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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung von verbalen Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes betreffend die Festlegung der Widmung Wohngebiet bzw Mischgebiet im Bereich von Freiflächen (hier Freifläche-Landwirtschaftsgebiet) und Bauerwartungsflächen infolge Vermischung verschiedener Widmungskategorien und wegen Widerspruchs zum rechtsstaatlichen Prinzip mangels eindeutiger planlicher Darstellung der konkreten WidmungSpruch
Die Punkte 1. und 3. im Text des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns vom 9. Februar 1979 bzw. vom 26. Juli 1979, genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. August 1979, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 1995 in Kraft.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Tschagguns vom 25. Juni 1991 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers im Verfahren B545/93 auf Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau eines Stallgebäudes auf der Bp. 356 und der Gp. 1171, KG Tschagguns, in ein Wohngebäude abgewiesen. Diese Grundstücke sind im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Tschagguns vom 9. Februar 1979 bzw. vom 26. Juli 1979 als Freifläche - Landwirtschaftsgebiet gewidmet.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde von der Berufungskommission der Gemeinde Tschagguns mit Bescheid vom 2. Oktober 1992 ebenfalls abgewiesen.
Die aufgrund der Verordnung LGBl. 70/1985 zur Entscheidung im Namen der Vorarlberger Landesregierung ermächtigte Bezirkshauptmannschaft Bludenz gab der gegen den genannten Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 11. Februar 1993 keine Folge.
2. Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die zu B545/93 eingebrachte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein faires Verfahren vor einem unparteiischen Gericht im Sinne des Art6 EMRK sowie wegen Anwendung des - nach Ansicht des Beschwerdeführers - rechtswidrigen Flächenwidmungsplanes in seinen Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß dieser Beschwerde am 16. März 1994 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Punkte 1. und 3. im Text des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns vom 9. Februar 1979 bzw. vom 26. Juli 1979, genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. August 1979, einzuleiten.
Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
"1. Neben den im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Wohngebieten bzw. Mischgebieten gelten auch jene Flächen im Bereich von Freiflächen und Bauerwartungsflächen als Wohngebiete bzw. Mischgebiete, auf denen sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes Wohngebäude bzw. Betriebsgebäude befinden. Diese Bauflächen werden durch die Außenwände der bestehenden Gebäude begrenzt.
2. ...
3. Auf Flächen außerhalb der Außenwände von Gebäuden gemäß Pkt. 1 und 2 dürfen Zubauten zur Unterbringung von Wohnräumen bzw. Betriebsräumen erstellt werden, wenn die Geschoßflächen der Zubauten ein Ausmaß von insgesamt der Hälfte der Gesamtgeschoßflächen nicht übersteigen, die beim bestehenden Gebäude auf Wohnräume bzw. Betriebsräume entfallen. Für eine solche Erweiterung, der öffentliche Interessen nicht entgegenstehen dürfen, muß ein sachlich begründetes Bedürfnis gegeben sein. Bei ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden dürfen außerhalb des bestehenden Gebäudes Zubauten nicht errichtet werden; ein Ausbau des an den Wohnteil unmittelbar anschließenden Wirtschaftsteiles ist jedoch zulässig."
5. Zu den Prozeßvoraussetzungen führt der Verfassungsgerichtshof aus:
"Gegenstand des der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegenden Verwaltungsverfahrens ist im wesentlichen die Frage, ob es sich bei dem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gebäude um ein Wohngebäude im Sinne der oben wiedergegebenen verbalen Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns handelt. Wäre dies der Fall, so stünde anscheinend der Flächenwidmungsplan - trotz der Widmung der hier maßgeblichen Grundstücke als Freifläche - Landwirtschaftsgebiet - dem geplanten Bauvorhaben nicht im Wege. Die belangte Behörde hat daher bei Beurteilung der Frage, ob die für die Grundstücke des Beschwerdeführers maßgebliche Flächenwidmung der Erteilung der Baubewilligung für den beabsichtigten Umbau entgegensteht, die Punkte 1. und 3. des Textes zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde Tschagguns herangezogen. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die einzelnen Sätze der in Prüfung gezogenen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und daß auch er sie bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides anzuwenden hätte."
