TE Vwgh Beschluss 1996/9/12 96/15/0178

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Veröffentlicht am 12.09.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
BAO §308 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/15/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über den Antrag der A in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 18. Juni 1996, Zl. B-K16-9/95, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum vom 1. Jänner 1988 bis 31. Dezember 1993, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Dem Antragsvorbringen zufolge wurde der angefochtene Bescheid der beschwerdeführenden Partei am 1. Juli 1996 zugestellt. Ende Juli 1996 sei dieser Bescheid dem ständigen steuerlichen Vertreter der antragstellenden Partei (in der Folge: Steuerberater) anläßlich einer Besprechung ausgehändigt und mit ihm erörtert worden. Am 1. August 1996 sei dem Steuerberater der Auftrag erteilt worden, sich zwecks Verfassung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit den ständigen (anwaltlichen) Rechtsvertretern der antragstellenden Partei ins Einvernehmen zu setzen. Infolge urlaubsbedingter Abwesenheit derselben sei dieser Besprechungstermin erst für Freitag, den 9. August 1996, vereinbart worden. Ein entsprechender Terminvormerk im Kalender des Steuerberaters sei erfolgt. Am 8. August 1996 habe sich ein von diesem schon längere Zeit verschleppter fiebriger Infekt so verschlimmert, daß er sich mit hohem Fieber und massiven Schmerzzuständen in Bettruhe habe begeben müssen. Ab dem darauffolgenden Tag, dem 9. August 1996, habe sich der Steuerberater auch in ärtzlicher Behandlung befunden. Er habe strikte Bettruhe bewahren müssen und sei nicht in der Lage gewesen, geschäftliche Tätigkeiten in irgendeiner Form auszuüben. Da - ebenfalls aufgrund der Urlaubszeit - kein anderer Sachbearbeiter in der Kanzlei des Steuerberaters anwesend gewesen sei, habe die zuständige Sekretärin lediglich den Besprechungstermin mit den anwaltlichen Rechtsvertretern der antragstellenden Partei auf den nächstmöglichen Zeitpunkt - dies sei Mittwoch, der 14. August 1996, gewesen - verschoben. Die Erkrankung des Steuerberaters stelle für die antragstellende Partei ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis dar, welches sie an der rechtzeitigen Erhebung der gegenständlichen Beschwerde gehindert habe.

Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Datum 14. August 1996 wurde an diesem Tag zur Post gegeben. Damit verbunden wurde gegen die oben genannte Berufungsentscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag wird durch eine beigeschlossene eidesstättige Erklärung des Steuerberaters und durch eine ärtzliche Bestätigung einer Fachärztin für Lungenheilkunde bescheinigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in der vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in der Person eines bevollmächtigten Vertreters eingetretene Tatumstände für die vertretene Partei nur dann ein Wiedereinsetzungsgrund, wenn sich diese Umstände für den Vertreter selbst als ein unverschuldetes und entweder unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen (siehe hiezu die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 652, referierte hg. Rechtsprechung).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung weiters dargetan hat, ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist gesteckt ist (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 92/15/0211, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall beruft sich die antragstellende Partei zwar auf eine plötzliche Erkrankung ihres steuerlichen Vertreters, durch die dessen Dispositionsfähigkeit im Zeitpunkt der mit den anwaltlichen Vertretern dieser Partei in Aussicht genommenen Besprechung ausgeschlossen gewesen sei, sie behauptet aber selbst nicht, geschweige denn macht sie glaubhaft, daß ihr steuerlicher Vertreter die Organisation seines Kanzleibetriebes so eingerichtet hat, daß die richtige Vormerkung von Terminen und Fristen und damit im besonderen Fall die Einhaltung der Beschwerdefrist sichergestellt ist. Insbesondere wird im Antrag bloß die Eintragung eines BESPRECHUNGSTERMINES, nicht aber der Vormerk des Endes der Beschwerdefrist behauptet.

Durch die Kalendierung der Beschwerdefrist hätte die Fristversäumung abgewendet werden können, weil sich die Sekretärin des Steuerberaters in diesem Fall nicht mit der bloßen Verschiebung des Besprechungstermines hätte begnügen dürfen.

Da der sich daraus ergebende Organisationsmangel der Kanzlei des steuerlichen Vertreters der antragstellenden Partei ein über den minderen Grad eines Versehens hinausgehendes Verschulden erkennen läßt, konnte dem Antrag nicht stattgegeben werden, weswegen auch die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996150178.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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