Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei * U*, vertreten durch Mag. Andreas Kulka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei i* GmbH, *, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Leistung und Feststellung (Gesamtstreitwert: 19.838,69 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Handelssachen vom 30. Juni 2021, GZ 4 R 36/21z-20, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Jänner 2021, GZ 47 Cg 52/20d-15, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.332,54 EUR (darin 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt mit der am 16. 7. 2020 eingebrachten Klage von der Beklagten:
1. die Rückzahlung von 65,99 EUR sA seit 15. 7. 2018;
2. die Feststellung, dass die von der Beklagten zuletzt mit Schreiben der i* GmbH vom 2. 7. 2020 gegen den Kläger erhobene Forderung von 772,70 EUR nicht bestehe;
3. die Feststellung, dass zwischen den Streitteilen kein auf die Lieferung von Wärme gerichteter Vertrag bestehe;
4. sie sei schuldig, binnen 14 Tagen die allgemeinen Teile der Wärmeversorgungsanlage von dem Verbraucherkreislauf in der Wohnung des Klägers Top 24 durch Montage eines Sperrblocks und Plombierung abzutrennen;
5. die Feststellung, dass der Beklagten gegen die Eigentümergemeinschaft des Hauses im Zusammenhang mit der Lieferung von Wärme für die Wohnungen Top 3 und 24 keine Zahlungsansprüche zustünden und dass auch keine Zahlungsansprüche der Beklagten aus dem Umstand resultierten, dass der Kläger einen allenfalls bestehenden, auf Wärmelieferung gerichteten Vertrag hinsichtlich der Wohnungen Top 3 und/oder 24 auflöse;
6. die Feststellung, dass zwischen Mietern des Klägers und der Beklagten bestehende, auf Wärmelieferung gerichtete Vertragsverhältnisse nach Beendigung des jeweiligen Mietverhältnisses und Kündigung durch den jeweiligen Mieter nicht mit dem Kläger fortgesetzt würden, sofern dieser keine darauf gerichtete Erklärung abgebe.
[2] Zusammengefasst brachte er vor, die Beklagte konfrontiere ihn ohne Rechtsgrundlage mit Ansprüchen aus Wärmelieferung; insbesondere fehle es zwischen ihm und der Beklagten an einem nach Punkt 5. des Gesamtwärmeliefervertrags abzuschließenden Einzelwärmeliefervertrag.
[3] Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, der Kläger schulde die offenen Forderungen aufgrund der von der Eigentümergemeinschaft abgeschlossenen Verträge in Verbindung mit den Bestimmungen des WEG und des HeizKG. Seine Zahlungspflicht beruhe nicht auf einem Einzelwärmeliefervertrag oder einem direkten Vertragsverhältnis der Streitteile. Sie habe dem Kläger daher auch keine Veranlassung für seine Begehren zu 3. und 6. gegeben. Für die Begehren zu 4. und 5. fehle eine Rechtsgrundlage; der Kläger habe sich an die Eigentümergemeinschaft zu wenden.
[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[5] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers keine Folge.
[6] Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil ausdrückliche höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Tragung anteiliger Wärmeversorgungskosten bei der vorliegenden Vertragsgestaltung im Fall eines gesamtvertraglich an sich vorgesehenen, von einzelnen Wohnungseigentümern aber verweigerten Abschlusses eines Einzelwärmeliefervertrags fehle.
[7] In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[8] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihre keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision des Klägers zu seinen zusammenzurechnenden Begehren (§ 55 Abs 1 JN) ist mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revisioin wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):
[10] 1. Unstrittig ist, dass der Kläger mit der Beklagten keinen Einzelwärmeliefervertrag abgeschlossen hat und auch kein solcher zwischen ihnen besteht. Es ist aber auch nicht weiter zweifelhaft, dass der Mitte 2007 vom Rechtsvorgänger des Klägers mit der F* GmbH als Wärmelieferant abgeschlossene Fernwärmelieferungs-
vertrag und der in weiterer Folge von ihm mit der Beklagten abgeschlossene Gesamtwärmeliefervertrag Beil ./H aufrecht sind.
