Entscheidungsdatum
11.02.2022Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §212Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z (belangte Behörde) vom 13.10.2020, Rechnungsnummer ***, (BVE XX.XX.XXXX, GZ ***), betreffend Vorauszahlungen einer Wasser- und einer Kanalgebühr für 1.1.2020 bis 30.6.2020,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird in Bezug auf die Festsetzung von Vorauszahlungen einer Wassergebühr und einer Kanalgebühr für den Zeitraum 1.1.2020 bis 30.6.2020 Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
Mit dem im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für das Objekt Adresse 2 in **** Z Vorauszahlungen einer Wasser- und einer Kanalgebühr für 1.1.2020 bis 30.6.2020 vor. Bei der Festsetzung dieser Akontozahlungen legte die Abgabenbehörde einen jährlichen Mindestverbrauch von 30 m3 zugrunde. Gleichzeitig schrieb sie für 1.1.2020 bis 31.12.2020 eine Zählermiete von € 8,80 vor.
In der dagegen erhobenen Beschwerde rügte der Beschwerdeführer die Abgabenvorschreibung für 1.1.2020 bis 30.6.2020, da dieser Zeitraum bereits im vorigen Abgabenvorschreibungsbescheid bis zum 16.2.2020 erfasst sei. Es fehle eine Begründung für den doppelt erfassten Zeitraum samt rechtlicher Beurteilung. Das Parteiengehör sei verletzt worden. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Darüber hinaus ersuchte er um Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 BAO.
Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, rechnete jedoch ein Guthaben von € 70,91 dem Vorschreibungsbetrag an. Der verfahrensgegenständliche Bescheid betreffe die Akontozahlung für Wasser- und Kanalgebühren für 1.1.2020 bis 30.6.2020. Der ebenfalls in der Beschwerde erwähnte Abgabenbescheid vom 15.4.2020 betreffe die Jahresabrechnung für 17.2.2019 bis 16.2.2020, wobei vom Endbetrag die im Kalenderjahr 2019 geleisteten Akontozahlungen in Abzug gebracht worden seien. Ebenso werde in der nächsten Jahresabrechnung im Frühjahr 2021 die im Kalenderjahr 2020 geleisteten Akontozahlungen in Abzug gebracht. Es liege somit keine Doppelverrechnung vor. Die Höhe der Akontozahlungen richte sich nach den vorgesehenen Mindestpauschalen von jeweils 30 m³, wobei bei der Kanalgebühr ein Freibetrag von 10 % zu gewähren sei. Hinsichtlich der Wassergebühr seien 15 m³ als Akkonto vorgeschrieben worden, hinsichtlich der Kanalgebühr 13,5 m³. Somit errechne sich der Betrag von € 56,80.
Mit Schriftsatz vom 14.3.2021 beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerdevorlage und die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol. Neben einem Verweis auf die Begründung der Beschwerde ergänzte der Beschwerdeführer, es fehle eine Begründung in der Beschwerdevorentscheidung, warum aus dem Rückstand vom 13.10.2020 plötzlich ein Guthaben entstanden sei. Die Überschneidung der Berechnungszeiträume sei nicht beseitigt worden. Darüber hinaus verweist der Beschwerdeführer auf einen Antrag auf Akteneinsicht und beantragte die Einvernahme der Kassenleiterin der belangten Behörde als Zeugin und eine mündliche Verhandlung.
Mit Schreiben vom 24.3.2021 übermittelte die belangte Behörde den Abgabenakt und gab eine weitere Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom 11.6.2021 legte die belangte Behörde ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 6.6.2021 vor, welches ebenfalls eine ergänzende Stellungnahme darstellt.
II. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Objekts Adresse 2 in **** Z, welches an die Gemeindewasserversorgungsanlage und an das Kanalnetz der Gemeinde angeschlossen ist.
Im Zeitraum 17.2.2020 bis 16.2.2021 fand kein Wasserverbrauch statt. Die vorangegangene Abrechnungsperiode betraf den Zeitraum 17.2.2019 bis 16.2.2020 (Abgabenfestsetzungsbescheid vom 15.4.2020; dazu LVwG Tirol 10.2.2022, LVwG-2020/36/1339, 1434). In diesem Zeitraum ergab sich ein Verbrauch von lediglich 10 m3, sodass die Abgabenbehörde diesbezüglich einen Mindestverbrauch von 30 m3 für Wasser- und Kanalbenützungsgebühr zugrunde legte. Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde (nach Ergehen des Abgabenfestsetzungsbescheides vom 15.4.2020) Vorauszahlungen der Wasser- und Kanalbenützungsgebühr für 1.1.2020 bis 30.6.2020 vor, obwohl der genannte Abgabenfestsetzungsbescheid ua auch den Zeitraum 1.1.2020 bis 16.2.2020 umfasste.
III. Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist an sich unstrittig, insbesondere hinsichtlich des fehlenden Wasserverbrauchs des gegenständlichen Objekts.
IV. Erwägungen
Vorauszahlungen haben einen vorläufigen Charakter (VwGH 18.5.2016, 2013/17/0184). Entsprechende Vorauszahlungsbescheide sind zwar im vollen Umfang anfechtbar, haben aber insofern einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als sie durch die Erlassung eines Bescheides, der den gleichen Zeitraum erfasst und mit dem die Abgaben (hier: die Wasser- bzw Kanalbenützungsgebühr) endgültig festgesetzt werden, außer Kraft gesetzt werden, sodass sie ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides keine Rechtswirkungen mehr entfalten können (vgl VwGH 9.7.1997, 94/13/0281).
Im gegenständlichen Fall wurde in die Festsetzung der Vorauszahlungen für das erste Halbjahr 2020 auch der Zeitraum von 1.1.2020 bis 16.2.2020 einbezogen, der bereits Gegenstand einer (endgültigen) Abgabenfestsetzung war. Der Vorauszahlung war daher hinsichtlich dieses Zeitraumes der Boden entzogen. Damit sind die angefochtenen Vorauszahlungen mit Rechtswidrigkeit behaftet.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Ist die Rechtslage eindeutig, liegt insoweit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen. Dass eine solche Konstellation hier vorliegt, ist nicht ersichtlich.
B e l e h r u n g u n d H i n w e i s e
Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.
Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst.
Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.
Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühr beträgt € 240 (§ 17a VfGG, § 24a VwGG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA
(Richter)
Schlagworte
VorauszahlungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.14.0796.3Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022