TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/12 95/20/0141

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Veröffentlicht am 12.09.1996
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Jänner 1995, Zl. SD 565/94, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Jänner 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. April 1994, mit welchem dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986, BGBl. Nr. 443, der Besitz von Waffen und Munition verboten wurde, abgewiesen.

Die belangte Behörde ergänzte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides in der Hinsicht, daß sich das Waffenverbot auf § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986, BGBl. Nr. 443 idF der Novelle BGBl. Nr. 520/1994 (in der Folge: WaffG), gründe.

Die belangte Behörde stützte sich erkennbar auf folgenden Sachverhalt:

1. Aus dem erstinstanzlichen Bescheid übernahm der angefochtene Bescheid folgenden Sachverhalt:

1.a) Anläßlich einer Hausdurchsuchung am 7. Jänner 1992 sei beim Beschwerdeführer eine Stahlrute "Totschläger" sichergestellt worden.

1.b) Der Beschwerdeführer habe anläßlich einer Niederschrift am 8. Jänner 1992 angegeben, das "Heim in W regelmäßig besucht" zu haben.

1.c) Es sei eine strafgerichtliche Anklage gemäß § 279 Abs. 1 StGB erhoben worden. Hiezu führte die belangte Behörde ergänzend aus, daß der Beschwerdeführer in erster Instanz von dieser Anklage freigesprochen worden sei, was aber nichts daran zu ändern vermöge, daß dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und daß aus anderen Gründen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG gegeben seien.

2. Im angefochtenen Bescheid stützte sich die belangte Behörde ergänzend auf folgenden Sachverhalt:

2.a) Im Zuge von Ermittlungen gegen eine Nachfolgeorganisation der verbotenen rechtsradikalen Organisation "BGS" (Babenberg-Bund-Grün-Schwarz), die sich ebenfalls "BGS" (jedoch als Abkürzung von "Bildungsgruppe Sport") bezeichnet habe und sich inoffiziell als "Wehrsportgruppe" angesehen habe, seien bei deren Mitgliedern Waffen, insbesondere auch Maschinenpistolen und fertiggebastelte Rohrbomben sichergestellt worden.

2.b) und 2.c) Im Zuge der Ermittlungen sei man auch auf den Beschwerdeführer und W gestoßen. Diese hätten zu Protokoll gegeben, daß der Anführer der Gruppe, U (Beschwerdeführer zu der zur hg. Zl. 95/20/0142 protokollierten Beschwerde, welche mit Erkenntnis vom 5. Juni 1996 entschieden wurde), bei gemeinsamen Treffen immer wieder von einem Putsch gesprochen habe, bei dem die österreichische Regierung gestürzt werden müsse. Zu diesem Zweck, also um den "Ernstfall zu trainieren", habe die BGS etwa zu Pfingsten 1991 ein Lager beim Staudamm Dobra organisiert, bei dem mit sogenannten Gotcha-Pistolen das Bekämpfen von Feinden simuliert worden sei. Der Beschwerdeführer habe bei diesem Lager als "Gruppenleiter" fungiert. Der tatsächliche Putsch, der mit der Besetzung des Parlaments, diverser Ministerien und der Rundfunkstationen hätte beginnen sollen, wäre jedoch mit scharfen Waffen verübt worden. Der Beschwerdeführer habe selbst eingeräumt, daß er die Position eines Zugsführers innegehabt habe, der ident mit dem "Rotenführer" (richtig wohl: "Rottenführer") sei (Aussage des Beschwerdeführers, Akt Seite 10 ff, und Aussage W, Akt Seite 45 ff).

2.d) Erhebungen hätten auch ergeben, daß drei Mitglieder der Gruppe gemeinsam versucht hätten, eine Bombe unter eine Scheune zu legen und diese mit einem Wecker und einer Autobatterie in die Luft zu sprengen.

