RS Vwgh 2021/12/15 Ro 2019/13/0008

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

KStG 1988 §8 Abs4 Z2
KStG 1988 §9

Rechtssatz

Eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur liegt nach der hL und Verwaltungspraxis dann vor, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden (vgl. Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 8 Tz 545; Raab/Renner in Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG32, § 8 Rz 1430; KStR 2021, Rz 995). Im Hinblick auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist dabei auf das tatsächliche Wirken in der Geschäftsführung abzustellen (vgl. Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2, § 9 Rz 248b; Renner, GES 2019, 160; Raab, SWK 3/2019, 105; Aigner/Kofler/Moshammer/Tumpel, SWK 27/2013, 1196; krit. Schirmbrand, SWK 11/2013, 578). Wird eine Organstellung nur formal beibehalten, kann dies daher die Wirkungen des Mantelkaufs nicht verhindern. Ein solcher Fall kann etwa vorliegen, wenn der (oder die) neue(n) Geschäftsführer alleinvertretungsbefugt und die bisherigen Geschäftsführer nur kollektiv zeichnungsberechtigt sind, jedoch - vor allem im Konzern - auch, wenn zwar eine kollektive Vertretungsbefugnis besteht, die "Alt-Geschäftsführer" aber außer dem formalen Leisten der erforderlichen Unterschriften nicht mehr aktiv in die Geschäftsführung und Willensbildung eingebunden sind. Ein Indiz für eine bloß formale Belassung einer Organstellung kann vorliegen, wenn in einer weitgehend funktionslosen Gesellschaft ein weiterer Geschäftsführer unter Beibehaltung der "Alt-Geschäftsführer" bestellt wird, wenn die Geschäftsführungsaufgaben eine derartige Zahl an Geschäftsführern nicht rechtfertigen und für die Belassung kein nachvollziehbarer Grund genannt werden kann. Bedeutung kann auch dem Verhältnis der Gehälter der jeweiligen Geschäftsführer zueinander zukommen sowie den von den Geschäftsführern jeweils übernommenen Tätigkeitsbereichen. Letztlich ist nach einem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob sich die organisatorische Struktur so wesentlich verändert hat, dass - zusammen mit den anderen Strukturänderungen - die Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben ist und damit die Mantelkaufbestimmung zur Anwendung gelangt. Dabei ist nicht von Belang, ob innerhalb eines Konzerns von der Konzernspitze oder einer oberen Gesellschaft Einfluss auf die Geschäftsführung genommen werden könnte, weil es auf die tatsächlichen Gegebenheiten bei der betroffenen Körperschaft ankommt. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 sieht keine Ausnahmen für Konzernvorgänge vor.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019130008.J13

Im RIS seit

24.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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