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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §68 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des R H in W, vertreten durch Dr. Martin Benning, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 15. März 2021, VGW-107/020/13189/2020-9, betreffend Vorschreibung der Kosten für eine Ersatzvornahme (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 23. Juni 2020 wurden dem Revisionswerber als Eigentümer einer Baulichkeit 10.539,62 € an Kosten für die teilweise Durchführung einer rechtskräftig angeordneten Ersatzvornahme (Errichtung eines Kanalanschlusses) vorgeschrieben.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (I.) und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (II.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass ein nochmaliges Aufgreifen von Einwänden, die sich gegen den Titel an sich richten, im Kostenersatzverfahren ausgeschlossen sei. Der Titel entspreche zudem dem Bestimmtheitsgebot. Einen Nachweis für eine unangemessen hohe Kostenersatzpflicht habe der Revisionswerber nicht erbracht.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 25. Juni 2021, E 1796/2021-5, ablehnte und sie gemäß § 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Daraufhin brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe tragende Grundsätze des Verfahrensrechts nicht beachtet. Dem Revisionswerber hätte eine Kanalanschlussverpflichtung nicht auferlegt werden dürfen, der Titel sei zu unbestimmt und es werde Kostenersatz für Arbeiten begehrt, die zum Teil nicht notwendig gewesen seien. Beantragte Beweise seien nicht aufgenommen worden; eine Stellungnahme der belangten Behörde sei ihm erst in der Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden; Rechnungspositionen seien mit einer Scheinbegründung zugesprochen worden, und das Erkenntnis sei nicht mündlich verkündet worden. Weiters habe das Verwaltungsgericht die Begriffe Liegenschaft, Grundstück und Einlagezahl unrichtig subsumiert und würden die Baukosten nur bis zur Einmündung, aber nicht auch für die Herstellung der Einmündung an sich zustehen.
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
11 Verfahrensmängeln kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen oder wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre. Außerdem muss in den Revisionszulässigkeitsgründen die Relevanz eines behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden, das heißt, dass ein mängelfreies Verfahren zu einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage als der vom Verwaltungsgericht angenommenen geführt hätte (vgl. VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0067; 24.2.2016, Ra 2016/05/0010, mwN). Der Revisionswerber bringt aber nicht vor, weshalb das Verwaltungsgericht bei Vermeidung der angeführten Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Bereits mangels Relevanzdarlegung wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
12 Soweit in der unterbliebenen Verkündung des Erkenntnisses ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gesehen wird, ist dem Revisionswerber zuzugestehen, dass das Verwaltungsgericht nicht explizit begründet hat, warum es auf die (gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG in der Regel vorgesehene) Verkündung verzichtet hat. Im vorliegenden Fall ist jedoch offensichtlich, dass sich das Verwaltungsgericht erst mit dem in der Verhandlung erstatteten Vorbringen zu einzelnen Positionen auseinanderzusetzen hatte. Der dem Verwaltungsgericht vom Gesetz eingeräumte Spielraum (§ 29 Abs. 3 Z 2 VwGVG) wurde dabei nicht überschritten, weshalb ein Absehen von einer mündlichen Verkündung vertretbar war. Die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung VwGH 11.9.2019, Ra 2019/02/0110, betraf eine Verwaltungsstrafsache und ist somit nicht einschlägig (vgl. dazu VwGH 30.4.2021, Ra 2021/21/0071).
13 Mit einem weiteren Zulässigkeitsvorbringen wendet sich der Revisionswerber gegen den Titel, der dem Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegt. Die Rechtmäßigkeit des Inhalts des der Vollstreckung zu Grunde liegenden Titels kann jedoch im Verfahrensstadium der Kostenvorschreibung nicht mehr in Frage gestellt werden. Ebensowenig kann die grundsätzliche Pflicht zum Kostenersatz der angeordneten Ersatzvornahme mit Argumenten bekämpft werden, die die Berechtigung der Ersatzvornahme in Frage stellen (vgl. VwGH 29.9.2016, Ra 2014/07/0092, mwN).
14 Schließlich wird zur Zulässigkeit sinngemäß vorgebracht, die dem Revisionswerber auferlegten Kosten, insbesondere Kosten der Herstellung der Einmündung (und nicht nur bis zur Einmündung) sowie des beigezogenen Ziviltechnikers würden den „unbestimmten“ Titelbescheid überschreiten. Damit wendet sich der Revisionswerber zunächst gegen die Auslegung des Titelbescheides. Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft aber nur den Einzelfall und könnte nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. VwGH 10.12.2021, Ra 2020/07/0077, mwN). Der Vollstreckungsverfügung - und der daran anknüpfenden Ersatzvornahme und Kostenersatzpflicht - liegt folgende rechtskräftige Leistungsverpflichtung des Revisionswerbers zu Grunde: „Binnen (...) alle Abwässer mit Ausnahme der Regenwässer unterhalb der Verkehrsfläche in den Straßenkanal zu leiten. Nach hergestellter Einmündung ist innerhalb eines Monats die Senkgrube zu beseitigen.“ Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auferlegung auch der Kosten für die Einmündung selbst jedenfalls nicht als unvertretbar. Weshalb die Beiziehung eines Ziviltechnikers als Bauaufsicht im Rahmen der konkreten Ersatzvornahme nicht vom Titelbescheid gedeckt wäre, vermag der Revisionswerber mit seinem Vorbringen ebenfalls nicht darzutun, zumal unter dem Begriff der Vollstreckung allgemein die behördlicherseits gesetzten Maßnahmen zu verstehen sind, die dazu dienen, jenen Zustand tatsächlich herzustellen, der dem in einem Bescheid geäußerten Willen der Behörde entspricht (VwGH 8.4.2014, 2011/05/0050).
15 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 24 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2022
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050170.L00Im RIS seit
23.02.2022Zuletzt aktualisiert am
09.03.2022