TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/12 95/20/0198

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Veröffentlicht am 12.09.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Februar 1995, Zl. 4.345.802/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 23. Dezember 1994 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 3. Jänner 1995 Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 12. Jänner 1995 beantwortete er die auf seine Fluchtgründe bezogenen Fragen wie folgt:

"Weshalb haben Sie die Türkei verlassen?

Es gab in der Türkei eine Zeitung ÖZGÜR ÜLKE (freies Land). Ich begann am 20.5.1994 diese Zeitung in kurdischen Dörfern um Cihanbeyli zu verteilen. Es handelte sich um eine kurdische Zeitung in türkischer Sprache. Die Zeitung ist legal und darf auch gedruckt werden, es ist aber verboten, diese Zeitung zu lesen. Ich hatte einen PKW, mit dem ich die Zeitungen transportierte. Ich wurde mehrmals von der Polizei kontrolliert, man nahm mir die Zeitungen weg und verbrannte sie vor meinen Augen. Ich wurde in schlimmen Situationen zurückgelassen, man ließ mir zum Beispiel die Luft aus den Reifen. Am 3.6.1994 wurde ich dann zum ersten Mal festgenommen.

Ich war in einem Dorf im Bezirk Cihanbeyli, beim Hineinfahren ins Dorf wurde ich von der Gendarmerie angehalten. Man fand die Zeitungen bei mir und ich wurde dann am Gendarmerieposten im Dorf fünf Tage festgehalten. Ich wurde nicht mißhandelt, aber ich wurde seelisch unter Druck gesetzt. Man warnte mich, ich würde fünf Tage festgehalten, wenn ich nochmals Zeitungen bringen würde, ginge es mir schlecht. Man drohte mir, mich in diesem Fall zu ermorden. Man warf mir PKK-Zugehörigkeit vor.

Wurde gegen Sie ein Verfahren eingeleitet? Nein, ich wurde einfach freigelassen.

Gab es weitere Festnahmen? Ich kehrte nach Cihanbeyli zurück und schilderte im Zeitungsvertrieb den Vorfall. Ich machte trotzdem weiter.

Gab es weitere Festnahmen? Am 17.6.1994 wurde ich in Haraba festgenommen, wieder wegen der Zeitungen. Ich wurde einen Tag festgehalten, man drohte mir wieder, daß es mir beim nächsten Mal schlecht ergehen würde.

Wie oft wurden Sie insgesamt festgenommen? Insgesamt wurde ich in den sieben Monaten acht mal, für insgesamt fünfunddreißig Tage festgehalten.

Aus welchem Grund? Immer wegen des Verteilens von Zeitungen.

Wo? Jedesmal in einem anderen Dorf, außer in Kelhasan wurde ich nochmals festgenommen.

Gab es bei den Festnahmen außergewöhnliche Vorfälle? Ich wurde nie gefoltert, man schlug mich aber manchmal, zum Beispiel mit Fäusten. Man folterte mich nicht, da sie Angst hatten, ich würde einen Rechtsanwalt einschalten.

Wurde gegen Sie ein Verfahren eingeleitet? Nein, sonst wäre ja ein Anwalt ins Spiel gekommen.

Was wäre Ihnen geschehen, wenn Sie in der Türkei geblieben wären? Am 3.12.1994 war meine letzte Festnahme. Gegen Morgen dieses Tages wurden die Druckereien der Zeitung in Ankara und Istanbul durch Bomben beschädigt. Deshalb wurde ich festgenommen, ebenso andere Personen. Ich war einen Tag in Haft. Man sagte mir, daß die Druckereien nun zerstört seien und daß man uns nun einzeln festnehmen und töten würde.