6. Zu seinen inhaltlichen Bedenken gegen die Punkte 1. und 3. im Text des Flächenwidmungsplanes Tschagguns hat der Verfassungsgerichtshof zunächst auf sein Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, V318/91 (= VfSlg. 13180/1992) hingewiesen, mit welchem näher bezeichnete Abschnitte im Text des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hard vom 15. März 1979 wegen Widerspruchs zum Vorarlberger Raumplanungsgesetz (RPG), LGBl. 15/1973, als gesetzwidrig aufgehoben worden waren. Sodann hat der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken im Beschluß vom 16. März 1994 wie folgt dargelegt:
"Im genannten Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, V318/91, hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß der Verordnungsgeber die für das Wohngebiet geltenden Kriterien nicht durch Schaffung zahlreicher Mischgebietsinseln in exzessiver Weise durchbrechen dürfe, wenn er bei der vorausschauenden planmäßigen Gestaltung eines Gebietes dieses Gebiet als Wohngebiet verwendet sehen will. Eine solche Vorgangsweise könne nämlich zur Folge haben, daß eine nach der Gesamtgestaltung eines Gebietes vorgesehene Wohngegend durch eine große Anzahl in sie eingebetteter Mischgebietssplitter den im Gesetz vorgeschriebenen Charakter als Wohngebiet einbüßt und so in Wahrheit insgesamt zum Mischgebiet, also einer anderen Widmungskategorie, wird.
Zwar hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 8. März 1994, V115/92, eingeräumt, daß sich diese, die verschiedenen Baulandkategorien betreffende Judikatur nicht ohne weiteres auf das Verhältnis der Widmungskategorien Grünland - Bauland übertragen läßt und darauf hingewiesen, daß die für die Baulandkategorien (etwa im Verhältnis Wohngebiet - gewerblich genütztes Mischgebiet) typischen Nutzungskonflikte bei einer solchen Konstellation im Regelfall nicht auftreten können. Der Gerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis weiters ausgeführt, es sei nicht auszuschließen, daß es die allgemeinen Ziele der Raumordnung im Einzelfall geboten erscheinen lassen können, den Charakter erhaltenswerter Streulagen zu bewahren, wenn eine solche Planungsmaßnahme im Einklang mit den Raumordnungszielen steht und auch nicht zu einer weiteren Zersiedelung führt.
Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist jedoch zweifelhaft:
Die Gebäude im Gebiet der Gemeinde Tschagguns, auf welche sich die in Prüfung gezogenen Vorschriften des Textes des Flächenwidmungsplanes beziehen, scheinen im Regelfall (zumindest in der näheren und weiteren Umgebung des Gebäudes des Beschwerdeführers im Gauertal) früher landwirtschaftlich genützte Baulichkeiten zu sein, welche zum Großteil - ohne Zusammenhang mit einer Land- und Forstwirtschaft - nicht unmittelbar dauernden Wohnzwecken dienen dürften, so etwa das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende 'Fanil', ein (laut Beschwerde) kleines Gebäude aus Holz. Vom Beschwerdeführer wird auch - unwidersprochen - vorgebracht, das gesamte Gauertal sei nie ganzjährig bewohnt worden und die zahlreichen dort verstreut liegenden Hütten dienten heute Wohn- und Ferienzwecken.
Die belangte Behörde meint hiezu, der Sinn des in Rede stehenden Textes des Flächenwidmungsplanes liege darin, jene Objekte, die im Hinblick auf ihren konsensmäßigen Verwendungszweck mit der festgelegten flächenhaften Widmung in Widerspruch stehen, insofern einer rechtlichen Sanierung zuzuführen, als der bebauten Liegenschaft (entweder nur im Rahmen der Außenmauern des bestehenden Gebäudes oder im gesamten Ausmaß) jene Widmungskategorie zugeordnet wird, die der Verwendung des Objektes zum Zeitpunkt des Flächenwidmungsplanes entsprochen hat. Insofern enthielten die Verbalbestimmungen Übergangsregelungen für bestehende Objekte und stellten sohin Ausnahmebestimmungen dar.
Diese von der Aufsichtsbehörde vorgebrachten Motive finden allerdings in den von der Gemeinde Tschagguns vorgelegten Unterlagen über die Einführung und Beschlußfassung des Flächenwidmungsplanes keine Stütze. Weder die bezughabenden Sitzungsprotokolle der Gemeindevertretung noch ein sonstiger Bericht enthalten irgendwelche Überlegungen oder Abwägungen in diese Richtung.
