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Baurecht - WienNorm
BauO Wr §129 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde der GH in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Popper, Rechtsanwalt in Wien I, Tiefer Graben 19, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 1. Juli 1965, Zl. M. Abt. 64-279/64/S, betreffend eine Übertretung der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (LGBl. Nr. 22/1955) für schuldig erkannt und über sie gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, die Beschwerdeführerin habe als Miteigentümerin der Liegenschaft Wien 5, B-Gasse, in der Zeit vom 13. Februar 1962 bis 10. Dezember 1963 es unterlassen, für die Erhaltung der in ihrem Miteigentum stehenden Baulichkeit in gutem, der Bauordnung mit den Vorschriften der Bauordnung in entsprechendem Zustand Sorge zu tragen, weil sie innerhalb dieser Zeitperiode den schliefbaren Hauskanal nicht habe instandsetzen lassen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und hiezu im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe sofort nach Erhalt des baupolizeilichen Auftrages auf Instandsetzung des Kanals den Miteigentümer Ing. B von dem Inhalt desselben in Kenntnis gesetzt und ersucht, die Arbeiten vorzunehmen. Sie habe in der Folgezeit Ing. B wiederholt, auch schriftlich, an die Durchführung der Arbeiten erinnert. Ing. B habe die Durchführung der Arbeiten zugesagt und ausdrücklich erklärt, hiefür die Haftung zu übernehmen. Als Bauunternehmer wäre Ing. B kaum bereit gewesen, die Arbeiten einer anderen Baufirma zu übertragen. Die Arbeiten seien im Dezember 1963, vor Erlassung der erstinstanzlichen Strafverfügung durchgeführt worden. Das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten der zuständigen technischen Abteilung des Magistrates sei keinesfalls „vertrauenserregend“ gewesen, denn wenn auf Grund einer Anfrage der M. Abt. 36 berichtet werde, daß die Arbeiten nicht durchgeführt worden seien, so sei ein derartiger Bericht unrichtig. Die technische Abteilung hätte die Verpflichtung gehabt, der M. Abt. 36 mitzuteilen, daß die Arbeiten nur zum Teil durchgeführt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe die Arbeiten einer gewerberechtlich befugten Firma übertragen. Die Beschwerdeführerin habe sich daher darauf verlassen können, daß die Mängel behoben seien. Man könne der Beschwerdeführerin nicht zumuten, festzustellen, ob der Kanal teilweise oder zur Gänze instand gesetzt worden sei. Wenn die technische Abteilung des Magistrates später festgestellt habe, daß der Kanal nicht zur Gänze repariert worden sei, könne dies der Beschwerdeführerin nicht zur Last gelegt werden. Ing. B habe der Beschwerdeführerin auch in dieser Richtung „die Vollzugsmeldung“ erstattet. Die Androhung einer Verwaltungsstrafe habe den Zweck, die Durchführung eines Bauauftrages durchzusetzen. Wenn die Beschwerdeführerin der Behörde mitgeteilt habe, daß die Arbeiten schon vor Ergehen der Strafverfügung, durchgeführt worden seien, so sei der Zweck des Bauauftrages erfüllt. Eine Bestrafung hätte nicht mehr Platz zu greifen.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Beschwerdeführerin wurde wegen Übertretung der Vorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren) bestraft. Als Tatzeitraum wurde die Zeit vom 20. Februar 1962 bis 10. Dezember 1963 angenommen. Nach einer der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Kenntnis gebrachten Feststellung des Magistrates vom 8. Juli 1964, der die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten war, war der gegenständliche 19 m lange Hauskanal an diesem Tage nur auf eine Länge von 4 m instandgesetzt. Auch die im Berufungsverfahren vorgelegte Rechnung des Ing. B vom 14. Dezember 1963 besagt nur, daß der Kanal auf eine Länge von 6,5 m instandgesetzt wurde. Die belangte Behörde konnte daher unbedenklich davon ausgehen, daß der in Rede stehende Hauskanal in dem angenommenen Tatzeitraum Baugebrechen aufwies.
