TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/12 96/20/0485

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Veröffentlicht am 12.09.1996
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §12 Abs7 idF 1994/520;
WaffG 1986 §12 Abs7;
WaffGNov 1994;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 15. April 1994, Zl. Wa-98/96, betreffend Antrag auf Aufhebung eines Waffenverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 1. März 1994, Zl. 11-W/94, gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986 verboten, Waffen und Munition zu besitzen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer am 25. Jänner 1994 stark alkoholisiert nach Hause gekommen sei, sich äußerst aggressiv gegenüber seiner Gattin verhalten, sie beschimpft und sie mit dem Umbringen bedroht habe. In der Folge habe er zwei Schüsse abgegeben. Er habe dann noch wirre Angaben gemacht in bezug darauf, daß er angeblich hypnotisiert worden sei und daß ihn zwei Männer bedroht hätten. Es sei bekannt, daß der Beschwerdeführer zum Trunk neige und die Familienangehörigen, insbesondere die Ehegattin, von ihm jahrelang tyrannisiert worden seien und jederzeit mit ihrem gewaltsamen Tod gerechnet hätten. Der Beschwerdeführer habe sich in Behandlung eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie befunden.

Am 8. August 1995 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Waffenverbotes mit der Begründung, daß sich sein gesundheitlicher und psychischer Zustand seit dem Vorfall vom 25. Jänner 1994 wesentlich gebessert habe, er sich nachweislich wohlverhalten habe und es zu keinen Aggressionshandlungen gekommen sei. Er bot an, sich einer entsprechenden medizinischen Untersuchung und einem psychologischen Test für die Eignung zum Besitz von Waffen und Munition zu unterziehen.

Mit Bescheid vom 15. Februar 1996 wies die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten - nach Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme, aber ohne umfassende medizinische Untersuchung zur Frage der physischen und psychischen Eignung des Beschwerdeführers zum Waffenbesitz - diesen Antrag ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, daß eine noch nicht getilgte gerichtliche und verwaltungsstrafrechtliche Vorstrafe vorliege, die Verläßlichkeit im Sinne des Waffengesetzes nicht gegeben sei und insbesondere die Gründe für die Erlassung des Waffenverbotes noch nicht weggefallen seien.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes seien nicht weggefallen. Der Beschwerdeführer sei wegen des der Erlassung des Waffenverbotes zugrunde liegenden Sachverhaltes vom Landesgericht St. Pölten mit Urteil vom 25. März 1994 wegen § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Er sei für schuldig befunden worden, er habe "im Jänner 1994 zu wiederholten Malen in WCS durch die Äußerung, er werde sie umbringen, wonach er überdies mit einem Gewehr zwei Schüsse in die Luft abgab, gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen". Dieses vom Strafgericht rechtskräftig festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers begründe alleine schon zwingend die Erlassung eines Waffenverbotes. Das angebliche Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit dem Vorfall im Jänner 1994 vermöge am Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes nichts zu ändern, zumal der Zeitraum des Wohlverhaltens von ca. zwei Jahren jedenfalls noch zu kurz sei, um eine andere Beurteilung zu ermöglichen. Zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes (noch) bestünden. Für diese Beurteilung sei auf den Sachverhalt Bedacht zu nehmen, der zur Erlassung des Waffenverbotes geführt habe. Der Zeitraum eines allfälligen Wohlverhaltens des Betroffenen ab der Erlassung des Waffenverbotes sei dabei angemessen zu berücksichtigen. Aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers und des dieser Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhaltes sowie des im erstinstanzlichen Bescheid zitierten (im angefochtenen Bescheid nicht inhaltlich wiedergegebenen) Gutachtens des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten lägen beim Beschwerdeführer auch derzeit noch Tatsachen im Sinne des § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes vor. Der Berufung sei daher keine Folge zu geben gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Argument, nach § 12 Abs. 7 Waffengesetz 1986 in der geltenden Fassung habe der Beschwerdeführer ein Recht auf Aufhebung des Waffenverbotes, wenn die Gründe für dessen Erlassung weggefallen seien. Das Waffenverbot sei wegen des Vorfalls vom 25. Jänner 1994 und des vorangegangenen tyrannisierenden und gewalttätigen Verhaltens des Beschwerdeführers gegenüber seinen Familienangehörigen und nicht aufgrund eines generellen Vorwurfes, daß der Beschwerdeführer "aufgrund seines Persönlichkeitsbildes oder aus physischen oder anderen psychischen Gründen" zum Besitz von Waffen oder Munition "nicht geeignet" sei, erlassen worden. Dabei habe nur der Zeitraum bis zum 1. März 1994 (dem Tag der Erlassung des Waffenverbotes) berücksichtigt werden können. Zu beurteilen sei, ob die Gründe für die Erlassung des Waffenverbotes danach weggefallen seien. Der Beschwerdeführer habe sich seither wohlverhalten und sei nicht nur in bezug auf den Umgang mit Waffen, sondern auch sonst nicht mehr "nachteilig in Erscheinung getreten". Die belangte Behörde habe sich zu Unrecht auf eine Gesamtschau der Persönlichkeit des Beschwerdeführers gestützt. Die für die Erlassung des Waffenverbotes maßgeblichen "zwei Komponenten" (offenbar gemeint: der Vorfall vom 25. Jänner 1994 und das vorangegangene, tyrannisierende und gewalttätige Verhalten gegenüber Angehörigen) seien "weggefallen". Ein Beobachtungszeitraum von mehr als zwei Jahren biete eine "entsprechende" Beurteilungsgrundlage. Wenn im Verfahren auch die mangelnde Verläßlichkeit des Beschwerdeführers aufgrund seiner physischen und psychischen Eignung "angezogen" werde, so sei das Verfahren diesbezüglich mangelhaft geblieben, weil eine medizinische Beurteilung nicht erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch die (erste) Waffengesetz-Novelle 1994, BGBl. Nr. 520/1994, wurde § 12 Waffengesetz 1986 in der bis dahin geltenden Fassung durch die Anfügung eines 7. Absatzes ergänzt. Ein gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz erlassenes Verbot ist danach "von der Behörde, die dieses Verbot in erster Instanz erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind".

