Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §10 Abs1Rechtssatz
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde. Nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Rückkehrentscheidung nämlich mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden", nach § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 hat sie "unter einem" zu ergehen; sie setzt also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, vorwegzunehmen. Diese Überlegungen lassen sich auf eine Konstellation übertragen, in der ein Antrag auf internationalen Schutz während eines Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung gestellt wird. Da die Anordnung zur Außerlandesbringung - ebenso wie bei anderen Fällen der negativen Erledigung eines Antrags auf internationalen Schutz die Rückehrentscheidung - gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm. § 61 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 mit der nach § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückweisenden, eine Zuständigkeit Österreichs zur Antragsprüfung verneinenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden" ist und ihre Voraussetzung die vorrangig im (Zulassungs-)Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zu klärende Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates für die Prüfung des Antrags ist, gilt auch hier, dass die Erlassung der aufenhaltsbeendenden Maßnahme vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem auch eine behauptete Unzulässigkeit der Abschiebung in den zuständigen Dublin-Staat unter dem Gesichtspunkt insbesondere des Art. 3 MRK zu prüfen wäre, nicht zulässig ist. Ein anhängiges Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung wäre einzustellen, und eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Anordnung zur Außerlandesbringung wäre vom VwG ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162). Dass § 61 Abs. 4 FrPolG 2005 das Außerkrafttreten der Anordnung zur Außerlandesbringung vorsieht, "wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AyslG 2005 zugelassen wird", steht dem nicht entgegen.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210328.L01Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022