Der Verfassungsgerichtshof meint daher vorläufig, daß - ungeachtet der oben aufgezeigten Unterschiede zu dem dem genannten Erkenntnis V318/91 zugrundeliegenden Sachverhalt - die Vorgangsweise des Verordnungsgebers im vorliegenden Fall bewirken dürfte, daß eine Reihe von kleinen Baulandenklaven im Bereich von Freiflächen bestehen bleiben und deren Charakter als grundsätzlich unbebaute Flächen wesentlich verfälscht wird. Den drei Widmungskategorien des §16 RPG (Landwirtschaftsgebiete, Sondergebiete und Freihaltegebiete) ist nämlich gemeinsam, daß sie als Freiflächen grundsätzlich von einer Bebauung freizuhalten sind und lediglich bestimmte Arten von Bauwerken auf ihnen errichtet werden dürfen.
Hiezu kommt, daß die durch Punkt 1 des Textes des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns bewirkte Vermischung der Widmungskategorien "Freifläche" und "Baufläche" durch den Punkt 3 des genannten Textes noch verstärkt wird. Gerade die dort vorgesehene Vergrößerung bestehender Baulandenklaven auf Freiflächen scheint §1 Abs2 leg.cit. zu widersprechen, demzufolge die Raumplanung die Gesamtgestaltung des Baulandes einerseits, andererseits aber die Erhaltung im wesentlichen unbebauter Flächen bewirken soll.
Im Verordnungsprüfungsverfahren wird insbesondere zu erörtern sein, ob in Tschagguns (oder in Teilen des Gemeindegebietes) eine dem Erkenntnis V115/92 vergleichbare Streulage gegeben ist, ob und inwieweit die in Pkt. 1 und (insbesondere in) Pkt. 3 des Textes des Flächenwidmungsplanes vorgesehenen Bebauungsmöglichkeiten im Einklang mit den Raumordnungszielen stehen und ob insbesondere die in Pkt. 3 des Textes enthaltene Regelung zu einer weiteren Zersiedelung führen kann.
Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus das Bedenken, daß jene Flächen, welche durch die in Prüfung gezogenen Verordnungsstellen zu Bauflächen werden, nicht den in §13 RPG für Bauflächen festgelegten Voraussetzungen entsprechen dürften, so insbesondere jener des letzten Satzteiles des Abs1 iVm Abs2 litb dieses Paragraphen (Erschließung innerhalb von 15 Jahren, ohne daß diese unwirtschaftliche Aufwendungen verursacht). Jedenfalls lassen die vorgelegten Akten nicht erkennen, daß die Gemeindevertretung diesbezüglich eine Grundlagenforschung veranlaßt oder Abwägungen vorgenommen hat.
Schließlich bezweifelt der Verfassungsgerichtshof, ob die in Prüfung gezogene Regelung rechtsstaatlichen Anforderungen (s. VfSlg. 12420/1990 S 766, s. hiezu auch VfGH 8. März 1994 V115/92) genügt. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 3130/1956 und 12420/1990, zu Flächenwidmungsplänen s. insb. VfSlg. 11807/1988) muß der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar - also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters - feststellen können.
Die Widmung der von den in Prüfung gezogenen Textstellen erfaßten Flächen ist auf der zeichnerischen Darstellung selbst nicht eingetragen. Der Text der Verordnung legt die einzelnen Widmungen ebenfalls nicht fest, sondern gibt nur allgemeine Richtlinien. Die konkrete Widmung einer Fläche scheint daher nur mittels spezifischer Ermittlungen (ob zu einem bestimmten Zeitpunkt - dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes - ein Gebäude auf der betreffenden Fläche stand) sowie nach Vornahme spezifischer Wertungen (ob dieses Gebäude damals als Wohngebäude oder als Betriebsgebäude oder als keines von beiden zu beurteilen war) eruierbar zu sein. Zudem kann der Rechtsunterworfene keineswegs sicher sein, ob das Ergebnis seines Meinungsbildungsprozesses zutrifft, zumal die Frage der Qualifikation eines Gebäudes (wie auch der vorliegende Anlaßfall zeigt) durchaus strittig sein kann.
