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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. November 1994, Zl. 4.344.320/2-III/13/94, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Irak, vom 24. Juni 1994 auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention), als unzulässig zurückgewiesen.
Der Antragsteller hatte sein Feststellungsinteresse und die Zuständigkeit der Asylbehörde wie folgt begründet:
"Der Antrag ist nämlich das einzig mögliche und notwendige Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung
(VfSlg 2653/1954). Der Antragsteller hat nicht die Möglichkeit, im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens die Frage seiner Flüchtlingseigenschaft klären zu lassen, weil der Innenminister als Berufungsbehörde in Asylverfahren es in ständiger Rechtsprechung ablehnt, über die Frage der Flüchtlingseigenschaft zu entscheiden, wenn der Ausschlußgrund nach § 2 Abs. 2 Zif. 3 AsylG vorliegt.
Der Antragsteller hat aber ein rechtliches Interesse an der Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft, weil er so die Rechte aus der Genfer Konvention direkt geltend machen kann. Zu diesem Recht gehört insbesondere der Schutz von Zurückschiebung.
Die angerufene Behörde ist zur Entscheidung über diesen Antrag zuständig, weil sie auch zuständig wäre, diese Fragen im Rahmen eines Asylverfahrens zu überprüfen (VfSlg 6050/1969). Darüberhinaus sind gemäß § 10 Abs. 2 AsylG die Asylbehörden mit besonders qualifizierten und informierten Bediensteten besetzt."
Das Bundesasylamt wies den Antrag mit folgender Begründung zurück:
"Gemäß Artikel 18 BVG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund bestehender Gesetze vollzogen werden.
Weder das AsylG 1991 noch andere Rechtsvorschriften kennen eine gesetzliche Ermächtigung zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft.
Aus diesem Grund hat das Bundesasylamt keine Ermächtigung zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
In der dagegen erhobenen Berufung führt der Beschwerdeführer aus:
"Die Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, im folgenden "Genfer Flüchtlingskonvention" genannt, BGBl 55/1955, i. d.F. BGBl 78/1974, ist jenes Gesetz, das die Behörde anzuwenden hätte. Jahrzehntelang, nämlich bis zum 31.5.1992, hat Österreich (im besonderen die Sicherheitsdirektionen) aufgrund dieses Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft festgestellt (oder nicht).
Nachdem dieses Gesetz nicht geändert wurde gibt es keinen Grund zur Annahme, warum jetzt diese Flüchtlingseigenschaft nicht mehr festgestellt werden könnte.
Die Erstbehörde meint, keine Ermächtigung zu einem Feststellungsbescheid zu haben; dies ist unrichtig: Gemäß § 2 AsylG gewährt Österreich Flüchtlingen Asyl. Gemäß § 10 AsylG ist das Bundesasylamt zur Entscheidung darüber zuständig, wozu sogar "besonders qualifizierte und informierte Bedienstete heranzuziehen sind".
Das Bundesasylamt hat also die Frage der Flüchtlingseigenschaft als Vorfrage in einem Asylverfahren zu prüfen. Wenn ein Flüchtling aber auf das Asyl verzichtet, so hat er doch aufgrund der Bestimmungen der Genfer Konvention die Möglichkeit, sich seine Flüchtlingseigenschaft anerkennen zu lassen, wobei aufgrund der vorgeschilderten Bestimmungen auch das Bundesasylamt zuständig ist."
Daraufhin erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß sich der Gesetzgeber des AsylG 1991 im Gegensatz zur Regelungstechnik des AsylG (1968) nicht für eine Verweisung auf eine völkerrechtliche Norm entschieden habe, sondern für eine nur dem österreichischen Rechtsbestand angehörige Definition des Begriffes des "Flüchtlings". Vollständige Identität zwischen der völkerrechtlichen und der österreichischen Definition könne dadurch, daß der authentische Text der Genfer Flüchtlingskonvention gemäß deren Art. 46 nur in englischer und französischer Sprache vorliege und völkerrechtliche Normen "auch andere Interpretationszugänge denn innerstaatliche" erhielten, nicht erreicht werden. Die Genfer Flüchtlingskonvention gehöre dem österreichischen Rechtsbestand unmittelbar an, ohne daß sie erst durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen wäre, und werde gemäß § 26 AsylG 1991 von diesem auch nicht berührt. Sie sehe aber keine Kompetenznormen vor, aus denen sich die Zuständigkeit einer konkreten österreichischen Behörde zur Vollziehung der Genfer Flüchtlingskonvention im Hauptfragenbereich ableiten ließe. Eine solche Kompetenz habe noch das Asylgesetz 1968 genannt, welches aber durch die Verfassungsbestimmung des § 27 Asylgesetz 1991 außer Kraft getreten sei. Durch diese Derogationsklausel habe der österreichische Verfassungsgesetzgeber somit den eindeutigen Willen erkennen lassen, das Institut der bescheidmäßigen Feststellung der Flüchtlingseigenschaft der völkerrechtlich definierten Flüchtlingseigenschaft aus dem österreichischen Rechtsbestand zu eliminieren. Daher komme dem Bundesasylamt keine sachliche Zuständigkeit für die beantragte Feststellung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu. Wenn einzelne österreichische Rechtsvorschriften in ihrem Tatbestandbereich auf die Flüchtlingseigenschaft gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention abstellten, so habe jede damit befaßte Behörde die Frage der Flüchtlingseigenschaft "incidenter" zu beurteilen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, der mit Beschluß vom 16. März 1995, B 2780/94-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat, nach deren Ergänzung erwogen:
Zunächst übersieht der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde nicht seine Berufung - wie er behauptet -, sondern den zugrundeliegenden Antrag vom 24. Juni 1994 zurückgewiesen hat.
Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde als Beschwerdepunkt an, er sei in seinem Recht, als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt zu werden, verletzt worden.
Auch der Beschwerdeführer geht davon aus, daß nach der früheren Rechtslage gemäß § 2 Abs. 1 AsylG (1968) bescheidmäßig eine Feststellung darüber zu treffen war, ob die nach § 1 (betreffend die Flüchtlingseigenschaft) maßgebenden Voraussetzungen gegeben waren, jedoch das - im vorliegenden Beschwerdefall anzuwendende - Asylgesetz 1991 lediglich der Asylbehörde darüber die Entscheidung auferlegt, ob einem Asylwerber Asyl zu gewähren ist, wobei einem solchen Antrag nur dann stattzugeben ist, wenn nach "diesem Bundesgesetz" (Asylgesetz 1991) glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling und die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 leg. cit. ausgeschlossen ist. Die Beantwortung der Frage nach der Flüchtlingseigenschaft eines Asylwerbers liegt nach dieser gesetzlichen Konzeption lediglich - wie auch der Beschwerdeführer selbst erkennt - im Vorfragenbereich. Eine gesonderte Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Spruch eines verwaltungsbehördlichen Bescheides kommt daher nach der durch das Asylgesetz 1991 geschaffenen Rechtslage nicht mehr in Betracht (vgl. insbesondere die ausführlichen Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0071, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Aus den dort genannten, auch auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200281.X00Im RIS seit
11.07.2001