TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/19 VGW-031/016/10912/2021

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Veröffentlicht am 19.08.2021
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Entscheidungsdatum

19.08.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MaßnahmenG §3 Abs1
COVID-19-MaßnahmenG §8 Abs2 Z1
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 04te 2021 §5 Abs1 Z1
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 04te 2021 §5 Abs1 Z2
VStG 1991 §49 Abs1
ZustG §17
AVG §32 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde der A. B., C.-straße, Wien, vom 16.7.2021 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien,
Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 16.6.2021, Zl. ... , mit welchem der Einspruch der Beschwerdeführerin vom 12.6.2021 gegen die Strafverfügung vom 21.5.2021 gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) als verspätet zurückgewiesen wurde,

zu Recht:

I.   Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision – soweit die Revision nicht bereits nach § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen ist – nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.6.2021 wurde ein Einspruch der Beschwerdeführerin vom 12.6.2021 gegen eine Strafverfügung vom 21.5.2021 zur Zl. ... gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen. Mit dieser Strafverfügung war über die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung 1.) des § 8 Abs. 2 Z 1, § 3 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) iVm § 5 Abs. 1 Z 1 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID-19-SchuMaV), und 2.) des § 8 Abs. 2 Z 1, § 3 Abs. 1 COVID-19-MG iVm § 5 Abs. 1 Z 2 4. COVID-19-SchuMaV eine Geldstrafe von insgesamt € 240,— (Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt acht Stunden) verhängt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die – rechtzeitig erhobene – Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin ausführlich zum zugrundeliegenden Sachverhalt und ihrer persönlichen Situation äußert. Zur Verspätung des Einspruches führt sie lediglich an, dass (offenbar) ihr Vorgesetzter den Einspruch „einen Tag später abgegeben“ habe.

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt dem bezughabenden Akt des Verwaltungsverfahrens vor.

Das Verwaltungsgericht Wien stellt den folgenden Sachverhalt fest:

Gegenüber der Beschwerdeführerin erging eine Strafverfügung vom 21.5.2021 wegen Übertretung 1.) des § 8 Abs. 2 Z 1, § 3 Abs. 1 COVID-19-MG iVm § 5 Abs. 1 Z 1 4. COVID-19-SchuMaV, und 2.) des § 8 Abs. 2 Z 1, § 3 Abs. 1 COVID-19-MG iVm § 5 Abs. 1 Z 2 4. COVID-19-SchuMaV.

Diese Strafverfügung enthält eine vollständige und richtige Rechtsmittelbelehrung und wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch in der Post-Geschäftsstelle C.-straße, Wien, hinterlegt und ab dem 28.5.2021 zur Abholung bereitgehalten. Eine entsprechende Hinterlegungsanzeige wurde in die Abgabeeinrichtung an der Zustelladresse eingelegt und die Strafverfügung in der Folge auch am 31.5.2021 von der Beschwerdeführerin persönlich behoben.

Der Einspruch gegen die Strafverfügung wurde am 12.6.2021 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Würdigung des Beschwerdevorbringens. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich aus der dem Verwaltungsakt einliegenden Kopie der Strafverfügung (AS 17 ff.), insbesondere der darin enthaltenen Rechtsmittelbelehrung, dem diesbezüglichen Zustellnachweis (AS 24) sowie einer Kopie jenes E-Mails, mit dem der Einspruch eingebracht wurde (AS 27). Der entscheidungserhebliche Sachverhalt wurde in der Beschwerde auch nicht bestritten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat in rechtlicher Hinsicht hiezu erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß § 17 Zustellgesetz ist ein Dokument, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 leg.cit. regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen und das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird und mit dem ersten Tag dieser Frist gelten hinterlegte Dokumente als zugestellt.

Im Beschwerdefall wurde die Strafverfügung wie festgestellt postamtlich hinterlegt und ab dem 28.5.2021 zur Abholung bereitgehalten. Da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts hervorgekommen ist, das darauf schließen lässt, dass die Beschwerdeführerin wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte und auch nichts Derartiges vorgebracht wurde, gilt die Strafverfügung gemäß § 17 Zustellgesetz mit 28.5.2021 als zugestellt. Die gesetzliche Einspruchsfrist von zwei Wochen begann daher mit diesem Datum zu laufen und endete folglich – als eine nach Wochen bestimmte Frist gemäß § 32 Abs. 2 AVG – mit Ablauf des 11.6.2021. Der Einspruch wurde wie festgestellt erst am 12.6.2021 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht und ist damit – unabhängig von der Frage, von wem dieser eingebracht wurde – verspätet erhoben worden.

Bei der Einspruchsfrist handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckbar ist (vgl. VwGH 11.7.1988, 88/10/0113). Für die Zurückweisung des Einspruchs als verspätet ist allein die Versäumung der Einspruchsfrist maßgeblich. Ob ein Verschulden der Partei an der Verspätung vorliegt, wäre erst bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (vgl. zB VwGH 28.4.1993, 93/02/0051). Dem Verwaltungsgericht Wien ist es daher nicht möglich, die Rechtzeitigkeit des Einspruchs anhand von Billigkeitserwägungen abseits des gesetzlichen Fristenlaufs zu beurteilen.

Die Zurückweisung des Einspruchs erfolgte somit zu Recht. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG konnte von der mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Die – unvertretene – Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids über das Erfordernis der Beantragung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeschriftsatz belehrt.

Zum Revisionsausspruch:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).

Im Übrigen ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, da wegen Übertretung des § 8 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 1 COVID-19-MG bloß eine Geldstrafe von bis zu EUR 500,— und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und in der zugrundeliegenden Strafverfügung eine Geldstrafe von jeweils EUR 120,— verhängt wurde (vgl. VwGH 01.02.2021, Ra 2021/02/0013, wonach der Begriff der „Verwaltungsstrafsache“ im Sinne des § 25a Abs. 4 VwGG auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, einschließt).

Schlagworte

Einspruch gegen eine Strafverfügung; Einspruchsfrist; Zurückweisung; Abwesenheit von der Abgabestelle; Hinterlegung; Rechtsmittelbelehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.016.10912.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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