Die in Prüfung gezogene Regelung dürfte daher auch mit dem rechtsstaatlichen Prinzip nicht in Einklang stehen."
7. Die Vorarlberger Landesregierung hat im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung abgegeben, in welcher es lautet:
"Die Landesregierung bezweifelt, daß der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im vorliegenden Beschwerdeverfahren anzuwenden hat. Sie werden daher nicht für präjudiziell gehalten. Wie aus der Stellungnahme der Gemeindevertretung Tschagguns vom 20.5.1994, Zl. 131-9-B/28-1989/94, hervorgeht, ist das beschwerdegegenständliche Objekt 'aufgrund seiner Konzeption und bisherigen Verwendung' nicht als Wohngebäude anzusehen, was auch durch die dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten zu belegen sein dürfte. Bei dem in Rede stehenden Gebäude handelt es sich auch nicht um ein 'Betriebsgebäude' im Sinne des Punktes 1 der verbalen Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns. Die verbalen Bestimmungen erfassen mit diesem Begriff nur industrielle bzw. gewerbliche Betriebsgebäude, nicht aber 'landwirtschaftliche Betriebsgebäude'. Das ergibt sich unter anderem daraus, daß in Punkt 5 der verbalen Bestimmungen Regelungen über landwirtschaftliche Betriebsgebäude enthalten sind und der Verordnungsgeber diese Begriffe auch in Punkt 1 verwendet hätte, wenn sie nach seiner Absicht von dieser Bestimmung erfaßt sein sollten. Eine Anwendung der Regelungen in Punkt 1 der verbalen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof wird daher nicht in Betracht kommen.
Was die Bestimmungen des Punktes 3 betrifft, sind der erste und zweite Satz vom Verfassungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht anzuwenden, sie beziehen sich nämlich ausdrücklich auf 'Gebäude gemäß Punkt 1 und 2', wobei den Bestimmungen des Punktes 2 unbestritten keine Präjudizialität zukommt. Für den dritten Satz des Punktes 3 wird für den Verfassungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren kein Anwendungsbereich bestehen, da nach Angaben der Gemeinde beim beschwerdegegenständlichen Objekt kein unmittelbarer anschließender Wohnteil besteht, sondern dieser vielmehr eigenständig in ca. 60 m Entfernung davon errichtet ist.
Die Landesregierung ist daher der Ansicht, daß das eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren mangels Präjudizialität der in Prüfung stehenden Bestimmungen unzulässig ist.
Insbesondere im Hinblick auf diese Zweifel an der Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens wird von einer Stellungnahme zu den vom Verfassungsgerichtshof geäußerten inhaltlichen Bedenken abgesehen. Sollte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit als gegeben erachten und aus inhaltlicher Sicht auf Gesetzwidrigkeit erkennen, ist davon auszugehen, daß Bestandsregelungen auf Gesetzesstufe zu erlassen wären. Für den Fall der Aufhebung der in Prüfung stehenden Bestimmungen wird deshalb aus Sicht des Landesgesetzgebers für das Außerkrafttreten eine Fristsetzung von einem Jahr angeregt."
8. Die Gemeindevertretung von Tschagguns hat in einer Äußerung die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen verteidigt und dies wie folgt begründet:
"Vom Verfassungsgerichtshof wird ausgeführt, daß Gegenstand des der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegenden Verwaltungsverfahrens im wesentlichen die Frage ist, ob es sich bei dem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gebäude um ein Wohngebäude im Sinne der verbalen Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns handelt. Insofern kann den Ausführungen beigepflichtet werden. Daß jedoch die Verbalbestimmungen des Flächenwidmungsplanes (Punkt 1 und 3) von der belangten Behörde bei der Beurteilung der Frage, ob die für die Grundstücke des Beschwerdeführers maßgebliche Flächenwidmung der Erteilung der Baubewilligung für den beabsichtigten Umbau entgegensteht, herangezogen wurden, ist jedoch nicht korrekt. Vielmehr wurde im gesamten Verwaltungsverfahren seitens der Behörde dargelegt, daß es sich beim gegenständlichen Objekt nicht um Wohnräume handelt und daher die Verbalbestimmungen als Folge dessen gar nicht anzuwenden sind.