Aus diesen Ermittlungsergebnissen, welche die belangte Behörde dem verharmlosenden Vorbringen des Berufungswerbers gegenüberstellte, es habe nie eine "Wehrsportgruppe" gegeben, sondern er sei lediglich Mitglied einer Jugendgruppe, die Pfadfinderaktivitäten entfaltet hätte, zog die belangte Behörde den Schluß, daß die "weitreichenden, wenn auch etwas nebulosen Fernziele" des Beschwerdeführers, selbst wenn man seine Gruppe "nicht als unmittelbare Gefahr ins Kalkül" ziehe, und das vom Beschwerdeführer an den Tag gelegte Verhalten ("Mitgliedschaft bei einer Gruppe, die für den militärischen Einsatz mit Waffen und Bomben übt und auch diesbezüglich auch tatsächliche Versuche vorgenommen hat") deutlich werden ließen, er könnte Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen gefährden. Damit lägen die Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbotes vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, mit welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Feststellung, das strafgerichtliche Verfahren gemäß § 279 StGB sei noch anhängig, mit dem Vorbringen, es habe mit dem rechtskräftigen Freispruch durch das Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ 20v Vr 321/92, geendet. Damit ist für den Beschwerdeführer aber nichts gewonnen, denn angesichts der völlig unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 279 StGB (bewaffnete Verbindung) und der nach § 12 Abs. 1 WaffG zu treffenden Prognose ist es für das Verwaltungsverfahren ohne Bedeutung, daß der Beschwerdeführer aufgrund der zur Anzeige gebrachten Vorfälle vom Gericht nicht verurteilt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0128).

Des weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, der Besuch des "Heimes" indiziere für sich keine gefährliche Neigung.

Gegen die über die vom erstinstanzlichen Bescheid übernommene hinausgehende Begründung des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer in erster Linie vor, es sei ihm lediglich die Kopie einer vor der Polizeibehörde abgelegten Aussage eines W zur Stellungnahme vorgelegt, zu anderen etwaigen Ermittlungsergebnissen aber nicht gemäß § 45 Abs. 3 AVG Parteiengehör eingeräumt worden.

Gegen die ihm im Verfahren vorgehaltene Aussage des W habe er eine Stellungnahme abgegeben, er habe darauf verwiesen, daß W seine tatsächlichen Angaben im Verfahren beim Geschworenengericht nicht aufrecht erhalten habe, und er habe eine eidesstättige Erklärung des W vorgelegt, wonach die in der dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Niederschrift enthaltenen tatsächlichen Angaben in wesentlichen Punkten unrichtig seien.

Zudem komme der Name "S" in diesen Ausführungen nur einmal in der Weise vor, daß der Beschwerdeführer "auch" ein Gruppenangehöriger gewesen sei. Somit bezögen sie sich in keiner Weise auf die Person des Beschwerdeführers; daß er bei "irgendwelchen Vorgängen, welche als Tatsachen im Sinne des § 12 WaffG qualifiziert werden könnten, mitgewirkt habe oder wenigstens davon wußte", gehe daraus nicht hervor.

Bei Einräumung des Parteiengehörs hätte er durch geeignete Beweisanträge, insbesondere auf Beischaffung des Gerichtsaktes oder durch Antrag auf Vernehmung der im Strafverfahren vernommenen Zeugen K und H unter Beweis stellen können, daß der Beschwerdeführer Zivildiener gewesen sei, niemals eine Waffe besessen oder verwendet habe und niemals eine Funktion als "Zugsführer" oder "Rotenführer" (richtig wohl: Rottenführer) innegehabt habe.

Der Verein "SPAT - Special Paintball Attack Team - Paintballsportverein", welcher nach Angaben des Beschwerdeführers zum Zweck der Ausübung des Gotchaspieles diene, sei im Sinn des Vereinsgesetzes nicht untersagt worden. Abgesehen davon, daß er selbst "derartige Gotschageräte" niemals benützt habe, dürfe die Benützung solcher Geräte nicht als Grund für ein Waffenverbot herangezogen werden, wenn die Behörde eine derartige Sportausübung auf Vereinsbasis zulasse.

Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht auf jeden Fall zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt, sondern nur dann, wenn der Verfahrensmangel im zu prüfenden Fall möglicherweise von Einfluß auf das Ergebnis des angefochtenen Bescheides sein konnte. Es obliegt dem Beschwerdeführer, in der Beschwerde darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer vorgebracht, was er bei weitergehender Gewährung des Parteiengehörs im Verwaltungsverfahren den behördlichen Ermittlungsergebnissen entgegengesetzt hätte und mit welchen Beweismitteln er sein Vorbringen untermauert hätte.

