b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 24/2020“
zu lauten hat.
3. Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses wird insofern berichtigt, als es
? bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hinsichtlich der Tatzeit unter der Rubrik „Datum/Zeit:“ nunmehr „21.10.2020, gegen 21:40 Uhr“,
? hinsichtlich der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) nunmehr „§ 30 Abs 1 iVm § 37 Abs 4 Z 2 Führerscheingesetz (FSG), BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 24/2020“ und
? hinsichtlich der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) nunmehr „§ 37 Abs 1 und Abs 4 Z 2 Führerscheingesetz (FSG), BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 24/2020“
zu lauten hat.
4. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 440,-- zu Spruchpunkt 1. und Euro 160,-- zu Spruchpunkt 2., sohin insgesamt Euro 600,--, zu leisten.
5. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.11.2020, ***, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wie folgt:
„1. Datum/Zeit: 21.10.2020, 21:50 Uhr
Ort: **** Y, Adresse 1, Grundstückseinfahrt zur
Adresse 1
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***** (D)
Sie haben sich am 21.10.2020 um 21.50 Uhr in **** Z, Adresse 1 nach
Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben.
2. Datum/Zeit: 21.10.2020, 21:50 Uhr
Ort: **** Y, Adresse 1, Grundstückseinfahrt zur
Adresse 1
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: ***** (A)
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 04.07.2019, GZ: *** wurde über Sie gem. § 30 Abs. 1 des Führerscheingesetzes ein Lenkverbot ausgesprochen. Ungeachtet dessen haben Sie das oben angeführte Fahrzeug zu oben angeführtem Zeitpunkt in Österreich gelenkt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO
2. § 30 Abs. 1 des Führerscheingesetzes
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 2.200,00
17 Tage(n) 21 Stunde(n)
0 Minute(n)
2. € 800,00
15 Tage(n) 9 Stunde(n)
0 Minute(n)
§ 37 Abs. 1 und Abs. 4 Z 2 des Führerscheingesetzes“
Weiteres wurde jeweils ein anteiliger Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde festgesetzt.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte AA vor, dass die tatgegenständlichen Vorwürfe nicht stimmen, sondern es sich diesbezüglich um Missverständnisse handle.
Er sei am tatgegenständlichen Tag von Deutschland nach Hause gekommen und sei gerade bei seiner Wohnadresse in Z zugefahren und aus seinem Auto ausgestiegen, als die Polizei schnell dahergekommen sei, und seine Papiere und Ausweis sehen habe wollen. In weiterer Folge sei er aufgefordert worden, den Alkomattest durchzuführen.
Beim Alkomattest habe er fünf Versuche ohne Ergebnis absolviert. Die Polizei habe gesagt, dass er als Lenker eines Kraftfahrzeuges von einer Privatperson gemeldet worden sei, da er angeblich in Schlangenlinien auf der Straße gefahren sei. Er sei im Rahmen der Amtshandlung auch von einem Polizisten bei der Jacke angegriffen worden und habe sich belästigt gefühlt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.1.2022, in deren Rahmen der Beschwerdeführer sowie der Meldungsleger Insp. BB als Zeuge einvernommen wurden.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Unstrittig ist nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, dass der Beschwerdeführer das angeführte Kraftfahrzeug am 21.10.2020 gegen 21:40 Uhr in **** Z, Adresse 1, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt und schließlich zu seiner Wohnadresse zugefahren ist.
Im Rahmen der unmittelbar nach seinem Eintreffen an seiner Wohnadresse initiierten Amtshandlung durch Organe der PI Z kam es zu mehreren Blasversuchen am Alkvortestgerät, die zu keinem Ergebnis führten, sodass der Beschwerdeführer um 21:46 Uhr vom Meldungsleger Insp BB, PI Z, zur Ablegung eines Alkomattestes auf der nächstgelegenen Polizeidienststelle (PI Z) aufgefordert wurde.
Der Beschwerdeführer wurde dabei seitens der einschreitenden Polizisten mehrfach auf seine Obliegenheit zur Durchführung des Alkomattestes und die Rechtsfolgen einer Verweigerung hingewiesen.
Um 21:50 Uhr wurde die Aufforderung zum Alkomattest seitens des Beschwerdeführers faktisch verweigert, indem sich der Beschwerdeführer unter Hinweis, dass er morgen früh aufstehen und außer Haus müsse, in seine Wohnung zurückzog und dabei die Eingangstüre seiner Wohnung verschloss.
Daraufhin wurde die Amtshandlung seitens des Meldungslegers, der sich noch mehrere Minuten vor Ort aufhielt, für beendet erklärt, und der deutsche Führerschein des Beschwerdeführers vorläufig abgenommen.