So gesehen, haben die vom Verfassungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken bezüglich des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns für den Ausgang des Verfahrens des Beschwerdeführers keinen Einfluß, da ein Ausbau des Stallgebäudes zu Wohnzwecken auf keinen Fall möglich ist. Bei Aufrechterhaltung der Verbalanmerkungen sind diese nicht anzuwenden, da das Objekt aufgrund seiner Konzeption und bisherigen Verwendung nicht davon erfaßt wird und bei Aufhebung der Bestimmungen ist der geplante Umbau des Stalles zu Wohnzwecken ebenfalls nicht möglich.
Abgesehen davon wird angemerkt, daß es sich beim Maisäßgebiet im Gauertal um ein nicht ganzjährig bewohntes Gebiet auf ca. 1200 bis 1400 müM handelt. Unmittelbar darüberliegend (taleinwärts) grenzen die Alpgebiete der Genossenschaftsalpen an. Die Maisäße dienten und dienen den Landwirten im Frühjahr und/oder Herbst zur Beschickung vor und nach der Alpperiode, oder zur Bestoßung während des Sommers anstelle einer Alpung auf einer Genossenschaftsalpe. Traditionell besteht ein Maisäß aus einem Wohnobjekt und einem Stallgebäude, so auch jener Maisäß des Beschwerdeführers. Ergänzend wird dargelegt, daß es sich bei einem 'Fanil' nicht um ein eigenständiges 'kleines Gebäude aus Holz' handelt. Der Fanil ist Teil eines Stalles, der neben der Viehstube im Erdgeschoß und dem Heuboden im Obergeschoß vom Erdgeschoß bis unter das Dach offen ist und der Lagerung von Heu dient.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Sinn der in Rede stehenden Verbalanmerkungen zum Flächenwidmungsplan darin liege, jene Objekte, die im Hinblick auf ihren konsensmäßigen Verwendungszweck mit der festgelegten flächenhaften Widmung in Widerspruch stehen, insofern einer rechtlichen Sanierung zuzuführen, als der bebauten Liegenschaft im Rahmen der Außenmauern des Objektes jene Widmungskategorie zugeordnet wird, die der Verwendung des Objektes zum Zeitpunkt der Einführung des Flächenwidmungsplanes entsprochen hat, wird vollinhaltlich bestätigt. Insofern stellen die Verbalanmerkungen tatsächlich Ausnahmebestimmungen zu den großflächigen planzeichnerischen Darstellungen dar.
Es stimmt zwar, daß diesbezüglich keine schriftlichen Unterlagen seitens der Gemeinde vorgelegt werden können, jedoch weist die Handhabung der gegenständlichen Verbalanmerkungen seit Einführung des Flächenwidmungsplanes im Jahre 1979 eindeutig darauf hin, daß diese Bestimmungen im dargelegten Sinne zu verstehen sind.
Bezüglich eines Vergleiches mit dem Erkenntnis V318/91 des Verfassungsgerichtshofes und in diesem Zusammenhang mit der Ansicht, daß eine Reihe von kleinen Baulandenklaven im Bereich von Freiflächen den Charakter als grundsätzlich unbebaute Flächen wesentlich verfälscht, kann die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht geteilt werden. Es ist zwar denkbar, daß eine Reihe von Mischgebietenklaven den Charakter eines Wohngebietes verfälschen. Es kann aber, insbesondere bei unserer kleingliederigen Struktur im landwirtschaftlichen Siedlungsraum, nicht davon ausgegangen werden, daß Freifläche-Landwirtschaftsgebiet grundsätzlich von einer Bebauung freizuhalten ist und lediglich nur bestimmte Arten von Bauwerken darauf errichtet werden dürfen.
Freifläche-Landwirtschaftsgebiet ist in unserem Raum, in ganzjährig bewohnten Gebieten wie auch in klassischen Maisäßgebieten nicht zwingend mit 'unbebaut' gleichzusetzen wie z. B. im Alpgebiet (auch nur als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet auszuweisen) oder in Freiflächen-Freihaltegebieten. Ganz im Gegenteil ist es üblich, notwendig und althergebracht, daß Heimals auch Maisäßanwesen aus Stallgebäude und Wohnobjekt bestehen. So ist also keineswegs von einem Nutzungskonflikt auszugehen, sondern Wohnobjekte als unerläßliche Ergänzung zu sehen, die den Raumordnungszielen des §2 RPG ganz und gar entspricht. Auch Erweiterungen (Punkt 3 der Verbalanmerkungen) widersprechen nicht von vorn herein den Raumordnungszielen des §2 RPG, da zur Sicherung und Entwicklung der Landwirtschaft auch zeitgemäße Wohnmöglichkeiten (größer und komfortabler als früher, bessere Ausstattung mit/der Sanitärräume udgl.) notwendig sind, was auch völlig mit dem §16 Abs3 RPG in Einklang steht.
