Entscheidungsdatum
15.02.2022Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §366 Abs1 Z3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb. XX.XX.XXXX, wohnhaft Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 03.01.2022, Zl ***, betreffend Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 1. insofern Folge gegeben, als der Tatvorwurf 4. behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt wird. Die übrigen Vorwürfe bleiben aufrecht; die Strafhöhe dafür wird auf Euro 300,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt.
2. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 2. insofern Folge gegeben, als die Strafhöhe auf Euro 500,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wird.
3. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit zusammen Euro 80,00 neu festgesetzt.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im bekämpften Straferkenntnis werden Frau AA folgende Sachverhalte angelastet und Strafen über sie verhängt:
„1. Datum/Zeit: 16.08.2021
Ort: **** Z, Adresse 3, Gästehaus – Hotel garni „CC“
Mit den angeführten Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X wurde die gewerbliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gästehauses (Hotel „CC“) im Standort **** Z, Adresse 3, auf Gp. **1 KG Z erteilt:
Bezirkshauptmannschaft X 30.08.1965 ***
Bezirkshauptmannschaft X 20.05.2005 ***
Frau AA, geb. am XX.XX.XXXX, hat es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der „DD KG“, diese ist Gewerbeinhaberin des reglementierten Gewerbes „Gastgewerbe mit dem Berechtigungsumfang nach § 111 Abs. 1 Ziffer 1 Gewerbeordnung 1994 in der Betriebsart Hotel garni“ zu verantworten, dass die gewerbliche Betriebsanlage betrieben worden ist, wobei Auflagenpunkte des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, nicht erfüllt worden sind, indem
1. die in den Einreichplänen eingezeichnete R30 Tür zwischen Stiegenhaus und Wellnessbereich nicht ausgeführt bzw. entfernt wurde, die Türen zum Saunabereich und zum Dachraum in T30 ausgeführt wurden sowie die Tür zum Solarium keine brandschutztechnische Qualifikation aufweist, obwohl gemäß brandschutztechnischem Auflagenpunkt 1. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, nachstehend angeführte Räume als eigene Brandabschnitte auszubilden Umfassungsbauteile von Brandabschnitten sind in der Feuerwiderstandsklasse El 90 gemäß ONORM EN 13501 (F 90 gemäß ONORM B 3800) auszubilden sind. Zugangsöffnungen bzw. Verbindungsöffnungen zu bzw. zwischen Brandabschnitten sind mit Feuerschutzabschlüssen in der Feuerwiderstandsklasse E12 30-Causzustatten: Heizraum, Öllagerraum.
2. der Empfangsbereich mit Rezeption brandschutztechnisch nicht vom gesicherten Fluchtstiegenhaus abgetrennt wurde, obwohl gemäß brandschutztechnischem Auflagenpunkt 3. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, Innerhalb des brandschutztechnisch abgeschlossenen Stiegenhauses keinerlei Brandlasten (mobil als auch immobil) zu liegen kommen dürfen, a dies den Hauptfluchtweg für die im Gebäude untergebrachten Personen darstellt. Insbesondere wird auf die Situation im Erdgeschoß im Bereich des Empfangs hingewiesen. Sollte dort beabsichtigt, werden, Einbauten oder dergleichen auszuführen, ist das Stiegenhaus in diesem Bereich entsprechend brandschutztechnisch abzutrennen und mit einem direkten Ausgang ins Freie auszustatten.
3. die Piktogramme („Fluchtpfeile“) der Fluchtwegorientierungsbeleuchtung teilweise fehlen, obwohl gemäß brandschutztechnischem Auflagenpunkt 13. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, Fluchtwege, Verkehrswege, Ausgänge und Notausgänge mit einer Fluchtwegorientierungsbeleuchtung gemäß der Richtlinie der österreichischen Brandverhütungsstellen - TRVB 102 – auszustatten und mit normgerechten Hinweisschildern (gemäß ONORM F 2030, Kennzeichnungsverordnung) zu kennzeichnen sind.
4. nicht überprüft werden konnte, ob der Wellnessbereich eine eigene elektrische Zuleitung und eigenen Fl verfügt, der bei 30 mA Auslösenennfehlerstrom auslöst, obwohl gemäß gewerbetechnischen Auflagenpunkt 19. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, die elektrischen Anlagen der Badeanlage samt Nebeneinrichtungen nach den geltenden elektrotechnischen Vorschriften zu erstellen und instandzuhalten sind, wobei die besonderen Vorschriften für feuchte und nasse Räume nach ÖVE/ÖNORM E8001-4-45 zu beachten sind.