Da zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt, zieht zufolge § 5 Abs. 1 VStG schon die Nichtbefolgung des Gebotes, Gebäude und die dazugehörigen Anlagen in gutem, der Baubewilligung mit den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustande zu erhalten, Strafe nach sich, wenn der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Den vom Gesetz geforderten Entlastungsbeweis kann der Beschuldigte nur in der Weise erbringen, daß er nachweist, alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um die Baugebrechen in der kürzest möglichen Zeit zu beheben.
Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin nur aufgezeigt, was sie nach Erhalt des baupolizeilichen Auftrages unternommen hat, um ihrer Instandhaltungspflicht nachzukommen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zum wiederholten Male, so etwa in dem Erkenntnis vom 28. Mai 1962, Zl. 1643/61, ausgesprochen hat, kann der vom Gesetz geforderte Entlastungsbeweis allein durch den Hinweis auf Maßnahmen nach Erhalt des Bauauftrages nicht erbracht werden.
Schon daraus ergibt sich, daß der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben mußte. Dazu kommt, daß das Beschwerdevorbringen auch sonst nicht geeignet ist, die Beschwerdeführerin zu entlasten. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, Ing. B mit der Behebung der Baugebrechen beauftragt und ihn wiederholt an die Durchführung der Arbeiten erinnert zu haben, so hat damit die Beschwerdeführerin nicht alles getan, was sie nach der Lage des Falles hatte tun müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem gegenüber der gleichen Beschwerdeführerin ergangenen Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 1984/65, ausgeführt hat, war die Beschwerdeführerin auch verpflichtet, einen anderen Gewerbetreibenden mit der Durchführung der baulichen Maßnahmen zu beauftragen, nachdem sie festgestellt hatte, daß durch die Betrauung des Ing. B eine rasche Behebung der Gebrechen nicht erreicht werden konnte. Was aber das Vorbringen anlangt, die Beschwerdeführerin hätte sich auf den von ihr beauftragten Gewerbetreibenden hätte sich auf den von ihr beauftragten Gewerbetreibenden verlassen müssen, da sie nicht selbst in der Lage war zu prüfen, ob dem Auftrag entsprochen wurde oder nicht, so ist ihr folgendes entgegenzuhalten:
In der Begründung des Magistratsbescheides vom 13. Februar 1962, mit welchem der Auftrag auf Instandsetzung des Hauskanales erteilt worden war, heißt es, durch amtliche Erhebungen sei festgestellt worden, daß der Kanal in seiner ganzen Länge Wand- und Sohlenausbrüche aufweise und daß das Ziegelmauerwerk der Wände und das des Gewölbes schadhaft sei. Der gesamte Hauskanal besitzt, was der Beschwerdeführerin nicht unbekannt war, eine Länge von 19 m. In der Rechnung der mit der Schadensbehebung beauftragten Baufirma (vom 14. Dezember 1963) ist nur von Instandsetzungsarbeiten in einem Ausmaß von 6,5 lfm die Rede. Bei diesem Sachverhalt mußten bei der Beschwerdeführerin jedenfalls Bedenken darüber auftreten, ob durch die vorgenommenen Arbeiten alle Schäden behoben wurden. Wenn sie dennoch nichts unternommen hat, um sich davon zu überzeugen, ob alle Baugebrechen beseitigt wurden, kann die Beschwerdeführerin nicht behaupten, alles in ihren Kräften stehende unternommen zu haben, um die festgestellten Gebrechen in der kürzestmöglichen Zeit zu beseitigen.
Was schließlich die Rechtsansicht anlangt, eine Bestrafung hätte nicht mehr erfolgen dürfen nachdem die Beschwerdeführerin den Magistrat von der Beseitigung der Baugebrechen in Kenntnis gesetzt hatte, so ist diese vollkommen verfehlt. Die Beschwerdeführerin hat es wohlweislich auch unterlassen, für sie irgend eine gesetzliche Grundlage anzuführen.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit Artikel I lit. B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.
Wien, am 28. März 1966
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1966:1965001988.X00Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
03.03.2022