In der Regierungsvorlage (wiedergegeben bei Hauer-Keplinger, WaffG 1986, Seite 41) wurde dazu ausgeführt:

"Da es im Hinblick auf ihre bessere Informationslage geboten scheint, auch in jenen Fällen das Waffenverbot durch die erstinstanzliche Behörde aufheben zu lassen, in denen seinerzeit eine Entscheidung der Berufungsbehörde erging, wird vorgeschlagen, daß Waffenverbote ausschließlich von der Behörde aufzuheben sind, die in erster Instanz entschieden hat. Weiters soll eine Antragslegitimation für den Betroffenen geschaffen und die Behörde erster Instanz verpflichtet werden, von Amts wegen ein Waffenverbot aufzuheben, wenn sie Kenntnis erhält, daß die für die Erlassung des Verbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sind; die Worte "von Amts wegen" sind allerdings nicht dahingehend auszulegen, daß die Behörde dazu verhalten wäre, ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte intervallmäßig zu prüfen, ob das Waffenverbot allenfalls aufzuheben sei."

Der Verwaltungsgerichtshof ging schon vor dieser Gesetzesänderung davon aus, daß die Aufhebung eines grundsätzlich unbefristet zu erlassenden Waffenverbotes möglich sei, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für seine Verhängung "weggefallen" seien (vgl. dazu das Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 90/01/0044). In bezug auf den dafür vorauszusetzenden Beobachtungszeitraum im Falle des Wohlverhaltens nach einer Anlaßtat, die zur Verhängung des Waffenverbotes führte, ist durch die nunmehrige gesetzliche Regelung keine Änderung eingetreten.

In dem zitierten Erkenntnis vom 25. April 1990 sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, angesichts einer Verurteilung wegen des Vergehens des schweren Eingriffes in ein fremdes Jagdrecht und einer Verurteilung wegen Mißachtung des Waffenverbotes, wobei im Zeitpunkt der Erlassung des damals angefochtenen Bescheides die erste dieser Verurteilungen fast sechs Jahre und die zweite etwas mehr als dreieinhalb Jahre zurücklag, sei der Zeitraum des Wohlverhaltens für die Annahme eines Wegfalles der Voraussetzungen des Waffenverbotes noch zu kurz. In diesem Zusammenhang führte der Verwaltungsgerichtshof auch aus, die Tilgung der Verurteilung wegen einer Straftat, die Anlaß zur Verhängung eines Waffenverbotes gewesen sei, sei zwar keine unmittelbare Voraussetzung für dessen Aufhebung, bei der Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung eines Waffenverbotes aber doch "mit ein Anhaltspunkt".

Im vorliegenden Fall liegen zwischen dem Verhalten, das Anlaß zur Verhängung des Waffenverbotes gab, und dessentwegen der Beschwerdeführer nach der unwidersprochenen Darstellung der belangten Behörde gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, einerseits und dem angefochtenen Bescheid andererseits nur etwas mehr als ZWEI Jahre. Wendet man den eben dargestellten, durch die seither eingetretene Gesetzesänderung nicht überholten Beurteilungsmaßstab an, der dem zitierten Erkenntnis vom 25. April 1990 zugrunde lag, so ergibt sich daraus, daß der im vorliegenden Fall gegebene Beobachtungszeitraum noch zu kurz ist, um aus einem Wohlverhalten während dieser Zeit den Schluß zu ziehen, daß die Gründe für die Erlassung des Waffenverbotes nicht mehr gegeben seien.

Der Inhalt der Beschwerde ließ schon aus diesem Grund erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996200485.X00

Im RIS seit

26.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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