Welche Funktion übten Sie beim Verlag aus? Ich war Verteiler. Wenn mir vorgehalten wird, daß es sich um eine legale Zeitung handelt, die auch jetzt noch immer erscheint, gebe ich an: Das stimmt, die Zeitung darf aber nicht gelesen werden. Wenn mir vorgehalten wird, daß diese Zeitung doch völlig öffentlich an Kiosken verkauft wird, gebe ich an: In der Türkei ist man schuldig, wenn man diese Zeitung liest.

Ist gegen Sie ein Strafverfahren anhängig? Nein, ich habe das ja freiwillig gemacht.

Wie erklären Sie diesen Umstand, wenn Sie ja angeblich monatelang angeblich verbotene Handlungen setzten? Man drohte mir nur mit Worten mit dem Tod.

Wurden gegen Mitarbeiter dieser Zeitung Strafverfahren eingeleitet? Ja. Einige befinden sich sogar in Haft.

Wie erklären Sie den Widerspruch, daß dann gegen Sie persönlich kein Strafverfahren eingeleitet wurde? Ich war ja keine wichtige Person.

Mir wird vorgehalten, daß meine Angaben unglaubwürdig sind und ich im Falle einer tatsächlichen Verfolgung auch nicht legal über den Flughafen Ankara hätte ausreisen können, dazu gebe ich an: Man drohte mir bei der letzten Festnahme mit der Ermordung.

Sie hielten sich doch auch vom 12.9.1994 bis zum 25.9.1994 in Bulgarien und Rumänien auf und kehrten trotz der angeblichen Vorfälle in die Türkei zurück? Die Familie sagte mir bei einem Anruf, es gäbe im Moment keine Gefahr. Bei den Festnahmen danach drohte man mir dann mit dem Umbringen.

Sie gaben doch zuerst an, Sie seien schon am Anfang mit dem Umbringen bedroht worden? Ja, aber nun war es ernst. Bis zu den Bombenanschlägen hatte ich keine Angst.

Ende der Niederschrift am 12.01.1995 um 09.40 Uhr.

Mir wurde der Inhalt der Niederschrift vom Dolmetsch zur Kenntnis gebracht und ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen."

Mit Bescheid vom 27. Jänner 1995 wies das Bundesasylamt den Antrag ab. Es begründete dies damit, daß den Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht Glauben zu schenken sei. Der Beschwerdeführer habe keine einzige Festnahme glaubhaft geschildert und selbst auf konkrete Fragen nach außergewöhnlichen Vorfällen während der Haft nur mit einigen wenigen Worten geantwortet. Wäre er tatsächlich in Haft gewesen und mißhandelt worden, so müßte dies den Mittelpunkt seiner Aussage darstellen und der Beschwerdeführer zu detaillierteren Angaben in der Lage sein. Der ursprünglichen Aussage des Beschwerdeführers, er sei schon bei der ersten Festnahme mit der Ermordnung bedroht worden, widerspreche die Tatsache seiner freiwilligen Rückkehr aus Rumänien und Bulgarien im September 1994. Die spätere Version, man habe ihn "erst anläßlich der Festnahmen danach bedroht", widerspreche der ursprünglichen Aussage. Daß man ihn anläßlich der Sprengstoffanschläge festgenommen und wieder freigelassen habe, sei aus näher dargestellten Gründen völlig unlogisch. Gleiches gelte für die Behauptung, das Lesen einer nicht verbotenen Zeitung sei strafbar. Ein "letzter Beweis für die Unwahrheit" der Angaben sei die Behauptung, der Beschwerdeführer habe bis zu den Bombenanschlägen keine Angst gehabt, während es seiner Darstellung zufolge nach diesen Anschlägen "ernst" gewesen sei. Das sei nur ein schwacher Versuch des Beschwerdeführers gewesen, die Widersprüche in der Aussage zu erklären.

