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ZivilrechtNorm
GebAG 1975 §17Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des LS in S, vertreten durch Dr. Hermann Löckher, Rechtsanwalt in Perg, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 12. Dezember 1985, Zl. Jv 3839-33/85, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Steuerberater, sein Wohnort Steyr. Er wurde in einer Strafsache vor dem Landesgericht Linz zur Hauptverhandlung am 29. Oktober 1985 um 8.15 Uhr geladen, vernommen und um 9.20 Uhr entlassen. Mit Eingabe vom 8. November 1985 machte er eine Zeugengebühr von insgesamt S 3.423,70 geltend. Dabei begehrte er als Entschädigung für Zeitversäumnis einen Betrag von S 3.086,80 laut folgender Aufstellung:
„Zeitversäumnis
Ladung f. 8.15 h / Entlassung 9.20 h
1.05 h
Fahrtzeit PKW
1.50 h
Aktenstunden
0.50 h
Schriftsatz f. Zeugengebühr
1.00 h
4.45 h“
Als Stundensatz sprach der Beschwerdeführer einen Betrag von S 649,85 an, den er aus seinem Jahresgewinn laut Steuerbescheid 1983 und der Jahresarbeitszeit sowie einer Wertanpassung auf Grund des Verbraucherpreisindex errechnete. Weiters sind in der vom Beschwerdeführer begehrten Zeugengebühr auch Fahrtkosten für die Verwendung eines PKW (Kilometergeld) enthalten. Hiezu brachte der Beschwerdeführer vor, die Verwendung des PKW sei notwendig, da das öffentliche Verkehrsmittel einen weit höheren Zeitverlust zur Folge gehabt hätte.
Der Kostenbeamte bestimmte mit Bescheid vom 13. November 1985 die Zeugengebühr mit aufgerundet S 1.340,-- laut folgender Aufstellung:
„2 x Zug Steyr-Linz á S 60,--
S 120,--
2 x Straßenbahn in Linz á S 14,--
S 28,--
5 Stunden Verdienstentgang á S 238,31
S 1.191,55
S 1.339,55
aufgerundet
S 1.340,--“
Das Mehrbegehren wies der Kostenbeamte ab. In der Begründung dieses Bescheides ging der Kostenbeamte von einem Jahreseinkommen des Beschwerdeführers in Höhe von S 828.551,-- abzüglich Einkommensteuer aus; aus dem daraus errechneten Nettoeinkommen ergebe sich ein Stundenlohn von S 238,31. Eine Wertanpassung auf der Basis des Verbraucherpreisindex könne mangels gesetzlicher Grundlage nicht berücksichtigt werden. Ein Zeuge habe lediglich Anspruch auf den Ersatz der Kosten eines öffentlichen Massenbeförderungsmittels.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und brachte darin im wesentlichen vor, bei der Berechnung seines steuerpflichtigen Einkommens sei auch die (vom Kostenbeamten abgezogene) Investitionsrücklage zu berücksichtigen. Die Einkommensteuer dürfe für die Berechnung des Verdienstentganges vom Jahresgewinn nicht abgezogen werden. Die Benutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel hätte die Fahrzeit verdoppelt. Bei Ablehnung des Kilometergeldes für den PKW ersuche daher der Beschwerdeführer, zusätzlich eine Stunde und fünfzig Minuten Fahrzeit zu vergüten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Präsident des Landesgerichtes Linz die Beschwerde als unbegründet ab, änderte jedoch gemäß § 22 Abs. 1 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136 (GebAG), den Bescheid des Kostenbeamten von Amts wegen (zum Nachteil des Beschwerdeführers) dahin ab, daß die Zeugengebühr wie folgt bestimmt wurde:
„Reisekosten (§ 6 Abs. 1 GebAG 1975)
Eisenbahnfahrt Steyr-Linz und zurück
S 96,--
Straßenbahn Linz (2 Fahrten)
S 28,--
Entschädigung für Zeitversäumnis
(§ 18 (2) GebAG 1975), 5 Std. á S 45,--
S 225,--
zusammen:
S 349,--
Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, zwischen den Städten Steyr und Linz bestehe eine sehr gute Verkehrsverbindung mit Massenbeförderungsmitteln, sodaß die Benützung des mit höheren Auslagen verbundenen PKW's nicht nötig sei. Die beantragte Entschädigung für Zeitversäumnis könne mangels eines konkreten Nachweises des tatsächlichen Verdienstentganges nicht zugesprochen werden. Der Beschwerdeführer habe darüber keinen Beweis erbringen können, daß er durch die Zeugenaussage einen tatsächlichen Einkommensentgang in der angeführten Höhe gehabt habe. Ein Verdienstentgang sei auch bei der kurzfristigen Abwesenheit des als selbständiger Steuerberater tätigen Beschwerdeführers anläßlich dieser Zeugenaussage vor Gericht kaum denkbar, da doch in der Regel ein Steuerberater einen ausgewählten Kundenstock habe, mit dem er die einzelnen Termine abzusprechen pflege. Er werde den einen Nachteil haben, daß er Geschäftstermine umlegen müsse und dadurch einmal in Zeitdruck geraten könnte. Nicht die mit Steuerbescheid bestätigte Höhe des Jahresreineinkommens des Zeugen sei eine taugliche Berechnungsgrundlage, sondern die Bescheinigung der Höhe des tatsächlich entgangenen Einkommens. Könne der Zeuge zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2 GebAG, nicht aber dessen Höhe bescheinigen, so gebühre ihm nach § 18 Abs. 2 leg. cit. eine Entschädigung von S 45,-- für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zustehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß die ihm zu leistende Zeugengebühr nicht mit S 4.865,41 bestimmt worden sei. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Gebühr des Zeugen umfaßt gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 GebAG unter anderem die Entschädigung für Zeitversäumnis; diese betrifft
...