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aufgrund der Anzeige des Insp BB vom 22.10.2020, ***, sowie aufgrund der Einvernahme des Meldungslegers anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2022.
Vom Beschwerdeführer wurde ergänzend zum festgestellten Sachverhalt vorgebracht, dass er fünf Blasversuche unternommen habe, es jedoch zu keinem Ergebnis gekommen sei, und dass er bislang bei den an ihm durchgeführten Alkomattests immer ein Messergebnis erzielt habe.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer angesprochenen Fehlversuchen um solche mit einem Alkovortestgerät handelt, welches nicht geeicht ist, und lediglich einen Verdacht auf Alkoholisierung zu liefern vermag.
Dementsprechend wäre der Beschwerdeführer bei Nichtzustandekommen eines Alkovortestergebnisses verpflichtet gewesen, der Aufforderung zur Ablegung eines Alkoholtestes am geeichten Alkomaten, welche vom Meldungsleger Insp. BB am 21.10.2020 um 21:44 Uhr ausgesprochen wurde, Folge zu leisten.
Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld der Amtshandlung ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt hat, und dabei laut der Meldung einer Privatperson in Schlangenlinien auf der Autobahn gefahren sei und in einem Baustellbereich beinahe einen Unfall verursacht habe und somit zumindest verdächtig war, das Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.
Einer ausdrücklichen Verweigerungshandlung bedarf es dabei nicht, wenn der Betreffende einer solchen an ihn gerichteten und auch von ihm verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leistet, sondern sich – wie im Gegenstandsfall – der Amtshandlung durch Schließen der Eingangstüre und Zurückziehen in seine Wohnung entzieht.
III. Rechtliche Grundlagen:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 24/2020 (StVO 1960), lauten wie folgt:
„§ 5
Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol
(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
[…]
(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,
1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder
2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
[…]
§ 99
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen
[…]
b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,
[…]“
Darüber hinaus sind folgende Bestimmung des Führerscheingesetz, BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 24/2020 (FSG), im Gegenstandsfall maßgeblich:
„§ 30
Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer von ausländischen Lenkberechtigungen und Führerscheinen
(1) Dem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der keinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, ist das Recht, von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, abzuerkennen, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, von der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot unter Anwendung der §§ 24 Abs. 1, 25, 26 und 29 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten. Sofern dies möglich ist, hat die Behörde der Ausstellungsbehörde des Führerscheines die Tatsache der Aberkennung des genannten Rechtes mitzuteilen.
[…]
§ 37
Strafausmaß
[…]
(4) Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl
1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder
2. gemäß § 30 Abs. 1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.
[…]“
IV. Rechtliche Erwägungen:
Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich Spruchpunkt 1. des bekämpften Straferkenntnisses im Wesentlichen vor, dass sein Zurückziehen in die Wohnung nicht als Verweigerungshandlung zu qualifizieren sei, zumal der Proband fünf Mal probiert habe, ein gültiges Messergebnis zu erzielen.
Diesbezüglich ist auszuführen, dass es sich bei den angeführten Fehlversuchen um Blasversuche im Zusammenhang mit einem Alkovortestgerät gehandelt hat, welches lediglich den Zweck hat, eine Vorselektion allenfalls alkoholbeeinträchtigter Fahrzeuglenker zu ermöglichen. Im Gegensatz zu einem Alkomat gemäß § 5 Abs 3 StVO sind Alkovortestgeräte nicht geeicht und dazu bestimmt, ab einem angezeigten Wert von 0,22 mg/l eine Verdachtslage auf Beeinträchtigung durch Alkohol im Sinn des § 5 Abs 2 AStVO zu liefern.
Für den Beschwerdeführer wäre daher hinsichtlich der daran anschließenden und am 21.10.2020 um 21:46 Uhr ausgesprochenen Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt und der daraus resultierenden faktischen Verhinderung des Alkotests um 21:50 Uhr selbst dann nichts gewonnen gewesen, wenn er sich – wie von ihm ins Treffen geführt – redlich darum bemüht hätte, ein gültiges Alkovortestergebnis zu erzielen, zumal er sich nicht darauf berufen kann, dass er seiner Mitwirkungsverpflichtung durch Durchführung des Alkovortests bereits nachgekommen sei (vgl Stöbich/Triendl, Alkohol- und Geschwindigkeitsdelikte im Straßenverkehr, S 83).
Darüber hinaus ist jedes Verhalten als Verweigerung anzusehen, das ein ordnungsgemäßes Zustandekommen der Atemluftuntersuchung durch den Alkomaten verhindert (vgl Stöbich/Triendl, Alkohol- und Geschwindigkeitsdelikte im Straßenverkehr, S 141 oben).