5. nicht bestätigt werden konnte, dass die Blitzschutzanlage gemäß ÖVE-E 49 bwz. ÖNORM ÖVE 8049/1 ausgeführt wurde, obwohl gemäß brandschutztechnischem Auflagenpunkt 9. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2005, ZI. ***, das Gebäude mit einer Blitzschutzanlage gemäß VE-E 49 bzw. ONORM ÖVE 8049/1 auszustatten ist.
2. Datum/Zeit: 16.08.2021
Ort: **** Z, Adresse 3
Mit den angeführten Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X wurde die gewerbliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gästehauses (Hotel „CC“) im Standort **** Z, Adresse 3, auf Gp. **1 KG Z erteilt:
Bezirkshauptmannschaft X 30.08.1965 ***
Bezirkshauptmannschaft X 20.05.2005 ***,
Frau AA, geb. am XX.XX.XXXX, hat es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der „DD KG“, diese ist Gewerbeinhaberin des reglementierten Gewerbes „Gastgewerbe mit dem Berechtigungsumfang nach § 111 Abs. 1 Ziffer 1 Gewerbeordnung 1994 in der Betriebsart Hotel gami“ zu verantworten, dass die genannte genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert bzw. nach der Änderung betrieben worden ist, indem
KG
1. die in den Einreichplänen zum Bescheid der BH X vom 20.05.2005, Zahl: ***, dargestellten Räume „Skikeller und „Lager-Schuhe“ zu einem Raum zusammengefasst, die Raumnutzung unverändert (Skikeller + Skischuhraum) bleibt und zusätzlich in diesem Bereich ein „Elektroverteilerraum“ mit einer Fläche von ca. 3,90 m2 realisiert wurde.
2. die Räume „Lager“ und „Lager-Lüftung“ zu einem Raum zusammengefasst und weiterhin als Lagerraum verwendet werden.
3. der Gang durch eine Wand mit T30 Tür teilweise abgetrennt und der abgetrennte Bereich mit „Keller 2“ zu einem Waschraum zusammengefasst wurde.
4. im Raum „Keller 1“ eine Abwasserhebeanlage sowie ein Pufferspeicher inkl. Verteilleitung der auf dem Dach befindlichen thermischen Solaranlage installiert wurde.
EG
5. das „Lager“ im Bereich des Frühstücksraumes als Küche mit haushaltsüblichen Geräten für die Zubereitung des Frühstücks verwendet wird.
DG
6. im Wellnessbereich zusätzlich eine Infrarotkabine aufgestellt wurde.
Diese Änderungen wurden nicht gewerberechtlich genehmigt und wurde nicht um gewerbebehördliche Genehmigung dieser Änderung, unter Beilage von Projektsunterlagen in 4facher Ausfertigung, bei der Bezirkshauptmannschaft X angesucht. Dies stellt eine wesentliche Änderung der Betriebsanlage dar. Durch diese Änderung ist eine Beeinträchtigung der Schutzinteressen nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 gegeben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 367 Zif. 25 GewO 1994 i.V.m. dem angeführten Punkt des angeführten Bescheides
2. § 366 Abs. 1 Zif. 3 GewO 1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1. € 750,00 4 Tage(n) 20 Stunde(n) § 367 GewO 1994
0 Minute(n)
2. € 1.500,00 5 Tage(n) 20 Stunde(n) § 366 Abs. 1 GewO 1994
0 Minute(n)
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 225,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 2.475,00“
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher der Vertreter von Frau AA ausführt, dass einige der angeführten Mängel bereits behoben worden seien. Der Nachweis über die Überprüfung der Elektroinstallationen sei bereits vorgelegt worden, die Ausführung bzw Überprüfung der Blitzschutzanlage sei an die Firma EE am 17.11.2021 übertragen worden. Die Fertigstellung sei bis Frühjahr 2022 versprochen worden. Die Überprüfung der Heizungsanlage sei an die Firma FF übertragen worden, ebenso die Überprüfung des Heizöltanks. Die restlichen offenen Punkte würden bis Ende Februar abgearbeitet und der Bezirkshauptmannschaft X die entsprechenden Bestätigungen übermittelt werden. Es werde darum ersucht, von der Rechtswirksamkeit des Straferkenntnisses abzusehen.
