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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3, Art140 Abs1 Z1 litcLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des COVID-19-MaßnahmenG und der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung mangels Darlegung der BedenkenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B-VG und Art139 Abs1 Z3 B-VG begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 [COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG] in der aktuellen Fassung, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 104/2020, in eventu §§1, 3, 4, 5 und 8 des genannten Gesetzes", in eventu "die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden [COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – COVID-19-NotMV], in der aktuellen Fassung, kundgemacht in BGBl II Nr 528/2020, in eventu §§1, 5, 7, 9, 12 und 13 der genannten Verordnung" als verfassungswidrig aufheben.
II. Zulässigkeit
1. Der Antrag ist nicht zulässig.
1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz bzw die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz bzw die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit bzw ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).
1.2. Gemäß §57 Abs1 zweiter Satz bzw §62 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig bzw ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, ferner die gegen die Gesetzmäßigkeit bzw Verfassungsmäßigkeit sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Rechtswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Gesetzesbestimmung die bekämpfte Verordnungs- bzw Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl im Allgemeinen zB 14.802/1997, 17.651/2005, 17.752/2006; spezifisch zum Individualantrag zB VfGH 2.7.2016, G53/2016, V13/2016). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so — gleichsam stellvertretend — das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (VfGH 25.9.2017, G8/2017 ua, V6/2017 ua; vgl auch VfGH 9.6.2016, G56/2016).
1.3. Diesem Erfordernis gemäß §57 Abs1 bzw §62 Abs1 VfGG werden der vorliegende Hauptantrag sowie die Eventualanträge nicht gerecht:
1.3.1. Der Antragsteller wendet sich in seinem Hauptantrag gegen das COVID-19-MG zur Gänze und begehrt dessen Aufhebung als verfassungswidrig. Das Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen auf allgemeine und unsubstantiiert gebliebene Ausführungen zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des COVID-19-MG und der COVID-19-NotMV sowie der im Antrag näher bezeichneten Bestimmungen. Eine Zuordnung der Bedenken zu den angefochtenen Bestimmungen lässt der Antrag jedoch vermissen. Der Antragsteller verweist pauschal auf das "bekämpfte Bundesgesetz" und auf die "auf dessen Grundlage erlassene, bekämpfte Verordnung", ohne konkret darzulegen, welche Teile oder Gliederungseinheiten von den vorgebrachten Bedenken betroffen sind. Eine Zuordnung der Bedenken zu den einzelnen Bestimmungen ist daher nicht möglich und es ist auch nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes diese Zuordnung vorzunehmen (vgl VfGH 22.9.2020, G283/2020 ua mwN). Der Antragsteller hat es somit unterlassen, die gegen das COVID-19-MG und die COVID-19-NotMV sowie die gegen die im Antrag näher bezeichneten Bestimmungen erhobenen Bedenken präzise zu umschreiben sowie im Einzelnen schlüssig und überprüfbar darzulegen.
1.3.2. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 VfGG bzw §57 Abs1 VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl VfSlg 12.564/1990, 15.342/1998 mwN). Der somit an einem inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mangel leidende Antrag erweist sich daher schon aus diesem Grund als unzulässig (vgl VfSlg 17.553/2005; VfGH 26.2.2018, G27/2018). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag auch aus anderen Gründen unzulässig ist.
III. Ergebnis
1. Der Antrag ist zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
COVID (Corona), VfGH / Individualantrag, VfGH / BedenkenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G379.2020Zuletzt aktualisiert am
23.02.2022