Der von der Behörde festgestellte Sachverhalt UNTER ABZUG JENER TEILE, hinsichtlich derer der Beschwerdeführer ein konkretes Vorbringen erstattet hat, rechtfertigt es, schlüssig eine im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG zu treffende Prognose zu erstellen. Nur wenn dies nicht möglich gewesen wäre, hätte der Beschwerdeführer die Relevanz der behaupteten und unterlaufenen Verfahrensmängel dargetan. Der Beschwerdeführer übersieht zunächst, daß keine Verletzung des § 45 Abs. 3 AVG vorliegt, wenn die Behörde jene Beweismittel nicht (neuerlich) vorhält, welche die Partei selbst geliefert hat (vgl. zB die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 335 f, zitierte hg. Rechtsprechung). Solche Beweismittel, auf welche die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch Bezug genommen hat, liegen im gegenständlichen Akt mit der eigenen Aussage des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1992, seiner Stellungnahme vom 11. Februar 1994, seiner Berufung und seiner Stellungnahme vom 25. November 1994 ein.

Der Beschwerdeführer gab niederschriftlich am 8. Jänner 1992 an:

Er sei seit ca. drei Jahren im "Heim" in W zu Gast, wobei er das Heim - soweit es ihm möglich sei - sporadisch an den Heimabenden besuchte habe. Seinen Bekannten U habe er ab September 1991 bei der "Jugendarbeit" unterstützt. Er habe diese auch tatsächlich durchgeführt, und es habe seine Aufgabe darin bestanden, U organisatorisch zu unterstützen und die von ihm vorgegebenen Aufgaben auszuführen. Er habe diverse Unterlagen, etwa über Aufbau von Zelten, Überlebenstechniken allgemeiner Natur, Knotenlehre, waldläuferische Tätigkeiten, Ausarbeitung von Prüfungsfragen und anderes beschafft. Es sei richtig, daß er von den Jugendlichen als Zugführer und Truppführer, sowie als Jugendleiter bezeichnet worden sei. U sei als Feldmeister oder Kommandant betitelt worden. Diese Titel seien von U vorgegeben worden oder hätten sich mit der Zeit ergeben. Die Jugendlichen seien mit "Kamerad" bezeichnet worden. Die Kameraden hätten sich bei guter Mitarbeit und abgelegten Prüfungen zum Gruppenführer (eine Gruppe habe mindestens fünf Personen) und in der Folge zum Rottenführer hinaufarbeiten können. Mehrere Rotten hätten einen Zug ergeben und es sei derzeit der Rottenführer mit dem Zugführer ident. Dies sei derzeit die Position des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer sei mit der Gruppe glaublich fünfmal im Jahr 1991 auf Zeltlager gewesen. Der Beschwerdeführer gab hiezu wörtlich an:

"Dabei haben wir auch diverse Spiele durchgeführt und Überlebenstechnik, Abwehrtechnik und Geländeübungen durchgeführt. Es wurden auch Spiele mit der Gotchapistole durchgeführt. Es handelt sich dabei um eine Pistole, mit welcher Farbkugeln mit Hilfe von CO2 verschossen werden. Die Teilnehmer hatten bei diesen Spielen und Übungen Tarnanzüge und Schutzbrillen auf. Da sie sich im Gelände bewegten, trugen sie Stiefel bzw. schwere Schuhe."

Die beim Beschwerdeführer sichergestellten Gegenstände stammten teils von Arbeiten der Jugendlichen und seien teils, wie die Prüfungsbögen, von ihm selbst ausgearbeitet worden. Die Kopien der diversen Bücher und Unterlagen über Knoten und Zeltaufbau habe er angefertigt. Des weiteren gab der Beschwerdeführer an:

"Der sichergestellte Totschläger wurde von mir vor ca. 3 Jahren in Spanien gekauft. Ich habe nicht gewußt, daß es sich um eine verbotene Waffe handelt und habe ich ihn ohne besonderen Anlaß oder Grund gekauft."