In der mündlichen Verhandlung am 10.02.2022 führte der Vertreter der Beschuldigten darüber hinausgehend aus:
„Wenn ich gefragt werde, warum am 16.08.2021 verschiedene Auflagepunkte des Betriebsanlagenbescheides vom 20.05.2005 unerfüllt waren und die Betriebsanlage in 6 Punkten abweichend von der erteilten Bewilligung betrieben wurde, führe ich an, dass die Abweichungen im Kellergeschoss betriebsanlagentechnisch wenig relevant waren, weil durch Weglassen einer Zwischenwand zwei Räume zu einem Raum zusammengelegt wurden. Infolge dessen ist auch die zwischen den beiden Räumen vorgesehene Tür nicht ausgeführt worden. Im Schikeller wurde noch eine Wand eingezogen, weil dort die Brandmeldezentrale ist, wobei es sich um den sogenannten „Elektroverteilerraum“ mit einer Fläche von ca 3,9 m² handelt. Im „Keller 1“ wurde nicht der in den Plänen dafür vorgesehene Heizraum ausgeführt, weil die alte Heizung an ihrem bisherigen Ort geblieben ist und in diesem Keller 1 kein weiterer Kessel aufgestellt wurde. So wurde dies dafür genutzt, um dort einen Pufferspeicher für die Solaranlage aufzustellen.
Im Erdgeschoss ist in den Plänen hinter dem Frühstücksraum ein Lager eingezeichnet und jetzt wird in diesem Lager das Frühstück vorbereitet. Es ist auch als Küchen- bzw Frühstückslager zu betrachten. Bei der Infrarotkabine im Dachgeschoss handelt es sich um eine normale Infrarotkabine, wie man sie sich auch zu Hause aufstellen kann mit einem Anschlusswert von 1.500 W.
Im Empfangsbereich ist in den Plänen ein Büro eingezeichnet mit einer Glaswand mit der Feuerwiderstandsklasse F 30, um eine Abtrennung vom Stiegenhaus herzustellen. Diese Glasabtrennung wurde nicht ausgeführt. Es ist dort ein Büropult aufgestellt, wo sich normalerweise kaum jemand befindet; es ist kein ständiger Arbeitsplatz, sondern nur bei Bedarf, wenn Gäste zu betreuen sind. Dieser Bereich kann jedoch nicht als Büro bezeichnet werden. Damals hat der Architekt diese Glaswand eingezeichnet, als notwendiger Brandabschnitt ist diese jedoch nicht anzusehen. Der Bezirksfeuerwehrinspektor erklärte mir gegenüber auch, dass er diese Wand nicht unbedingt benötige. An der Nichtausführung dieser Glaswand hat meiner Information nach die belangte Behörde am meisten Anstoß genommen. Die Piktogramme wurden in der Zwischenzeit bereits angebracht, die Feuerlöscher überprüft.
Bezüglich des FI Schalters im Wellnessbereich gibt es eine Bestätigung des Elektrotechnik-Unternehmens, dass dieser bei 30 mA Auslösenennfehlerstrom auslöst. Ich lege dem Verhandlungsleiter die diesbezügliche Bestätigung vor, die dieser kopiert und mir dann wieder rückerstattet. Vorgelegt, kopiert und zum Akt genommen wird auch die Bestätigung über die Anbringung der Fluchtwegekennzeichnung und das Prüfprotokoll der Brandmeldeanlage. Hinsichtlich des Punktes 4. möchte ich darauf hinweisen, dass wenn etwas nicht überprüft werden konnte, dies keinen Beweis dafür darstellt, dass etwas nicht funktioniert hat und der von mir Vertretenen damit wohl kein Verschulden angelastet werden kann. Dieser Tatvorwurf wäre aus meiner Sicht jedenfalls zu entfernen.
Aus meiner Sicht sind die geändert ausgeführten Wände im Untergeschoss sicherheitstechnisch irrelevant, während der belangten Behörde die aktuellen Pläne diesbezüglich vorliegen.
Wenn ich gefragt werde, warum Frau AA die Aufforderungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.04.2021 und 06.07.2021 nicht befolgt hat, verweise ich auf das E-Mail vom 03.08.2021 von GG.
Grundsätzlich möchte ich anführen, dass der Betrieb in der vorhandenen Form vom Vater der Beschwerdeführerin GG ausgeführt und betrieben wurde. Im Jahr 2014 wurde die Beschwerdeführerin zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin bestellt und hat sie sich bisher stets auf ihren Vater verlassen, da sie zum ihm volles Vertrauen hatte. Es handelt sich hier um diverse Kleinigkeiten, insgesamt ist der Betrieb ordentlich beisammen und wird gut geführt.