In seiner Berufung wiederholte der Beschwerdeführer Teile seiner erstinstanzlichen Angaben und führte aus, die von ihm verteilte Zeitung unterstütze nicht die PKK, berichte aber wahrheitsgemäß über die Vorgänge in der Südost-Türkei. Es sei richtig, daß der Druck dieser Zeitung erlaubt, die Lektüre aber verboten und strafbar sei. Die Druckerlaubnis habe nur den Zweck, der Öffentlichkeit und der Welt zu zeigen, wie demokratisch die Regierung sei. Am 2. Jänner 1995 sei die Zeitung ganz verboten worden, wofür ein der Berufung beigelegter Artikel der Zeitung "Standard" vom 5. Februar 1995 als Beweismittel diene. Die Tätigkeit als Verteiler sei für den Beschwerdeführer nicht ungefährlich gewesen. Er sei ständig von Polizeibeamten angehalten und kontrolliert worden. Dabei sei brutal vorgegangen und neben der Verbrennung der Zeitungen auch der Beschwerdeführer geschlagen und an seinem Fahrzeug die Luft aus den Reifen gelassen worden. In der Türkei werde jeder Kurde als Terrorist bezeichnet und "somit" sei der Beschwerdeführer am 3. Juni 1994 in Cihanbeyli zum ersten Mal verhaftet worden. Während der fünftägigen Haft sei er für den Fall, daß er nochmals erwischt werde, mit der Ermordnung bedroht worden. Er glaube, daß das seiner Einschüchterung und dem Zweck gedient habe, ihm Angst einzujagen. Die Polizeistationen in den Dörfern seien "das Gesetz für die Einwohner dieser Dörfer" und machten, was sie wollen. Wer verhaftet oder hingerichtet werde, werde in der Öffentlichkeit nicht bekanntgegeben. Nach seiner Entlassung aus der Haft sei er nach Rumänien geflohen, um dort einen Asylantrag zu stellen. Er habe dem Busfahrer Schmiergeld gezahlt und so sei es ihm gelungen, die Grenze zu passieren. Von Rumänien aus habe er - noch vor Stellung eines Asylantrages - seine "Kollegen im Dorf" angerufen. Diese hätten ihm gesagt, daß die Lage inzwischen beruhigt sei und er zurückkehren solle. Nach der Rückkehr habe er seine Adresse und das Kennzeichen seines Fahrzeugs geändert, sei aber trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen "von der Polizei aufgespürt" worden. Innerhalb von sieben Monaten sei er acht Mal verhaftet worden und habe 35 Tage in Haft verbracht. Die Verhaftung am 3. Dezember 1994 sei kurz nach "dem Sprengstoffanschlag gegen die Redaktion" der vom Beschwerdeführer vertriebenen Zeitung erfolgt. Die Verhaftung habe "mit dem Sprengstoffanschlag nicht zu tun". Man habe ihn und die mit ihm verhafteten Kollegen damit "für immer loswerden" wollen. Er sei "einen Tag in Haft" gewesen und geschlagen, dabei aber keiner Folterung ausgesetzt worden, um keine Spuren einer Folterung zu hinterlassen und die Einmischung von Menschenrechtsorganisationen, die in Cihanbeyli aktiv seien, und der Anwaltschaft zu vermeiden. Nach der Entlassung habe er aus Österreich eine Einladung erhalten, die er "schon früher bestellt" gehabt habe, und sei ausgereist. Bei der Einvernahme am 12. Jänner 1995 habe man ihm so wenig Zeit gelassen, daß er fast nichts habe sagen können. Er habe den Beamten gefragt, ob er noch weiter erzählen könne. Dies sei vom Dolmetscher auch wörtlich übersetzt worden, zumindest glaube der Beschwerdeführer das. Der Beamte habe geantwortet, der Beschwerdeführer werde bei der Berufung genug Zeit haben, um weitere Aussagen zu geben, und habe ihm auch schon angekündigt, daß er kein Asyl bekommen werde.

