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L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz VorarlbergNorm
AVG §13Rechtssatz
"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der belangten Behörde gebildet hat. Dabei bestimmt der Antrag grundsätzlich den Umfang der Sache (vgl. VwGH 5.10.2021, Ra 2020/10/0134). Der verfahrenseinleitende Antrag (iSd. § 34 Abs. 1 Vlbg NatSchG 1997) der Gemeinden war auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für ein bestimmtes Projekt gerichtet. "Sache" des Verfahrens war somit die Bewilligungsfähigkeit dieses Vorhabens nach Maßgabe der Vorschriften des Vlbg NatSchG 1997. Danach war die belangte Behörde verpflichtet, (von Amts wegen) das Vorliegen sämtlicher Bewilligungsvoraussetzungen, sohin gegebenenfalls auch das Vorliegen der Erfordernisse für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung nach § 15 Abs. 5 Vlbg NatSchG 1997 iVm § 12 Vlbg NatSchV 1998, zu prüfen. Dies erhellt insbesondere auch aus den Bestimmungen des § 35 Abs. 5 und 37 Abs. 3 Vlbg NatSchG 1997, aus denen sich ergibt, dass ua. auch die in § 15 legcit. geregelten Ausnahmebewilligungen lediglich einen Fall der im Vlbg NatSchG 1997 vorgesehenen "Bewilligung" darstellen (für die insbesondere die Bestimmungen des IV. Hauptstückes "Verfahren, Beteiligung und Organisation" gelten). Aus dem System der Bewilligungsvoraussetzungen ergibt sich sohin, dass über den Bewilligungsantrag des Projektwerbers eine (einheitliche) Entscheidung zu ergehen hat, die auf die Bewilligungsvoraussetzungen nach allen in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbeständen kumulativ Bedacht nimmt (vgl. VwGH 1.3.2021, Ra 2019/10/0164; VwSlg. 16.335 A). Dass die antragstellenden mitbeteiligten Parteien nicht ausdrücklich um Erteilung einer (allenfalls) erforderlichen artenschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung angesucht haben, ändert am solcherart definierten - weiten - Verfahrensgegenstand nichts. § 46c Abs. 2 lit. f) Vlbg NatSchG 1997 räumt dem Naturschutzanwalt aber das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an das VwG (sowie in weiterer Folge das Revisionsrecht) hinsichtlich jener Vorhaben ein, für die eine artenschutzrechtliche Ausnahmebewilligung nach § 15 Abs. 5 und 6 Vlbg NatSchG 1997 erforderlich ist. Dem Beschwerderecht des Naturschutzanwaltes unterliegt damit nicht nur die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung nach § 15 Abs. 5 oder 6 legcit. Der Naturschutzanwalt ist auf der Grundlage des § 46c Abs. 2 lit. f) legcit. gegebenenfalls auch berechtigt, die von der Behörde der Bewilligungserteilung (nach § 35 legcit.) - implizit oder explizit - zugrunde gelegte Auffassung, dass kein ausnahmebewilligungspflichtiges "Vorhaben" vorliege, zu bekämpfen. Das VwG wäre daher im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen, die Frage, ob das gegenständliche Projekt allenfalls dem Tatbestand des § 15 Abs. 5 legcit. zuzuordnen ist, zu prüfen und dazu entsprechende Feststellungen zu treffen (vgl. VwGH 3.7.2000, 2000/10/0002). Die Auffassung des VwG, die Beschwerdelegitimation des Naturschutzanwaltes sei von der Formulierung des Bewilligungsantrags abhängig, greift zu kurz.
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt des Spruches DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020100082.L02Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022