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E1PNorm
BDG 1979 §123 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A B in C, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Mai 2021, Zl. W170 2240754-1/6E, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach dem BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdisziplinarbehörde; weitere Partei: Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die im Jahr 1978 geborene Revisionswerberin steht als Exekutivbeamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Mai 2021 wurde - in teilweiser Bestätigung des Bescheides der Bundesdisziplinarbehörde vom 23. Februar 2021 - gegen die Revisionswerberin wegen des Verdachts der schuldhaften Verletzung ihrer Dienstpflichten nach § 91 BDG 1979 gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Revisionswerberin stehe - zusammenfassend - unter Verdacht, zu fünf näher beschriebenen Anschuldigungspunkten (1. zwischen 18. und 20. Dezember 2019 zu einem LPD-Auftrag den genehmigten Umfang der Plandienststunden erhöht und diesen ohne Einbeziehung der ihr unmittelbar vorgesetzten Fachbereichsleiterin der Abteilungsleitung vorgelegt zu haben, ohne diese auf die Änderung aufmerksam zu machen, 2. am 28. Jänner 2020 ohne Berechtigung in der Dienstzeit Sport betrieben zu haben, 3. nach einem Unfall an diesem Tag ohne Meldung an ihre Vorgesetzte vom Dienst abgetreten zu sein, 4. am 3. November 2020 ohne Einbindung ihrer Vorgesetzten eine Anfrage der BVAEB an die LPD X beantwortet zu haben, obwohl diese Anfragebeantwortung ihren Dienstunfall betroffen habe und sie sich daher dazu enthalten hätte müssen, und 5. am 17. November 2020 ohne Zustimmung ihrer Vorgesetzten in der Blockzeit vom Dienst abgetreten zu sein) Dienstpflichtverletzungen nach §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 1. bzw. 2. Fall, 47 1. Satz, 51 Abs. 1 und 54 Abs. 1 BDG 1979 begangen zu haben.
3 Das Verfahren hinsichtlich zweier weiterer Vorwürfe stellte das Verwaltungsgericht ein bzw. wies es die von der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde erhobene Beschwerde, soweit sie sich gegen die Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens richtete, als unzulässig zurück. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2021, E 2362/2021-6, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Die nunmehr gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erhobene außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
6 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision u.a. die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte).
7 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens daher insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003; 3.2.2021, Ra 2020/06/0324-0326; 29.1.2020, Ra 2019/09/0118, jeweils mwN).
8 Die Revisionswerberin bringt unter Punkt „IV Beschwerde“ vor, sie erachte sich durch das bekämpfte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes „durch unrichtige Anwendung des BDG 1979 idgF, insbesondere der §§ 43, 43a, 44, 91, 93, 94, 109, 118 BDG, § 24 VwGVG sowie, in ihren Rechten auf willkürfreie Entscheidung sowie auch aus Art 47 und Art 48 GRC verletzt“.
9 Soweit die Revisionswerberin als Revisionspunkte eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aus dem B-VG („Recht auf willkürfreie Entscheidung“) geltend macht, fällt deren Prüfung nach Art. 144 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und damit nicht in jene des Verwaltungsgerichtshofes. Hinsichtlich einer Verletzung einzelner Artikel der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, mangelt es im Revisionsfall an einer nach Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta erforderlichen Durchführung des Rechts der Europäischen Union und somit an einem Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta überhaupt (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072, mwN).
10 Eine Verletzung im Recht auf Unterbleiben der Einleitung eines Disziplinarverfahrens mangels Vorliegens eines Disziplinarstraftatbestandes hat die Revisionswerberin nicht geltend gemacht (vgl. etwa erneut VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003, mwN). Eine dahingehende Umdeutung der behaupteten Rechtsverletzung scheidet nach der dargestellten Rechtsprechung jedoch aus (vgl. zu alldem außerdem VwGH 1.12.2021, Ra 2021/09/0246).
11 Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090258.L00Im RIS seit
24.02.2022Zuletzt aktualisiert am
01.03.2022