Zu den Bedenken, daß jene Flächen, welche durch die in Prüfung gezogenen Verordnungsstellen 'zu Bauflächen werden', nicht den im §13 RPG für Bauflächen festgelegten Voraussetzungen entsprechen dürften, insbesondere was die Erschließung anbelangt, wird ausgeführt, daß es sich bei den gegenständlichen Verbalanmerkungen, wie ausgeführt, insbesondere was Punkt 1 anbelangt, ja um Bestandsregelungen handelt. Gerade das Gauertal ist und war auch bei Einführung des Flächenwidmungsplanes, sowohl mit Trinkwasser und elektrischem Strom als auch verkehrsmäßig erschlossen. Was die Erweiterungsmöglichkeiten nach Punkt 3 der Verbalbestimmungen anbelangt so ist auch normiert, daß diese öffentlichen Interessen nicht entgegenstehen dürfen. Dazu gehört selbstverständlich auch eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung. Zu diesem Zweck wurde von der Gemeinde im Jahre 1989 eine umfangreiche Erhebung der Abwassersituation im Gauertal vorgenommen (siehe dazu beiliegendes Schreiben vom 30.5.1989). Daraus ist klar ersichtlich, daß die Gemeinde diesbezüglich umfangreiche Grundlagenforschung betrieben hat, um allenfalls Erweiterungsbegehren nach Punkt 3 der Verbalanmerkungen fundiert beurteilen zu können.
Zu den vom Verfassungsgerichtshof gehegten Zweifeln über die Rechtsstaatlichkeit der in Prüfung gezogenen Regelungen kann mitgeteilt werden, daß die Verbalanmerkungen zum Flächenwidmungsplan direkt auf den Planunterlagen ausgeführt sind und daher jedem, der Einsicht nimmt, unmittelbar zugänglich sind, ohne daß er hiezu weitere Hilfmittel benötigt oder spezifische Ermittlungen anstellen muß. Außerdem darf davon ausgegangen werden, daß insbesondere dem Eigentümer eines Objektes bekannt ist, ob das gegenständliche Objekt bei Einführung des Flächenwidmungsplanes Bestand hatte oder nicht und wie es genutzt wurde, als Wohnung oder als Stall.
Was die Qualifikation eines Gebäudes betrifft, so ist diese üblicherweise nicht strittig, da in den einschlägigen materiellen Gesetzen und Verordnungen dargelegt ist, was ein Wohnraum ist, was ihn dazu macht und welche Voraussetzungen z.B. bautechnischer Art gegeben sein müssen, wobei dasselbe für einen Stall gilt. Auch was die Qualifikation des Gebäudes im Anlaßfall anbelangt, so war diese noch nicht strittig als der Bauwerber um die Sanierung und den Zubau bei Stall angesucht hat und dies auch baurechtlich bewilligt bekam. Erst als der Bauwerber begann im Stall eine Wohnung auszubauen, wurde die Qualifikation plötzlich strittig, wie das Verwaltungsverfahren selbst mehrfach belegt (siehe dazu die Ausführungen im Bescheid der Gemeinde vom 2.10.1992 auf der 5. Seite, 4. Absatz ff)."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens:
Die im Anlaßfall vom (späteren) Beschwerdeführer begehrte Baubewilligung wurde darauf gestützt, daß die Bp. 356 aufgrund "der Verbalbestimmungen zum Flächenwidmungsplan Baufläche-Wohngebiet darstelle" (S 4 des im Anlaßfall angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheides). Die Vorstellungsbehörde führte in ihrem Bescheid eine Reihe von Umständen an, welche dagegen sprächen, daß das (Umbau-)Objekt "konsensgemäß" und entsprechend seiner Bestimmung zu Wohnzwecken im Sinne der Verbalbestimmungen verwendet worden ist (S 6 dieses Bescheides). Es könne "nicht Sinn der Verbalbestimmungen zum Flächenwidmungsplan sein", daß in all den zahlreichen Stall- und Heulagergebäuden in den Bergregionen Vorarlbergs "aufgrund der Verbalbestimmungen" ein Ausbau zu Ferienhäusern zulässig sein sollte (S 10 des Bescheides). Schließlich heißt es in dem genannten Bescheid (S 10f.):
"Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß das Objekt über konsensmäßig genutzte Wohnräume verfügt hat, wäre die Bewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens zu versagen gewesen. Baufläche gemäß Pkt. 1 der Verbalbestimmungen könnte nämlich allenfalls die Bp. 356 darstellen. Die Grundfläche des bestehenden Gebäudes ragt aber 1,25 m darüber hinaus und nach Pkt. 3 zweitletzter Satz der Verbalbestimmungen dürfen bei ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden außerhalb des - zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes (also 1979) - bestehenden Gebäudes Zubauten für Wohnzwecke nicht errichtet werden. Bei restriktiver Auslegung der verbalen Bestimmungen bedeutet dies aber auch, daß in nach 1979 zu anderen Zwecken errichteten Zubauten nicht zu einem späteren Zeitpunkt Wohnräume geschaffen werden dürfen."
Diese Zitate aus dem im Anlaßfall angefochtenen Bescheid zeigen deutlich, daß die Vorstellungsbehörde die Versagung der beantragten Baubewilligung ausdrücklich darauf gestützt hat, daß die in den Punkten 1. und 3. des Textes zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde Tschagguns festgelegten Voraussetzungen hier nicht gegeben seien.
Landesregierung und Gemeindevertretung verwechseln bei ihrer Argumentation zur - ihrer Ansicht nach fehlenden - Präjudizialität den Umstand, daß das Bauprojekt nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nicht als Bauwerk "im Sinne der Verbalbestimmungen" zu werten war (diese Bestimmungen also nach der Diktion von Landesregierung und Gemeindevertretung auf das Gebäude nicht "anzuwenden" waren), mit der Tatsache, daß die Baubehörde die besagten Punkte 1. und 3. zur Abweisung des Bauansuchens herangezogen hat (und auch heranziehen mußte).
Die in Prüfung gezogenen Vorschriften aus dem Text zum Flächenwidmungsplan - gegen deren im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes hervorgehobenen untrennbaren Zusammenhang nichts eingewendet wurde - haben somit eine Voraussetzung der Entscheidung im Anlaßfall gebildet, was ihre Präjudizialität zur Folge hat (vgl. in diesen Zusammenhang die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität, zB VfSlg. 10800/1986).
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
2. Zu den einzelnen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes:
a) Das Verordnungsprüfungsverfahren hat ergeben, daß die (aus einem Wohnobjekt und einem Stallgebäude bestehenden) Maisäße im Gauertal landwirtschaftlichen Zwecken dienen. Ihr Bestand entspricht der - hier gegebenen - Widmung Freifläche - Landwirtschaftsgebiet gemäß §16 Abs2 RPG, wonach Baubewilligungen nur für Gebäude und Anlagen erteilt werden dürfen, die für land- und forstwirtschaftliche Zwecke und Zuerwerbe einschließlich der dazugehörenden Wohnräume und Wohngebäude notwendig sind. So gesehen ist der Ansicht der Gemeindevertretung von Tschagguns durchaus beizupflichten, daß Freifläche-Landwirtschaftsgebiet nicht mit "unbebaut" gleichzusetzen ist und daß das Vorhandensein von Wohnobjekten (und auch deren zeitgemäße Erweiterung) eine notwendige, den Raumordnungszielen dienende Ergänzung darstellt; dies allerdings unter der im §16 Abs3 RPG festgelegten Voraussetzung, daß das Gebäude land- und forstwirtschaftlichen Zwecken - und nur diesen - dient.