Die Zeitschriften "Sieg" habe er vom "Heim" in W mitgenommen und aus Interesse besessen. Den Prüfungsbogen für das "Belastungslager" habe er selbst entworfen und angefertigt. Die Frage "Stellung in der Truppe? Führung, Stab, Wehrmann, Soldat, Mitläufer, Saboteur, Linker, Kamerad, Kritiker ohne eigenes Wissen (Selbsteinschätzung, ankreuzen)" sei von ihm angeführt worden, um die Besserwisser etwas zu dämpfen. Auf die Frage, ob während eines Heimabends über den Sturz oder die Absetzung der Regierung gesprochen worden sei und daß man sich für den Tag X vorbereiten solle, gab der Beschwerdeführer an, "daß mir ähnliche Worte bekannt vorkommen und ich glaube so etwas wurde gesprochen". Wer dies gesagt habe, wisse er nicht genau, weil ihn das Thema nicht interessiert habe und er am Gespräch nicht beteiligt gewesen sei. Es sei aber von einer alkoholisierten Person gesagt worden. Konkret führte der Beschwerdeführer als Aussage dieser Person aus:

"Es wurde gesagt, daß in ferner Zukunft, sollte das Ausländer- und Asylantenproblem nicht gelöst werden, an einen Sturz der Regierung zu denken wäre. Unter ferner Zukunft verstehe ich einen Umsturz nicht in den nächsten zehn Jahren."

Diese Aussagen könne er nicht wortwörtlich wiedergeben. Von der Beschaffung von scharfen Waffen habe er nichts gehört.

Es sei ihm ein Karabiner gezeigt worden, welcher im November, Dezember im Schankraum gestanden sei. Es sei aber unüblich, daß im Vereinslokal scharfe Waffen gelagert würden. Der Karabiner sei dann vom Besitzer auch aus dem Vereinslokal entfernt worden. Der Beschwerdeführer gab weiters an, daß es richtig sei, daß Schießübungen im Vereinslokal und im freien Felde mit diversen Waffen, wie Luftdruckgewehren bzw. anderen nicht scharfen Waffen, durchgeführt worden seien, und erklärte, daß es sich hiebei um eine Schießausbildung gehandelt habe. Die Schießübungen seien zur sportlichen Ertüchtigung gedacht gewesen. Es habe bei diesen Schießübungen eine Erklärung der Handhabung der Waffen, des Zielens und des Anlegens gegeben. Die Ausbildung habe nicht er durchgeführt, es sei jedoch möglich, daß er irgendeine Handhabung einmal hergezeigt habe. Es sei richtig, daß eine Art Schießausbildung im Stehen, Liegen mit dem Luftdruckgewehr und der Luftdruckpistole im Vereinslokal durchgeführt worden sei. Abschließend erklärte der Beschwerdeführer, daß es keinen bestimmten Grund für diese Ausbildung gegeben habe, die Tarnanzüge seien eine praktische Bekleidung und die Übungen sollten nicht den Charakter einer paramilitärischen Übung haben. Er bestritt entschieden, daß die Übungen im freien Feld als Training für einen geplanten Umsturz der Regierung gedacht gewesen wären, sondern sie hätten lediglich der körperlichen Ertüchtigung gedient.

In der Stellungnahme vom 11. Februar 1994 zum geplanten Waffenverbot verwies der Beschwerdeführer auf seinen zweifelsfreien Leumund sowie darauf, daß er niemals einer Person Schaden zugefügt habe, daß er Zivildiener gewesen sei und schon aus moralischen Gründen niemals aktive Gewalt gegen Menschen anwenden würde, daß es niemals eine "Wehrsportgruppe" gegeben habe, sondern lediglich eine Jugendgruppe, die Pfadfinderaktivitäten entfaltet habe, wobei niemals Waffen im Spiel gewesen seien. Er wolle sich die Möglichkeit eines Waffenbesitzes zu Verteidigungszwecken oder aus sportlichen Zwecken für die Zukunft offenhalten. Auf einen weiteren Vorhalt der Behörde gab der Beschwerdeführer an, daß ihm der Besuch eines "liberalen, toleranten Heimes" nicht schaden dürfe und die Anklage nach § 279 Abs. 1 StGB die sogenannte "Wehrsportgruppe" betreffe, die es nie gegeben habe. Obwohl er "kein Interesse an Waffen habe", werde er "Entrechtungen jedweder Art nicht akzeptieren".

