TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/9 LVwG-2022/32/0276-2

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Veröffentlicht am 09.02.2022
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Entscheidungsdatum

09.02.2022

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §1 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.01.2022, ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 03.01.2022 wurde dem Beschuldigten und nunmehrigen Beschwerdeführer wie folgt zur Last gelegt:

„1 Der Beschuldigte, Herr AA, geb. am **.**.****, hat es zu verantworten, dass Sie zumindest am 23.09.2021 (Überprüfung Internetportal „BB“), Tätigkeiten des freien Gewerbes "Beherbergung von Gästen (Frühstückspension bis 10 Betten)" im Standort **** X, Adresse 2 angeboten hat, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, indem er das Wohnhaus auf Gst. Nr. **1 KG W zur Vermietung einem größeren Kreis von Personen anbot.

Gemäß § 1 Abs. 4 Gewerbeordnung 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei der Ausschreibung der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.“

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 2ter Satz Gewerbeordnung 1994 (GewO) begangen und wurde über ihn daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 (GewO) idgF eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 23 Stunden) verhängt.

Zudem wurde ein Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten festgesetzt.

Dagegen hat der Beschuldigte zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin unter anderem vorgebracht, dass er selbst nicht in der BB-Vermietung involviert gewesen sei, weder sein Name auf BB aufgeschienen sei noch er mit dem Buchungen zu tun hatte. Dies hätten seine beiden namentlich genannten Geschwister organisiert.

Mit der verwaltungsgerichtlichen E-Mail vom 03.02.2022 erging nachstehende Anfrage an die belangte Behörde:

„Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit dem Straferkenntnis vom 03.01.2022 wird dem oben Genannten vorgeworfen, am 23.09.2021 über das Internetportal BB Tätigkeiten des freien Gastgewerbes im Standort Adresse 2 in **** X einen größeren Kreis von Personen angeboten zu haben, ohne über die hierfür erforderliche Gewerbeberechtigung verfügt zu haben.

Dem behördlichen Akt ist entnehmen, dass der Beschwerdeführer neben seinen beiden Geschwistern ebenfalls Dritteleigentümer der gegenständlichen Liegenschaft ist.

In der Beschwerde führt AA aus, dass er selbst in der BB Vermietung nicht involviert war, sondern dies von seinen beiden Geschwistern (CC und DD) organisiert wurde.

Dem im Akt befindlichen Auszügen aus dem Internet der BB-Webseite betreffend die hier in Rede stehende Liegenschaft weisen als Gastgeber DD (Mitglied seit 2011) du als Co-Gastgeberin CC aus. AA scheint auf diesen Auszügen nicht auf.

Vor diesem Hintergrund wird um Mitteilung innerhalb von 2 Wochen ersucht, aus welche Überlegungen AA – wie vorgeworfen - als Anbieter iSd § 1 Abs 4 GewO 1994 zu betrachten ist. Gegebenenfalls wird ersucht, diesbezügliche Beweismittel anzubieten.“

Mit der E-Mail vom 06.04.2022 erging nachstehende Antwort seitens der belangten Behörde:

„Sehr geehrter Herr Ing. Mag. Peinstingl!

Gegen Herrn AA wurde aus dem Grund ein Strafverfahren eingeleitet, da er auch Miteigentümer der gegenständlichen Betriebsanlage ist. Die Behörde hat zwar auf der Internetseite Herrn DD als Gastgeber vermerkt gesehen, jedoch konnten wir nicht davon ausgehen, dass dieser diese alleine vermietet. Man habe allen drei Geschwistern eine Aufforderung zur Rechtfertigung zukommen lassen um zu erklären, wer hier genau Betreiber ist. Leider kam noch keinem von Ihnen eine Stellungnahme, so wurde gegen alle drei ein Straferkenntnis betreffend unbefugter Gewerbeausübung erlassen.

Zur Information: Mit Datum vom 28.01.2022 hat Herr AA bei der Behörde um Gewerbeanmeldung betreffend Beherbergung von Gästen (**** W, Adresse 3) angesucht.

Hoffe Ihnen damit geholfen zu haben.

Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.“

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist neben seinen beiden Geschwistern, nämlich CC und DD, Dritteleigentümer der hier in Rede stehenden Liegenschaft Adresse 2 in **** X, wie sich aus dem behördlichen Akt einliegenden Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 19.10.2021, Zahl ***, ergibt.

Auf der Internetplattform BB wurde am 23.09.2021 die Beherbergung von Gästen in 4 Schlafzimmern mit bis zu 9 Gästen im Anwesen Adresse 2, **** X angeboten, wie sich dem Internetauszug vom 23.09.2021 entnehmen lässt.

Dem Auszug dieses Internetauftrittes ist weiters entnehmen, dass darin DD als Gastgeber und CC als Co-Gastgeberin genannt werden. Der Beschwerdeführer ist weder mit Vornamen noch mit Nachnamen darin namentlich genannt.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich unzweifelhaft aufgrund der dem behördlichen Akt einliegenden, bezüglichen Schriftstücke treffen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen.

IV.      Rechtslage:

Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 45/2018:

„§ 1

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Die Veröffentlichung über eine den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit in Registern gilt nicht als Ausübung, wenn die Veröffentlichung auf Grund von gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt.

(5) Die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, liegt auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

(6) Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.“

Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

V.       Erwägungen:

Bei dem Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit durch einen zur Ausübung des betreffenden Gewerbes nicht Berechtigten handelt es sich um eine eigene Verwaltungsübertretung, weshalb die Strafsanktionsnorm des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 als solche nicht auch schon die Verwaltungsübertretung erfasst. Erst im Hinblick auf das nach § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 gebotene Gleichhalten ergibt sich die - gegenüber einer unbefugten Gewerbeausübung - gesonderte Strafbarkeit eines solchen Anbietens (vgl VwGH 02.06.1999, 98/04/0051).

Insofern kann der belangten Behörde gefolgt werden, wenn sie das Anbieten des „freien“ Beherbergungsgewerbes als eigene Verwaltungsübertretung erkennt.

Der Beschwerdeführer führt aus, dass er mit der Organisation im Zusammenhang mit der Internetplattform BB nichts zu tun hatte, sondern dies durch seine beiden Geschwister erfolgt sei. Diese Einlassung wird damit untermauert, dass auf dem im behördlichen Akt einliegenden Internetauszug BB betreffend die hier in Rede stehende Liegenschaft seine beiden Geschwister mit Vornamen als Gastgeber bzw Co-Gastgeberin genannt sind, er selbst aber nirgends aufscheint.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes kann auch in Ansehung der Ausführungen der belangten Behörde in der E-Mail vom 04.02.2022 nicht mit einer für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschuldigte und nunmehrige Beschwerdeführer die hier in Rede stehenden Leistungen auf der Internetseite BB angeboten hat. Eine Änderung des Tatvorwurfes durch das Verwaltungsgericht ist dahingehend, dass der Beschwerdeführer am Tattag das hier in Rede stehende Gewerbe unbefugt ausgeübt und sohin eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begangen hat, würde eine unzulässige Auswechslung der Tat darstellen.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs1 Z 1 VStG einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Anbieten
Gegenstand eines Gewerbes
größerer Kreis von Personen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.32.0276.2

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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