TE OGH 2021/12/14 1Ob231/21h

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Veröffentlicht am 14.12.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G* P*, Frankreich, 2. H* P*, Frankreich, 3. D* O*, Frankreich, und 4. C* P*, alle vertreten durch Dr. Andreas Weinzierl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W* GmbH & Co KG,  *, und 2. A* G*, beide vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 34.586,70 EUR sA, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 21. Oktober 2021, GZ 12 Nc 10/21v-3, mit dem die von den beklagen Parteien erklärte Ablehnung von Richtern eines Rekurssenats zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1]            Die Beklagten lehnten den Erstrichter wiederholt wegen Befangenheit ab. Der Ablehnungssenat des erstinstanzlichen Landesgerichts wies auch den zuletzt gestellten „Ablehnungsantrag“ zurück, wogegen die Beklagten Rekurs erhoben. Sie lehnen nunmehr neuerlich – nachdem sie bereits zuvor den gesamten Rekurssenat, ohne jedoch dessen Mitglieder namentlich anzuführen, erfolglos „bedingt“ abgelehnt hatten – die (jetzt konkret genannten) Mitglieder des zur Entscheidung berufenen Rekurssenats unter der aufschiebenden „Bedingung“ ab, „dass eine den erstinstanzlichen Beschluss [betreffend die Ablehnung des Erstrichters] bestätigende Rekursentscheidung in schriftlicher Abfassung vorliegt, die noch nicht zur Ausfertigung an die Geschäftsstelle abgegeben wurde“. Begründend führten die Ablehnungswerber dazu vor allem aus, dass eine Entscheidung des Rekurssenats, mit der ihrem – die Ablehnung des Erstrichters betreffenden – Rekurs nicht Folge gegeben würde, nur auf einer groben Verkennung der Rechtslage bzw auf einer solchen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens beruhen könne.

[2]                     Der Ablehnungssenat des Rekursgerichts wies den zuletzt gestellten „Ablehnungsantrag“ zurück, weil eine – für den Fall, dass einem in einem anderen Ablehnungsverfahren erhobenen Rekurs nicht Folge gegeben werde – bedingt erklärte Ablehnung unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3]                     Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt:

[4]                     Im vorangegangenen Ablehnungsverfahren – betreffend sämtliche damals nicht namentlich genannten Mitglieder des Rekurssenats – erfolgte die Ablehnung unter folgender „Bedingung“:

         „a) Die Willensbildung im Rekurssenat ist abgeschlossen und ist Ergebnis dieser Willensbildung, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben wird.

         b) Es liegt bereits ein Entscheidungsentwurf vor, der das Ergebnis dieser Willensbildung im Senat in schriftlicher Form dokumentiert.“

[5]                     Dies entspricht inhaltlich – trotz abweichender Formulierung – weitgehend der Bedingung der nunmehrigen (die Mitglieder des Rekurssenats namentlich nennenden) Ablehnung. Die Rekurswerber sind daher auf die im vorangegangenen Ablehnungsverfahren zu 1 Ob 138/21g ergangene Entscheidung des erkennenden Senats zu verweisen, mit welcher ihrem Rechtsmittel mit folgender Begründung nicht Folge gegeben wurde:

[6]                     Bedingte Prozesshandlungen sind grundsätzlich – sofern die Verfahrensgesetze keine Ausnahme vorsehen – unzulässig (RIS-Justiz RS0006445 [insb T4]). Ausnahmsweise zulässig sind innerprozessuale Bedingungen (RS0006441), die an ein im konkreten Verfahrensstadium eintretendes Prozessereignis anknüpfen (RS0039602 [T2] = 7 Ob 331/98x), sofern der Verfahrensabschnitt, für den sie wirken sollen, bereits eingeleitet wurde (vgl 9 ObA 13/95; 1 Ob 284/99t; 10 Ob 101/07m) und der Verfahrensablauf durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist (RS0039602 [T1]). Die Ablehnung von Richtern eines Rechtsmittelsenats unter der aufschiebenden Bedingung, dass sie in einem (anderen) Rechtsmittelverfahren eine bestimmte Entscheidung treffen, ist schon deshalb unzulässig, weil dabei an eine außerhalb des hier zu beurteilenden Ablehnungsverfahrens liegende Tatsache angeknüpft wird und dieses durch die bedingte Prozesshandlung erst eingeleitet werden soll.

[7]                     Soweit die Rekurswerber dieser Beurteilung entgegenhalten, dass es sich (auch) hier um eine „innerprozessuale“ Bedingung handle, übersehen sie neuerlich, dass das Prozessereignis, an das die Bedingung anknüpft, ein anderes Verfahrensstadium (nämlich das Rekursverfahren über die Ablehnung des Erstrichters) betrifft, als jenes, für das diese wirken soll (das erst einzuleitende Ablehnungsverfahren betreffend die Mitglieder dieses Rekurssenats). Eine konkrete Rechtsgrundlage, aus der sich ergäbe, dass eine solche bedingte Ablehnung zulässig wäre, vermögen auch die Rekurswerber nicht nachvollziehbar zu nennen.

[8]                     Dem Argument der Rekurswerber, Art 13 EMRK garantiere das Recht desjenigen, der in seinem Recht auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Gericht iSd Art 6 Abs 1 MRK verletzt wurde, eine Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, weshalb angesichts der Unanfechtbarkeit einer bestätigenden Rekursentscheidung im Ablehnungsverfahren die bedingte Ablehnung der Mitglieder des Rekurssenats möglich sein müsse, ist zu entgegnen, dass Art 13 EMRK auch den Ausgleich einer (allfälligen) Grundrechtsverletzung durch Schadenersatz im Wege der Amtshaftung ausreichen ließe (15 Os 41/08f; 15 Os 36/20p, je mwN; Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte² [2019] 836; Holoubek, Recht auf eine wirksame Beschwerde, JBl 1992, 137 [144]).

[9]                     Warum der Ablehnungssenat die (Un-)Wirksamkeit der dem „Ablehnungsantrag“ beigefügten Bedingung nicht beurteilen hätte dürfen und er durch seine Entscheidung den Dispositionsgrundsatz verletzt habe, erschließt sich nicht.

[10]                    Von der Einholung einer Rekursbeantwortung konnte abgesehen werden (vgl RS0126587 [T2]).

[11]                    Die Rekurswerber haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels gemäß §§ 40, 50 ZPO selbst zu tragen.

Textnummer

E133912

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00231.21H.1214.000

Im RIS seit

23.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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