Die Strafhöhen werden in Anbetracht der gegebenen Umstände und der Tatsache der Unbescholtenheit von Frau AA als völlig unverhältnismäßig hoch angesehen und wird eventualiter jedenfalls eine deutliche Herabsetzung der Strafhöhen beantragt.“
II. Sachverhalt:
Mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X vom 30.08.1965, ***, und vom 20.05.2005, ***, wurde die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und Betrieb des Gästehauses Hotel „CC“ mit dem Standort in Z, Adresse 3, auf Gp **1 KG Z erteilt. Die Beschwerdeführerin AA ist seit 30.07.2014 gewerberechtliche Geschäftsführerin der DD KG. Diese ist Gewerbeinhaberin des reglementierten Gewerbes „Gastgewerbe mit dem Berechtigungsumfang nach § 111 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 in der Betriebsart Hotel garni“ am Standort Adresse 3, **** Z.
Am 25.11.2020 wurde durch die JJ OG eine wiederkehrende Überprüfung gemäß § 82b GewO 1994 durchgeführt und der Prüfbericht der Behörde am 30.11.2020 übermittelt. Im Zuge dieser Überprüfung wurden die im Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses aufgezählten und beschriebenen Mängel festgestellt, wurde die Mängelbehebung beauftragt und der Anlagenbetreiberin aufgetragen, die Bestätigungen über die Mängelbehebungen der Behörde bis zur Kalenderwoche 22 (somit bis zum 06.06.2021) vorzulegen. Im Zuge der wiederkehrenden Überprüfung wurde auch festgestellt, dass die Betriebsanlage in den im Spruchpunkt 2. genannten Fällen ohne die erforderliche Genehmigung geändert bzw nach der Änderung betrieben wurde. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.04.2021 und 06.07.2021 wurde die Beschuldigte aufgefordert, die Nachweise über die Behebung der Mängel samt den fehlenden Prüfbescheinigungen und Änderungsansuchen der Behörde zu übermitteln. Im Schreiben vom 06.07.2021 wurde dafür eine Frist bis 15.08.2021 gesetzt. Bis 31.12.2021 sind die erwähnten Unterlagen bei der Behörde nicht eingelangt gewesen.
Als Tatzeit wird der 16.08.2021 angelastet.
Mit der Beschwerde vorgelegt wurden die Überprüfung der Elektroinstallationen seitens der Firma KK, die am 14. und 15.10.2021 stattgefunden haben. Weiters vorgelegt wurde die Auftragsbestätigung vom 17.11.2021 an die eben genannte Firma zur Errichtung der Blitzschutzanlage mit Ausführungszeitraum Frühjahr 2022 sowie der Auftrag vom 21.12.2021 an die Firma KK über die Reparatur des Rauchabzugfensters. Vorgelegt wurde das Wartungsprotokoll für Rauchabzugsanlagen vom 13.12.2021 seitens der LL GmbH. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurden weiters vorgelegt die Bestätigung der Firma KK vom 13.01.2022 über die Installation eines Fehlerstromschutzschalters 30 mA Auslösenennfehlerstrom in der Zuleitung des Wellnessbereichs am 14. und 15.10.2021, die Überprüfung und Mängelbehebung der Fluchtwegbeleuchtung am 20.09.2021 und die Überprüfung des Rauchabzugs durch die LL GmbH am 13.12.2021. Weiters bestätigte die Firma KK, dass die Brandmeldeanlage am 02.02.2022 überprüft und am 20.09.2021 die Fluchtwegkennzeichnung angebracht wurde. Vorgelegt wurde auch das Instandhaltungsprotokoll 2022 für Brandmeldeanlagen gemäß ÖNORM F3070 vom 26.01.2022.
Die Betriebsanlage wurde vom Vater der Beschwerdeführerin, GG, errichtet und betrieben, bis die Beschuldigte am 30.07.2014 als gewerberechtliche Geschäftsführerin der DD KG bestellt wurde. Sie hat sich bislang stets darauf verlassen, dass die Anlage in der von ihrem Vater errichteten und betriebenen Art und Weise rechtskonform ist. Das behördliche Aufforderungsschreiben vom 21.04.2021 hatte sie aufgrund des geschlossenen Betriebes übersehen, der Aufforderung zur Mängelbehebung bis 15.08.2021 konnten die von Frau AA beauftragten Firmen nicht mehr entsprechen.
Die Beschwerdeführerin ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft X und des Landesverwaltungsgerichts Tirol und dabei wieder insbesondere aus den seitens der Beschuldigten im Zuge des Rechtsmittelverfahrens vorgelegten Firmenbestätigungen.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Verfahren sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung insbesondere anzuwenden:
§ 366. (1) Ziffer 3: Wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist.