In der gegen das von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Waffenverbot erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer im Hinblick auf die "Spanische Feder" (= Stahlrute, Totschläger, verbotene Waffe) auf die bisherigen Ausführungen und ergänzte, daß er dieses vergessene und verrostete Gerät niemals genutzt und daher auch nie mißbräuchlich verwendet habe. Des weiteren gab er an:

"Die Anführung der Begründung, ich hätte ein einer intellektuell tätigen, pazifistischen Gruppierung (Anmerkung:

diese behauptete Wertung findet sich nicht im Bescheid über das Waffenverbot) gehörendes Bestandsobjekt besucht, erinnert leider an die Ausgrenzungsmaßnahmen (anders Denkende, Juden, Demokraten, ...) unseligsten Andenkens vor rund 60 Jahren, in deren Folge Mitteleuropa in Unglück und Verbrechen gestürzt wurde."

Seine Zivildienstgesinnung - es habe damals eine Gewissensprüfung gegeben - sei in der Bescheidbegründung ignoriert worden. Zudem verwies der Beschwerdeführer darauf, daß die Anklage nach § 279 StGB ungerechtfertigt sei. Damit unterliegt aber die nunmehrige Behauptung in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe niemals eine Waffe besessen und er habe niemals die Funktion als "Zugsführer" oder "Rottenführer" ausgeübt, dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Im Berufungsverfahren hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine niederschriftliche Aussage des W vor. Der Beschwerdeführer brachte unter Hinweis auf ein von W unterschriebenes, der Stellungnahme vom 25. November 1994 beigelegtes Schreiben vor, daß einige konkret durch Angabe der Seite und Zeile bezeichnete Stellen der Aussage W nicht der Wahrheit entsprächen.

Aus der Aussage W verbleiben somit jene Teile, die von W mit dem genannten Schreiben NICHT als unrichtig erklärt wurden. Aus diesen unbestrittenen Teilen der Niederschrift ergibt sich, daß eine Gruppe, welche sich BGS (Bedeutung des Namens unbekannt) nenne, sich bei einem Pfingstlager angemeldet und teilgenommen habe. W bezeichne sich selbst als Nationalsozialist. Darunter verstehe er, daß er glaube, daß sich ein Nationalsozialist seiner eigenen Rasse gegenüber sozial verhalten solle. Er solle seine Rasse unterstützen und die Rassenvermischung verhindern. Er finde es nicht richtig, daß ein Türke oder ein Neger von einer Österreicherin ein Kind bekomme. Sein Volk seien die Germanen. Es habe jeden Donnerstag im Heim W, K-Gasse, Vorträge gegeben, welche von U gehalten worden seien. Es seien die Theorie der Orientierung im Gelände sowie die Schätzung von Entfernungen gelehrt worden und auch Lieder. Weiters gebe es eine praktische Ausbildung. U prüfe dabei auch die in der Theorie vorgetragenen Dinge. Der Gruppe gehöre auch der Beschwerdeführer an. Unwiderrufen bleiben auch die Angaben des W, daß es vorkommen könne, daß Österreicher gegen Österreicher kämpfen. Es gebe auch Österreicher, die Mustafa hießen. Das seien zwar Österreicher, obwohl sie keine Österreicher seien. So könne es durchaus zu einem Bürgerkrieg kommen. Gebe es ein Ausländerwahlrecht und könnten "wir die Regierungsform, die wir wollen und befürworten, nicht mehr an die Macht bringen", würde er sich an die Seite derer stellen, die die Regierung stürzen.

Auf den Lagern sei Gotcha gespielt worden. Dies sei ein Kampfspiel, das den Kampf mit einer Schußwaffe simulieren solle. Auf dem Pfingstlager habe U den Teilnehmern gezeigt, wie man mit einer Bockschleuder umgehe und sie hätten damit geschossen. Die Bockschleuder sei eine überdimensionierte Steinschleuder.