[11] 2. Der Kläger richtet sich in seiner Revision dagegen, dass die Eigentümergemeinschaft Vertragspartner des Fernwärmeliefervertrags und des mit der Beklagten abgeschlossenen Gesamtliefervertrags sei. Es sollten nicht alle Eigentümer Vertragspartner der Beklagten werden. Es seien nur Objekte, die (ungefähr) 90 % der Anteile an der Liegenschaft entsprachen, miteinbezogen worden. Die Vertragsverhältnisse seien daher bei der späteren Begründung von Wohnungseigentum nicht auf die Eigentümergemeinschaft übergegangen.
[12] Die vorliegenden Verträge lassen sich jedoch auch anders verstehen: Dass sein Rechtsvorgänger und die Mutter Mehrheitseigentümer (90 %) einer schlichten Miteigentümergemeinschaft der Liegenschaft waren und den Fernwärmeliefervertrag „für jene 90 % der Anteile, die wir repräsentieren“ abgeschlossen haben, kann bedeuten, dass sie diesen Vertrag in Vertretung für alle damaligen Miteigentümer, jedoch nur bezüglich jener Objekte, für die sie alleine nutzungsberechtigt waren, abgeschlossen haben. Dafür spricht auch die Nennung der „Eigentümergemeinschaft“ als Vertragspartner. Dass es an einer entsprechenden Vertretungsbefugnis seines Rechtsvorgängers für die anderen Miteigentümer gefehlt hätte, behauptet der Kläger nicht. Als Vertrag der ursprünglich schlichten Eigentümergemeinschaft konnte der Fernwärmeliefervertrag aber auch von der Eigentümergemeinschaft nach dem WEG fortgesetzt werden.
[13] Diese Erwägungen gelten auch für den in der Folge abgeschlossenen und daran anknüpfenden Gesamtwärmeliefervertrag ./H, in dem als Vertragspartner der Beklagten der Rechtsvorgänger des Klägers mit dem Zusatz „Hausinhabung …, vertreten durch Hausverwaltung …“ aufscheint.
[14] Selbst wenn dies – aus welchen Gründen auch immer – im Zuge der Begründung von Wohnungseigentum nicht der Fall gewesen sein sollte, wäre für den Kläger aber nichts gewonnen, weil der Fernwärmeliefervertrag und der Gesamtwärmeliefervertrag Beil ./H in diesem Fall mit den Mitgliedern der ursprünglichen (schlichten) Eigentümergemeinschaft, zu der auch der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger seines Bruders zu zählen wäre, weiter aufrecht wäre.
[15] Sollte der Kläger aber meinen, dass die Verträge so zu verstehen seien, dass sie von seinem Rechtsvorgänger nicht in Vertretung für die damals schlichte Eigentümergemeinschaft abgeschlossen wurden, sondern im eigenen Namen und namens jener Miteigentümer, die über ausschließliche Nutzungsrechte an bestimmten Objekten verfügten und für diese eine Fernwärmeversorung anstrebten, so wäre der Kläger aufgrund seiner Stellung als Gesamtrechtsnachfolger jeweils als Vertragspartner der Beklagten anzusehen.
[16] Dass die Verträge auch die Versorgung der klagsgegenständlichen Wohnung Top 24 umfassen sollten, ist bei all dem unstrittig.
[17] 3. Der Frage, ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0044298 [T43]), sofern nicht eine grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vorliegt (RS0044298 [T39]). Derartiges zeigt der Kläger nicht auf.
