TE Vfgh Beschluss 2021/11/30 G307/2021

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Veröffentlicht am 30.11.2021
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Index

60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd, Art140 Abs1b
KinderbetreuungsgeldG §3 Abs4
ZPO §63 Abs1
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Ablehnung eines Parteiantrags gegen die Reduzierung der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes im Falle des Fehlens bestimmter Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nach §3 Abs4 KinderbetreuungsgeldG; Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe

Spruch

I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

II. Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Begründung

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit des §3 Abs4 Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG), BGBl I 103/2001, in der geltenden Fassung: Die angefochtene Bestimmung verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG sowie Art2 StGG, weil sie eine undifferenzierte Sanktionsregelung für jedweden Verstoß gegen §7 Abs2 KBGG (Vornahme und Nachweis bestimmter Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen) vorsehe.

Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 18.705/2009) lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass dem Gesetzgeber im Beihilfenrecht ein weiter – durch das Sachlichkeitsgebot begrenzter – rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt (vgl VfSlg 17.954/2006, 19.411/2011, 20.096/2016; VfGH 27.11.2018, G75/2018 ua). Dem Gesetzgeber steht es frei, ein Kinderbetreuungsgeld zu gewähren oder nicht (VfSlg 17.954/2006). Es ist ihm gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnittbetrachtung auszugehen. Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, ist dabei bereits als unsachlich zu werten; auch das Entstehen von Härtefällen macht für sich alleine eine Regelung noch nicht unsachlich (VfSlg 14.694/1996, 18.705/2009, 19.411/2011). Insofern ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er für die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes in voller Höhe mit der Vornahme von in §7 Abs2 KBGG näher bezeichneten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und deren Nachweis ein leicht zu erfüllendes Anspruchskriterium festlegt und er mit §3 Abs4 KBGG eine Rechtsfolge anordnet, die bei jedwedem Verstoß gegen §7 Abs2 KBGG eine Reduktion des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld um € 1.300,– für jeden Elternteil vorsieht.

2. Da somit die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof als offenbar aussichtslos erscheint, muss ihr unter einem mit dem Parteiantrag auf Normenkontrolle gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG).

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

Schlagworte

Kinderbetreuungsgeld, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Ablehnung, VfGH / Verfahrenshilfe, Rechtspolitik

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G307.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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