§ 367 Ziffer 25: Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, begeht, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 84m erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
V. Erwägungen:
Im gegenständlichen Fall ist auf die Tatzeit 16.08.2021 abzustellen, das ist jener Tag, ab dem die Nachfrist aus dem Schreiben vom 06.07.2021 (bis 15.08.2021) abgelaufen war. Die Beschwerdeführerin hat durch ihren Vertreter im Zuge des Rechtsmittelverfahrens ein Konvolut an Firmenbestätigungen über Auftragseingänge bzw erledigte Aufträge im Hinblick auf die am 25.11.2020 festgestellten Mängel vorgelegt, sämtliche dieser Bestätigungen datieren jedoch nach der angelasteten Tatzeit 16.08.2021, weshalb unzweifelhaft ist, dass die angelasteten Mängel zur Tatzeit noch bestanden haben. Die Tatvorwürfe sind daher in Bezug auf die Tatzeit grundsätzlich korrekt und zutreffend, zumal auch die letzte von der Behörde festgesetzte Verlängerungsfrist ungenützt verstrichen war.
In Spruchpunkt 1. Z 4 wird der Beschuldigten angelastet, dass nicht überprüft werden konnte, ob der Wellnessbereich über eine eigene elektrische Zuleitung und eigenen FI-Schalter verfügt, der bei 30 mA Auslösenennfehlerstrom auslöst. Diese Formulierung sagt nichts darüber aus, ob die erwähnte Zuleitung mit dem beschriebenen Fehlerstromschutzschalter vorhanden war oder nicht; als Nichteinhaltung der Bescheidauflage könnte nur sanktioniert werden, wenn sich erwiesen hat, dass diese elektrotechnische Ausführung nicht vorhanden war. Der bloße Umstand, dass die Kontrolleure der JJ OG am 25.11.2020 diese Frage nicht klären konnten, stellt noch kein strafbares Verhalten dar und war diesbezüglich der Beschwerde Folge zu geben und der Schuldspruch in diesem Punkt aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
Auch wenn Frau AA die Betriebsanlage von ihrem Vater in der bestehenden Form übernommen hat und sie diese im Vertrauen auf die korrekte Ausführung seinerseits weiter betrieb, ist zu bedenken, dass sie bereits seit 30.07.2014 gewerberechtliche Geschäftsführerin der MM KG ist, die diese Betriebsanlage betreibt, und sie deshalb den konsensgemäßen Zustand und Betrieb zu überprüfen gehabt hätte. Die wiederkehrende Überprüfung am 25.11.2020 geschah in ihrer Verantwortung als gewerberechtliche Geschäftsführerin und wäre bei rechtzeitiger Auftragsvergabe an die Firmen eine Sanierung der festgestellten Mängel bis Anfang Juni 2021 möglich und zumutbar gewesen. Wenn die Beschwerdeführerin auch noch das behördliche Aufforderungsschreiben vom 21.04.2021 übersehen hatte und es ihr dann auf das Schreiben vom 06.07.2021 hin nicht mehr möglich war, die fehlenden Unterlagen der Behörde bis 15.08.2021 vorzulegen, hat sie jenes Maß an Sorgfalt vermissen lassen, wie es selbst von einem unterdurchschnittlich gewissenhaften Geschäftsführer erwartet werden muss. Sie muss sich damit grobe Fahrlässigkeit anrechnen lassen.
Die belangte Behörde hat hinsichtlich Spruchpunkt 1. den gesetzlichen Strafrahmen zu 34,4 % und hinsichtlich Spruchpunkt 2. zu 41,67 % zur Anwendung gebracht. Dabei wurde offensichtlich nicht berücksichtigt, dass Frau AA bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und dieser Milderungsgrund nicht außer Acht gelassen werden kann. Aufgrund dieses Umstandes und der bescheinigten Tatsache, dass die Beschuldigte einen Teil der Mängel in der Zwischenzeit beheben hat lassen und die Behebung weiterer Mängel beauftragt ist, erachtet das Verwaltungsgericht bei der nunmehr erstmaligen Bestrafung die spruchgemäß herabgesetzten Strafsätze für ausreichend, um einen general- und spezialpräventiven Effekt zu erzielen. Hinsichtlich Spruchpunkt 1. ist bei der Strafbemessung auch noch der Wegfall eines der fünf Anlastungspunkte zu berücksichtigen gewesen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
BescheidauflagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.25.0176.4Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022