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Baurecht - WienNorm
BauO Wr §129 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Vejborny, Dr. Krzizek, Dr. Lehne und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Magistratskommissär Dr. Jezek, über die Beschwerde des Dr. HW in W, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 22. Februar 1962, Zl. M. Abt. 64-162/60/Str., betreffend eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 31. Mai 1957 wurde dem Eigentümer des Hauses Wien XVIII., G-Straße, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, das Haus innerhalb einer Frist von vier Wochen zu räumen und innerhalb einer Frist von einem Jahr, beides gerechnet von der Rechtskraft des Bescheides, abtragen zu lassen. Gleichzeitig wurde der Benützungskonsens für dieses Haus aufgehoben.
Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den XVIII. Bezirk vom 23. Dezember 1958 wurde über den Beschwerdeführer als Verwalter der gegenständlichen Liegenschaft wegen Übertretung des § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage Arrest) verhängt, weil er vom 26. September 1958 bis zum 23. Dezember 1958 „die bewilligungswidrige Verwendung der Liegenschaft“ insofern begangen habe, als er Räume dieser Liegenschaft an OW als Lagerräume überlassen habe. Einer dagegen eingebrachten Berufung blieb der Erfolg versagt (Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 29. Juni 1960). Der erstinstanzliche Bescheid wurde jedoch insofern abgeändert, als die Vorschriften des § 128 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien als übertreten bezeichnet wurden. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. April 1962, Zl. 1807/60, als unbegründet ab.
Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer neuerlich der Verwaltungsübertretung nach § 128 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 15 Tage) verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe die Liegenschaft Wien XVIII., G-Straße, insofern widmungswidrig verwendet, als er Räume dieses Hauses in der Zeit vom 24. Jänner 1959 bis 14. Juli 1959 an KS als Magazin und in der Zeit vom 24. Jänner 1959 bis 31. Mai 1959 an Ing. P als Baukanzlei vermietet habe. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, er habe nach seiner Bestrafung alles unternommen, um den gesetzwidrigen Zustand zu beenden. Hiezu sei zu sagen, daß dem Beschwerdeführer habe vorgebracht, er habe nach seiner Bestrafung alles unternommen, um den gesetzwidrigen Zustand zu beenden. Hiezu sei zu sagen, daß dem Beschwerdeführer der nach § 5 VStG erforderliche Entlastungsbeweis nicht geglückt sei. Der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, als er erkennen konnte, daß seinem an die Mieter gerichteten Ersuchen um Räumung nicht unverzüglich entsprochen werde, die richterliche Hilfe anzurufen. Der Einwand, daß auch ein gerichtliches Verfahren bis Juli 1959 gedauert hätte, vermöge seine Untätigkeit nicht zu exkulpieren. Was den Einwand anlangt, Ing. P habe nur als „Bauwächter“ fungiert, so habe dessen Einvernahme ergeben, daß dieser die fraglichen Räume als Baukanzlei verwendet habe. Der Beschwerdeführer könne auch nichts gewinnen, wenn er darauf hinweise, daß er die Räume lediglich als Lagerräume vermietet habe, da auch ein Magazin nur bei Vorliegen einer Benützungsbewilligung verwendet werden dürfe. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In dem hg. Erkenntnis vom 6. April 1962, Zl. 1807/60, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß und warum die Überlassung von Räumen des gegenständlichen Hauses an Mieter den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien erfüllt. Mit Rücksicht auf die bereits erfolgte Bestrafung konnte sich der Beschwerdeführer über das Strafbare seines Verhaltens nicht im unklaren sein. Es ist daher entbehrlich, auf jenen Teil des Beschwerdevorbringens einzugehen, in dem dargetan werden soll, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil der Tatbestand einer Übertretung nach der angeführten Gesetzesstelle nicht vorliege. Es bleibt nur zu prüfen, ob der Beschwerdeführer alles in seinen Kräften stehende unternommen hat, um nach erfolgter Bestrafung den gesetzwidrigen Zustand zu beenden. Ein solcher Nachweis würde dem Beschwerdeführer Straflosigkeit zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG gewährleisten.
In dieser Hinsicht hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, die zur Räumung der Lokale notwendigen gerichtlichen Schritte nicht unternommen zu haben. Hiezu bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde vor, beide Mieter hätte gegen eine Kündigung Einwendung erheben, zumindest aber einen Räumungsaufschub erwirken können. Dadurch wäre eine Räumung vor dem Juni 1959 nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich daher mit der Androhung eines Räumungsprozesses begnügt und dadurch ein besseres Resultat erzielt als das, welches durch gerichtliche Schritte zu erreichen gewesen wäre, Ing. P sei am 31. Mai 1959, KS am 15. Juli 1959 ausgezogen. Die von der Behörde vertretene Ansicht stehe mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch. Maßgeblich sei schließlich der Erfolg. Wenn es tatsächlich gelungen sei, die Räumung im guten durchzusetzen, könne von einer Fahrlässigkeit nicht gesprochen werden. Hiezu ist nachstehendes zu sagen:
Da es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien um ein Ungehorsamsdelikt handelt, zieht zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 schon das bloße Zuwiderhandeln gegen das Gebot, Räume nur bewilligungsgemäß zu benutzen - im vorliegenden Falle Räume, für welche eine Benützungsbewilligung überhaupt nicht vorhanden ist, nicht benutzen zu lassen -, Strafe nach sich, wenn der Hauseigentümer (Hausverwalter) nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Diesen Beweis kann der Eigentümer (Hausverwalter) nur in der Weise erbringen, daß er nachweist, alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um den gesetzmäßigen Zustand sobald als möglich herzustellen. Hiezu gehört auch die Einbringung einer Klage bei Gericht (vgl. hiezu das von dem gleichen Grundgedanken getragene hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1962, Zl. 636/61). Die belangte Behörde hat den vom Beschwerdeführer geführten Entlastungsbeweis deswegen nicht als erbracht angesehen, weil der Beschwerdeführer gegen die Mieter nicht mit gerichtlicher Klage vorgegangen ist, sondern sich mit einem außergerichtlichen Vergleich begnügt hat. Daß dieser Schritt im vorliegenden Fall geeignet war, die Beendigung des bauordnungswidrige Zustandes herbeizuführen, ergibt sich aus den Verwaltungsakten und wird auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt. Es ist daher der belangten Behörde ein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn sie angenommen hat, der Beschwerdeführer habe den Entlastungsbeweis nicht erbracht, weil er gegen die Mieter nicht gerichtlich vorgegangen sei. Denn welche Maßnahmen der Eigentümer ergreift, um den bauordnungswidrige Zustand so rasch als möglich zu beseitigen, muß grundsätzlich ihm überlassen bleiben, sofern diese nur geeignet sind, zu dem gewünschten Erfolg zu führen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin schon aus diesem Grunde seinem Inhalte nach als rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufgehoben werden mußte.
Wien, am 14. Jänner 1963
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1963:1962000658.X00Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022