RS Vwgh 2021/12/21 Ro 2019/21/0015

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 21.12.2021
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E19103000
L08014 Vereinbarungen nach Art 15a B-VG Oberösterreich
L92404 Betreuung Grundversorgung Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art15a
EURallg
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004 Art1 Abs5
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004 Art2
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004 Art6 Abs1
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004 Art7
Grundversorgung Vereinbarung Art15a B-VG OÖ 2004 Art8
GrundversorgungsG OÖ 2006 §1
VwRallg
32013L0033 Aufnahme-RL Art17
32013L0033 Aufnahme-RL Art17 Abs5

Rechtssatz

Werden an sich vorgesehene Sachleistungen rechtswidrig vorenthalten, dann lässt dies das Entstehen von Geldleistungsansprüchen zu (vgl. Art. 17 Aufnahme-RL). Denn werden die "materiellen Aufnahmebedingungen" nicht als Sachleistung gewährt, so kann das nur so verstanden werden, dass die Behörde von der Option einer Gewährung von Grundversorgung "in Form von Geldleistungen" Gebrauch machen will (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0154). Nach Art. 17 Abs. 5 der Aufnahme-RL bemisst sich, wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen gewähren, deren Umfang auf Grundlage des Leistungsniveaus, das der betreffende Mitgliedstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwendet, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können Antragstellern in dieser Hinsicht eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen zuteil werden lassen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt wird oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende, Leistungsniveau darauf abzielt, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liegen. Das Oö. GrundversorgungsG 2006 enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen, welche Geldleistungen anstelle von Sachleistungen zu gewähren sind. In § 1 Oö. GrundversorgungsG 2006 wird lediglich allgemein auf "die in der Grundversorgungsvereinbarung, LGBl. Nr. 93/2004, vorgesehenen Hilfen und Maßnahmen", die vom Land Oberösterreich hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, die ihren Hauptwohnsitz und Aufenthalt in Oberösterreich haben, "zu erbringen" sind, verwiesen. Das bezieht sich erkennbar in erster Linie auf die in Art. 6 Abs. 1 dieser Vereinbarung genannten, im Allgemeinen von der Grundversorgung umfassten Sachleistungen, wie insbesondere Unterbringung, Versorgung mit angemessener Verpflegung, Sicherung der Krankenversorgung, Gewährung eines monatlichen Taschengeldes, sowie auf die in Art. 7 und 8 legcit. Sonderbestimmungen für unbegleitete minderjährige Fremde und für Massenfluchtbewegungen. Zu dieser Verweisung auf die Grundversorgungsvereinbarung ist allerdings anzumerken, dass Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG keine Rechte und Pflichten Dritter begründen können, sondern dazu der Transformation bedürfen. Sie binden vielmehr die Vertragspartner (also Bund bzw. Länder) untereinander, was bedeutet, dass (nur) die Organe der jeweils beteiligten Gebietskörperschaften durch die Vereinbarung gebunden werden (vgl. VfGH 9.10.2018, A1/2017, VfSlg. 20.284). Die Grundversorgungsvereinbarung kann keine Rechte und Pflichten der einzelnen Rechtsunterworfenen begründen (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0154). Das findet auch in Art. 1 Abs. 5 legcit. seinen Niederschlag, indem es dort heißt, diese Vereinbarung begründe keine Rechtsansprüche für die in Art. 2 legcit. als Zielgruppe genannten Fremden. Ohne entsprechenden Transformationsakt, der den Normunterworfenen berechtigt und verpflichtet, entfaltet eine Vereinbarung nach Art. 15a B-VG für den Normunterworfenen somit keine Rechtswirkungen. Geltungsgrund der den Normunterworfenen bindenden Vorschrift ist nach einer solchen Transformation nicht die Vereinbarung nach Art. 15a B-VG, sondern das Gesetz oder die Verordnung, selbst wenn diese nur den Text der Vereinbarung wörtlich übernehmen (vgl. VfGH 17.6.1994, G 231/92, u.a., VfSlg. 13.780).

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019210015.J04

Im RIS seit

24.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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