Der Berufung legte der Beschwerdeführer die Kopie eines Artikels aus dem "Standard" vor, nach dessen Inhalt in der Türkei eine "Prozeßlawine gegen Intellektuelle" im Gange sei, welche mit Anklagen wegen Unterstützung für die PKK zum Schweigen gebracht werden sollten, und u.a. die pro-kurdische Zeitung "Özgür Ülke" verboten worden sei, weil ein Gericht befunden habe, sie sei "nichts anderes als die Fortsetzung der vor einem Jahr verbotenen pro-kurdischen Zeitung "Özgür Gündem". Weiters legte der Beschwerdeführer in Fotokopie und mit beglaubigter Übersetzung einen mit 23. Jänner 1995 datierten "Festnahmebefehl für Sträflinge" vor, nach dessen Inhalt ihn die Staatsanwaltschaft Cihanbeyli wegen eines Urteils des Staatssicherheitsgerichts als Verteiler von separatistischen Zeitungen zur Festnahme ausgeschrieben habe, damit er seine Strafe verbüße. Das Vorbringen in der Berufung nahm auf diese Urkunde nicht bezug.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie übernahm zunächst "die Sachverhaltsdarstellung und die zutreffende rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides". Den Berufungsausführungen hielt sie entgegen, der Beschwerdeführer habe selbst unterschrieben, daß die Niederschrift richtig und vollständig sei. Der vorgelegte Haftbefehl sei falsch ausgefüllt und daher als Fälschung anzusehen. Der Beschwerdeführer habe auch selbst angegeben, gegen ihn sei kein Strafverfahren eingeleitet worden. Da er sich zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt des Verbotes der Zeitung nicht mehr in der Türkei aufgehalten habe, habe er sich durch deren angebliches Verteilen auch gar nicht strafbar machen können. Auch gehorche "erfahrungsgemäß eine Verfolgung einem rationalen Kosten-Nutzen-Kalkül", was u.a. eine Verfolgung von Personen, die "nur in untergeordneter Rolle politisch tätig" gewesen seien, als nicht glaubhaft erscheinen lasse. Dafür spreche beim Beschwerdeführer auch, daß er nach den von ihm vorgebrachten Festnahmen immer nach kurzer Zeit wieder entlassen worden sei. Hätten die türkischen Behörden tatsächlich Interesse an der Verfolgung seiner Person gehabt, so wäre er in Haft behalten worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kritisiert der Beschwerdeführer die belangte Behörde zunächst insoweit, als er vermeint, sie habe sich "darauf beschränkt, hinsichtlich rechtlicher Beurteilung und den Feststellungen auf den erstinstanzlichen Bescheid zu verweisen" und damit ihre Begründungspflicht verletzt. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde sich nicht auf diese Verweisung "beschränkt" hat und die Verweisung insofern, als sie die Auseinandersetzung mit dem in erster Instanz erstatteten Vorbringen betrifft, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften bedeutet. Die belangte Behörde war dadurch nur der Pflicht, sich mit dem Berufungsvorbringen insoweit, als es nicht in von vornherein erkennbarer Weise unzutreffend war, an der Sache vorbeiging oder (im Asylverfahren) wegen § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zu berücksichtigen war, auseinanderzusetzen, nicht enthoben. Die BLOßE Verweisung auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides kam insoweit nicht in Frage (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 595 f, wiedergegebene Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat sich mit dem Berufungsvorbringen aber ohnehin auch auseinandergesetzt, weshalb die diesbezügliche Kritik der Beschwerde ins Leere geht.

Dem Vorhalt der belangten Behörde, der mit der Berufung vorgelegte Haftbefehl sei erkennbar gefälscht, tritt die Beschwerde mit keinem Wort entgegen. Gerügt wird dafür, der ebenfalls mit der Berufung vorgelegte Zeitungsartikel sei nicht berücksichtigt worden. Dem steht entgegen, daß der Zeitungsartikel zum Beweis für das Verbot der vom Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen verteilten Zeitung im Jänner 1995 (und somit nach der Ausreise des Beschwerdeführers) vorgelegt wurde und die belangte Behörde diese Behauptung ihrer auf den Zeitpunkt des Verbotes abstellenden Argumentation ohnehin zugrunde legte. Daß der Beschwerdeführer in die in dem Artikel darüber hinaus noch dargestellte "Prozeßlawine gegen Intellektuelle" einbezogen worden sei, hatte er nicht behauptet.