[18] Nach seiner Rechtsansicht sei auch für den Fall, dass man von einer Anwendbarkeit des § 32 WEG oder sonstiger, die Kostentragungspflichten einzelner Eigentümer normierenden Bestimmungen ausgehen wollte, ein Anspruch der Beklagten zu verneinen. Zur Begründung verweist er darauf, dass das Berufungsgericht bei der Interpretation des Gesamtwärmeliefervertrags dessen Punkt 5.j. unberücksichtigt gelassen habe, wonach die Beklagte „zu 100 % das Ausfallsrisiko bei Nichtzahlung des Wärmeabnehmers“ übernehme und „dafür 3 % der jährlich abzurechnenden Wärmekosten direkt an den Wärmeabnehmer“ verrechne. Gegen das Verständnis des Klägers, dass die Beklagte nicht nur bei einem Zahlungsausfall eines Wärmeabnehmers, sondern auch bei Fehlen/Nichtabschluss eines Einzelwärmeliefervertrags eine endgültige Kostentragung treffen sollte, spricht aber schon die Bezugnahme auf ein „Ausfallsrisiko“, das eine vorrangige Zahlungspflicht einer anderen Person voraussetzt, sowie der Umstand, dass die Vertragspartner in Punkt 3.b. des Vertrags für den Fall eines Leerstands eine ausdrückliche Regelung für alle anteiligen Kosten der Wärmeversorgung vorgesehen haben. Es ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum die Beklagte endgültig die Kosten für jene Wohnung treffen sollte, für die im Rahmen des Gesamtliefervertrags kein Einzelliefervertrag abgeschlossen wird. Dass die Vertragspartner die Kostentragungspflichten damit vollständig und taxativ geregelt hätten und für die vom Berufungsgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung kein Raum bliebe, kann daher gerade nicht angenommen werden.
[19] Die Erwägungen des Klägers sind danach insgesamt nicht geeignet, zu einer für seinen Standpunkt günstigeren Vertragsauslegung zu führen.
[20] 4. Unter Pkt 3. begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Streitteilen kein auf die Lieferung von Wärme gerichteter Vertrag bestehe.
[21] Bei einer negativen Feststellungsklage besteht das rechtliche Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines Rechts immer dann, wenn der Beklagte ein solches Recht zu haben behauptet. Es genügt dazu eine den Kläger belastende fälschliche Berühmung. Das rechtliche Interesse erfordert neben der Berühmung eines solchen Rechts aber auch eine dadurch hervorgerufene Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers. Darüber hinaus muss die begehrte Feststellung das zur Beseitigung dieser Gefährdung geeignete Mittel sein (s RS0039096).
[22] Ein entsprechendes rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung des Nichtbestehens eines Einzelwärmeliefervertrags wurde hier zutreffend verneint. Es ist unstrittig, dass ein solcher Vertrag zwischen den Streitteilen nicht besteht. Da die Beklagte ihre Zahlungsansprüche gegenüber dem Kläger vielmehr auf andere Anspruchsgrundlagen stützt, ist die begehrte Feststellung auch kein geeignetes Mittel, eine Gefährdung des Klägers durch die Behauptung solcher Zahlungsansprüche der Beklagten hintanzuhalten.
[23] 5. Der Kläger richtet sich schließlich noch gegen die Abweisung von Pkt 4. des Klagebegehrens. Diesbezüglich haben die Vorinstanzen hier eine Pflicht der Beklagten zur Abtrennung des Verbraucherkreislaufs der Wohnung Top 24 von den allgemeinen Teilen der Wärmeversorgungsanlage durch Montage eine Sperrblocks und einer Plombierung zurecht verneint. § 9 der Einzelwärmeverträge enthält selbst nach dem Vorbringen des Klägers zwar ein Recht, aber keine Pflicht der Beklagten dazu. Ein Einzelwärmeliefervertrag besteht mit ihm auch nicht. Aus den Punkten 5.k. und 5.f. des Gesamtliefervertrags ergibt sich nichts anderes.
[24] 6. Zusammenfassend zeigt die Revision des Klägers keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Sie ist daher zurückzuweisen.
[25] Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E133908European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00069.21V.1215.000Im RIS seit
23.02.2022Zuletzt aktualisiert am
23.02.2022