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen, ...
Gemäß § 17 GebAG bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z. 2) auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß. Vermag der Zeuge zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen, so gebührt ihm gemäß § 18 Abs. 2 GebAG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 22. April 1987, BGBl. Nr. 177, eine Entschädigung von 45,-- S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Oktober 1980, Zl. 1743/80, zum Ausdruck gebracht, daß nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes unter „tatsächlich entgangenem“ Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen verstanden werden darf. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Würde man weiters der Rechtsansicht folgen, einen fiktiven Entgang nach Durchschnittssätzen zu Grunde legen zu können, wäre einerseits das Wort „tatsächlich“ im § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG völlig inhaltsleer, andererseits aber die Bestimmung des § 18 Abs. 2 leg. cit. kaum von Bedeutung, wonach ebendort, wo ein Verdienstentgang feststeht, die konkrete Höhe aber nicht errechnet werden kann, von Gesetzes wegen bestimmte. Abgesehen davon ist aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 3 Abs. 1 GebAG (1336 Blg. NR. XIII GP.) zu erschließen, daß beim selbständig Erwerbstätigen unter Verdienstentgang nur das fallen sollte, was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte. Es ist daher sehr wohl auf den konkreten Vermögensschaden abzustellen. In seinen Erkenntnissen vom 22. Mai 1985, Zl. 84/01/0210, vom 14. Februar 1986, Zl. 86/17/0023, vom 14. März 1986, Zl. 85/17/0165, und vom 27. März 1987, Zl. 86/17/0257, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht bekräftigt.
Der Gerichtshof sieht sich durch das Beschwerdevorbringen nicht veranlaßt, von dieser Auffassung abzugehen. Von einem tatsächlichen Einkommensentgang kann beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Für diesen Einkommensentgang ist daher nicht entscheidend, ob der Zeuge im selben Kalenderjahr oder in früheren Jahren Einkünfte erzielte, aus denen sich ein fiktives Stundeneinkommen errechnen ließe.
Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde behauptet, daß er eine bestimmte Tätigkeit durch die Abwesenheit von seiner Kanzlei nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei. Auch sein Beschwerdevorbringen, verlorene Arbeitszeit könne am Ende nur durch mit Verdienstausfall verbundene Ablehnung oder Einschränkung von Aufträgen ausgeglichen werden; das bedeute in der Regel die Ablehnung von Einzelaufträgen nicht ständiger Klienten, das Nichtaufgreifen von Sonderaufträgen ständiger Klienten oder die Ablehnung neuer Klienten, vermag - abgesehen von seinem Verstoß gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot - ein solches konkretes Vorbringen nicht zu ersetzen. Es kommt daher auch weder auf die Stundensätze nach den Allgemeinen Honorarrichtlinien noch auf die beim Beschwerdeführer auflaufenden Fixkosten an.
Der Beschwerdeführer wendet sich weiters dagegen, daß die belangte Behörde die Zeugengebühr unter Zugrundelegung der Benützung von Eisenbahn und Straßenbahn berechnet, jedoch nicht berücksichtigt habe, daß damit mehr Zeitversäumnis und Aufenthaltskosten verbunden gewesen wären als bei Benützung des eigenen PKW. Dem ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Kostenbeamten vom 13. November 1985 beantragt hat, bei Ablehnung des Kilometergeldes für den PKW zusätzlich eine Stunde und fünfzig Minuten Fahrzeit zu vergüten. Nun ist aber die belangte Behörde bei der Berechnung der Entschädigung von Zeitversäumnis von einem Ausmaß dieses Versäumnisses von 5 Stunden ausgegangen. Da die vom Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 8. November 1985 unter der Position „Zeitversäumnis“ u.a. geltend gemachten Zeiträume für „Aktenstunden“ (gemeint offenbar: Aktenstudium) in Höhe von 0,5 h sowie für die Verfassung des Schriftsatzes in Höhe von 1 h gemäß § 17 GebAG nicht unter Zeitversäumnis im Sinne des Gesetzes fallen, finden die in der Beschwerde gegen den Bescheid des Rechnungsführers begehrten 1.50 h in den von der belangten Behörde angenommenen 5 Stunden Zeitversäumnis ohnehin Deckung. Auch in diesem Punkt wurde sohin der Beschwerdeführer in einem Recht nicht verletzt. Wenn der Beschwerdeführer nun mehr unter detaillierten Zeitangaben laut Fahrplan ein Zeitversäumnis von 6 Stunden 42 Minuten bei einer Fahrt von Steyr nach Linz und zurück bzw. von 7 Stunden 15 Minuten bei einer solchen von seinem Berufssitz Perg nach Linz und zurück behauptet, so fällt auch dieses Vorbringen unter das bereits erwähnte Neuerungsverbot.
Die Frage, ob bei Berechnung der Zeitversäumnis von einem fiktiven Zeitraum dann auszugehen ist, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels (§§ 6 ff GebAG) ein höherer Zeitaufwand anfällt als bei Verwendung eines eigenen PKW, braucht daher im Beschwerdefall nicht entschieden zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 10. Februar 1989
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1986170057.X00Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022