Den in der Berufung noch erhobenen Vorwurf, die Einvernahme des Beschwerdeführers sei zu kurz gewesen und der Beschwerdeführer sei (zu ergänzen: entgegen § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991) mit dem Wunsch, "noch weiter zu erzählen", auf die Berufung verwiesen worden, macht die Beschwerde nicht mehr geltend. Sie stützt sich stattdessen auf die Behauptung, sämtliche von der Behörde erster Instanz kritisierten Widersprüche seien "in der Berufung behandelt" und es sei auch vorgebracht worden, "daß der Dolmetscher unvollständig übersetzt habe". Dabei sei "zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer Kurde ist, der Übersetzer jedoch der türkischen Volksgruppe zuzugehören scheint". Die belangte Behörde hätte dem damit angetretenen "Gegenbeweis für die unrichtige Übersetzung" ungeachtet der Beweiswirkung der Niederschrift "nachgehen müssen".

Diese Ausführungen stehen in direktem Widerspruch zu den Angaben in der Berufung, wonach der Beschwerdeführer "fast nichts aussagen" konnte und der in der Berufung nur in diesem Zusammenhang erwähnte Dolmetscher die Frage des Beschwerdeführers, ob er noch weiter erzählen könne, nach dem Dafürhalten des Beschwerdeführers "auch wörtlich übersetzt" habe. Die Beschwerdeausführungen zu diesem Thema sind daher nicht geeignet, einen Mangel des Berufungsverfahrens aufzuzeigen und die auf die Niederschrift gestützten, nach deren Inhalt auch nicht unschlüssigen Argumente der belangten Behörde in bezug auf den Verlauf der Vernehmung zu widerlegen.

Was die Argumente anlangt, mit denen schon das Bundesasylamt die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers verneinte, so setzt die Beschwerde dem nur entgegen, es seien "entsprechende Fragestellungen in hinreichender Deutlichkeit ... nicht gestellt" worden. Davon kann in bezug auf die vom Bundesasylamt aufgegriffenen Widersprüche in der Aussage im Hinblick auf deren ausdrücklichen Vorhalt gegen Ende der Einvernahme nicht die Rede sein. Berechtigt ist die Kritik an den von der belangten Behörde übernommenen Elementen dieser Bescheidbegründung nur insoweit, als sie sich gegen den Vorwurf mangelnder Detailangaben zu den Festnahmen wendet (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 92/01/1117). Angesichts der nicht unerheblichen Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers reicht das nicht aus, um die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Beweiswürdigung insgesamt in einem im Rahmen der beschränkten Sachverhaltskontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Ausmaß zu erschüttern.

Aus dem Umstand, daß das im angefochtenen Bescheid darüber hinaus noch enthaltene, in der Beschwerde mit Recht kritisierte Argument eines "rationalen Kosten-Nutzen-Kalküls" einer Schlüssigkeitsprüfung nicht standhält (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 17. Juni 1992, Zlen. 91/01/0207, 208, vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0394, vom 23. Mai 1995, Zl. 94/20/0806, und mehrere daran anschließende Erkenntnisse), ist für den Beschwerdeführer unter diesen Umständen nichts zu gewinnen.

Sind die Behauptungen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig, so begründet die Versagung des Asyls auch keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde erschöpfen sich auch in abstrakten, nicht auf den Fall bezogenen Ausführungen zum Begriff der begründeten Furcht vor Verfolgung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von einer Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200198.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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