Bei einer Weihnachtsfeier von G im Kursalon Hübner seien sie von U gebeten worden, in einheitlicher Kleidung zu erscheinen. W habe Jean, grünes Uniformhemd, gelbe Halstücher und weiße Schuhbänder getragen. Letztere deshalb, weil er ein Rassist sei. U habe gesagt, daß sie keine Waffen mitbringen sollten.

Zu Silvester 1990/91 habe W mit weiteren Personen versucht, mittels einer selbstgebauten Bombe eine Scheune in die Luft zu sprengen, was mißlungen sei.

Alle Angehörigen ihrer Gruppe wollten weitere Personen als Mitglieder gewinnen. W habe V in das Heim mitgenommen, dieser sei (ein- oder zweimal) von selbst dort hin- und auch zum Gotcha-Spielen mitgegangen. Er habe V für ihre Gruppe gewinnen wollen, da ihm bekannt sei, daß V auch ausländerfeindlich eingestellt sei.

Damit stellt der unwiderrufene Teil der Aussage W auch den Zusammenhang zwischen den Gruppenmitgliedern U, S, V und W und den bei W und V gefundenen Waffen (Karabiner K 98, Nr. XXX, und Karabiner Nr. MK XXX, jeweils samt Munition) her. Der diesbezügliche, von der Behörde festgestellte und unter Punkt 2.a) wiedergegebene Sachverhalt blieb vom Beschwerdeführer unbekämpft, was auch für den unter Punkt 2.d) dargestellten Sachverhalt gilt.

Diese vom Beschwerdeführer nicht oder nicht substantiiert bestrittenen Tatsachen reichen dafür aus, daß die belangte Behörde zu Recht die Voraussetzungen des § 12 WaffG ableiten durfte, wie im folgenden gezeigt wird.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Auszüge der Zeugenaussagen im strafgerichtlichen Verfahren geben deren persönlichen Einschätzung wieder und stehen auch nicht im unlösbaren Widerspruch zu den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

§ 12 Abs. 1 WaffG lautet:

"Die Behörde hat einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."

§ 12 Abs. 1 WaffG bezweckt die Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen, setzt aber nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung erfolgt ist. Mißbräuchliche Verwendung ist ein "gesetz- oder zweckwidriger" Gebrauch. Nach dem dem WaffG innewohnenden Schutzzweck ist ein "strenger Maßstab" anzulegen. Liegen die Voraussetzungen vor, hat die Behörde nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen, ohne daß ihr im Rahmen ihres Ermessens die Berücksichtigung eines bisher untadeligen Vorlebens ermöglicht würde (vgl. zum Ganzen die in Hauer-Keplinger, Waffengesetz 1986, Seite 41, zitierte hg. Rechtsprechung). Nicht nur die Annahme, daß eine Person selbst von einer Waffe mißbräuchlich Gebrauch machen wird, sondern auch die Annahme, daß diese Person mißbräuchlich einer anderen Person Zugang zu einer Waffe gewähren könnte, rechtfertigt die Erlassung eines Waffenverbotes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1978, VwSlg. 9647 A/1978).

Dem Beschwerdeführer ist dahingehend Recht zu geben, daß Tatsachen vorliegen müssen, welche Rückschlüsse auf die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und Munition zulassen. Der Beschwerdeführer übersieht aber, daß für diese Prognose sein gesamtes Verhalten, also auch der von ihm gepflogene Umgang, zu bewerten ist.

Der Beschwerdeführer besaß eine verbotene Waffe. Er ist aktives Mitglied einer Gruppe, deren Angehörige eine manifeste Gewaltbereitschaft aufweisen (versuchtes Bombenattentat, Gewaltideen im Zuge ausländerfeindlicher Einstellung) und teilweise Schußwaffen besaßen. In diesem Zusammenhalt erlangen auch die Schießspiele mit der Gotcha-Pistole und das Schießen mit Luftdruckwaffen - beides jeweils ALLEIN FÜR SICH genommen Umstände, welche noch nicht für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG ausreichten - Bedeutung für die zu treffende Prognose, indem sie diese Gewaltbereitschaft unterstreichen. Auf den etwaigen inneren Vorbehalt eines Gruppenmitgliedes kommt es bei der gebotenen Beurteilung nach objektiven Kriterien nicht an.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200141.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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