Die mit den in Prüfung gezogenen Textstellen bewirkten "Ausnahmen" von dieser Widmung verfolgten aber einen anderen Zweck: Die im Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes bestehenden, "im Hinblick auf ihren konsensmäßigen Verwendungszweck mit der festgelegten flächenhaften Widmung in Widerspruch stehen(den)" Wohngebäude sollten, auch wenn sie nicht (mehr) land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten, in ihrem Bestand gesichert und auch ein gewisser Ausbau ermöglicht werden. Daß mit dieser Maßnahme keineswegs nur (zur Vermeidung allfälliger Härten) eine "Übergangsregelung" geschaffen werden sollte, beweist schon der Umstand, daß im Rahmen des in Prüfung gezogenen Systems der Punkte 1. und 3. des Textes zum Flächenwidmungsplan - wie bereits erwähnt - auch ein (gewisser) Ausbau bei - nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienenden - Wohnobjekten vorgesehen ist. Die Regelung bewirkt vielmehr den dauernden Bestand - offenbar überwiegend als Zweitwohnsitz in Betracht kommender - Wohnbauten im Freiland, wobei ein weiterer Ausbau zulässig wäre.
Es liegen hier also andere, eine Streulage bewirkende Umstände vor als im Falle des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 1994, V115/92. Vor allem ist nicht erkennbar geworden (es gibt darüber auch keinerlei Unterlagen), welche Raumordnungsziele den Verordnungsgeber bewogen haben, die Erhaltung von Streulagen von ehemals land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden auch für andere als land- und forstwirtschaftliche Zwecke vorzusehen. Die Raumordnungsgesetze (nicht nur die einschlägigen Vorarlberger Vorschriften) gehen (bisher) vom Grundsatz der Trennung der Widmungsarten aus (siehe hiezu auch die zitierten Vorerkenntnisse zu V318/91 und V115/93). Wie ebenfalls in der zitierten Vorjudikatur zum Ausdruck kommt, mag dieser Grundsatz nicht immer und überall uneingeschränkt anwendbar sein. Wenn aber davon Abstriche gemacht werden, dann müssen zumindest die dafür maßgebenden Grundlagen und spezifischen Abwägungen (§3 Abs2 RPG) des Verordnungsgebers auch im Hinblick auf die örtlichen Raumordnungsziele (§2 Abs2 RPG) erkennbar sein. Ein bloßer Hinweis auf die spätere Vollzugspraxis kann dieses Manko - entgegen der Auffassung der Gemeindevertretung von Tschagguns - nicht ersetzen.
b) Auch die auf dem Rechtsstaatsprinzip beruhenden Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten nicht zerstreut werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 3130/1956, 12420/1990 S 766, zu Flächenwidmungsplänen s. insb. VfSlg. 11807/1988 und VfGH 8.3.1994 V115/92) muß der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar - also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters - feststellen können; ansonst genügt die Regelung nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen.
Diesen Erfordernissen wird nicht Rechnung getragen, wenn - wie hier - die Widmung der von den in Prüfung gezogenen Textstellen erfaßten Flächen nicht aus der zeichnerischen Darstellung ersichtlich ist. Der Text der Verordnung legt die einzelnen Widmungen ebenfalls nicht fest, sondern gibt nur allgemeine Richtlinien. Die konkrete Widmung einer Fläche ist hier nur mittels spezifischer (privater) Nachforschungen über das Vorliegen bestimmter Tatsachen zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellbar. Zum Vorbringen der Gemeindevertretung von Tschagguns, daß die maßgeblichen Umstände "insbesondere dem Eigentümer eines Objekts" bekannt seien, genügt der Hinweis, daß dies keinesfalls ausreicht; die Rechtslage muß - wie bereits ausgeführt - für jedermann unmittelbar aus dem Plan erkennbar sein.
Im vorliegenden Fall geht - wie wiederholend hervorzuheben ist - aus dem Plan (samt Text) noch weniger hervor als im Fall des (aufhebenden) Erkenntnisses zu V115/92, nämlich nicht einmal, wo sich Wohn- oder Mischgebiete im Sinne der in Prüfung gezogenen Vorschriften befinden, geschweige denn deren konkretes Ausmaß.
3. Aus all diesen Erwägungen sind die in Prüfung gezogenen Textstellen als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Aussprüche über die Festsetzung einer Frist und die Kundmachung stützen sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Rechtsstaatsprinzip, Widmungskategorien (Raumordnung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:V63.1994Dokumentnummer
JFT_10058999_94V00063_00