Im Gegenstandsfall führte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2022 aus, dass er sich müde gefühlt habe und den Beamten mitgeteilt habe, dass er schlafen gehen müsse, weil er am nächsten Tag bereits um 3:00 Uhr in der Früh wieder aufstehen und zurück nach Deutschland fahren müsse. Er ist dann laut eigenen Aussagen in seine Wohnung gegangen und habe sich nicht weiter um die Amtshandlung gekümmert.
Ein ebensolches Verhalten, wobei die Aufforderung zur Ablegung des Alkomaten seitens des Beschwerdeführers unstrittiger Weise als solche wahrnehmbar war, stellt unstrittiger Weise ein faktisches Verhindern des Alkomattests dar und ist als Verweigerungshandlung zu qualifizieren (vgl VwGH vom 25.11.2004, 2003/03/0297).
Hinsichtlich der zu Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretung des Lenkens eines Kraftfahrzeuges trotz ausgesprochenem Lenkverbot laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 4.7.2019, ***, gab der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2022 zu Protokoll, dass er vom Lenkverbot in Österreich nichts gewusst habe.
Daraufhin wurde seitens des gefertigten Gerichts bei der belangten Behörde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z über das Lenkverbot vom 4.7.2019, ***, samt Zustellnachweis angefordert: aus den von der belangten Behörde am 24.1.2022 übermittelten Unterlagen ergibt sich, dass dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 12.7.2019 persönlich ausgehändigt und somit zugestellt wurde. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht eingebracht.
Es ist daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt bewusst war, dass er nach Zugang des Bescheides der belangten Behörde vom 4.7.2019 nicht mehr berechtigt war, von seiner deutschen Lenkberechtigung, ausgestellt von der Stadt X am 18.1.2019, Zahl ***, in Österreich Gebrauch zu machen.
Es war daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.
V. Strafbemessung;
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Aufgrund des vom Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2022 bekanntgegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wonach der Beschwerdeführer ein monatliches Nettoeinkommen von ca. Euro 1.600,-- bezieht und für drei sorgepflichtige minderjährige Kinder im Alter von eins bis zwölf Jahren aufzukommen hat, war von unterdurchschnittlichen Verhältnissen auszugehen.
Hinsichtlich des Unrechtsgehaltes ist auszuführen, dass die missachteten Bestimmungen in hohem Ausmaß der Verkehrssicherheit dienen: bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt hätte sich der Beschwerdeführer im Klaren darüber sein müssen, dass er im Falle einer Verdachtslage im Bezug auf die Durchführung einer Alkoholfahrt zur Ablegung eines Alkomattestes verpflichtet ist. Durch die als Verweigerung zu qualifizierenden faktischen Verhinderung der Ablegung eines Alkomattestes einerseits und der vollständigen Negierung des über ihn ausgesprochenen Lenkverbotes in Österreich andererseits hat sich der Beschwerdeführer über zwei fundamentale Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und des Führerscheingesetzes hinwegsetzt.
Mildernd war angesichts zahlreicher Verwaltungsstrafvormerkungen nichts zu berücksichtigen, erschwerend eine im Sinne des Spruchpunktes 1. des bekämpften Straferkenntnisses einschlägige Strafvormerkung gemäß § 14 Abs 8 iVm § 37a FSG aus dem Jahre 2018.
Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungsgründe und eines gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO zu Spruchpunkt 1. zur Anwendung gelangenden Strafrahmens von Euro 1.600,-- bis Euro 5.900,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 bis 6 Wochen) ergibt sich, dass sich bei Vorliegen einer 2018 gesetzten Alkoholübertretung die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.200,-- bei Berücksichtigung der Begleitumstände, nämlich der gegenständlichen Verweigerung vor dem Hintergrund der konkreten vermeintlichen Alkoholfahrt, als durchaus schuld- und tatangemessen erweist.
Die hinsichtlich Spruchpunkt 2. verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 800,-- liegt lediglich geringfügig über der in § 37 Abs 4 Z 2 FSG festgesetzten Mindeststrafe von Euro 726,-- und wurde seitens der belangten Behörde ebenfalls schuld- und tatangemessen festgesetzt.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, dient die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl VwGH 18.11.2003, Zl 2001/03/0180; VwGH 13.09.1989, Zl 89/18/0083; VwGH 12.03.2010, Zl 2010/17/0017; uva).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol war daher im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z 1 VStG), die verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und die Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) spruchgemäß zu konkretisieren (vgl zuletzt VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013 und viele andere). Durch die Berichtigung des Lenkzeitpunktes um 10 Minuten wurde der Beschwerdeführer weder in seinen verteidigungsrechten beeinträchtigt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Hengl
(Richter)
Schlagworte
Alkoholisierung im StraßenverkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.31.2996.4Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022